Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon HF******* » Mi 4. Jun 2008, 12:47

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Üblicherweise wird das, was der Gesellschaft nützt, also zu tun richtig ist, über die Moral definiert.

Es wird nicht deshalb richtig, weil irgendeine Moral das vorgibt. Ein Ziel setzt man sich, es beruht auf dem Willen - und der richtet sich bei einer Gesellschaft normalerweise auf das eigene Wohlergehen. Moral ist nur eine verfestigte Methode zur Erreichung dieses Ziels, Moral ist kein Selbstzweck.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Du aber definierst wiederum das, was moralisch sein soll, über das, was der Gesellschaft nützt: Hier werden also gar keine Werte und Normen übergeben, sondern nicht zugeordnete Variablen;

Was heißt übergeben, Moral ist ein Mittel, die das sich den Zielen anpasst.

Fisherman's Fellow hat geschrieben: und da die breite Masse de facto keine Macht hat, ist es also die Herrenmoral der Herrschenden, die festlegt, was Glück zu sein hat.

In einer Diktatur ja. Nebenbei: Es geht hierbei nur um die staatliche Moral. Sie wurde erwähnt, weil sie für uns die wichtigste ist.

Es ist doch genau umgekehrt: Die Demokratie und die damit verbundenen Normen sind das Mittel zur Erreichung des Ziels einer freien und friedlichen Gesellschaft. Der Wille, dieses Ziel zu fördern ist der Grund, diese Normen zu vertreten. So funktioniert das und nicht anders. Fällt der Wille weg, entfallen auch diese Normen letztendlich. In der Menschenwürdeargumentation hatte ich das bereits geschrieben, es ist also müßig, das hier zu wiederholen.

Du hast anscheinend nicht ansatzweise verstanden, was Demokratie ist und wie sie funktioniert oder Du blendest es aus. Sehr schade, aber das muss ja nicht an Dir liegen. Eine ausführliche Begründung für die Demokratie - vielleicht auch in ihrer Ausgestaltung als parlamentarische Demokratie - wäre hier nachzuholen.

Die Demokratie ist das zum Teil Endprodukt von Teilzielsetzungen zur Erreichung einer freien und friedlichen Gesellschaft.
Die Ziele können aus dem Menschenbild abgeleitet werden, ein wirkliches Argument liegt aber in der Einordnung des Wertes als Mittel zur Erreichung des jeweils genannten Ziels. Das Weltbild und Menschenbild selbst ist ansich kein Argument, es ist auch schwer, die Ableitung hier zwingend schlüssig zu formulieren - das ist im Christentum ähnlich.

Wie nachfolgend gezeigt, auch wenn gerade diese Punkte zum Weltbild/Menschenbild möglicherweise etwa von Christen nicht als Begründung geteilt werden können. Es ist daher auch viel sinnvoller, das gemeinsame übergeordnete Ziel einer freien und friedlichen Gesellschaft hervorzuheben....

Mit dem Inhalt der Wertungen ist nicht das Wesen dessen gemeint, wie gewertet wird und auch nicht die Frage, ob es absolute Werte geben kann, sondern die Wertung selbst.

I. Toleranz der Weltbilder
Aus dem Umstand des naturwisssenschaftlichen Skeptizismus, der ständigen Bereitschaft, der Erkenntnisstand über die Beschaffenheit der Welt im Falle neuer Erkenntnisse zu korrigieren, ergibt sich, dass in diesem Bereich der Erkenntnisstand eines Menschen selbst den Menschen weder gut noch böse macht. Der Erkenntnisstand eines Menschen selbst ist wertneutral. Der Erkenntnisstand kann allenfalls ein Urteil über die Bildung oder Intelligenz eines Menschen zulassen, nicht aber über die Frage, ob sein Handeln ansich gut oder böse ist.

Im Umkehrschluss ergibt sich, dass es im Ergebnis (nicht nach dem subjektiven Horizont selbst) "böse" ist, andere Menschen anhand ihres Kenntnisstandes in gut und böse einzuteilen. Eine solche Einstellung zeigt eine Intoleranz gegenüber dem Erkenntnisstand anderer Menschen, einen Dogamtismus jenseits rationaler Argumente, möglicherweise sogar eine dem wissenschaftlichen Skeptizismus gegenüber feindseelige Einstellung. Eine solche Einstellung bzw. ein solcher Dogmatismus wäre böse, weil damit andere Interessen über die Suche des Menschen nach der Wahrheit gestellt werden, weil die Suche des Menschen nach der Beschaffenheit der Welt und dem Drang, diese zu verstehen, behindert wird. Eine solche Art von Dogmatismus wird in aller Regel in irgendeiner Form als Instrument der Herrschaft über andere Menschen benutzt, statt argumentativ auf die freiwilligen Einsichten des anderen zu setzen. Die Suche nach der Wahrheit aber ist in jedem Fall gut.

Ziel dieser Wertung ist die Förderung des Erkenntnisstandes der Menschheit als Voraussetzung wissenschaftlicher Entwicklung zur Erhöhung des Wohlstandes und Wohlbefindens der Menscheit. Zusätzlich ist Ziel dieser Wertung der offene, ehrliche und letztendlich vertrauensvolle Umgang der Menschen miteinander, als Voraussetzung des friedlichen Zusammenlebens der Menschen, das auf Lügen oder Wissensherrschaft nicht gut aufgebaut werden kann.

Auf diese Grundwertung ist besonders auch wegen der Intoleranz der monotheistischen Religionen und des ersten Gebots der Christenreligion Wert zu legen, bei der die Verabsolutierung der eigenen Meinung gleich an erster Stelle steht.

II. Meinungsfreiheit
Aus unterschiedlichen Erfahrungen, Kenntnisstand und unterschiedlicher Intelligenz resultieren unterschiedliche Meinungen zu einzelnen Themen.
Den Meinungsträger als Person und Menschen zu respektieren bedeutet, auch seine Meinung zu respektieren. Meinungsfreiheit beinhaltet auch die Wertung, wie man mit anderen Meinungen umgeht, sie beinhaltet also die Methode des Umgangs: Im Rahmen der Meinungsfreiheit darf nicht versucht werden, die eigene Meinung mit Gewalt durchzusetzen, sondern es soll argumentativ auf die Meinung der anderen Menschen Einfluss genommen werden, um sie von der eigenen Meinung zu überzeugen. (Das setzt wiederum die Überzeugung von der Richtigkeit der eigenen Meinung voraus.) Die Methode der Meinungsfreiheit zielt also auch darauf ab, der inhaltlich richtigen Meinung zum Durchbruch zu verhelfen.

Ziel der Meinungsfreiheit ist damit der respektvolle Umgang der Menschen untereinander, das Bemühen um richtige Problemlösungen bei Respektierung der anderen Menschen aus ihrem Entwicklungsstand heraus. Es soll also nicht deshalb eine bestimmte Meinung den Vorrang haben dürfen, weil sie die mächtigste ist, sondern letztendlich eine Tendenz gefördert werden, nach der der richtigsten Meinung zum Durchbruch verholfen wird. Die Durchsetzung aber der richtigen Meinung ist zum Wohlergehen der Menschen im Gemeinwesen erforderlich. Gerade wenn im Gemeinwesen im Einzelfall mit Macht eine bestimmte Meinung durchgesetzt wird, beinhaltet die Meinungsfreiheit das Potential, die eigene nicht beachtete Meinung nachträglich argumentativ durchzusetzen und somit eine falsche Entscheidung korrigieren zu können. Insofern ist auch die individuelle Meinungsfreiheit jederzeit ein Korrektiv zur Einwirkung in Richtung einer richtigen Entscheidung. Richtig ist insoweit, was für die Gemeinschaft gut ist.

Gefördert werden soll zudem ein friedliches Zusammenleben der Menschen zur Leidminimierung. Hierzu ist das Austragen von Meinungsverschiedenheiten in einem gewaltlosen, formalisierten Wege das richtige Mittel.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 5. Jun 2008, 00:52

HFRudolph hat geschrieben:Moral ist nur eine verfestigte Methode zur Erreichung dieses Ziels,

Moral ist überhaupt gar keine Methode, ausgenommen vielleicht eine heuchlerische Moral, die von irgendwelchen Gruppen genutzt wird, diejenigen, welche sich an sie halten, zu instrumentalisieren.
Moral ist ihrem Wesen nach ein Normenkatalog.

HFRudolph hat geschrieben:Moral ist kein Selbstzweck.

Sicher nicht. Moral - als Normenkatalog - ist für das Überleben jeder halbwegs funktionierenden Gesellschaft essentiell notwendig. Keine Gesellschaft kann sich auf Dauer nur auf Abschreckung, Gewalt und Terror stützen - und nur dies bleibt übrig, wenn die geltenden moralischen Normen nicht mehr anerkannt werden.

HFRudolph hat geschrieben:
Du aber definierst wiederum das, was moralisch sein soll, über das, was der Gesellschaft nützt: Hier werden also gar keine Werte und Normen übergeben, sondern nicht zugeordnete Variablen;

Was heißt übergeben, Moral ist ein Mittel, die das sich den Zielen anpasst.

Eben nicht, und darin besteht der fatale Zirkel, in dem Du steckst: Wenn die Mitglieder ihre gesellschaftlichen Normen nur als Teil einer zweckgerichteten Methode (zB der Regierung) begreifen, dann ist es mit dem Vertrauen vorbei - und zwar ganz unabhängig davon, ob die Regierung ihre Moral dazu benutzt, um ihr Volk zum angeblich glücklichsten aller Zeiten zu verwandeln oder offenkundig eigennützige und destruktiver Ziele verfolgt. Dieser Vertrauensverlust lässt sich schon bei trivialen politischen Entscheidungen beobachten; um wieviel mehr, wenn die komplette Moral als regierungsgesteuerte Methode geoutet ist!
Was ich schreibe, ist keine Gedankenkonstruktion, sondern ein soziales Phänomen: In dem Augenblick, als im Osten Europas und in Russland die sozialistische Staatsideologie ihre Allgemeingültigkeit und das Vertrauen der Bevölkerung verloren, trat ein Wertevakuum ein, dass bis heute noch nicht überwunden ist, obwohl andere "normenstiftende" Kräfte sehr schnell in die Bresche sprangen. Oder der wachsende Werte-Unterdruck (vor allem) im Osten Deutschlands, wo nach dem Schwinden der sozialistischen Moral nun auch das Vertrauen in die freiheitlich-demokratische Grundordnung schwindet. Deiner Meinung nach müssten sich diese Leute selber als glücklich und abgeklärt ansehen, da sie begriffen haben, dass all diese Werte nur Teil einer politischen Moral-Methode sind, die sie zu ihrem Besten (oder auch nicht - wer vermag dies zu entscheiden, wenn alle Normen nur noch Mittel zum Zweck sind?) manipuliert.
Ich schätze das eher als moralischen Nihilismus ein.

HFRudolph hat geschrieben:Es ist doch genau umgekehrt: Die Demokratie und die damit verbundenen Normen sind das Mittel zur Erreichung des Ziels einer freien und friedlichen Gesellschaft.

Deine Argumentationslinie ist einigermaßen seltsam: Einerseits erklärst Du Moral zur Methode, so dass es logischerweise keine festen Normen mehr geben kann, andererseits zauberst Du dann die Zielsetzung einer freien und friedlichen Gesellschaft als Norm aus dem Hut, ohne sie weiter zu begründen.
Mir - als Theisten - ist ja klar, dass jede Moral einen euklidischen Punkt braucht, aber die oben geschilderte Zielsetzung als scheinbar selbstevidente Norm sollte es bei einer skeptischen Grundhaltung doch eigentlich gar nicht geben, oder?
Zumal emoprda weiter oben schon gezeigt hat, dass dieses Ziel (als moralische Vorgabe) immer wieder an den anthropogenen Voraussetzungen scheitert und auch heutzutage auf viele realexistierende Gesellschaften einfach nicht passt (dh in seinen Auswirkungen eminent schädlich wäre).

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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon stine » Do 5. Jun 2008, 06:53

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Moral - als Normenkatalog - ist für das Überleben jeder halbwegs funktionierenden Gesellschaft essentiell notwendig. Keine Gesellschaft kann sich auf Dauer nur auf Abschreckung, Gewalt und Terror stützen - und nur dies bleibt übrig, wenn die geltenden moralischen Normen nicht mehr anerkannt werden.


Etwas OT:
Man stelle sich vor, das "Böse und Abartige" wäre die erwünschte Norm, dann wären die Medien voll mit Nachrichten über gute Taten.

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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon emporda » Do 5. Jun 2008, 09:43

stine hat geschrieben:Man stelle sich vor, das "Böse und Abartige" wäre die erwünschte Norm, dann wären die Medien voll mit Nachrichten über gute Taten.LG stine

Das stimmt so sicher nicht. In einer Theokratie wie dem Mullahregime im Iran und auch den christlichen Staaten bis ins späte Mittelalter war die verlogene und objektiv falsche Religionsdoktrin die Norm. Nachrichten über sachlich richtige Erkenntnis wie etwa Galileo war nicht willkommen oder gefeiert. Es war Teufelszeug von Ausgeburten des Satans in die Welt gesetzt um die guten Gläubigen zu verwirren und den Glauben an das liebe Jesuskind zu untergraben. Wer so etwas tat, der kam ins Gefängnis, noch besser auf den Scheiterhaufen.

HFRudolph hat geschrieben:
Üblicherweise wird das, was der Gesellschaft nützt, also zu tun richtig ist, über die Moral definiert.

Es wird nicht deshalb richtig, weil irgendeine Moral das vorgibt. Ein Ziel setzt man sich, es beruht auf dem Willen - und der richtet sich bei einer Gesellschaft normalerweise auf das eigene Wohlergehen. Moral ist nur eine verfestigte Methode zur Erreichung dieses Ziels, Moral ist kein Selbstzweck.
Das oben beschriebene Verhalten der Mächtigen, die auch die Moral definierenten, nutzt auf keinen Fall der Gesellschaft, sondern nur ihnen selber. Folglich ist Moral nicht absolut und unbedingt richtig und gut. Zuvor steht die Frage, wer hat die Moral mit welchem Ziel definiert.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 5. Jun 2008, 10:03

emporda hat geschrieben:Das stimmt so sicher nicht. In einer Theokratie wie dem Mullahregime im Iran und auch den christlichen Staaten bis ins späte Mittelalter war die verlogene und objektiv falsche Religionsdoktrin die Norm.

Woher nimmst Du die Maßstäbe um eine wie auch immer geartete Doktrin als objektiv richtig oder falsch zu beurteilen?

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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon HF******* » Do 5. Jun 2008, 10:45

Fischermans Fellow schrieb:
Deine Argumentationslinie ist einigermaßen seltsam: Einerseits erklärst Du Moral zur Methode, so dass es logischerweise keine festen Normen mehr geben kann, andererseits zauberst Du dann die Zielsetzung einer freien und friedlichen Gesellschaft als Norm aus dem Hut, ohne sie weiter zu begründen.

Ich habe nicht gesagt, dass unsere Normen nicht fest sind.
Die Zielsetzung ist mit dem eigenen Vorteil der Gesellschaft genügend begründet, mit dem Willen, das ist genau der Punkt, mit dem ich Deinen "Herrenmenschen-Vorwurf" aufgegriffen habe.

Es gibt keine Normen ohne Zielsetzung. Eine Norm ohne legitimen Zweck ist Unrecht, auch wenn sie Gesetz ist, sie gehört beseitigt. Eine außergesetzliche Norm im Rahmen der Sittengesetze etwa ohne Zweck hat kaum Chancen, zu überleben.

Auch wenn Du das vielleicht nicht so gerne hören magst: Die christlichen Werte - welche auch immer es gerade sein mögen :sauer: - fallen ebenso weg, wenn es keinen Willen und Zweck gibt, diese aufrecht zu erhalten. Die Ausführungen sind daher ganz allgemein zu verstehen. Ob der Zweck dann sinnvoll und durchdacht ist, ist eine ganz andere Frage und ob dann eine sinnvolle Norm herauskommt, wenn man einen unsinnigen Zweck verfolgt. Es kann daher in keinem Fall unsinnig sein, jede Norm einmal auf ihren Zweck zurückzuführen und zu hinterfragen, ob man diesen will oder ob es vielleicht geeignete Mittel (so!) gibt, diesen zu erreichem.

Rein vorsichtshalber weise ich darauf hin, dass das sicherlich keine allgemeine Brights-Position ist, die ich hier vertrete.
Ich muss einräumen, dass ich zunächst etwas entsetzt war, als Arrowman hier im Forum seinen Utilitarismus vertreten hat, muss aber bei eingehender Betrachtung einräumen, dass etwas dran ist, vor allem, wenn man sich um das Verstehen der Zusammenhänge bemüht.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 5. Jun 2008, 11:18

HFRudolph hat geschrieben:Ich habe nicht gesagt, dass unsere Normen nicht fest sind.

Sobald sich herausstellt, dass Moral nur eine Methode, nur ein Instrument in der Hand von Menschen ist, werden die Normen variabel.

HFRudolph hat geschrieben:Die Zielsetzung ist mit dem eigenen Vorteil der Gesellschaft genügend begründet, mit dem Willen, das ist genau der Punkt, mit dem ich Deinen "Herrenmenschen-Vorwurf" aufgegriffen habe.

Die Gesellschaft als eigenes Subjekt, das sich ihren eigenen Vorteil suchen kann, gibt es aber nicht, und darum hielt ich diese Idee für eine Grille.

HFRudolph hat geschrieben:Es gibt keine Normen ohne Zielsetzung.

Diese Zielsetzungen folgen aber wiederum Normen. Wie zB bei Dir, alles der nicht weiter hinterfragten Idee einer freiheitlichen und friedlichen Gesellschaft untergeordnet ist.

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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon emporda » Do 5. Jun 2008, 11:26

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
emporda hat geschrieben:Das stimmt so sicher nicht. In einer Theokratie wie dem Mullahregime im Iran und auch den christlichen Staaten bis ins späte Mittelalter war die verlogene und objektiv falsche Religionsdoktrin die Norm.

Woher nimmst Du die Maßstäbe um eine wie auch immer geartete Doktrin als objektiv richtig oder falsch zu beurteilen?
Jede Bewertung und Beurteilung richtet sich nach einem Normal, das irgend jemand aufgestellt - vielfach damit einen bestimmten Zweck verfolgend.
Die christliche Moral hat die RKK aufgestellt aus Ausfluß aus der von iohr phantasierten Bibel. Auch hier ging es um einem Zweck, die Gläubigen bei der Stange halten und durch Ruhe und Ordnung in der Gesellschaft regierbare Verhältnisse schaffen.

Den Menschen wird durch strenge Gesetze das Christentum aufgezwungen, parallel mit brutaler Verfolgung aller Andersgläubigen - ein Vorgehen dem Stalinismus mit dem sibirischen Archipel Gulag oder der sizilianische Mafia mit einem brutalen Paten über Leben oder Tod entscheidet sehr ähnlich. Auf Ausübung heidnischer Gottesdienste steht ab 356 n.C. die Todesstrafe, im sechsten Jahrhundert erklärte man Heiden für rechtlos, ein juristischer Freibrief für den Sklavenhandel. Das Decretum-Gelasianum des römischen Konzils von 496 n.C. ist der älteste Index verbotener Bücher. Als Folge der verlorenen Kreuzzüge (1095 – 1291 n.C.) und Unruhen in Südeuropa wird 1232 n.C. die Heilige Inquisition gegründet als Kontrollorgan zur einzig wahren Auslegung der Bibel, auf deren Besitz ungefähr 300 Jahre lang die Todesstrafe steht. Bis zur Reformationszeit kannte man an vorchristlichen Papyri nur den Codex Bezae, dessen 406 Seiten die Universität Cambridge besitzt, derzeit sind fast 6000 alte Handschriften bekannt. Das Christentum als überzeugende friedliche Religion, der die Menschen freudig in Massen zuströmten, das ist ein Märchen nur all zu gerne vom Vatikan verbreitet.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 5. Jun 2008, 11:45

emporda hat geschrieben:Jede Bewertung und Beurteilung richtet sich nach einem Normal, das irgend jemand aufgestellt - vielfach damit einen bestimmten Zweck verfolgend.

Aber wie kann man etwas als richtig oder falsch betrachten, wenn man selber die Maßstäbe dafür aufstellt?

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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon folgsam » Do 5. Jun 2008, 12:57

Ausserhalb des menschlichen (und vielleicht eingeschränkt tierischen) Verstandes gibt es kein richtig oder falsch, diese Betrachtungsweise kann nur vom Bewusstsein produziert werden.
Doch das mit einem Theisten zu diskutieren dürfte zwecklos sein.

Ziel und Zweck jeder Ethik sollte es sein, den Menschen (eingeschränkt auch Tieren) ein erfülltes, menschenwürdiges und schmerzfreies Leben zu ermöglichen. Wie dieses Ziel im einzelnen erreicht werden kann muss von Fall zu Fall und unter berücksichtigung der technischen und materiellen Möglichkeiten entschieden werden.
Dabei definiere ich den Menschen als zu Bewusstsein, glück- und Leidensempfindung fähiges Lebewesen mit einer konkreten Vorstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.


Jahrtausende alte Normen und Moralvorstellungen können dem einfach nicht gerecht werden, wobei es natürlich Überschneidungen geben kann.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 5. Jun 2008, 14:15

folgsam hat geschrieben:Ausserhalb des menschlichen (und vielleicht eingeschränkt tierischen) Verstandes gibt es kein richtig oder falsch, diese Betrachtungsweise kann nur vom Bewusstsein produziert werden.

Mit anderen Worten: Ethische Normen und Moral sind Phantasiegebilde. Wer ethischen Normen folgt, richtet sich nicht etwa an Wegweisung gebenden Fixsternen aus, die Orientierung geben, sondern er richtet sich sozusagen nach dem selbstgebastelten Stern auf seiner Kühlerhaube.

folgsam hat geschrieben:Doch das mit einem Theisten zu diskutieren dürfte zwecklos sein.

Zumindest ist eine Einigung kaum zu erwarten: Solch eine Betrachtungsweise ist in den Augen eines Theisten absurd und nichtig.

folgsam hat geschrieben:Ziel und Zweck jeder Ethik sollte es sein, den Menschen (eingeschränkt auch Tieren) ein erfülltes, menschenwürdiges und schmerzfreies Leben zu ermöglichen.

Das ist nicht logisch, denn wenn es keine Werte außerhalb des subjektiven Bewusstseins gibt, dann ist eine solche Ethik Resultat einer willkürlichen Definition, wobei "Erfüllung" und "Menschenwürde" als in sich nicht existente ethische Normen wiederum aufdiktiert werden müssen. Als einzige einigermaßen verallgemeinerbare Größe kann Schmerzlosigkeit gelten. Aber auch da bestehen Fragen: Warum eigentlich? Dann müsste man ja Geburten verbieten.

folgsam hat geschrieben:Dabei definiere ich den Menschen als zu Bewusstsein, glück- und Leidensempfindung fähiges Lebewesen mit einer konkreten Vorstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Jaja, Du definierst so, ein anderer definiert anders und keiner hat den geringsten Grund, sich daran zu halten, außer er wird bedroht oder er gewinnt dabei einen nagelneuen Golf Cabrio.
So bilden sich weder eine Moral noch beständige ethische Normen.

findet
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon folgsam » Do 5. Jun 2008, 18:50

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Mit anderen Worten: Ethische Normen und Moral sind Phantasiegebilde. Wer ethischen Normen folgt, richtet sich nicht etwa an Wegweisung gebenden Fixsternen aus, die Orientierung geben, sondern er richtet sich sozusagen nach dem selbstgebastelten Stern auf seiner Kühlerhaube.


Korrekt. Wir finden keine Moral und keine Ethik in der Natur vor, alles dies sind entweder Projektionen in imaginierte göttliche Wesen um Moral zu legitimieren, oder wir wissen um den imaginären Charakter und suchen ethische Richtlinien anhand unserer evolutionär gegeben Vernunft und Empathie. Denn es gibt doch gewisse, durch unsere evolutionären Werdegang als soziale Herdentiere begründete Grundnormen, die kein Kulturkreis zu keiner Zeit (soweit wir wissen) übertreten hat.


Fisherman's Fellow hat geschrieben:Zumindest ist eine Einigung kaum zu erwarten: Solch eine Betrachtungsweise ist in den Augen eines Theisten absurd und nichtig.


Tja, dann ist dein einziger Weg die Mission. Warum bist du sonst hier?


Fisherman's Fellow hat geschrieben:Das ist nicht logisch, denn wenn es keine Werte außerhalb des subjektiven Bewusstseins gibt, dann ist eine solche Ethik Resultat einer willkürlichen Definition, wobei "Erfüllung" und "Menschenwürde" als in sich nicht existente ethische Normen wiederum aufdiktiert werden müssen.


Du scheinst nicht zu verstehen das Ethik auch ohne göttliche Legitimation keineswegs beliebig sein muss. Liberalismus, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Säkularismus sind unverrückbare, nicht verhandelbare Werte.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Als einzige einigermaßen verallgemeinerbare Größe kann Schmerzlosigkeit gelten. Aber auch da bestehen Fragen: Warum eigentlich? Dann müsste man ja Geburten verbieten.


In gewissen Fällen könnte das geboten sein.
Grundsätzliche Schmerzlosigkeit ist natürlich unrealistisch und auch nicht nötig. Physische Schmerzen stellen eine Schutzfunktion des Körpers dar und es wäre fatal würde man sie ausschalten. Psychische Schmerzen, also das klassische "Leid", sind die Berge und Täler des menschlichen Gemüts und gehören einfach dazu, sofern es nicht pathologisch wird.


Fisherman's Fellow hat geschrieben:Jaja, Du definierst so, ein anderer definiert anders und keiner hat den geringsten Grund, sich daran zu halten, außer er wird bedroht oder er gewinnt dabei einen nagelneuen Golf Cabrio.
So bilden sich weder eine Moral noch beständige ethische Normen.


Gegenfrage: Warum soll ich mich an göttliche Normen halten wenn mir nicht einerseits mit ewigen Höllenqualen oder dem blanken Nichts gedroht wird und ich andererseits bei Erfüllung in das Paradies eingehe? Was kann mich göttliches Geschwätz kümmern, ohne Konsequenzen ist seine Moral nur das, was sie auch ist: Veraltet, Menschenverachtend und hochgradig irrational.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 5. Jun 2008, 21:09

folgsam hat geschrieben:Korrekt. Wir finden keine Moral und keine Ethik in der Natur vor, alles dies sind entweder Projektionen in imaginierte göttliche Wesen um Moral zu legitimieren, oder wir wissen um den imaginären Charakter und suchen ethische Richtlinien anhand unserer evolutionär gegeben Vernunft und Empathie. Denn es gibt doch gewisse, durch unsere evolutionären Werdegang als soziale Herdentiere begründete Grundnormen, die kein Kulturkreis zu keiner Zeit (soweit wir wissen) übertreten hat.

Und zwar welche?

folgsam hat geschrieben:Tja, dann ist dein einziger Weg die Mission.

Aber nein. Zum Einmaleins des Marketings gehört, dass man nur dort erfolgreich werben kann, wo ein gewisses Kaufinteresse am Produkt besteht, und nicht dort, wo sich die Leute darin zu überbieten versuchen, das Produkt schlecht zu machen. Oder um es mit Jesus zu formulieren: "Gebt das Heilige nicht den Hunden."

folgsam hat geschrieben:Warum bist du sonst hier?

Vielleicht ist Dir aufgefallen, dass ich mal eine Weile hier mitdiskutiert habe, dann aber ausgestiegen bin. Neulich aber sagte mein Gemeindepfarrer nach dem Gottesdienst zu mir: "Ohne Gott bleibt kein Halt mehr. Worauf sollte sich der Mensch noch verlassen können außer auf seine eigenen kranken Grübeleien? Dann ist er verlassen, dann ist die Piste zum Nihilismus frei, highway to hell."
Dies schien mir denn doch ein bischen zu unreflektiert und vor allem zu steil, und ich stieg in die Diskussion ein, weil sie gerade lief und weil ich wissen wollte, ob es auf dieser Piste nicht doch noch ein paar Halteseile gibt, von denen mein Gemeindepfarrer (und ich) nichts weiß.
Haltepunkte habe ich mittlerweile (von HFRudolph und Dir) ein paar genannt bekommen; nur vermochte mir bislang niemand erklären, woran man sie sicher befestigen kann. So macht sich bei mir der Eindruck breit, dass es sich um Chimären handelt.

folgsam hat geschrieben:Du scheinst nicht zu verstehen das Ethik auch ohne göttliche Legitimation keineswegs beliebig sein muss. Liberalismus, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Säkularismus sind unverrückbare, nicht verhandelbare Werte.

Und die leitest Du aus der evolutionär gegebenen Vernunft und der Empathie ab? Seit wann bevorzugt die Evolution denn die eher lahmen, selbstwidersprüchlichen, ressourcenverschwendenden und zugleich bevölkerungsmäßig schwachen Entwicklungslinien?
Und unverrückbar ist dies ja keineswegs. Denn es gibt keinen in der Sache selbst liegenden Grund, warum sich politische Gruppen an diese Voraussetzungen halten sollten. Sie sind genauso willkürlich gesetzt wie jede andere säkulare Moral.

Ich finde ja, dass Du, ausgehend von diesen Voraussetzungen, eine islamistisch-kryptoatheistische Ethik anstreben müsstest. Dh ein kleiner Kreis von atheistischen Philosophen müssten so lange fleissig heucheln, bis sie die Mehrheit eines Mullah-Regimes bilden. Denn eine Moral, auch wenn sie Erfindung ist, nützt nur dann etwas, wenn sie möglichst vorbehaltlos geglaubt wird. Also muss eine Religion vorgeschützt werden. Ferner besitzt der Islam ein geniales Regelwerk, das für eine unglaubliche soziale Dynamik sorgt (die es selbst der ärmlichsten islamischen Gesellschaft ermöglicht, innerhalb kurzer Zeit ein respektables technisches Niveau zu erreichen), für die besten Voraussetzungen eines rasanten Bevölkerungswachstums, das über kurz oder lang den Ausschlag bei gravierenden historischen Entwicklungen geben wird. Ferner hat sich der Islam in seiner langen Geschichte mit einem großen Sortiment von unwiederleglichen Argumentationszirkeln zugelegt und eine aggressive, stark expansive Gesamttendenz.
Kurzum: Ideale evolutionäre Ausgangsbedingungen im Verdrängungswettbewerb der Kulturen, so dass er sich entweder durchsetzen wird, oder, falls es vorher zu einer globalen Katastrophe kommt, zäh weiterexistiert wie eine hirschlederne Reithose.

folgsam hat geschrieben:Gegenfrage: Warum soll ich mich an göttliche Normen halten wenn mir nicht einerseits mit ewigen Höllenqualen oder dem blanken Nichts gedroht wird und ich andererseits bei Erfüllung in das Paradies eingehe? Was kann mich göttliches Geschwätz kümmern, ohne Konsequenzen ist seine Moral nur das, was sie auch ist: Veraltet, Menschenverachtend und hochgradig irrational.

Um die Konsequenzen geht es ja auch im christlichen Glauben. ("Moral" ist da wohl der falsche Ausdruck, außer vielleicht bei den Katholiken). Aber die fallen halt nicht so tierversuchsartig einfach aus, wie Du das gern hättest, sondern entwickeln sich subtil und mit allmählicher Zwangsläufigkeit. So ist das eben in der Realität. Auch gilt für den Glauben, dass er als ethische Grundlage nur denen nutzt, die daran glauben. Die anderen erleiden zwar ebenso die Konsequenzen ihres Wandelns und Handelns, aber was nützt das, wenn einem dazu die Erklärung fehlt?

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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Klaus » Do 5. Jun 2008, 21:33

FF hat geschrieben:Oder um es mit Jesus zu formulieren: "Gebt das Heilige nicht den Hunden."

@FF das verbitte ich mir.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon tomton » Fr 6. Jun 2008, 00:19

Fisherman's Fellow hat geschrieben:"Ohne Gott bleibt kein Halt mehr. Worauf sollte sich der Mensch noch verlassen können außer auf seine eigenen kranken Grübeleien? Dann ist er verlassen, dann ist die Piste zum Nihilismus frei, highway to hell."


Dem kann ich voll und ganz zustimmen - nicht einverstanden bin ich damit, dass der Gedanke deines Gemeindepfarrers damit zu enden scheint (abgesehen davon, dass sich sein Glaube hier als Mittel zum Zweck darstellt - ob GOTT das so wollte?). Nihilismus ist (wie sinngemäß von mir schon einmal weiter oben erwähnt) die logische Konsequenz atheistischen Denkens, aber lange nicht die alternativlose atheistische Weltanschauung. Denn im Nihilismus startet die Philosophie. Ich schreibe zu später Stunde, deshalb fasse ich mich kurz: Die Krux des Nihilismus ist nicht etwa mangelnde Plausibilität, sondern schlicht seine fehlende Eignung als erfüllende Weltanschauung. Er sagt nichts zu dem, was viele Religionen spätestens für die Zeit nach dem Tod versprechen und was den Menschen nicht allzu unwichtig ist: Glück und Freude im und am Leben. Dies atheistisch zu begründen ist philosophische Aufgabe, ist - zumindest in unserer übersättigten Gesellschaft - höchst individuell und vom Grundsatz her auch nicht schwierig zu machen: Glück finden wir in (zwischenmenschlicher) Liebe, in (aus evolutionären Gründen mit Glückshormonen belohnter) Unterstützung anderer Menschen, im Erreichen selbst gesteckter Ziele, in Selbstverwirklichung, Über-sich-hinaus-Wachsen und was dem unglaublichen menschlichen Hirn sonst noch alles zur Freude (also zu den richtigen Hormonen :kg: ) gereicht. Daran ausgerichtet lässt sich sowohl das eigene Leben erfüllt gestalten als auch die oben angesprochene Moral schaffen (da hier ja <Sinn> vorhanden ist, unterscheide ich eigentlich auch nicht zwischen einem Sinn abgeleiteter Moral und Herrenmoral, letztere ist auch erstere). Ich habe selbst theistische (evangelische!) Freunde, die ich achte und schätze, aber in Fragen wie der nach der Notwendigkeit des Prinzipes GOTT trotz oben kurz angeführter und weiter gedachter Alternative bin ich aus ihnen noch nicht schlau geworden. Ist es die Aversion, sich vorzustellen, dass Halt und Erfüllung im Leben so banal sein können, obwohl man sich etwas größeres, monumentaleres, wichtiger erscheinendes vorgestellt hat? Weil man einfach erwartet, dass der Sinn des eigenen Lebens gefälligst etwas verdammt außergewöhnliches, gar außerweltliches zu sein hat (aus Eitelkeit vielleicht)?
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon stine » Fr 6. Jun 2008, 07:45

tomton hat geschrieben:Weil man einfach erwartet, dass der Sinn des eigenen Lebens gefälligst etwas verdammt außergewöhnliches, gar außerweltliches zu sein hat (aus Eitelkeit vielleicht)?

Du hast wunderbar ausgeführt, warum (mancher) Mensch sich nach Gott sehnt und an ihn glauben mag.
Aus Eitelkeit würde ich nicht sagen, vielmehr aus der Tatsache heraus, dass wir uns sonst verloren und sinnlos vorkommen. Ja unser Leben hat auch gefälligst etwas Besonderes zu sein, oder weiß jemand etwas noch Besondereres? Ich nicht.
Die atheistische Philosophie kann Gott auf Dauer nicht ersetzen, weil jedes tiefere Denken früher oder später sowieso religiös wird.
Vielleicht erfinden gerade die Atheisten damit eines Tages ein völlig neues Gottesbild! :^^:

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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Klaus » Fr 6. Jun 2008, 08:04

stine hat geschrieben:Die atheistische Philosophie kann Gott auf Dauer nicht ersetzen, weil jedes tiefere Denken früher oder später sowieso religiös wird.
Vielleicht erfinden gerade die Atheisten damit eines Tages ein völlig neues Gottesbild! :^^:

Wir werden Gott ausmerzen :lachtot: und seit wann führt das tiefere Denken früher oder später zu Religion. Das ist deine Hoffnung, sicher bist du dir nicht.
Wir brauchen keinen göttlichen Mummenschanz.
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Klaus
 
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Fr 6. Jun 2008, 11:22

Klaus hat geschrieben:Wir werden Gott ausmerzen

Entweder braucht Ihr es nicht oder Ihr könnt es nicht - aber es zu versuchen, ist ganz sinnlose Zeitverschwendung. :santagrin:

Grüßle,
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Ari » Fr 6. Jun 2008, 11:40

Du solltest auf den Smiley achten. Wir müssen Gott garnicht ausmerzen, da es ihn garnicht gibt. Nur diesen verrückten Gottglaube, den muss man beseitigen. Von mir aus kann der Weihnachtsmann, die Zahnfee und der Osterhase dann auch gleich mit über die menschliche, geistige Klippe springen.
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Re: Der Sinn jeglicher / aller Existenz

Beitragvon Fisherman's Fellow » Fr 6. Jun 2008, 12:39

tomton hat geschrieben:Dem kann ich voll und ganz zustimmen - nicht einverstanden bin ich damit, dass der Gedanke deines Gemeindepfarrers damit zu enden scheint (abgesehen davon, dass sich sein Glaube hier als Mittel zum Zweck darstellt - ob GOTT das so wollte?).

Inwiefern stellte sich sein Glaube als Mittel zum Zweck dar?

tomton hat geschrieben:Glück und Freude im und am Leben. Dies atheistisch zu begründen ist philosophische Aufgabe, ist - zumindest in unserer übersättigten Gesellschaft - höchst individuell und vom Grundsatz her auch nicht schwierig zu machen: Glück finden wir in (zwischenmenschlicher) Liebe, in (aus evolutionären Gründen mit Glückshormonen belohnter) Unterstützung anderer Menschen, im Erreichen selbst gesteckter Ziele, in Selbstverwirklichung, Über-sich-hinaus-Wachsen und was dem unglaublichen menschlichen Hirn sonst noch alles zur Freude (also zu den richtigen Hormonen :kg: ) gereicht. Daran ausgerichtet lässt sich sowohl das eigene Leben erfüllt gestalten als auch die oben angesprochene Moral schaffen (da hier ja <Sinn> vorhanden ist, unterscheide ich eigentlich auch nicht zwischen einem Sinn abgeleiteter Moral und Herrenmoral, letztere ist auch erstere).

Paulus bringt diese Einstellung auf die Formel: "Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot." Siehe auch die Beispiele aus meinem ersten Posting dieses Threads. Warum sich mit lahmen Freuden und sporadischen Spitzenerlebnissen abgeben, wenn man sein Leben richtig 120%ig erfüllt abfackeln kann wie eine Feuerflamme? Das wäre - im Sinne dieser Moral - doch viel moralischer.
Das nächste Problem erwächst daraus, dass es keinen Grund gibt, jedem Menschen solche Qualitäten zuzugestehen. Okay, es gibt so etwas wie Gerechtigkeitsempfinden, aber das lässt sich manipulieren und sogar psychotrop "behandeln". Ich weiß bis heute nicht, woraus im Naturalismus abgeleitet wird, dass es Menschenrechte gibt. Viel logischer ist es, wie die Amerikaner es angehen, dass Menschenrechte ein Privileg sind, die nur den eigenen Leuten und dem eigenen Land zugestanden wird. Das ist auch von der Evolution her viel besser begründbar.
Obwohl natürlich, wie Du oben schon schriebst, alle Begründungen willkürlich bleiben.

tomton hat geschrieben:Ist es die Aversion, sich vorzustellen, dass Halt und Erfüllung im Leben so banal sein können, obwohl man sich etwas größeres, monumentaleres, wichtiger erscheinendes vorgestellt hat? Weil man einfach erwartet, dass der Sinn des eigenen Lebens gefälligst etwas verdammt außergewöhnliches, gar außerweltliches zu sein hat (aus Eitelkeit vielleicht)? Please help!

Nein, ich denke es ist ein mehr oder weniger klar erfasster Eindruck, dass der Nihilismus als Ausgangspunkt agnostischer Moral eher ein Spiegelbild der Armseligkeit ehrlich eingestandener menschlicher Verstandesperspektiven ist als ein Spiegelbild der Reichhaltigkeit der Welt. Man stelle sich einen Menschen vor, der einen 500 Euro-Schein auf der Straße findet und seinen Nachbarn fragt, wo der herkomme. Der Nachbar behauptet: "Der ist einfach da. Es gibt keine Erklärung dafür." Das ist eine unbefriedigende und irgendwie auch erbärmliche Auskunft. Hinzu kommen erweiterte Überlegungen aus der Bergpredigt: "Auf Dornen wachsen keine Trauben", und von nichts kommt nichts.

Grüßle,
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