ostfriese hat geschrieben:auch ich weiß nicht, wie genau man Anfangs- und Randbedingungen praktisch kennen müsste und wie fortgeschritten unsere Erkenntnis über evolutionäre Mechanismen sein müsste, damit prüfbare Prognosen möglich werden.
dann sind wir uns ja einig.
ostfriese hat geschrieben:Aber daran, dass dies prinzipiell möglich ist, kann man nur zweifeln, wenn man auch die Erklärungsmacht evolutionärer ex-post-factu-Geschichten prinzipiell bestreitet.
Was verstehst Du unter 'prinzipiell möglich'? Für mich fällt darunter, ex post factu erklären zu können, warum dort Landleben entstand, oder eben auch, warum dies nicht der Fall war.
ostfriese hat geschrieben:Zwar sind wegen der Mutation keine klassisch-deterministischen Prognosen möglich, aber im selben Sinne dann auch keine klassisch-deterministischen Erklärungen. Man kann die Prognosefähigkeit von Theorien nur in dem Maße leugnen, wie man auch ihre Erklärungsmacht in Zweifel zieht (also müsstest Du entweder mir oder Nathan zustimmen, der Evolution grundsätzlich jeden Erklärungswert abspricht).
Ich könnte auch darauf hinweisen, dass die Art Denke, wie sie theoretische Physiker in die Wissenschaftstheorie, die sie dominieren, einbrachten, in der Evolutionsbiologie nicht so gut geeignet ist. Mayr hat immer wieder darauf hingewiesen, zuletzt in
Mayr, E. (2004) 'The autonomy of biology' in: Mayr, E. 'What Makes Biology Unique? Considerations on the autonomy of a scientific discipline' Cambridge, Cambridge University Press S. 21-38
ostfriese hat geschrieben:Deshalb wählte ich in meinem Beispiel eine sehr bescheidene Prognose, deren Eintreten ich für invariant gegenüber den Randbedingungen halte: Es werden sich Landtiere entwickeln. Vielleicht ist diese Prognose aus Sicht eines erfahrenen Evo-Biologen nicht bescheiden genug.
Die Frage ist, wie ich darauf reagieren würde, falls meine Prognose nicht eintrifft. Ich gehe davon aus, dass auch das Ausbleiben einer Evolution erklärt werden könnte. Daher kann Evolution so nicht widerlegt werden.
ostfriese hat geschrieben:Aber je bescheidener ich mit meinen Prognosen sein muss, desto bescheidener müssen auch unsere nachträglichen Erklärungen ausfallen: "Es könnte auch ganz anders gewesen sein."
Exakt. Es sei denn, man argumentiert anders, im Sinne von: aufgrund dessen, was wir über Evolution hier auf der Erde wissen, können wir ableiten, was passieren würde, wenn ein hinreichend ähnliches System ... . Ich gehe aber davon aus, dass die Kontingenz sehr groß ist.
Wie gesagt, Evolution ist für mich keine Theorie im Sinne wie 'Relativitätstheorie' oder sonst etwas, sondern zunächst eine Beschreibung eines Gesamtvorgangs.
ostfriese hat geschrieben:Zu ID: Diskursregeln sind kritisierbar und verhandelbar. Haben ID-ler ein Argument, warum man unkritisierbare Behauptungen als wissenschaftlich zulassen sollte? Oder ist schon die Frage nach metatheoretischen Argumenten eine Zumutung?
Das einzige Argument, das diese Menschen haben, ist, dass, falls es einen Designer gäbe, das bewusste Verzichten auf ein solches Wesen Erkenntnis verhindern würde. Dazu kommt, dass die Anfragen, die von dieser Seite gestellt werden, eben noch nicht so beantwortet werden können, dass aufgezeigt werden könnte, dass eine durchgehend naturalistische Evolution 'bewiesen' ist.
Das führt dann natürlich sofort in die Meta-Meta-Ebene: warum wollen wir Naturalisten, Atheisten etc. einen Designer unbedingt aus dem Spiel haben, während Menschen, die an eine Übernatur glauben, sich diese nicht durch Diskursregeln verbieten lassen möchten. Wenn ich es richtig verstanden habe, basiert die enormen Bedeutung des Naturalismus darauf, dass die Prüfbarkeite verloren gehen würde, falls irgendwelche Wesenheiten in den Lauf der Dinge eingreifen würden. Mir ist nie klar geworden, wie man aus dieser methodologischen Erkenntnis eine gültige Ontologie ableiten kann.