Warum Religionen nicht moralischer machen

Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon stine » So 9. Dez 2007, 11:35

-Wenn der Mensch seiner biologisch-kreativen (schöpferischen) Aufgabe: Gen(esis)maximierung gerecht werden würde, statt derzeit als sinnloser Genegoist genau das Gegenteil zu tun,

-und wenn derzeitiger Tradtionsglaube die menschliche Gesellschaft vereinen und zu vernünftigem Leben befähigen würde, statt geistige Grenzen zu setzen und all den (teils grausamen) Unsinn hervorzubringen, der hier ständig aufgelistet wird


...wäre es auf der Welt ein bisschen menschlicher.

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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon ostfriese » So 9. Dez 2007, 12:23

gerhard hat geschrieben:Es sind die eingefleischten Vorstellungen, die ein gemeinsames, weiterführendes Nachdenken verhindern

Du kannst das mal stecken lassen, denn den Spieß könnten wir ebenso gut umdrehen. Es hülfe uns nicht weiter, wenn ich Dich jetzt fragte: Hast Du's immer noch nicht begriffen? Oder wenn ich behauptete, Du würdest "grausamen Unsinn" schreiben.

Der Punkt ist: Deine Argumente sind bisher nicht überzeugend.

gerhard hat geschrieben:es scheint fest verankert bzw. vom derzeitigen Weltbild vorgegeben zu sein, dass eine "höhere" Bestimmung in Gegnerschaft zu einer "bilologischen" stehen muss. Wieso?

Diese Einsicht entspringt nicht, wie Du zu suggerieren versuchst, uralten Denkmustern, sondern verdichtet sich erst im Lichte moderner naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zur Gewissheit. Kosmologische Konstanten, die schiere Anzahl von Planeten im Universum und die Evolution haben es offenbar (-->Anthropisches Prinzip) unausweichlich gemacht, dass Menschen wie Du und Ich entstehen. Dahinter steht aber keine kreative Logik, sondern eine vollkommen blinde Kette von Versuch und Irrtumsbeseitigung. Wenn Du genau hinschaust, ist die wahre "Logik" der Schöpfung die negative Auslese durch Lebensuntauglichkeit und Tod. Ob wir Menschen als Erfolgsmodell in die Naturgeschichte eingehen oder von der Evolution "achselzuckend" wieder ausgemerzt werden, steht noch dahin. Die Seelen der Gläubigen werden in ein paar Milliarden Jahren die Bakterien befragen müssen...

Das eigentliche "Wunder" war die unter irdischen Bedingungen höchst unwahrscheinliche Entstehung molekularer Replikatoren, mit der die Evolution begann. Die meisten Wissenschaftler nehmen heute an, dass die Keime des Lebens durch Meteoriteneinschlag auf die Erde kamen. Hinter einem solchen kosmischen Unfall eine Schöpfungslogik zu sehen, wäre geradezu ein intellektueller Gewaltakt.

gerhard hat geschrieben:Die Wahrnehmung eines Schöpfers aus der natürlichen Logik heraus kann nur ihrer ganz natürlichen Bestimmung folgen, die menschlich, geistbegabt umzusetzen ist.

1. Es gibt keine natürliche Bestimmung.
2. "die ... umzusetzen ist" ist eine Norm. Klären wir erst mal die Fakten, bevor Du versuchst, irgendjemandem etwas vorzuschreiben.

gerhard hat geschrieben:Wieso ich in einem völlig "sinnlosen" Universum leben soll, kann ich nicht einsehen.

Ich bin ganz gewiss kein Nihilist, denn im Wissen um das Münchhausen-Trilemma halte ich letztgültige Antworten für unmöglich und würde daher auch nicht danach suchen. Alles, was wir tun oder erfahren, hat einen Sinn für irgendetwas anderes, was wir oder andere tun oder erfahren. Aber einen -- gern anthropozentrischen -- Gesamtsinn zu behaupten, wäre schon einigermaßen vermessen, wenn man bedenkt, dass unser hübscher Planet in 5 Milliarden Jahren rettungslos von der sich aufblähenden Sonne verschluckt wird.

gerhard hat geschrieben:Doch hierzu ist das notwendig, was griechische Glaubensaufklärer vor 2000 Jahren forderten und gerade an Weihnachten als rein moralische Forderung inhaltsleer von der Kanzel klingt:

Eine Wende im Denken.

Siehe oben, da fang doch mal bei Dir selber an!
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon Freundlich » So 9. Dez 2007, 13:43

Die Seele kann nicht bewiesen werden, o.k. soweit sind wir auch, aber sie kann auch nicht abgestritten werden. Wir funktionieren nun mal zu einem erheblichen Teil über unseren Seelenzustand.

Wenn das nicht stimmen würde, dann wären Trauer und Freude, Wohlsein und Schmerz, und viele andere Gefühle, nur als chemischer Ablauf in unserem Gehirn messbar[/quote].

Das fliegende Spaghettimonster kann auch weder bewiesen noch abgestritten werden - es ist nämlich unsichtbar... :mg:

Erkennst Du das Dilemma, Stine? Nur weil wir bei der Seele noch nicht 100 %ig wissen wie sie funktioniert, heißt das nicht, dass sie etwas übernatürliches ist. Eines Tages werden wir dahinterkommen - oder eben vorher von der Evolution von der Bildfläche gespült owrden sein...
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon ostfriese » So 9. Dez 2007, 16:14

Freundlich hat geschrieben:Das fliegende Spaghettimonster kann auch weder bewiesen noch abgestritten werden - es ist nämlich unsichtbar... :mg:

Aber es ist nudelig, so viel wissen wir. Während wir uns den "Himmlischen Vater" der Christenheit nach neuesten theologischen Erkenntnissen ( ;D ) nicht als weißbärtigen Alten vorstellen dürfen. Schade, denn ein Alternativ-Bild ist nicht im Angebot...
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon JustFrank » Mo 10. Dez 2007, 16:52

ostfriese hat geschrieben:Schade, denn ein Alternativ-Bild ist nicht im Angebot...


Doch:

Verrückter Wuselkopp im chaotischen Labor mit Orgel, an der ein Gemisch aus Frankenstein und Dr. Seltsam zum total misslungenen Experiment "Erde" düstere Weisen spielt.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon emporda » Mo 10. Dez 2007, 17:33

gerhard hat geschrieben:Es sind die eingefleischten Vorstellungen, die ein gemeinsames, weiterführendes Nachdenken verhindern

Genau das ist der Punkt. Es spielt überhaupt keine Rolle, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse und Fakten man aufzählt, welche Schlußfolgerungen man daraus zieht und welche Argumente der Gegenseite man als Unsinn entlarvt - die Realität und der Zwang der Fakten dringen einfach nicht durch. Gerhard bleibt bei seinen "Lokus" und bei Stine "muß da irgendwas etwas Übernatürliches sein, ohne macht es mir Angst".

Es gibt fast 1,8 Milliarden Christen auf der Erde und nur Einen mit einem Lokus im Kopf, und der will ohne jeden Beweise die Welt überzeugen er ganz allein hat mit seinem Lokus-Konzept Recht. Schon irgendwie seltsam und sicher auch der Grund, dass alle religiösen Fanatiker humorlos und borniert sind ? Im Bereich von Technik und Wissenschaft gab es viele solche Menschen, die gegen den Rest der Welt angetreten sind. Nur die hatten etwas Handfestes vorzuweisen - ein Glühbirne die Licht ausstrahlte, einen Motor der Kraft abgab, eine schweres Drahtgestell, dass sich in die Lüfte hob usw. usw.

gerhard hat geschrieben:Wieso ich in einem völlig "sinnlosen" Universum leben soll, kann ich nicht einsehen.

Ob Du das einsiehst, es ignorierst, in Dein Poesiealbum schreibst oder als gestickte Weisheit über Dein Bett hängst - das ist dem Universum und der Evolution vollkommen egal. Du bist nur ein riesiger Haufen Moleküle und für jedes Krokodil oder Eisbären ein leckerer Happen - mit oder ohne Lokus.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon stine » Mo 10. Dez 2007, 20:21

emporda hat geschrieben:Ob Du das einsiehst, es ignorierst, in Dein Poesiealbum schreibst oder als gestickte Weisheit über Dein Bett hängst - das ist dem Universum und der Evolution vollkommen egal. Du bist nur ein riesiger Haufen Moleküle und für jedes Krokodil oder Eisbären ein leckerer Happen - mit oder ohne Lokus.
Also bis hierher kann ich euch gut nachfolgen. An dieser Stelle waren wir auch schon einmal. Und mir stellen sich wieder die gleichen Fragen:

Wenn wir nichts als molekulare Zellhaufen sind, dann brauchen wir auch keine gottgemachten Verhaltensregeln, das liegt auf der Hand. Aber für was brauchen wir dann den Humanismus?
Reicht es nicht, wenn irgendein Diktator festlegt, wo´s langgeht?
Warum ist es so schlimm, wenn ein paar Robben bei lebendigen Leibe das Fell über die Ohren gezogen bekommen oder ein paar hundert Quadratkilometer Wald verbrennen?
Was ist schlimmes an Weltkriegen und an Folter?
Wieso stören euch Bush und ein paar wildgewordene Religionsfanatiker?
Es ist doch nur Kommen und Gehen von Daseinsformen, ohne Belang.

Wenn wir hier auf Erden bedeutungslos sind und für Jahrmillionen nichts hinterlasssen können, als ein Häufchen Staub, wenn unser Leben nichts anderes ist, als ein jahrzehntelanger Zufall, dann kann es doch sowas von wurscht sein, ob jemand an einen Gott glaubt und sich Gleichgesinnte ins Boot holt oder ob jemand das nicht tut und sich lieber seine eigenen Gesetze bastelt.

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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon trazy » Mo 10. Dez 2007, 20:37

Ich bin ja weiterhin der Meinung, dass das Christentum hauptsächlich aus Luft besteht. Damit meine ich es besteht hauptsächlich darin, dass sich die Menschen so lange etwas einreden bis sie es glauben, sehr vereinfacht ausgedrückt. Das geht so weit, dass sie es spüren in spirituellen Erlebnissen in Gruppen. Sie meinen sie hätten ein persönliches Erlebnis mit Jesus gehabt. Man könne es spüren. Kein Wunder, dass deshalb einige von Massenpsychose sprechen. Wer würde sich schon eingestehen Teil einer Massenpsychose zu sein? Das wäre beleidigend. Das lässt kaum einer an sich heran.

Worauf will ich hinaus?

Es ist beängstigend zu sehen, dass im TV in Deutschland, welches aus 80 Mio. Menschen besteht, so eine Massenpsychose verbreitet wird. Warum kann so ein unsichtbares Verbrechen nicht verboten werden? Was ist geschehen?

Ein Sprecher stand oben und hat verkündet, dass die Zuschauer Ihre Hand auf Ihre Krankheit legen sollen und die andere Hand nach oben zu Jesus. Jesus würde dann die Krankheit heilen. Damit das Erlebnis perfekt ist, wurde dazu gesungen und getanzt, die Augen verschlossen sich und die Menschen haben tief in sich hineingefühlt und die Anwesenheit von Jesus gespürt.

Wenn man auch nur einem dieser Zuschauer Jesus ausreden wolle: Das wäre so sinnlos. Begründung siehe oben.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon JustFrank » Mo 10. Dez 2007, 20:39

Molekulare Zellhaufen sind wir ganz sicher. Aber halt welche, die durch ihr Bewusstsein gesteuert werden. Und weil wir unser Bewusstsein, unsere Intelligenz und unsere Emotionen haben, brauchen wir keine Götter, die uns uns (angeblich!) vorschreiben wollen, was wir damit anfangen sollen.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon trazy » Mo 10. Dez 2007, 20:56

stine hat geschrieben:Wenn wir nichts als molekulare Zellhaufen sind, dann brauchen wir auch keine gottgemachten Verhaltensregeln, das liegt auf der Hand. Aber für was brauchen wir dann den Humanismus?

Was hat das mit dem Humanismus zu tun?
stine hat geschrieben:Reicht es nicht, wenn irgendein Diktator festlegt, wo´s langgeht?

Weil es weitaus fortschrittlichere Möglichkeiten gibt ein Land zu regieren.
stine hat geschrieben:Warum ist es so schlimm, wenn ein paar Robben bei lebendigen Leibe das Fell über die Ohren gezogen bekommen oder ein paar hundert Quadratkilometer Wald verbrennen?

Wir Menschen haben Emphatie. Das heißt wir sind teilweise genötigt den Robben zu helfen. Durch unseren Verstand wissen wir, dass ein Waldbrand nicht gut ist. Ich erkenne auch hier keinen Bezug.
stine hat geschrieben:Was ist schlimmes an Weltkriegen und an Folter?

Krieg ist eine Form der Konfliktaustragung mit Gewalt. Folter ist eine Abschreckungsmethode durch Gewalt. Gewalt wird oft dann verwendet, wenn sie sich am Besten eignet. Gewalt findet generell zwischen 2 oder mehr "sozusagen" Parteien statt. Betrachtet man alle teilhabenden Parteien insgesamt, so verlieren alle insgesamt wenn eine Partei Gewalt ausübt. Damit erkläre ich auf nicht emotionale Weise, warum Folter und Krieg schlecht ist.
stine hat geschrieben:Wieso stören euch Bush und ein paar wildgewordene Religionsfanatiker?
Es ist doch nur Kommen und Gehen von Daseinsformen, ohne Belang.

Weil wir Emphatie und Verstand haben.
stine hat geschrieben:Wenn wir hier auf Erden bedeutungslos sind

Wir sind nicht bedeutungslos. Beschäftige dich mal mit der Relativitätstheorie.

stine hat geschrieben:..., dann kann es doch sowas von wurscht sein, ob jemand an einen Gott glaubt und sich Gleichgesinnte ins Boot holt oder ob jemand das nicht tut und sich lieber seine eigenen Gesetze bastelt.


Fast alles, zumindest in mir, und vermutet in anderen Brights, sträubt sich dagegen:
Verstand, Vernunft, Gefühl, Emphatie

Wir alle wollen ein gutes Leben. Deshalb arbeiten wir für ein gutes Leben. Kaum ein Weltbild kann dagegen etwas ausrichten. Theisten und Brights wollen ein gutes Leben. Sie kommen auf unterschiedliche Ergebnisse.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon JustFrank » Mo 10. Dez 2007, 21:02

stine hat geschrieben:
Wenn wir hier auf Erden bedeutungslos sind und für Jahrmillionen nichts hinterlasssen können, als ein Häufchen Staub, wenn unser Leben nichts anderes ist, als ein jahrzehntelanger Zufall, dann kann es doch sowas von wurscht sein, ob jemand an einen Gott glaubt und sich Gleichgesinnte ins Boot holt oder ob jemand das nicht tut und sich lieber seine eigenen Gesetze bastelt.

LG stine


Was soll denn der Quark? Wir haben Sinne, um uns selbst Sinn zu geben (oder Unsinn, kommt auch oft vor). Und nein, es kann uns gar nicht Wurscht sein, ob ein Haufen Verwirrter mit der Gott-wirds-schon-regeln-Technik die menschlische Existenz auf diesem Planeten sorglos vor die Wand ballert.

Und wie kommst du auch nur ansatzweise darauf, dass jemand der an Gott glaubt nach anderen Gesetzen lebt, als jemand der sich seine eigenen Gesetze bastelt?

Zwei Vorschläge dazu:

[*]Das, was ihr als Gottes Gesetz bezeichnet, haben ein paar in Rechts- und Geschichtsfragen äusserst armselig ausgestattete Gestalten vor X Jahrhunderten zusammen gelogen. Es ist so selbstgemacht, wie nur was.

[*]Gesetze machen geht nur von Menschen für oder gegen Menschen. Die Gesetze nach denen wir hier leben, geben uns einzig die Bedingungen auf diesem Planeten vor. Wir sollten also die Regeln, nach denen wir unsere Gemeinschaften organisieren von denen, die unser Leben ermöglichen trennen. Und nicht beides sorglos nicht existenten Göttern übertragen.

:keks:
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon ostfriese » Mo 10. Dez 2007, 21:08

stine hat geschrieben:Was ist schlimmes an Weltkriegen und an Folter?

Weißt Du das nicht?

Dann frag doch mal den den lieben Gott, vielleicht erklärt er's Dir.

Ich jedenfalls brauche ihn nicht um zu wissen, was daran schlimm ist.

Worin lag Dein Denkfehler? Du hast Letztsinn mit Sinn verwechselt. Alles, was wir tun oder erfahren, hat selbstverständlich einen Sinn für irgendetwas anderes, was wir oder andere tun oder erfahren (z.B. Freude*). Einen Letztsinn des Universums gibt es dagegen nicht (und lediglich dieser war in den obigen Beiträgen gemeint), ebenso wenig wie eine erste Ursache oder ein unumstößliches moralisches Fundament. Alles ist prinzipiell hinterfragbar.

Aber es gibt Erkenntnisse, die sich in virtuoser Weise gegenseitig bestätigen und an denen man vernünftigerweise nicht mehr zweifelt. Andernfalls wäre, wie ich in einem anderen Thread schrieb, jede unfallfreie Autofahrt ein völlig unerklärliches Phänomen. Umgekehrt gibt es Behauptungen, denen man vernünftigerweise keine Beachtung schenkt, weil sie ad-hoc, willkürlich und beliebig sind, ohne irgendetwas wirklich zu erklären oder zu begründen.


*Nochmal zur Erläuterung: Wir müssen nicht unterstellen, dass Freude zu empfinden sinnvoller ist als zu leiden. Es genügt zu wissen, dass wir offenbar die eine Empfindung der anderen vorziehen. Daraus ergibt sich für eine Person im ethischen Sinne bereits der Imperativ, Leidensminderung als ethisch geboten anzusehen.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon trazy » Mo 10. Dez 2007, 21:19

@JustFrank:

Mh ... ich glaub ich werde Christ. Da kann man so gut durch die Kante lügen. Womit wir wieder beim Thema sind! Wie lange brauchte der Papst jedes Mal, wenn es darum ging irgendetwas einzuräumen, wie ein Weltbild an das nicht einmal ein Christ glaubt?

Wenn ich mich an unzählige Gespräche mit Jehovas Zeugen erinnere: Unmöglich dass die alles glauben was die erzählen. Man kann die Gesprächsführung so taktisch aufbauen, dass man dabei erkennen kann wie sie ticken. Warum schreibe ich das?

Es ist doch langweilig immer zu schreiben: Die Wissenschaft hat Recht oder Religion ist halt nicht so gut.

Viele Jehovas Zeugen haben etwas erkannt, was Brights verschmäht bleibt: Lügen hindurch zu perfektionieren. Ist euch allen überhaupt klar was für ein riesen Kunststück das ist, die Bibel als alleiniges Wort Gottes zu verkaufen? Es ist doch viel berauschender in einer Gruppe das Wort Gottes zu erleben anstelle sich durch schrecklich eiskalten Atheismus zu erkälten. Unbegreiflich wie einem Bright nicht einsehen will wie viel Spaß es macht andere Menschen zum Christentum zu bekehren. Das ist das viel größere Kunststück, als Menschen vom Glauben abzubringen. Ist es deshalb nicht anstrebenswerter?
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon pinkwoolf » Mo 10. Dez 2007, 21:34

@ stine
Wenn wir nichts als molekulare Zellhaufen sind, dann brauchen wir auch keine gottgemachten Verhaltensregeln, das liegt auf der Hand. Aber für was brauchen wir dann den Humanismus?

Der Erdgeschichte, oder gar der Geschichte des Universums, geht es sicherlich irgendwo hintenrum vorbei, was mit unseren speziellen Zellhaufen weiterhin geschieht. Uns humans aber nicht!
Dafür brauchen wir den Humanismus. Den Begriff "gottgemacht" habe ich wohlweislich schon für den Zellhaufen vermieden, umso mehr für die Verhaltensregeln. Der Wahnsinn, das eine oder andere "Gotteswort" als Verhaltensrichtlinie zu benutzen, ist in diesem Forum schon hinreichend dokumentiert. Wir brauchen keine Steinigung.

Den Humanismus brauchen wir, um unsere Spezies so lange wie möglich über die Runden zu kriegen. Wir sind nun mal human, machen wir doch das Beste daraus. Göttlich sind wir jedenfalls nicht. Hitler und Pol Pot nicht, und ich auch nicht. Oder was ist Gott denn für ein Heini?

Er ist ganz einfach unnötig, mehr noch: wenn er uns denn nach seinem Ebenbild geschaffen hätte, eine Beleidigung aller meiner Ideale. Den Humanismus brauchen wir, um unsere Zellhaufen auf ein Gleis zu bringen, das uns erstens das Überleben sichert und zweitens auch noch ermöglicht, dass wir ein bisschen Freude dabei haben.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon stine » Mo 10. Dez 2007, 22:59

pinkwoolf hat geschrieben:Den Humanismus brauchen wir, um unsere Zellhaufen auf ein Gleis zu bringen, das uns erstens das Überleben sichert und zweitens auch noch ermöglicht, dass wir ein bisschen Freude dabei haben.
Ja, das leuchtet mir ein.

Noch eine andere Frage:
Wenn es möglich wäre, einen Roboter in menschlicher Gestalt zu bauen, der über neuronale Netze gesteuert würde, in der Lage wäre dazuzulernen, der seine Energie aus dem Zersetzen von Obst, Gemüse, Brot und Fleisch zöge, wie würde er sich von uns noch unterscheiden? Hätte er automatisch auch Gefühle, nur weil in ihm biochemische Vorgänge abliefen?
Wo wäre nach eurer Meinung noch der Unterschied?

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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon pinkwoolf » Mo 10. Dez 2007, 23:38

stine hat geschrieben:Wenn es möglich wäre, einen Roboter in menschlicher Gestalt zu bauen, der über neuronale Netze gesteuert würde, in der Lage wäre dazuzulernen, der seine Energie aus dem Zersetzen von Obst, Gemüse, Brot und Fleisch zöge, wie würde er sich von uns noch unterscheiden? Hätte er automatisch auch Gefühle, nur weil in ihm biochemische Vorgänge abliefen?
Wo wäre nach eurer Meinung noch der Unterschied?

Über dieses Problem habe ich mir mit einem mir nahe stehenden Robotiker schon viele Schlachten geliefert. Er meint, wenig überraschend, dass solch ein Roboter wie wir wäre und auch Gefühle hätte. Hoffentlich verkürze ich seinen Standpunkt jetzt nicht.

Ich hingegen meine, dass dieser Roboter solche Gefühle wohl analysieren und zuordnen könnte, dass er sich jedoch niemals selber den Strom abschalten würde, um ihnen zu entgehen. Der Selbstmord als Definition des Menschseins.

Vermutlich gibt es auch eine erfreulichere Definition; aber bitte ohne Gott! Wenn nicht von dir, Stine, dann von jemand anderem.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon ostfriese » Di 11. Dez 2007, 01:38

stine hat geschrieben:Hätte er automatisch auch Gefühle, nur weil in ihm biochemische Vorgänge abliefen?

Es ist nicht prinzipiell ausgeschlossen, dass Menschen irgendwann herausfinden, unter welchen Bedingungen aus einem kognitiven System Bewusstsein emergiert. Ethisch einigermaßen bedenklich ist, dass wir mit solchen Systemen bereits hantieren, ohne uns über diesen Punkt genau im Klaren zu sein.

Mit anderen Worten: Es ist nicht auszuschließen, dass ein Robotiker irgendwann ein Wesen schafft, von dem er selbst gar nicht ahnt, dass es sich seiner selbst bewusst ist.

Immerhin hat Alan Turing einen Test entwickelt, mit dem man die Antworten eines bewusst denkenden von denen eines bloß programmierten Gegenübers unterscheiden kann.

Und wahrscheinlich bedarf es außer neuronalen Netzen auch einer plastischen Hardware (und damit auch eines über die Stromzufuhr hinaus gehenden Stoffwechsels), damit eine kognitive Struktur lernenderweise hinreichend komplex werden kann, um Bewusstsein auszubilden.

Dennoch bedarf es an dieser Stelle genau jenes Denkens auf Vorrat, das Gerhard Vollmer als Aufgabe der Philosophie ansieht. Wenn die ersten tausend selbstbewussten Roboter vor uns stehen, dann sollten wir wissen, ob wir ihnen Menschenrechte einräumen müssen oder sie jederzeit ausschalten dürfen. Meine Meinung dazu wäre klar und eindeutig...
Zuletzt geändert von ostfriese am Di 11. Dez 2007, 01:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon ostfriese » Di 11. Dez 2007, 01:46

pinkwoolf hat geschrieben:Über dieses Problem habe ich mir mit einem mir nahe stehenden Robotiker schon viele Schlachten geliefert.

Will er Deine Schaltkreise überprüfen, oder wieso steht er Dir so nahe? :santagrin:
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon emporda » Di 11. Dez 2007, 07:43

stine hat geschrieben:Wenn wir nichts als molekulare Zellhaufen sind, dann brauchen wir auch keine gottgemachten Verhaltensregeln, das liegt auf der Hand. Aber für was brauchen wir dann den Humanismus?

Spinnen wir das Argument vom Molekülhaufen einmal weiter. Durch chemische Reaktionen haben sich die Moleküle zu Zellen entwickeln und sich mittels einer Membrane abgeschlossen. Ein enorm wichtiger Schritt, sonst ist die ganze Erde ist auch nur ein Molekülhaufen. Durch diesen Abschluß nach Außen kam es zu Leben und Tod der Zelle mit Entstehen und Zerfall – und nicht etwa durch den einen Eingriff des großen Zampano vor 6000 Jahren mit "es werde Leben - und er erkannte das es gut war".

Die Zellhaufen haben sich in Milliarden Schritten zu vielen verschiedenen höheren Formen entwickelt, die sich bewegen, ernähren, paaren, zeugen und deswegen auch angreifen, verteidigen und erobern. Ohne Angriff und Eroberung gab es weder Nahrung noch weiteres Bestehen. Dabei ergaben sich Vorteile, wenn man sich in Gruppen organsisiert, was wiederum Regeln für das Zusammsein der Gruppen notwendig machte. Das letzte dieser Reglewerke ist nach Deiner Ansicht der Humanismus, ich tendiere eher zum menschlichen Sozialverhalten.

Eine dieser höheren Formen bekam durch einen evolutionären Zufall die Möglichkeit mit Lauten zu kommunizieren und darin Wissensinhalte zu transferieren - schon sind wir beim Menschen. Die Regeln zu kommunizieren und sich zu verhalten können positiv oder negativ wirken. Entweder werden sie als angenehm, hilfreich, sinnvoll empfunden oder als zerstörerisch, brutal, sinnlos – das sind bereits individuelle Bewertungen von Gruppen oder Individuen. Und noch immer hat der große Zampano nicht eingegriffen oder war gar zwingend notwendig um etwa den aufrechten Gang zu erfinden.

Erst mit der Bewertung von Aktionen und Handlungen entstanden bei den Individuen Gefühle und Empfindungen, aber auch das Erkennen das grundlegende Zusammenwirken nicht zu verstehen oder gar erklären zu können. Erst diese Unfähigkeit - oder sagen wir besser diese grenzenlose Dummheit - ermöglichte den Spielraum alles und jedes dem großen Zampano zuzuschreiben. Nur durch individuelle Unterschiede in den Gefühlen und Bewertungen entstehen diese Spielräume, sie können sinnvoll genutzt oder auch misbraucht werden.

Das wiederum brauchte ebenfalls Regeln und Normen, die sogar schriftlich verewigt wurden – die selbst ernannten Agenten des Zampano bezeichnen das als Bibel oder ewige Wahrheit. Nicht das da etwas dran wäre, er hört sich nur besser an. Und dann gibt es noch Individuen, die behaupten es wäre gar nicht der Zampano gewesen. Nein, es ist der Lokus, oder der Jehowa, oder der Kritziputzli oder was auch immer.
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Re: Warum Religionen nicht moralischer machen

Beitragvon stine » Di 11. Dez 2007, 08:15

Die Bibel, als erster Versuch ein humanistisches Regelwerk für die Menschheit zu schaffen!
Aber nicht anders sehe ich das auch. Das neue, knapp 2000 Jahre alte, Testament wurde verfasst, um Dinge richtigzustellen, die im alten Testament als falsch erkannt wurden. Die Menschen die dies propagieren wollen, nannten und nennen sich Christen.
Das neue Testament ist also auch, ein jener Zeit-gemäßes, humanistisches Regelwerk, das den Tod des alten Glaubens mit seinen (un)menschlichen Gesetzen und die Auferstehung des neuen, der gelebten Liebe, verbildlicht.

Ob eine, darin vorkommende, große, übergeordnete Gottheit, die praktisch den Kern und den Ursprung der Menschheit bildlich darstellt, für all jene, deren kindliche Fanatsie sonst hungern würde, nun sinnvoll ist, kann nur so beurteilt werden, als dass ein Handeln nach diesem Regelwerk für die Menschen, von damals und heute, sonst keine Grundlage hätte.

Ein Regelwerk, das uns Menschen begleiten soll, muß Körper, Geist und Seele befriedigen, sonst ist der Mensch nicht als Ganzes erfasst. Ich persönlich glaube, dass nur wenige Menschen (Brights?) im Stande sind, eine rationale Sichteise auf die Menschheit zu ertragen. Wer verhindert, dass eine gemäßigte Glaubensgrundlage als Bodensatz gültig bleibt, öffnet Tür und Tor für altrnative Scharlatanerie und fundamentalistische Religionen.

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