stine hat geschrieben:...eigentlich wollte ich nicht mehr, aber gut...zum Schlußwort.
Und es ist ein gutes Schlusswort, dass man durchaus so stehen lassen kann!
stine hat geschrieben:Die eigentliche Frage, um die es mir ging, wurde deshalb immer weiter nach hinten gerückt, nämlich, was sagt die Wissenschaft zur Triebfeder allen Lebens? Dass wir immer mehr und mehr naturwissenschaftlich nachweisen können, sagt doch gar nichts über den Ursprung des Lebens aus. Woher kommt diese Energie, die in allem Lebenden ist?
Meine Denkweise entspricht am ehesten dem Pantheimus, wobei ich Gott nicht in allem Sein, sondern als Schöpfer allen Seins sehe, wir sehen nur seine Werke. Der Mensch wird damit ebenso ein Geschöpf Gottes.
Nachdem es keine wissenschaftlichen Gegenbeweise gibt, bleibt mein Glaube ungebrochen.
Ich will auch nur noch dies sagen. Dein Glaube an eine irgendwie geartete schöpferische Kraft oder alles durchdringende Energie wird von vielen geteilt und ist auch mir nicht fremd. Dahinter steht vielleicht eine Art Intuition, ein Gefühl, dass die unmittelbar erlebte Alltagswelt noch nicht alles ist. Wenn man von so etwas überzeugt ist hat man natürlich ein Problem: Einerseits möchte man sich nicht unbedingt mit den herkömmlichen Religionen in einen Topf werfen, andererseits wird man aber von Angriffen gegen den religiösen Glauben insgesamt auch selber getroffen. Obwohl man also selbst nur an etwas Göttliches im weitesten Sinne glaubt - ein an und für sich harmloser Glaube - wird man zur Zielscheibe von Rationalisten und Naturalisten und rückt deshalb vielleicht instinktiv von ihnen ab und näher ans Lager der Religion.
Das Gefühl, die Alltagswelt sei nicht alles, ist in meinen Augen völlig berechtigt. Ich nehme aber nicht mehr an, dass etwas Übernatürliches hinter ihr steckt. Das hat unter anderem ganz pragmatische Gründe: Ein Pantheismus nimmt mir nicht die Last von den Schultern, moralische Grundsätze für mein Leben finden zu müssen, politische Standpunkte, eine für mich geeignete Lebensweise und vor allem Ziele, die ich verwirklichen will. Er erklärt mir auch nicht diese vordergründige Alltagswelt - das gelingt in meinen Augen nur der Naturwissenschaft. Und er befriedigt nicht mal mein Bedürfnis nach Trost oder etwas Höherem und Wunderbaren, denn eine "Energie" oder "Kraft" ist dafür zu abstrakt. In dieser Hinsicht ist die Naturwissenschaft dem Glauben sogar überlegen: Die Wunder und Rätsel nehmen dort überhaupt kein Ende. Ich bin zum Beispiel sicher, dass Sheldrakes morphische Felder* dir prima gefallen würden!
Wozu also glauben? Für mich hat der Glaube keinerlei praktische Auswirkungen. Er hilft mir nicht. Er widerspricht sogar einem wichtigen moralischen Ideal: der von mir sehr stark gefühlten Pflicht zu intellektueller Aufrichtigkeit. Und diese gebietet mir, nichts zu behaupten, was ich nicht wissen kann.
Aber vielleicht hilft er ja dir: er sei dir unbenommen.
LG PoppersFan
*Rupert Sheldrake: Das Gedächtnis der Natur. Das Geheimnis der Entstehung der Formen in der Natur