Naturalismus, ein Kartenhaus?

Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Norman » So 30. Sep 2007, 18:21

Tach Leutz

Ich bin auf ein paar Zeilen gestoßen, die besagen, in Großbritannien haben einige Ärzte 2005 begonnen im OP-Saal verschiedener Krankenhäuser Monitore anzubringen die wechselnd Zufallssymbole anzeigen und die nur von der Zimmerdecke aus einsehbar sind. Nebenbei zeichnen Kameras die Aktuelle Situation auf um zu verifizieren wann welches Symbol zu sehen ist.
Die Idee dazu entsprang der Tatsache, dass einige Leute während solch einer Erfahrung über Dinge berichteten die sie eigentlich nicht wissen konnten, weil sie ja "tot" waren. Gespräche außerhalb des Raumes, Handlungen und Unterhaltungen der Ärzte, sowie die Handhabung verschiedener Medizinischer Geräte die während der Op benutzt wurden usw.
Wenn nun jemand reanimiert wird und von einem Nahtoderlebnis berichtet, bei dem man typischerweise erst mal von oben auf seinen Körper runterschaut (oder einfach ein out-of-body erlebnis hatte) und dazu sagen kann, dass er Symbole gesehen hat, diese auch beschreiben kann und nachgewiesen ist, dass die Zeichen auch tatsächlich zum fraglichen Zeitpunkt zu sehen waren, wäre damit zweifelsfrei bewiesen, dass das Bewusstsein tatsächlich außerhalb des Gehirns existieren kann. Hätte dieses schlichte Experiment das Potenzial das Naturalistische Weltbild so ziemlich in Grund und Boden zu stampfen?

Eure Meinung darüber würde mich mal interessieren.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Kurt » So 30. Sep 2007, 18:44

Ja, wenn es mit der notwendigen Sorgfalt ausgeführt wird. Ich denke, das wäre auch Randi die Million wert.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon spacetime » So 30. Sep 2007, 19:01

Randi würde ziemlich blöd gucken... und ich auch. Das würde mein gesamtes Bild der Realität verändern. Stellen wir uns mal vor, die Leute könnten tatsächlich die Symbole beschreiben. Filmreif! :up: Mehr aber auch nicht.

lg spacetime
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Sisyphos » So 30. Sep 2007, 19:05

Parapsychologische Phänomene muss man sich als ängstliche kleine Kobolde vorstellen, die niemals in Erscheinung treten, wenn Laborbedingungen herrschen. :mg:
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Myron » So 30. Sep 2007, 19:15

Norman hat geschrieben:Die Idee dazu entsprang der Tatsache, dass einige Leute während solch einer Erfahrung über Dinge berichteten die sie eigentlich nicht wissen konnten, weil sie ja "tot" waren. Gespräche außerhalb des Raumes, Handlungen und Unterhaltungen der Ärzte, sowie die Handhabung verschiedener Medizinischer Geräte die während der Op benutzt wurden usw.


Da gibt es einen heiß diskutierten Fall, den sog. Pam-Reynolds-Fall:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21392/1.html

http://www.infidels.org/library/modern/ ... HNDEs.html
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon jan » So 30. Sep 2007, 19:25

Das angeblich einfache Experiment wird schon daran scheitern, das es nicht so einfach ist die völlige Abwesenheit des Bewusstseins zu messen.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Sisyphos » So 30. Sep 2007, 19:29

Myron hat geschrieben:Da gibt es einen heiß diskutierten Fall, den sog. Pam-Reynolds-Fall:


Bei ZEIT-Online (Leserkommentare) hat mir mal in einer Diskussion jemand diesen Fall als Beleg für die eigenständige Seele vorgelegt. Ich zitiere meine Antowrt darauf:

Der Fall Reynolds

Ich zitiere aus der von Ihnen angegebenen Quelle:
http://www.sterbeforschung.de/reynolds.php

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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Max » So 30. Sep 2007, 19:51

Norman hat geschrieben:Tach Leutz

Ich bin auf ein paar Zeilen gestoßen, die besagen, in Großbritannien haben einige Ärzte 2005 begonnen im OP-Saal verschiedener Krankenhäuser Monitore anzubringen die wechselnd Zufallssymbole anzeigen und die nur von der Zimmerdecke aus einsehbar sind. Nebenbei zeichnen Kameras die Aktuelle Situation auf um zu verifizieren wann welches Symbol zu sehen ist.

Quelle?

wäre damit zweifelsfrei bewiesen
Wohl kaum.

Wenn nun jemand reanimiert wird und von einem Nahtoderlebnis berichtet, bei dem man typischerweise erst mal von oben auf seinen Körper runterschaut (oder einfach ein out-of-body erlebnis hatte) und dazu sagen kann, dass er Symbole gesehen hat, diese auch beschreiben kann und nachgewiesen ist, dass die Zeichen auch tatsächlich zum fraglichen Zeitpunkt zu sehen waren, wäre damit zweifelsfrei bewiesen, dass das Bewusstsein tatsächlich außerhalb des Gehirns existieren kann.
Für solche Geschichten gibt es unendlich viele mögilche Erklärungen. Die wahrscheinlichste ist, dass es sich bei dem ganzen um ein paar Idioten handelt, die die Menschheit verdummen wollen.

Nah-Tod-Erlebnisse sind auf den Blutmangel beim Eintreten des Todes zurückzuführen. Astronauten haben sehr häufig, wenn man sie für Trainingszwecke in die Zentrifuge steckt, die selben Erlebnisse wie die genannten Patienten.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon taotne » So 30. Sep 2007, 19:59

Hätte dieses schlichte Experiment das Potenzial das Naturalistische Weltbild so ziemlich in Grund und Boden zu stampfen?
Das derzeitige naturalistische Weltbild eines monistischen Materialismus schon. Der Naturalismus ansich ist hiermit -denke ich- nicht widerlegt. Wir haben nur eine weitere Facette, die unabhängige Existenz des Geistes, der Natur kennengelernt.

Bei diesem Experiment muss man aber aufpassen, dass man die menschliche Auffassungsgabe bei veränderten Hirnstrukturen und unter möglichen Schädigungen nicht unterschätzt. Ich denke hier nur an Inselbegabungen, die möglicherweise kurzzeitig Auftreten können. Dies ist aber eine reine Spekulation und soll nur die Bandbreite an möglichen naturalistischen Erklärungen andeuten.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Andreas Müller » So 30. Sep 2007, 19:59

Na ja, so dogmatisch ausschließen dürfen wir das natürlich nicht. Muss man sich eben genau ansehen.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Norman » So 30. Sep 2007, 20:14

Parapsychologische Phänomene muss man sich als ängstliche kleine Kobolde vorstellen, die niemals in Erscheinung treten, wenn Laborbedingungen herrschen. :mg:


Hehe, so kommts mir auch vor :P

@ Myron
Ich glaub dieser Pam-Reynolds-Fall gab den entscheidenden Ausschlag für dieses Experiment. Sowas kann man ja schließlich nicht ohne genauere Untersuchung stehen lassen ;)

@Jan

Das angeblich einfache Experiment wird schon daran scheitern, das es nicht so einfach ist die völlige Abwesenheit des Bewusstseins zu messen.


Naja, wenn jemand die Zeichen wiedergeben kann, ist es unerheblich ob nun noch Hirnaktivität vorlag oder nicht. Man darf ja auch nicht vergessen, ein EEG misst ja nur die Ströme in den ersten 3mm der Hirnrinde, was darunter vorgeht weiß keiner. Auch ne Nulllinie heißt da nicht zwangsläufig "tot", in diesem Sinne geb ich dir Recht was die messbarkeit eines "Nullbewustseins" angeht, steht aber dem Experiment nicht im Weg.

@Max

Die Quelle war ein Erinnerungsfragment das ich gestern im Netz zu bestätigen versuchte. Außer in einigen Zusammenfassungen von solchen Berichten (genau genommen nur 2) fand ich den selben Satz der im Sinn das wiedergab was ich anfangs schrieb. Ich geh aber noch mal gucken und verlinke auf Wunsch die betreffenden Seiten.

Dass daraus ein Scherz gemacht wird kann durchaus passieren, deshalb sollte das auch gründlich geprüft werden, bevor man sich da in was reinsteigert, aber eine andere Erklärung bei korrekter Ausführung fällt mir nicht ein ---> deshalt "zweifelsfrei bewiesen", was daraus folgt überlasse ich mal den Philosophen^^

edit:

http://www.tagesspiegel.de/magazin/wiss ... 04,2364537
letzter Absatz

http://www.8ung.at/nahtoderfahrung/html/klassiker.html
Im Text unter Punkt 2. Dort wird auch der Leiter des Experiments Peter Fenwick erwähnt.

http://www.livenet.ch/www/index.php/D/a ... 351/10918/
ahh, und hier etwas genauer. Hätte vielleicht gleich nach Fenwick suchen sollen.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Myron » So 30. Sep 2007, 20:57

Myron hat geschrieben:Da gibt es einen heiß diskutierten Fall, den sog. Pam-Reynolds-Fall:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21392/1.html

http://www.infidels.org/library/modern/ ... HNDEs.html


"Near-death experiences. Near-death experiences of a kind that include phenomenology of travel out of the body, often through a tunnel to a bright realm in which, sometimes, deceased relatives or familiar supernatural figures are met give color to the conventional (Christian) view of the afterlife (for the saved). There has been extensive reporting of such experiences, beginning with the studies of Elizabeth Kubler-Ross. It seems that subjects are sincere in their reports. How significant are these phenomena? A number of efforts have been made to corroborate alleged out-of-body observations of real-world conditions; the results suggest hallucination or are at best inconclusive.
(Footnote: Perhaps the most convincing case, that of Pam Reynolds, is at best inconclusive.)"


(Fales, Evan. "Naturalism and Physicalism." In The Cambridge Companion to Atheism, edited by Michael Martin, 118-134. Oxford: Oxford University Press, 2007. p. 130)

Die parapsychologischen Forschungsergebnisse in Sachen Nahtoderfahrungen sind nicht nur unschlüssig, d.i. nicht beweiskräftig, sondern allein die Fallbeschreibungen sind in der Regel ungenau, lückenhaft oder teilweise falsch, wie sich z.B. im Pam-Reynolds-Fall herausgestellt hat.
(Siehe: http://www.infidels.org/library/modern/ ... s.html#pam)
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Myron » So 30. Sep 2007, 21:07

taotne hat geschrieben:Bei diesem Experiment muss man aber aufpassen, dass man die menschliche Auffassungsgabe bei veränderten Hirnstrukturen und unter möglichen Schädigungen nicht unterschätzt. Ich denke hier nur an Inselbegabungen, die möglicherweise kurzzeitig Auftreten können. Dies ist aber eine reine Spekulation und soll nur die Bandbreite an möglichen naturalistischen Erklärungen andeuten.


Ich bezweifle, dass der Substanzdualismus wirklich stimmig in ein naturalistisches Weltbild integriert werden kann.

Genau genommen gibt es zwei Arten von Substanzdualismus:

(1) Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Substanzen: mentale/spirituelle Substanzen und materielle/physische Substanzen.

(1.1) Es ist möglich, dass mentale/spirituelle Substanzen körperlos, entkörpert, d.i. nicht in einem materiellen/physischen Körper eingebettet sind.

(1.2) Es ist notwendig, dass mentale/spirituelle Substanzen einen Körper haben, verkörpert, d.i. in einem materiellen/physischen Körper eingebettet sind.


Bestenfalls könnte 1.2 unter Umständen mit einer naturalistischen Weltsicht vereinbar sein; doch auch in diesem Fall erscheint die Beziehung zwischen der nichtphysischen Substanz und der physischen vollkommen rätselhaft.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon taotne » Mo 1. Okt 2007, 11:45

Wikipedia hat geschrieben:Mit Naturalismus bezeichnet man in der Philosophie eine uneinheitliche Gruppe verwandter Theorien, die die Welt als naturhaftes Geschehen beschreiben. Diese Annahme, die oft auch durch den Spruch Alles ist Natur pointiert wird, führt allerdings zu keiner hinreichenden Begriffsbestimmung, wenn der Begriff der Natur nicht klar umgrenzt ist. Versteht man unter „Natur“ allein die physische Natur, so ergibt sich aus dem Spruch Alles ist Natur eine materialistische oder physikalistische Position. Derartige Theorien vertreten, dass auch der Geist oder das Bewusstsein Teil der physischen Natur sei.

Bei modernen naturalistischen Theorien steht jedoch oft der Begriff der Naturwissenschaft und nicht der Begriff der Natur im Vordergrund. Dabei wird argumentiert, dass die Naturwissenschaften zu den grundlegenden Beschreibung der Strukturen der Welt führen und in diesem Sinne philosophischen, geisteswissenschaftlichen und alltäglichen Methoden überlegen sind. Der Naturalist Wilfrid Sellars erklärt daher: „Wenn es um die Beschreibung und Erklärung der Welt geht, sind die Naturwissenschaften das Maß aller Dinge.“ [1]
Wenn der Geist naturwissenschaftlich fassbar und beweisbar wäre, hätte ich mit dieser Definition keine Probleme den Geist in den Naturalismus einzugliedern und als Teil der Natur zu sehen. Wie schon gesagt, wäre das dann kein materialistischer oder physikalischer Naturalismus, sondern ein "spiritueller Naturalismus". Das Problem, das ich hier sehe ist nicht die Bezeichnung Naturalismus, denn die Bedeutung(Inhalt) kann sich je nach naturwissenschaftlicher Erkenntnis ändern. Nur der Materialismus ist dann nicht mehr haltbar. So sehe ich das.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Myron » Mo 1. Okt 2007, 13:21

taotne hat geschrieben:Wenn der Geist naturwissenschaftlich fassbar und beweisbar wäre, hätte ich mit dieser Definition keine Probleme den Geist in den Naturalismus einzugliedern und als Teil der Natur zu sehen. Wie schon gesagt, wäre das dann kein materialistischer oder physikalischer Naturalismus, sondern ein "spiritueller Naturalismus".


Da Materialismus/Physikalismus nicht gleich reduktiver/eliminativer Materialismus/Physikalismus ist, kann ein Naturalist, der den Geist als wirklichen Teil der Natur betrachtet, durchaus Materialist/Physikalist sein.

taotne hat geschrieben:Das Problem, das ich hier sehe ist nicht die Bezeichnung Naturalismus, denn die Bedeutung(Inhalt) kann sich je nach naturwissenschaftlicher Erkenntnis ändern. Nur der Materialismus ist dann nicht mehr haltbar. So sehe ich das.


Wenn man psychische Zustände/Vorgänge als Zustände/Vorgänge von Lebewesen betrachtet, die zu deren physischen Zuständen/Vorgängen supervenient bzw. emergent sind, dann kann man als physikalistischer/materialistischer Naturalist die Psyche als real anerkennen und zugleich ihr vollständiges Eingebettetsein in die Natur bejahen.

Ich selbst sehe die Sache so:
Das Psychische und das Physische sind keine absoluten Gegensätze.
Daraus, dass etwas ein psychisches Phänomen ist, folgt nicht, dass es nicht auch ein physisches Phänomen ist, und umgekehrt.
Es gibt zwei Arten von physischen Phänomenen:
(1) Rein physische Phän. (ontisch objektiv, epistemisch zugänglich aus der Perspektive der 3. Person)
(2) Psychophysische Phän. (sowohl ontisch objektiv als auch ontisch subjektiv, der objektive Aspekt ist epistemisch zugänglich nur aus der Perspektive der 3. Person, während der subjektive Aspekt nur aus der Perspektive der 1. Person epistemisch zugänglich ist)
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon PoppersFan » Di 2. Okt 2007, 15:50

Norman hat geschrieben:Hätte dieses schlichte Experiment das Potenzial das Naturalistische Weltbild so ziemlich in Grund und Boden zu stampfen?

Ich verstehe den Naturalismus als eine methodologische Position, die eine Welterklärung auf der Grundlage "natürlicher", d.h. naturwissenschaftlich erforschbarer Phänomene fordert und "übernatürlichen" Versuchen eine Absage erteilt, weil sie ihren Erklärungswert anzweifelt. Eine solche Position kann durch den Nachweis eines "übernatürlichen" (oder vielleicht auch nur "geistigen") Phänomens nicht widerlegt werden, es handelt sich ja lediglich um eine Methode und nicht etwa um die (metaphysische) Behauptung, die Welt wäre zur Gänze ein natürliches Phänomen. Ein solcher Naturalismus kann sich also nur als brauchbar oder unbrauchbar für das gesteckte Ziel erweisen - und da muss man sich ja nun nicht grade viel Sorgen zu machen.

"Ontologische" Varianten des Naturalismus - wie Materialismus oder Physikalismus - begeben sich in dieser Hinsicht allerdings auf glattes Eis: Sie wären durch obigen Nachweis tatsächlich widerlegt. Außerdem setzen sie sich stets dem Vorwurf aus, unbelegbare Aussagen zu machen - schließlich behaupten sie, die Welt sei ein vollständig natürliches (materielles bzw. physikalisches) Ding und als solches (eines schönen Tages) auch vollständig erklärbar. Eigentlich ist so ein "Radikalismus" völlig unnötig, er ist aber trotzdem sehr beliebt: Offensichtlich möchte man gern mehr sagen und wissen können als man nun mal sagen und wissen kann...
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Myron » Di 2. Okt 2007, 16:21

PoppersFan hat geschrieben:Ich verstehe den Naturalismus als eine methodologische Position, die eine Welterklärung auf der Grundlage "natürlicher", d.h. naturwissenschaftlich erforschbarer Phänomene fordert und "übernatürlichen" Versuchen eine Absage erteilt, weil sie ihren Erklärungswert anzweifelt. Eine solche Position kann durch den Nachweis eines "übernatürlichen" (oder vielleicht auch nur "geistigen") Phänomens nicht widerlegt werden, es handelt sich ja lediglich um eine Methode und nicht etwa um die (metaphysische) Behauptung, die Welt wäre zur Gänze ein natürliches Phänomen.


Der methodologische Naturalismus besteht für mich in den folgenden zwei Grundsätzen:

— Naturalistische Erklärungen sind den nichtnaturalistischen heuristisch überlegen und sollen deshalb diesen grundsätzlich vorgezogen werden.
— Es soll grundsätzlich nach naturalistischen Erklärungen aller Phänomene gesucht.

Sollten jedoch eines Tages tatsächlich echte übernatürliche Phänomene nachgewiesen werden, dann könnten diese durchaus ein kausalen Einfluss auf natürliche Phänomene ausüben, was die Grundsätze des method. Nat. infrage stellen würde. Denn dann müsste auch auf supernaturalistische Erklärungen zurückgegriffen werden.

PoppersFan hat geschrieben:"Ontologische" Varianten des Naturalismus - wie Materialismus oder Physikalismus - begeben sich in dieser Hinsicht allerdings auf glattes Eis: Sie wären durch obigen Nachweis tatsächlich widerlegt. Außerdem setzen sie sich stets dem Vorwurf aus, unbelegbare Aussagen zu machen - schließlich behaupten sie, die Welt sei ein vollständig natürliches (materielles bzw. physikalisches) Ding und als solches (eines schönen Tages) auch vollständig erklärbar. Eigentlich ist so ein "Radikalismus" völlig unnötig, er ist aber trotzdem sehr beliebt: Offensichtlich möchte man gern mehr sagen und wissen können als man nun mal sagen und wissen kann...


Die Beschränkung auf einen methodologischen Naturalismus, die ja einen Agnostizismus hinsichtlich des ontologischen/metaphysischen Aspekts bedeutet, ist mir zu wenig.
Ich sehe keinen Grund, mich mit der Aussage "Ich lasse die Frage nach dem Dasein einer Übernatur offen" zu bescheiden. Ich stehe zu der Aussage "Es gibt (aller Wahrscheinlichkeit nach) keine Übernatur".
(Die Behauptung, die Welt sei vollständig erklärbar, ist davon völlig unabhängig! Ich beispielsweise bin diesbezüglich eher skeptisch.)
Zuletzt geändert von Myron am Di 2. Okt 2007, 16:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon hikanio » Di 2. Okt 2007, 16:22

Sisyphos hat geschrieben:Parapsychologische Phänomene muss man sich als ängstliche kleine Kobolde vorstellen, die niemals in Erscheinung treten, wenn Laborbedingungen herrschen. :mg:


Das ist defintitv die beste Beschreibung zur Parapsychologie die mir bisher untergekommen ist :lachtot:
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon PoppersFan » Di 2. Okt 2007, 17:09

Myron hat geschrieben:Der methodologische Naturalismus besteht für mich in den folgenden zwei Grundsätzen:

— Naturalistische Erklärungen sind den nichtnaturalistischen heuristisch überlegen und sollen deshalb diesen grundsätzlich vorgezogen werden.
— Es soll grundsätzlich nach naturalistischen Erklärungen aller Phänomene gesucht..)

Hm, habe ich das nicht geschrieben?

Myron hat geschrieben:Denn dann müsste auch auf supernaturalistische Erklärungen zurückgegriffen werden.

"Mein" Naturalismus würde das nicht tun, sondern sich lediglich seiner Begrenztheit bewusst werden...

Myron hat geschrieben:Die Beschränkung auf einen methodologischen Naturalismus, die ja einen Agnostizismus hinsichtlich des ontologischen/metaphysischen Aspekts bedeutet, ist mir zu wenig..)

Ja, ich weiß, so geht es wie gesagt vielen.

Myron hat geschrieben:Ich sehe keinen Grund, mich mit der Aussage "Ich lasse die Frage nach dem Dasein einer Übernatur offen" zu bescheiden. Ich stehe zu der Aussage "Es gibt (aller Wahrscheinlichkeit nach) keine Übernatur".

Ich werde lieber weiterhin meine Unwissenheit diesbezüglich zugestehen, vor allem im Hinblick weniger auf "Übernatürliches" (die Frage der "Nachweisbarkeit" ist da ohnehin eher akademisch), als auf "Geistiges". Das psychophysische Problem (das hier ja der Ausgangspunkt war) erscheint mir durch den Physikalismus keineswegs gelöst und auch nicht dadurch, dass man psychische Phänomene wie mein Selbstbewusstsein irgendwie als Illusionen oder Begriffsverirrungen wegerklärt. Aber das nur am Rande. Es gibt jedenfalls genug gute Gründe für den Atheismus, da muss ich nicht nach ontologischen/metaphysischen Strohhalmen angeln.
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Re: Naturalismus, ein Kartenhaus?

Beitragvon Sisyphos » Di 2. Okt 2007, 17:48

hikanio hat geschrieben:
Sisyphos hat geschrieben:Parapsychologische Phänomene muss man sich als ängstliche kleine Kobolde vorstellen, die niemals in Erscheinung treten, wenn Laborbedingungen herrschen. :mg:


Das ist defintitv die beste Beschreibung zur Parapsychologie die mir bisher untergekommen ist :lachtot:


Danke. Du darfst mich zitieren. Ich habe das nirgends abgeschrieben. :yes:
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