von Falk » Mi 30. Mai 2007, 17:33
Falls noch jemand hierzu etwas bloggen möchte, im folgenden vier Absätze von mir zum Thema. Die Vereinfachungen "der" Medien beginnen mir auf die Nerven zu gehen.
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Der Artikel ist nicht ganz so reißerisch, die Betrachtung schon komplexer. Aber auch hier werden inhaltliche Fehler gemacht. Allen voran die Rede vom "dogmatischen Atheismus" - da fragt man sich schon, wie weit die Auseinandersetzung des Autors mit den von ihm Kritisierten wirklich geht. Seine Kritik an Dennett zeigt es ziemlich eindeutig: Nicht sehr weit.
Dennett geht die Sache völlig anders an als Dawkins. Dennetts Programm in "Breaking the Spell" ist genau das, was die SZ fordert: der Versuch einer wissenschaftlichen Betrachtung der Religion, und viel mehr noch ein Aufruf ebendazu. Das Buch ist überhaupt kein Angriff auf die Religion, sondern ein Angriff auf die Tabuisierung der Religionskritik und -wissenschaft. Es scheint so, als wäre der Autor hier dem selektiven Zitieren Dennetts durch Religionskritiker-Kritiker aufgesessen. Nicht daß der Vorwurf des Dogmatismus gegen Dawkins gerechtfertigt wäre - aber gegen Dennett ist er für jeden offensichtlich falsch, der "Breaking the Spell" auch nur ansatzweise gelesen hat.
Auch ist nicht verständlich, was Andrian Kreye mit seinem Hinweis darauf meint, daß bei der Berufung auf die Evolutionstheorie außer Acht gelassen werde, daß "Darwin weder den Glauben an sich, noch seine Existenzberechtigung in Frage stellte". Muß man Darwins Ansicht diesbezüglich notwendig übernehmen, wenn man die Evolutionstheorie zitiert? Oder darf man die Evolutionstheorie in der Auseinandersetzung mit Religion nicht zitieren, wenn man Darwin nicht in seiner diesbezüglichen Haltung zustimmt?
"Denn auf die Angst vor dem Tode haben bisher nur die Religionen Antworten gefunden." Soll das eine These sein? Es liest sich nicht wie eine, eher wie der Versuch einer Tatsachenaussage. Ich bin nicht religiös und habe keine Angst vor dem Tod. Reicht das als Widerlegung? Wenn nicht, empfehle ich die Lektüre Montaignes. Und der sei nur als Beispiel genannt. Und was meint hier der Begriff "Religion" - hat das etwas mit Gottesglaube zu tun? Wenn ja, dann widerlegt der Buddhismus die Behauptung. Wenn nein, wie ist sie mit dem Buddhismus in Einklang zu bringen - dessen Anhänger danach streben, nicht wiedergeboren zu werden und gerade daraus ihre Todesangst zu überwinden scheinen? Aus der Behauptung, nur die Religion habe bisher eine Antwort auf diese Frage gefunden, gestützt einzig durch ein einziges Experiment, spricht eine christlich geprägte Kurzsichtigkeit, die schwerlich eine solch umfassende Kritik an Dawkins und Dennett gestattet.
Ebenfalls schön der Verweis auf Persingers Experimente mit dem Magnetfeldhelm - vermutlich einer Gehirn&Geist-Ausgabe von anno dazumal entnommen - "anno dazumal", weil auf dem Gebiete der Neurowissenschaft heute schon wieder veraltet ist, was gestern noch brandaktuell war. Wie man auf die Annahme verfallen kann, die "Glaubensforschung", die ja nichts anderes ist als Teil der Bewußtseinsforschung, in einem Zeitungsartikel mithilfe hier und da zusammengeklaubter Schnipsel adäquater darstellen zu können als der vielleicht bedeutendste Vertreter der Philosophie des Geistes in seinem aktuellen Buch - das weiß wohl nur Andrian Kleye selbst.