Fisherman's Fellow hat geschrieben:Üblicherweise wird das, was der Gesellschaft nützt, also zu tun richtig ist, über die Moral definiert.
Es wird nicht deshalb richtig, weil irgendeine Moral das vorgibt. Ein Ziel setzt man sich, es beruht auf dem Willen - und der richtet sich bei einer Gesellschaft normalerweise auf das eigene Wohlergehen. Moral ist nur eine verfestigte Methode zur Erreichung dieses Ziels, Moral ist kein Selbstzweck.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Du aber definierst wiederum das, was moralisch sein soll, über das, was der Gesellschaft nützt: Hier werden also gar keine Werte und Normen übergeben, sondern nicht zugeordnete Variablen;
Was heißt übergeben, Moral ist ein Mittel, die das sich den Zielen anpasst.
Fisherman's Fellow hat geschrieben: und da die breite Masse de facto keine Macht hat, ist es also die Herrenmoral der Herrschenden, die festlegt, was Glück zu sein hat.
In einer Diktatur ja. Nebenbei: Es geht hierbei nur um die staatliche Moral. Sie wurde erwähnt, weil sie für uns die wichtigste ist.
Es ist doch genau umgekehrt: Die Demokratie und die damit verbundenen Normen sind das Mittel zur Erreichung des Ziels einer freien und friedlichen Gesellschaft. Der Wille, dieses Ziel zu fördern ist der Grund, diese Normen zu vertreten. So funktioniert das und nicht anders. Fällt der Wille weg, entfallen auch diese Normen letztendlich. In der Menschenwürdeargumentation hatte ich das bereits geschrieben, es ist also müßig, das hier zu wiederholen.
Du hast anscheinend nicht ansatzweise verstanden, was Demokratie ist und wie sie funktioniert oder Du blendest es aus. Sehr schade, aber das muss ja nicht an Dir liegen. Eine ausführliche Begründung für die Demokratie - vielleicht auch in ihrer Ausgestaltung als parlamentarische Demokratie - wäre hier nachzuholen.
Die Demokratie ist das zum Teil Endprodukt von Teilzielsetzungen zur Erreichung einer freien und friedlichen Gesellschaft.
Die Ziele können aus dem Menschenbild abgeleitet werden, ein wirkliches Argument liegt aber in der Einordnung des Wertes als Mittel zur Erreichung des jeweils genannten Ziels. Das Weltbild und Menschenbild selbst ist ansich kein Argument, es ist auch schwer, die Ableitung hier zwingend schlüssig zu formulieren - das ist im Christentum ähnlich.
Wie nachfolgend gezeigt, auch wenn gerade diese Punkte zum Weltbild/Menschenbild möglicherweise etwa von Christen nicht als Begründung geteilt werden können. Es ist daher auch viel sinnvoller, das gemeinsame übergeordnete Ziel einer freien und friedlichen Gesellschaft hervorzuheben....
Mit dem Inhalt der Wertungen ist nicht das Wesen dessen gemeint, wie gewertet wird und auch nicht die Frage, ob es absolute Werte geben kann, sondern die Wertung selbst.
I. Toleranz der Weltbilder
Aus dem Umstand des naturwisssenschaftlichen Skeptizismus, der ständigen Bereitschaft, der Erkenntnisstand über die Beschaffenheit der Welt im Falle neuer Erkenntnisse zu korrigieren, ergibt sich, dass in diesem Bereich der Erkenntnisstand eines Menschen selbst den Menschen weder gut noch böse macht. Der Erkenntnisstand eines Menschen selbst ist wertneutral. Der Erkenntnisstand kann allenfalls ein Urteil über die Bildung oder Intelligenz eines Menschen zulassen, nicht aber über die Frage, ob sein Handeln ansich gut oder böse ist.
Im Umkehrschluss ergibt sich, dass es im Ergebnis (nicht nach dem subjektiven Horizont selbst) "böse" ist, andere Menschen anhand ihres Kenntnisstandes in gut und böse einzuteilen. Eine solche Einstellung zeigt eine Intoleranz gegenüber dem Erkenntnisstand anderer Menschen, einen Dogamtismus jenseits rationaler Argumente, möglicherweise sogar eine dem wissenschaftlichen Skeptizismus gegenüber feindseelige Einstellung. Eine solche Einstellung bzw. ein solcher Dogmatismus wäre böse, weil damit andere Interessen über die Suche des Menschen nach der Wahrheit gestellt werden, weil die Suche des Menschen nach der Beschaffenheit der Welt und dem Drang, diese zu verstehen, behindert wird. Eine solche Art von Dogmatismus wird in aller Regel in irgendeiner Form als Instrument der Herrschaft über andere Menschen benutzt, statt argumentativ auf die freiwilligen Einsichten des anderen zu setzen. Die Suche nach der Wahrheit aber ist in jedem Fall gut.
Ziel dieser Wertung ist die Förderung des Erkenntnisstandes der Menschheit als Voraussetzung wissenschaftlicher Entwicklung zur Erhöhung des Wohlstandes und Wohlbefindens der Menscheit. Zusätzlich ist Ziel dieser Wertung der offene, ehrliche und letztendlich vertrauensvolle Umgang der Menschen miteinander, als Voraussetzung des friedlichen Zusammenlebens der Menschen, das auf Lügen oder Wissensherrschaft nicht gut aufgebaut werden kann.
Auf diese Grundwertung ist besonders auch wegen der Intoleranz der monotheistischen Religionen und des ersten Gebots der Christenreligion Wert zu legen, bei der die Verabsolutierung der eigenen Meinung gleich an erster Stelle steht.
II. Meinungsfreiheit
Aus unterschiedlichen Erfahrungen, Kenntnisstand und unterschiedlicher Intelligenz resultieren unterschiedliche Meinungen zu einzelnen Themen.
Den Meinungsträger als Person und Menschen zu respektieren bedeutet, auch seine Meinung zu respektieren. Meinungsfreiheit beinhaltet auch die Wertung, wie man mit anderen Meinungen umgeht, sie beinhaltet also die Methode des Umgangs: Im Rahmen der Meinungsfreiheit darf nicht versucht werden, die eigene Meinung mit Gewalt durchzusetzen, sondern es soll argumentativ auf die Meinung der anderen Menschen Einfluss genommen werden, um sie von der eigenen Meinung zu überzeugen. (Das setzt wiederum die Überzeugung von der Richtigkeit der eigenen Meinung voraus.) Die Methode der Meinungsfreiheit zielt also auch darauf ab, der inhaltlich richtigen Meinung zum Durchbruch zu verhelfen.
Ziel der Meinungsfreiheit ist damit der respektvolle Umgang der Menschen untereinander, das Bemühen um richtige Problemlösungen bei Respektierung der anderen Menschen aus ihrem Entwicklungsstand heraus. Es soll also nicht deshalb eine bestimmte Meinung den Vorrang haben dürfen, weil sie die mächtigste ist, sondern letztendlich eine Tendenz gefördert werden, nach der der richtigsten Meinung zum Durchbruch verholfen wird. Die Durchsetzung aber der richtigen Meinung ist zum Wohlergehen der Menschen im Gemeinwesen erforderlich. Gerade wenn im Gemeinwesen im Einzelfall mit Macht eine bestimmte Meinung durchgesetzt wird, beinhaltet die Meinungsfreiheit das Potential, die eigene nicht beachtete Meinung nachträglich argumentativ durchzusetzen und somit eine falsche Entscheidung korrigieren zu können. Insofern ist auch die individuelle Meinungsfreiheit jederzeit ein Korrektiv zur Einwirkung in Richtung einer richtigen Entscheidung. Richtig ist insoweit, was für die Gemeinschaft gut ist.
Gefördert werden soll zudem ein friedliches Zusammenleben der Menschen zur Leidminimierung. Hierzu ist das Austragen von Meinungsverschiedenheiten in einem gewaltlosen, formalisierten Wege das richtige Mittel.