Glauben, dass es keinen Gott gibt

Glauben, dass es keinen Gott gibt

Beitragvon HF******* » Mo 2. Jul 2007, 09:53

Auf dem Blog erschien die folgende Äußerung von Penn Jilette:

Penn Jilette äußerte:
Der Glaube, dass es keinen Gott gibt, bedeutet, dass man mir nicht wirklich vergeben kann, außer aufgrund von Freundlichkeit und Vergesslichkeit. Das ist gut; Es bewegt mich dazu, mir mehr Gedanken zu machen. Ich muss mich schon beim ersten Mal bemühen, die Menschen richtig zu behandeln.

Der Glaube, dass es keinen Gott gibt, hindert mich daran, solipsistisch zu sein. Ich kann die Ideen von allen möglichen Leuten aus allen möglichen Kulturen verstehen. Ohne Gott können wir uns auf die Realität einigen und ich kann weiterhin erfahren, wo ich falsch liege. Wir können uns alle fortlaufend anpassen, damit wir richtig miteinander kommunizieren können. Ich drehe nicht gleich durch, wenn die Leute sagen: “Ich habe einen Glauben, ich glaube das in meinem Herzen und nichts, was du sagen oder tun könntest, wird meinen Glauben erschüttern.” Das ist nur eine umständliche, religiöse Art und Weise, um “Halt die Klappe” zu sagen oder zwei Wörter, welche die FCC noch weniger mag. Doch jede Unanständigkeit ist weniger beleidigend als “Wie ich aufgezogen wurde und mein imaginärer Freund bedeuten mir mehr, als alles, was du jemals sagen oder tun könntest.” Der Glaube, dass es keinen Gott gibt, versetzt mich also in die Lage, widerlegt zu werden und das macht immer Spaß. Es bedeutet, dass ich etwas lerne.


Seien wir mal ehrlich: Rational kann man nur begründen, dass es keine Anhaltspunkte für reale personifizierte Gottheiten gibt und dass selbst die Theorien ansich nicht schlüssig sind.

Darüber hinaus glaube ich aber auch, dass es keinen Gott gibt: Das geht insoweit über das rationale Element hinaus, dass ich auch emotional nicht in der Lage bin, etwa eine Gottheit zu empfinden oder zu erfühlen. Ich kann mir etwas derartiges vorstellen wie ich mir Figuren aus Harry Potter vorstellen kann, ich kann sie mir sogar so plastisch vorstellen, dass ich einen Drachen aus Harry Potter bei geschlossenen Augen beweglich vor mir sehe - im Geiste. Nur im Traum bin ich allerdings nicht in der Lage, Phantasie und Realität zu trennen. Ansonsten bleibt eine klare Trennung von Phantsasiegestalt und Realität.

Der Punkt aber ist: Auch wenn ich alle rationalen Überlegungen streiche und meinen Verstand ausschalte, dann glaube ich, dass es keinen Gott gibt. Das mag zwar rationale Ursachen haben - aber auch unter Ausblendung des Verstandes habe ich daran keinen Zweifel - rational überlegt kommt dann ein rein denklogischer Zweifel im fallibilistischen Sinne hinzu.

Was ist dagegen einzuwenden?
Man kann insofern zweifel haben, ob nicht mancher Atheist zunächst glaubt und dann die rationale Begründung sucht - ebenso wie wir uns häufig in Bruchteilen von Sekunden eine politische Meinung bilden und erst dann nach Argumenten suchen. Immerhin bin ich aber bereit, meine subjektive Empfindung eine eigenen Kontrolle meines Verstandes zu unterziehen, so dass ich z. B. den Fallibilismus in mein Weltbild einschließe, obwohl er sich nicht mit meinen Empfindungen deckt.
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Beitragvon [C]Arrowman » Mo 2. Jul 2007, 11:26

Bei mir ist es eher umgekehrt, eben weil man sovieles in der Welt rational begründen kann, sei es die Herkunft der Arten oder physikalische Gesetze, je mehr ich diese Gesetze verstand, desto ferner rückte eine Gott-Vorstellung. Ich bin zum Schluss gekommen, dass wir früher oder später alles in unserer welt logisch und rational erklären können, wenn wir erst mal soweit sind, wofür brauchen wir einen Gott, der keine Wunder wirkt?

Diese Überlegung macht noch mehr Sinn, wenn wir Gott aus der Gleichung entfernen.
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Beitragvon Peter Janotta » Mo 2. Jul 2007, 12:02

Am Anfang eines Standarwerks zur Quantenmechanik (F. Schwabl, "Quantenmechanik für Fortgeschrittene", 4.Aufl. 2005, Springer Verlag) steht ein nettes Zitat dazu:

Die wahre Physik ist jene, der es eines Tages gelingen wird, den Menschen in seiner Gesamtheit in ein zusammenhängendes Weltbild einzugliedern.
Pierre Teilhard de Chardin
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Beitragvon HF******* » Mo 2. Jul 2007, 12:53

Verglichen mit Überlegungen zum Determinismis ist es umgekehrt: Wenn ich da den Verstand ausschalte, dann glaube ich nicht daran.
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Re: Glauben, dass es keinen Gott gibt

Beitragvon Kurt » Mo 2. Jul 2007, 12:54

HFRudolph hat geschrieben: ebenso wie wir uns häufig in Bruchteilen von Sekunden eine politische Meinung bilden und erst dann nach Argumenten suchen. Immerhin bin ich aber bereit, meine subjektive Empfindung eine eigenen Kontrolle meines Verstandes zu unterziehen, so dass ich z. B. den Fallibilismus in mein Weltbild einschließe, obwohl er sich nicht mit meinen Empfindungen deckt.


Mathematiker "wissen" oft intuitiv, dass ein Satz wahr ist, bevor sie den Beweis gefunden haben. Lebewesen handeln oft unerwartet, ohne dass die Rationalität der Handlungsweise erkennbar wäre. Die evolutionäre Psychologie hat aber schon oft den "Sinn" scheinbar irrationaler Handlungsweisen entdeckt. Manchmal arbeiten wir unbewusst schneller, als unser Verstand die Dinge begreifen kann. Und das ist gut so. Schlimm wird es erst dann, wenn wir unbegründete Einstellungen gegen logische Argumente verteidigen.
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Beitragvon HF******* » Mo 2. Jul 2007, 13:22

Kurt schrieb:
Schlimm wird es erst dann, wenn wir unbegründete Einstellungen gegen logische Argumente verteidigen.


Das sehe ich ebenso.
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Beitragvon Qubit » Mo 2. Jul 2007, 19:43

"Glauben, dass es keinen Gott gibt"

Hierbei Gott verstanden als "höhere Vernunft", als Bob der Baumeister, der die Architektur von allem ersonnen hat.

Interessante Frage, ob man für das "Nichtglauben" mehr rationale Gründe angeben kann als für die Irrationalität des Glaubens fehlen.

Eine Botschaft für den Prozess der individuellen Aufklärung scheint mir doch zu sein: "Die Welt ist anders, als du glaubst"
(Glauben geht hier weiter als im religiösen Sinne)

Daher wäre eine gleichsam logische Konsequenz, dass einige der "primitivsten Glauben" (im Sinne von primär) dabei über Board gehen.
Und die "Gottesidee" im obigen Sinne gehört zweifellos dazu.

Atheist ist man nicht, Atheist wird man.
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Beitragvon Qubit » Mo 2. Jul 2007, 21:35

Qubit hat geschrieben:Interessante Frage, ob man für das "Nichtglauben" mehr rationale Gründe angeben kann als für die Irrationalität des Glaubens fehlen.


Oder wie es ein Schmidt-Salomon als Aphorismus formulieren würde:

"Die Irrationalität des Glaubens ist die IrrRationalität der Aufklärung"
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Beitragvon HF******* » Mi 4. Jul 2007, 18:25

QBit schrieb:
…Hierbei Gott verstanden als "höhere Vernunft"…


Verstehe ich nicht: Weshalb sollte man einen Gottesbegriff als höhere Vernunft verstehen? Dann kann man es ansich auch gleich lassen. :^^:
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Beitragvon arcalexx » Mi 4. Jul 2007, 18:50

"Der Glaube, dass es keinen Gott gibt, versetzt mich also in die Lage, widerlegt zu werden und das macht immer Spaß"

Was für ein großer Satz! Zum Mitschreiben und merken...
Ich wünschte, es würde mehr Menschen Spaß machen, widerlegt zu werden. Dies erfordert leider eine gewisse innere Stärke, die nicht alle besitzen.
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Beitragvon Ajfax » Di 24. Jul 2007, 16:07

Guten Tag.
Ich habe mich eben angemeldet.
Ich hoffe doch, dass man als Bright nicht einen IQ von 160 haben muss - zudem sind IQ-Messungen sinnlos ("Gardners 7 Intelligenzen-Theorie"

Wenn man das Wort "glauben" auch als Verneinung benutzt, sagt man ja indirekt auch, dass man sowas wie "glauben" kann als Atheist.
Das war befremdlich, als mir das ein Kollege sagte.

Deshalb versuche ich, dieses Wort zu vermeiden.
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Beitragvon HF******* » Di 24. Jul 2007, 16:34

Hallo Ajfax, herzlich willkommen!

Der ganze Abschnitt hier ist ja auch mehr eine Provokation.
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Re: Glauben, dass es keinen Gott gibt

Beitragvon Max » Mi 25. Jul 2007, 13:34

Kurt hat geschrieben:
HFRudolph hat geschrieben: ebenso wie wir uns häufig in Bruchteilen von Sekunden eine politische Meinung bilden und erst dann nach Argumenten suchen. Immerhin bin ich aber bereit, meine subjektive Empfindung eine eigenen Kontrolle meines Verstandes zu unterziehen, so dass ich z. B. den Fallibilismus in mein Weltbild einschließe, obwohl er sich nicht mit meinen Empfindungen deckt.


Mathematiker "wissen" oft intuitiv, dass ein Satz wahr ist, bevor sie den Beweis gefunden haben. Lebewesen handeln oft unerwartet, ohne dass die Rationalität der Handlungsweise erkennbar wäre. Die evolutionäre Psychologie hat aber schon oft den "Sinn" scheinbar irrationaler Handlungsweisen entdeckt. Manchmal arbeiten wir unbewusst schneller, als unser Verstand die Dinge begreifen kann. Und das ist gut so. Schlimm wird es erst dann, wenn wir unbegründete Einstellungen gegen logische Argumente verteidigen.


Die Anführungszeichen kann man auch weglassen. "Wissen" impliziert keine Gewissheit, insofern handelt es sich dabei auch um Wissen. Gewissheit ist grundsätzlich nicht erreichbar, auch nicht in der Mathematik. Selbst ein "Beweis" schafft keine Gewissheit.
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Beitragvon Max » Mi 25. Jul 2007, 13:45

Der Glaube, dass es keinen Gott gibt, bedeutet, dass man mir nicht wirklich vergeben kann, außer aufgrund von Freundlichkeit und Vergesslichkeit.

Wieso das denn? Besteht hier irgendein Zusammenhang?

Der Glaube, dass es keinen Gott gibt, hindert mich daran, solipsistisch zu sein.

Würde er Solipsist werden, wenn er an einen Gott glaube? Wenn nicht, dann hat diese Aussage keinerlei Bedeutung.

Überhaupt: Sein dämlicher Glaube hindert ihn nicht daran, Solipsist zu werden.

Ich weiß nicht, für welche Leser Jilette das geschrieben hat. Vielleicht besteht sein Publikum aus Vollidioten. Vielleicht würde das erklären, warum er solchen Mist fabriziert hat. Das Ganze ist nichts weiter als eine Ansammlung an logischen Fehlern, inhaltsleeren Worthülsen und schlichtem Blödsinn.
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 25. Jul 2007, 13:55

Es geht darum, dass es sogar besser wäre, zu glauben, dass es keinen Gott gibt, als dass es einen gibt. Selbst als Religion wäre der Atheismus immer noch besser.

Diese Solipsismus-Sache hört man von den Neuen Atheisten häufig, Ich weiß nicht genau, was sie damit meinen.
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Beitragvon Max » Mi 25. Jul 2007, 14:01

Wozu bitte der Glaube? Ist das nicht vollkommen irrational? Führt diese inflationäre Verwendung des Begriffs nicht dazu, dass sich der Begriff zu einer gehaltlosen Leerformel entwickelt?
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 25. Jul 2007, 14:09

Wieso? Stimmt doch. Selbst, wenn der Atheismus auch eine Religion wäre, wäre er immer noch besser als die anderen Religionen. Klar, ist satirisch, der Text.
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Beitragvon Max » Mi 25. Jul 2007, 14:14

Ich finde ihn grotesk-lächerlich.
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Beitragvon LinuxBug » Mi 25. Jul 2007, 14:27

Also von dem was auf Wikipedia steht, würde ich auch nicht sagen, dass Solipsismus was gutes wäre :^^:

Max hat geschrieben:Überhaupt: Sein dämlicher Glaube hindert ihn nicht daran, Solipsist zu werden.

Sein dämlicher Glauben, dass es keinen Gott gibt nicht. Wenn er aber an Intersubjektivität und/oder an vom eigenen Ich-unabhängige Realität glaubt, dann kann er kein Solipsist werden.

Ich frage mich, ob da was tolles dran ist, Solipsist zu sein :irre:

arcalexx hat geschrieben:Ich wünschte, es würde mehr Menschen Spaß machen, widerlegt zu werden. Dies erfordert leider eine gewisse innere Stärke, die nicht alle besitzen.

Also mir macht es nicht wirklich Spaß widerlegt zu werden (was mir bis jetzt auch nie passiert ist, eigentlich (also seit ich wirklich Bright bin :^^: )
Was mir allerdings durchaus Spaß macht, ist einen Standpunkt zu haben, den man argumentativ verteidigen "muss" =)
Überlegt doch mal, was wäre die Alternative? Wir können nicht bei jeder Frage "wissenschaftlich" vorgehen, wir sind auch nur Menschen.

Ich bring gern den Satz "ich glaube, woran ich keinen Grund zum Zweifeln habe". Mir ist klar, dass manche Sachen nur "Glaubensfragen" sind, aber ich halte meinen Standpunkt für gut begründet :up:

Z.B. Kausalgesetz. Eigentlich können wir nicht wissen, ob es einen Kausalen Zusammenhang zwischen Zwei Ereignissen gibt (Das Induktionsproblem) Trotzdem halte ich es für vernünftiger einen solchen anzunehmen (praktischer ist es auf alle Fälle :^^: )

Andreas Müller hat geschrieben:Selbst als Religion wäre der Atheismus immer noch besser.

Natürlich, was denn sonst xD

Alles in allem finde ich den Text aber nicht so schlimm :/
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Beitragvon cptchaos » Di 31. Jul 2007, 16:23

Also ich denke das ist zuerst ein begriffliches Problem.

Was ist ein Gott?
Wenn es irgendeine übernatürliche Wesenheit darstellt.
Dann glaubt jeder Bright an die nicht Existenz von Göttern.
Denn er ist die Meinung, dass alles was ist, Natürlich ist.

Das nächste Problem ist das Wort glauben.
Was bedeutet glauben?
Vermuten das etwas eher Wahr als Falsch ist. (Für mich)

In meinem obigen sinne Glaube ich definitiv, dass es
keine Gottheiten gibt.
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