Viele Welten Theorie

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Beitragvon Rolli Devise » Fr 29. Jun 2007, 12:59

Kival hat geschrieben:Ich kenne eigentlich eher Everetts Viele Welten Deutung der Quantenphysik, die der Kopenhagener Interpretation entgegensteht. Der berühmt-berüchtigste heutige Vertreter der Multiversen ist aber wohl David Deutsch.


Auch Alexander Vilenkin vertritt eine Viele-Welten-Theorie.
Sein kosmogonisches Modell, in dem die Welt das Ergebnis einer Quantentunnelung aus nichts ist, ist hochinteressant.
Literaturempfehlung:

* Vilenkin, Alex. Many Worlds in One: The Search for Other Universes. New York: Hill and Wang, 2006.


Auch der modale Realismus von David Lewis ist einflussreich:

http://users.ox.ac.uk/~worc0337/modal.realism.html
Rolli Devise
 

Re: Viele Welten Theorie

Beitragvon Qubit » Fr 29. Jun 2007, 16:21

HFRudolph hat geschrieben:Hallo!

Kennt sich jemand mit dern viele Welten Theorien aus? Mich würde interessieren, welche logischen Überlegungen oder konkreten Anhaltspunkte dafür sprechen.


Hallo in die Runde :)

Es wurde ja schon einiges dazu gesagt, jedoch imho noch nicht der wesentliche Grund für die MWI.

Aufgrund des EPR-"Paradoxons" hat Bell Gleichungen aufgestellt, die über dieses Paradoxon entscheiden können; nämlich ob unsere Welt lokal und realistisch ist.
Also (quantenmechanische) Wirkungen sich nur lokal manifestieren und objektiv, unabhängig vom Beobachter stattfinden.

Wenn EPR Recht hätten, wäre die Quantenmechanik unvollständig und erfordere für ihren lokalen Realismus verborgene Parameter.

Die Crux: Alle Experimente zeigen, dass EPR Unrecht haben (also kein "Paradoxon"), die Quantenmechanik vollständig ist, die Welt nicht lokal realistisch ist !

Für eine Interpretation der "QM-Natur" gibt es nun im Prinzip 3 Möglichkeiten

1) Sie ist nicht unabhängig vom Beobachter
zB. Kopenhagener Deutung sagt für "Schrödingers Katze", dass die QM-Zustände alle gleichzeitig existieren; die Katze ist gleichzeitig tot und lebendig. Der Befund hängt dann indeterministisch vom Bewusstsein des Beobachters ab.

2) Sie wird mit verborgenen Parametern zu einer realistischen Theorie gemacht. Dann ist sie allerdings nicht mehr lokal.
zB die Bohmsche Mechanik verfolgt diesen Weg ("Führungswellen"). Jedoch erkauft man sich den Realismus mit einer grundlegenden Nichtlokalität; alles ist mit allem verbunden.
Mittels Kochen-Specker Theorem kann man sogar nachweisen, dass alle solche Theorien mit verborgenen Parametern eine solche "Kontextualität" aufweisen müssen (Bohmsche Mechanik wird hierdurch also nicht ausgeschlossen)
Allerdings gibt es einige kritische Gegenstimmen zur Bohmschen Mechanik: Probleme eine konsistente relativistische Bohmsche Mechanik zu formulieren, Künstliche Einführung von "Führungswellen", etc.

3) Die QM-Natur umfasst mehr als wir beobachten können. Die Quantenmechanik beschreibt Wahrscheinlichkeiten sich überlagender Welten.
Hier setzt nun die Viele-Welten-Interpretation (MWI) ein.
Indem Sie voraussetzt, dass die Quantenmechanik viele Welten gleichzeitig beschreibt, wir jedoch stets nur eine beobachten können, tritt mit jedem Akt der Beobachtung - genauer beim sog. "Kollaps der Wellenfunktion" - eine Diversifikation der Welten auf; d.h. alle Möglichkeiten werden in kausalgetrennten Welten wahr.
Hiermit ist die MWI die einzige Möglichkeit, den lokalen Realismus in der Quantenmechanik zu bewahren.

Beste Grüsse
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Beitragvon Klaus » Fr 29. Jun 2007, 16:43

:^^: Hallen Quantenbit, herzlich Willkommen im Forum :^^:
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Beitragvon Aeternitas » Fr 29. Jun 2007, 20:30

Könntest du den ersten Punkt ein bisschen Erleutern, der verwirrt mich.

Ich mein vovon hengt das den ab wie wir die Katze wahr nehmen, den es ist ja offensichtlich so das wenn etwas tot ist das es dann (fast) alle als tot ansehen und nicht jeder was anderes glaubt. Oder spielt sich alles nur in unserem Kopf ab und die Leute die deine Meinung teilen sind gar nicht da?

Hab mal ein Bericht in der P.M. gelesen da meinte der sowas von wegen wir sind alle eins und Advaitha und so gemeinsammes Bewusstsein bzw. nur ein Bewusstsein. Ist das sowas? Klingt mir nämlich ein bisschen sehr abgehoben.
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Beitragvon Qubit » Sa 30. Jun 2007, 00:26

Aeternitas hat geschrieben:Könntest du den ersten Punkt ein bisschen Erleutern, der verwirrt mich.

Ich mein vovon hengt das den ab wie wir die Katze wahr nehmen, den es ist ja offensichtlich so das wenn etwas tot ist das es dann (fast) alle als tot ansehen und nicht jeder was anderes glaubt. Oder spielt sich alles nur in unserem Kopf ab und die Leute die deine Meinung teilen sind gar nicht da?

Hab mal ein Bericht in der P.M. gelesen da meinte der sowas von wegen wir sind alle eins und Advaitha und so gemeinsammes Bewusstsein bzw. nur ein Bewusstsein. Ist das sowas? Klingt mir nämlich ein bisschen sehr abgehoben.


Hallo Klaus, Hallo Aeternitas.

Schrödinger hat seine Katze ersonnen, um die Übertragung der - für ihn - paradoxen Eigenschaften von quantenmechanischen Systemen auf makroskopische Systeme wie Katzen darzustellen. Er wollte - wie EPR - damit die Unvollständigkeit der QM aufzeigen.

Doch zur eigentlichen Frage nach dem "gemeinsamen Bewusstsein" in der Kopenhagener Deutung.
Die Kopenhagener Deutung ist eigentlich eine ausgesprochen positivistische Anschauung. Sie lässt nur klassisch beobachtbare Messgrössen als real gelten.
Die Quantenmechanik ist nur eine vollständige Beschreibung der Wahrscheinlichkeiten für mögliche Messergebnisse. Reale Zustände zeigen sich nur - in Abhängigkeit von diesen Wahrscheinlichkeitsverteilungen - zufällig in den Messungen.
Daher ist ein "QM-Zustand" auch erst durch eine (klassische) Messung real.

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die, was hierbei eine Messung darstellt.
Wenn man hier die komplette Umgebung der Messung einbezieht, dann ist das "Bewusstsein des Beobachters" letztlich die Instanz, in welcher der "QM-Zustand" als realer Zustand festgelegt wird. Dies ist sicher eine extreme Auslegung; eigentlich reichte ein klassisches System. Heute spricht man daher eher von Dekohärenz der "QM-Zustände" (Übergang QM -> klassisch). Die Dekohärenzzeiten liegen da in der Grössenordnung von 10^-26s, so dass niemand Schrödingers Katze in der Superposition "Lebendig" und "Tod" feststellen wird.

Mit einem "kollektiven Bewusstsein" hat das also eher nichts zu tun; darunter könnte ich mir in diesem Zusammenhang besser den verschränkten Zustand der Systeme vorstellen. Es wäre mir jedoch neu, dass Gehirne makroskopische Quantensysteme wären ;-)
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Beitragvon Nox » Sa 30. Jun 2007, 10:41

Qubit hat geschrieben:Daher ist ein "QM-Zustand" auch erst durch eine (klassische) Messung real.

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die, was hierbei eine Messung darstellt.
Wenn man hier die komplette Umgebung der Messung einbezieht, dann ist das "Bewusstsein des Beobachters" letztlich die Instanz, in welcher der "QM-Zustand" als realer Zustand festgelegt wird. Dies ist sicher eine extreme Auslegung; eigentlich reichte ein klassisches System.
Hallo :winken:

Gefällt mir gar nicht. Messungen sind schwierig quantenmechanisch zu beschreiben, weil die Messapparate verdammt groß sind. Die Messung an sich ist aber nichtklassisch.

"Wenn man hier die komplette Umgebung der Messung einbezieht, dann ist das "Bewusstsein des Beobachters" letztlich die Instanz, in welcher der "QM-Zustand" als realer Zustand festgelegt wird."
Das halte ich nicht für eine radikale Auslegung, sondern für unwissenschaftlichen Blödsinn. Dekohärenz ist unabhängig davon, ob der Detektor über Bewusstsein verfügt oder nicht.
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Beitragvon Qubit » Sa 30. Jun 2007, 15:31

Nox hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Daher ist ein "QM-Zustand" auch erst durch eine (klassische) Messung real.

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die, was hierbei eine Messung darstellt.
Wenn man hier die komplette Umgebung der Messung einbezieht, dann ist das "Bewusstsein des Beobachters" letztlich die Instanz, in welcher der "QM-Zustand" als realer Zustand festgelegt wird. Dies ist sicher eine extreme Auslegung; eigentlich reichte ein klassisches System.
Hallo :winken:

Gefällt mir gar nicht. Messungen sind schwierig quantenmechanisch zu beschreiben, weil die Messapparate verdammt groß sind. Die Messung an sich ist aber nichtklassisch.

"Wenn man hier die komplette Umgebung der Messung einbezieht, dann ist das "Bewusstsein des Beobachters" letztlich die Instanz, in welcher der "QM-Zustand" als realer Zustand festgelegt wird."
Das halte ich nicht für eine radikale Auslegung, sondern für unwissenschaftlichen Blödsinn. Dekohärenz ist unabhängig davon, ob der Detektor über Bewusstsein verfügt oder nicht.


Hallo Nox.

Dekohärenz ist nichtklassisch ? JA !
Messungen sind nichtklassisch ? NEIN !

Schon Galilei hat die (pyhysikalische) Messung als "Frage an die Natur" beschrieben.
Nach den Erfahrungen der QM und der Kopenhagener Deutung lassen sich Messungen weitergehend spezifizieren als Frage nach observablen Grössen pyhsikalischer Systeme, die mit klassischen Grössen korrespondieren. Nach der Kopenhagener Deutung ist diese Einschränkung nicht nur sinnvoll, sondern gar nicht anders möglich. Nur diese klassischen Grössen sind es, die in Naturbeschreibungen real auftreten (~Positivismus).

Wie hängen Dekohärenz und Messungen nun zusammen ?

Die Idee hinter Dekohärenz ist es doch, die QM-Zustände eines Systems quantenmechanisch an die Umgebung zu koppeln, Die Umgebung wird dabei quantenmechanisch beschrieben (normierte orthogonale Basiszustände, etc.)
Es existiert hierbei ein unitärer von Neumann-Operator, der auf dem Produktraum wirkt und die Teilzustände des Systems nicht stört; reine Zustände des Produktraumes gehen in gemischte Zustände des Produktraumes über.
Die Annahme solcher "Umgebungszustände" und eines solchen Operators mit solchen Eigenschaften ist erst mal eine idealisierte Voraussetzung, die jedoch das Wesen der Betrachtungen nicht einschränkt.
Wichtig ist jetzt die Frage, wie sich solch eine Kopplung für die Teilzustände des Systems auswirken, wenn man nur diese Teilzustände betrachtet.
Nach etwas formaler Rechnerei mit partiellen Spuren der Dichtematrix des gekoppelten Gesamtsystems lässt sich für die reduzierte Dichtematrix des betrachteten Systems erkennen, dass auch die reinen QM-Zustände des Systems nach der Koppelung in gemischte QM-Zustände ohne "Interferenzterme" des Systems übergehen. Leger liesse sich formulieren, dass "Information" an die Umgebung abgegeben und damit die Quanteninterferenz des Systems vernichtet wurde; sie steckt jetzt im gekoppelten Gesamtsystem.

Wie beschreibt dieser Vorgang eine Messung ?
Hierfür muss man eine Observable (~hermetischen Operator) wählen, der durch die Versuchsanordnung festgelegt wird.
Wichtig im Zusammenhang mit Dekohärenz ist nun, dass ein solcher Operator immer für das Gesamsystem (System+Umgebung) gilt ! In jeder Messung, die als Dekohärenz beschrieben werden will, geht also die Messumgebung in die quantennmechanische Wahrscheinlichkeitsverteilung mit ein. Mit der Messung ist die Messumgebung für sich in einem klassischen Zustand. Wenn man die Kopenhagener Deutung jedoch strikt verfolgt, dann wäre jedoch der Zustand der Messumgebung selbst nur eine Verteilung möglicher quantenmechanischer Wahrscheinlichkeiten des Gesamtsystems (~Schrödingers Katze). Real wäre der klassische Zustand erst dann, wenn man ihn festgestellt hat (~"Bewusstsein")
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Beitragvon Nox » So 1. Jul 2007, 16:05

Qubit hat geschrieben:Mit der Messung ist die Messumgebung für sich in einem klassischen Zustand. Wenn man die Kopenhagener Deutung jedoch strikt verfolgt, dann wäre jedoch der Zustand der Messumgebung selbst nur eine Verteilung möglicher quantenmechanischer Wahrscheinlichkeiten des Gesamtsystems (~Schrödingers Katze). Real wäre der klassische Zustand erst dann, wenn man ihn festgestellt hat (~"Bewusstsein")
Was soll das heißen "mit der Messung"? Messungen projizieren zufällig (nur zustandsabhängige Wahrscheinlichkeit vorhersagbar) auf einen Eigenwert des (Mess-) Operators. Die Messung muss allein deswegen nichtklassisch sein, weil ich von einem nichtklassischen System ausgehe... Was dabei heraus kommt kann durchaus so klassisch sein, wie nur irgend möglich - wobei keins der Ergebnisse klassisch vorhersagbar sein muss (Erwartungswert, einzelne Messwerte, deren Wahrscheinlichkeiten).

Um das zu argumentieren brauche ich ja noch gar keine Gemische, keine zusammengesetzten Systeme. Wenn ich die Dekohärenz durch Wechselwirkung mit der Umgebung - oder eienn ganzen Messprozess samt Detektor quantenmechanisch beschreiben will natürlich schon...


Ich wüsste nicht, wo Bewusstsein in der kopenhagener Deutung vorkommt und haben eben bei einer kurzen Suche auch nichts gefunden. Wikipedia spricht die Idee immerhin an und nennt in dem Zusammenhang völligen Humbug wie "What the bleep...".
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Re: M

Beitragvon Qubit » So 1. Jul 2007, 19:34

Nox hat geschrieben:Ich wüsste nicht, wo Bewusstsein in der kopenhagener Deutung vorkommt und haben eben bei einer kurzen Suche auch nichts gefunden. Wikipedia spricht die Idee immerhin an und nennt in dem Zusammenhang völligen Humbug wie "What the bleep...".


zB J. Barrow, F. Tipler, The Anthropic Cosmological Principle Oxford University Press, 2nd edition, 1996

siehe auch Participatory anthropic principle, Wheeler

Beste Grüsse
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Beitragvon Nox » So 1. Jul 2007, 20:48

Tipler hat sich ja mit gewissen Büchern ([1] [2]) ziemlich blamiert...
(Obwohl er von einigen dafür natürlich trotz aller Fehler und Spekulationen gefeiert wurde.)
Heißt natürlich nicht, dass alle anderen Versuche von ihm ähnlich schlecht sind, aber das 1. davon (vor Jahren) zu lesen hat mich erstmal hinreichend demotiviert...

Zum Anthropischen Prinzip (AP) scheint Penrose alles gesagt zu haben: "it tends to be invoked by theorists whenever they do not have a good enough theory to explain the observed facts."

Während das schwache AP (Da es uns gibt muss das Universum [hier] so aussehen, dass wir uns entwickeln konnten) wirklich nur eine Tautologie ist, bleibt das starke AP (Jedes Universum muss Leben ermöglichen) reine Spekulation....


Wheelers PAP (Participatory Anthropic Principle: Beobachter sind notwendig, um das Universum zu erzeugen.) kannte ich noch gar nicht! Ist natürlich ebenfalls reine Spekulation und der auf Wikipedia genannten Kritik "Diesem Prinzip wird im allgemeinen ein unwissenschaftlich teleologischer Charakter vorgeworfen." ist wenig hinzuzufügen - aber eine interessante Gedankenspielerei ist es allemal! Aber es ist nicht die kopenhagener Deutung. Es folgt nicht aus der kopenhagener Deutung. Sondern es wird einfach noch auf selbige "dazuaddiert".

Danke für den Hinweis! Vielleicht gibts ja noch was zu korrigieren an meinem Geschreibsel? Falls ich sein Buch hier in einer Bücherei finde...
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Beitragvon HF******* » So 1. Jul 2007, 21:14

Hallo Qubit, eine schöne Darstellung oben.

Allerdings befasst sich die kopenhagener Interpretation nach gängiger Darstellung nicht nur mit der Beschreibung von Wahrscheinlichkeiten, sondern sie sagt auch, dass tatsächlich nur Wahrscheinlichkeiten vorliegen: Die Theorie ist im eigentlichen Sinne indeterministisch. Sie enthält sich also nicht der Aussage bezüglich des Unbekannten, sondern sie erfindet etwas hinzu, den Indeterminismus.

Wenn man die kopenhagener Interpretation so versteht, wie von Dir dargestellt, ist sie wieder sinnvoll. Sie enthält dann allerdings keinerlei indeterministischen Aussagegehalt (!). Die viele Welten Theorie enthält insofern einen logischen Sprung, denn sie würde einen scheinbaren Indeterminismus erklären wollen, den danach nicht einmal die kopenhagener Interpretation behauptet hätte.

@Klaus: Ein schwarzes Loch strahlt auch etwas ab (Hawking-Strahlung), es hat sogar eine Temparatur. Selbst wenn sich z. B. für ein schwarzes Loch die Aufhebung der allermeisten Naturgesetze ergeben würde und sich das sogar beweisen ließe, ist doch Raum und Zeit nicht aufgehoben, wenn es etwas abstrahlt (denke ich). Wenn Raum und Zeit nicht aufgehoben sind, dann bedeutet das, dass das Kausalgesetz gilt. Wie gesagt: Das sind alles grobe Eigenschlussfolgerungen aus meinem begrenzten Verständnis...
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Beitragvon Myron » So 1. Jul 2007, 21:40

Qubit hat geschrieben:Die Kopenhagener Deutung ist eigentlich eine ausgesprochen positivistische Anschauung.


Anscheinend nicht:

"Earlier generations of philosophers have often accused the Copenhagen interpretation of being subjectivistic or positivistic. Today anyone who has studied Bohr's essays carefully agrees that his view is neither. There are, as many have noticed, both typically realist as well as antirealist elements involved in it, and it has affinities to Kant or neo-Kantianism."

(Stanford Encyclopedia of Philosophy. "Copenhagen Interpretation of Quantum Mechanics" (by Jan Faye). http://plato.stanford.edu/entries/qm-copenhagen.)
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Beitragvon HF******* » So 1. Jul 2007, 21:45

Hallo Myron! Herzlich willkommen - mal ein abwechslungsreiches Bildchen :^^:

Stanford Encyclopedia of Philosophy:
… In fact Bohr and Heisenberg never totally agreed on how to understand the mathematical formalism of quantum mechanics, and none of them ever used the term “the Copenhagen interpretation” as a joint name for their ideas. In fact, Bohr once distanced himself from what he considered to be Heisenberg's more subjective interpretation (APHK, p.51). The term is rather a label introduced by people opposing Bohr's idea of complementarity, to identify what they saw as the common features behind the Bohr-Heisenberg interpretation as it emerged in the late 1920s. Today the Copenhagen interpretation is mostly regarded as synonymous with indeterminism, …


Wenn ich das richtig verstehe, hat Niels Bohr demnach den indeterministischen Aussagegehalt gar nicht vertreten.

Wer hat das dann aber kreiert? Ist es auf dem Mist des gottgläubigen Heisenberg gewachsen, der erklärtermaßen nicht in der Lage war, physikalische Erkenntnis und Religion zu trennen?
Zuletzt geändert von HF******* am Mo 2. Jul 2007, 21:22, insgesamt 5-mal geändert.
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Beitragvon Myron » So 1. Jul 2007, 21:45

Qubit hat geschrieben:Wie hängen Dekohärenz und Messungen nun zusammen ?


Siehe:

* Stanford Encyclopedia of Philosophy. "The Role of Decoherence in Quantum Mechanics" (by Guido Bacciagaluppi). http://plato.stanford.edu/entries/qm-decoherence.
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Beitragvon Qubit » Mo 2. Jul 2007, 16:19

HFRudolph hat geschrieben:Allerdings befasst sich die kopenhagener Interpretation nach gängiger Darstellung nicht nur mit der Beschreibung von Wahrscheinlichkeiten, sondern sie sagt auch, dass tatsächlich nur Wahrscheinlichkeiten vorliegen: Die Theorie ist im eigentlichen Sinne indeterministisch. Sie enthält sich also nicht der Aussage bezüglich des Unbekannten, sondern sie erfindet etwas hinzu, den Indeterminismus.

Wenn man die kopenhagener Interpretation so versteht, wie von Dir dargestellt, ist sie wieder sinnvoll. Sie enthält dann allerdings keinerlei indeterministischen Aussagegehalt (!). Die viele Welten Theorie enthält insofern einen logischen Sprung, denn sie würde einen scheinbaren Indeterminismus erklären wollen, den danach nicht einmal die kopenhagener Interpretation behauptet hätte.


Man sollte sich den Unterschied von Dekohärenz und quantenmechanischem Messproblem klar machen..
Dekohärenz beschreibt klassische Systeme in einer Quantenwelt, das quantenmechanische Messproblem behandelt die "Projektion" von QM-Zustände auf klassische. Dies sollte des weiteren nicht mit sog. QND (quantum nondemolition) Messungen vermengt werden.
Dekohärenz ist ein rein quantenmechanisches Phänomen. Nach der (oder "einer" ;-) Kopenhagener Deutung sind quantenmechanische Zustände jedoch nichts reales. Erst die Projektion der Observablen auf klassische Zustände ist real. Letzteres geschieht mit der Messung und ist indeterministisch.

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Beitragvon HF******* » Mo 2. Jul 2007, 17:59

Kannst Du das auch ohne Fachausdrücke rüberbringen? =)
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Beitragvon Qubit » Mo 2. Jul 2007, 19:19

HFRudolph hat geschrieben:Kannst Du das auch ohne Fachausdrücke rüberbringen? =)


Ja, mit mathematischem Formalismus ;-)

In Worten kann ich es zur Zeit nicht einfacher formulieren..

PS:
Philosophische Diskurse scheitern meistens nicht daran, dass man die Begriffe zu lasch definiert, sondern daran, dass man sie für sich zu scharf festlegt.
Dadurch befinden sich die Teilnehmer der Diskurse gleichsam in unterschiedlichen Bezugssystemen von Kontexten.
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Beitragvon HF******* » Mo 2. Jul 2007, 21:09

QBit schrieb:
Erst die Projektion der Observablen auf klassische Zustände ist real. Letzteres geschieht mit der Messung und ist indeterministisch.


Wer behauptet das? Nach dem dem oben zitierten Stanford Lexikon stammt diese Schlussfolgerung jedenfalls nicht von Niels Bohr - wobei ich das jetzt falsch verstanden haben kann oder das Lexikon unvollständig ist. Die „Projektion“ oder besser gesagt die Übertragung und Schlussfolgerung aus den Messergebnissen bedarf einer ganz besonderen Begründung, wenn man daraus einen Beweis für den Indeterminismus ableiten will: Und das wollen Viele.

Wenn jemand sagt: Die Messergebnisse lassen diese und jene statistischen Aussagen zu und diese statistischen Aussagen kann man in Formeln ausdrücken, dann ist daran ansich nichts indeterministisch.

Wenn man etwas nicht mit eigenen Worten ausdrücken kann, dann hat man es manchmal auch nicht verstanden. :^^:
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Beitragvon Qubit » Mo 2. Jul 2007, 21:48

HFRudolph hat geschrieben:Wer behauptet das? Nach dem dem oben zitierten Stanford Lexikon stammt diese Schlussfolgerung jedenfalls nicht von Niels Bohr - wobei ich das jetzt falsch verstanden haben kann oder das Lexikon unvollständig ist. Die „Projektion“ oder besser gesagt die Übertragung und Schlussfolgerung aus den Messergebnissen bedarf einer ganz besonderen Begründung, wenn man daraus einen Beweis für den Indeterminismus ableiten will: Und das wollen Viele.

Wenn jemand sagt: Die Messergebnisse lassen diese und jene statistischen Aussagen zu und diese statistischen Aussagen kann man in Formeln ausdrücken, dann ist daran ansich nichts indeterministisch.


Die Kopenhagener Deutung ist nicht notwendigerweise identisch mit der Meinung Niels Bohrs. Sicher sind in dieser Interpretation auch Meinungen von Schülern und vorallem "NewAge-Physiker" alla Capra eingeflossen. Es geht hierbei auch eher um mögliche Interpretationen, die nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse ausgeschlossen sind.
Der Indeterminismus ist nicht durch die Wahrscheinlichkeit als "Amplitudenquadrat" der Wellenfunktion gegeben, sondern Besetzung von Zuständen dieser Wahrscheinlichkeiten. Diese erfolgt durch Messungen.

Wenn man etwas nicht mit eigenen Worten ausdrücken kann, dann hat man es manchmal auch nicht verstanden. :^^:


Das stimmt wohl.. aber wie sagte schon Wittgenstein: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen" ;-)
Wobei dieses "wovon" kontextabhängig ist !
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Beitragvon HF******* » Mo 2. Jul 2007, 22:10

QBit schrieb:
Der Indeterminismus ist ... gegeben, ... [durch] Besetzung von Zuständen dieser Wahrscheinlichkeiten. Diese erfolgt durch Messungen.


Wie will man denn aus einem Ztand, den man beobachtet, eine indeterministische Verhaltensweise ableiten: Dazu müsste man bereits denklogisch sämtliche auch nur denkbaren Informationen eines Systems haben. Bei einem derart lückenhafter Kenntnis reicht es hierzu nicht.

Mal ganz abgesehen davon, dass es für die Behauptung von Indeterminismus ansich kaum logische Erklärungen gibt, abgesehen vielleicht von der auf den ersten Blick abwegigen viele Welten Theorie.

Wie soll die veremeintliche Beobachtung des Indeterminismus erklärt werden?
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