Humanisten & Atheisten

Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Myron » Mi 13. Mai 2009, 13:15

Aeternitas hat geschrieben:Soweit ich den Begriff Verstanden habe, würde ich das nicht unbedingt behaupten, es scheint mir nicht so das es primär abgelehnt wird einem göttlichen Wesen zu "dienen", sondern das dieses Wesen für nicht existent gehalten wird wodurch ein Gottesbefehl unmöglich wäre.


Eine säkular-humanistische Ethik setzt sowohl den Nontheismus als auch die Negation des theologischen Voluntarismus voraus. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann die Ethik/Moralphilosophie als eine autonome rationalistische Disziplin gelten, die das Gute, das Richtige als in sich gut, in sich richtig erachtet, d.h. als unabhängig vom Willen und damit der subjektiven Willkür eines Gottes.
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon HF******* » Mi 13. Mai 2009, 14:11

Kann ein Utilitarist kein Humanist sein? Die Frage stellt sich, wenn man als Humanist das „Gute ansich“ hinnehmen muss? War die DDR als Staat antihumanistisch?
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon stine » Mi 13. Mai 2009, 15:34

Myron hat geschrieben:http://www.humanismus.de/humanistisches-selbstverstaendnis


Eigentlich liest sich "das Humanistische Selbstverständnis 2001" genauso wie die Ansichten einer freichristlichen Pfingstgemeinde. Der Unterschied dürfte nur der Glaube an einen Gott sein.

Das heisst für mich, dass es dem HVD im Endeffekt nur darum geht:

"Die Mitglieder des Humanistischen Verbandes treten dafür ein, die Dominanz der christlichen Kirchen zu überwinden"

weil nämlich hier :

"Auf der Suche nach Sinn kommt es oftmals zu existentiellen Zweifeln und zu Erfahrungen der Absurdität. Demgegenüber gibt es heute ein weit gefächertes Spektrum von ausgear-beiteten Lebenskonzepten und eine Vielfalt von kulturell, weltanschaulich und religiös begründeten Angeboten, der Suche nach Sinn zum Erfolg zu verhelfen."

Religion wieder zum selbstgewählten Inhalt einer Sinnsuche angeboten wird.

LG stine
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon HF******* » Mi 13. Mai 2009, 16:32

Myron hat geschrieben:Ich wüsste auch nicht, wieso ein Bright dem Humanismus und den humanistischen Organisationen wie dem HVD nicht grundsätzlich wohlgesinnt sein sollte. Von daher verstehe ich nicht, weshalb Du dagegen so polterst.

Du kannst dem wohlgesonnen sein. Du kannst ihm als Bright aber auch nicht wohlgesinnt sein, etwa weil er Dir auf die Füße tritt oder weil Du dich nicht von einem Verband politisch bevormunden lassen willst. In dem Programm steht noch etwas von überprteilich. Das gilt wohl nicht im Wahlkampf. Wenn der HVD Wahlkampfgetöse machen will, dann soll er doch. Als Naturalist muss man ja wohl nicht zwangsläufig die politischen Ansichten des Wolfs teilen. Zudem finde ich Wolfs Pauschalangriffe teilweise ziemlich kinky.

Einen Verband, der unter dem Vorwand des Humanismus politische Wahlkampfpropaganda betreibt, dem muss man nicht wohlgesonnen sein. Die einzige Partei, deren Wahl wohl eindeutig eine weltanschauliche bzw. religiöse Positionierung voraussetzt, sind wohl die Bibeltreuen Christen (PBC). Du kannst als Naturalist wählen, was Du willst.
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Myron » Mi 13. Mai 2009, 18:37

stine hat geschrieben:Eigentlich liest sich "das Humanistische Selbstverständnis 2001" genauso wie die Ansichten einer freichristlichen Pfingstgemeinde. Der Unterschied dürfte nur der Glaube an einen Gott sein.


Mag sein, doch dieser Unterschied ist ein grundlegender Unterschied.

"Is Humanism a religion?
(...) While it could easily be claimed that humanism as a facet of life could as well incorporate religious elements as much as socialist, literary or artistic characteristics, Humanism as a distinct movement has journeyed far from religious beliefs to a position of categorical unbelief. I cannot see why, in the third millenium, Humanism has to have any connection with religion at all, even if in the past, it was slow to shake off certain religious dimensions. And as to calling it a 'quasi-religion' because it has a vision for the future, or because it can sometimes be concerned with the same aspects of human life as some religions, or because it elevates Science and Reason, these are insufficient reasons to place Humanism alongside other religions of the world. Since, as a movement, it offers an alternative to religious stances for life, it is an injustice to Humanism to see it as a reform movement in the religious fold. (......) Thus, while there are differences of view, Humanism has emerged as atheistic and naturalistic—the former characterizing it as devoid of belief in deities, the latter as devoid of belief in anything supernatural. At the same time it is in the main secular, that is to say that it places all its emphasis on this world, this life and the functioning and interaction of humanity within it. It is a world in which science, technology, rational reflection and reasoning can assist humanity, and one that denies that there are divine entities to afford such assistance. (...) Humanism has no creed but many convictions. These convictions are about personal and societal life and the ways in which the evolution of each individual in one lifetime can create a better existence for one and all. It is an alternative to religion and represents what van Praag describes as 'a process of mental emancipation'."

———
"Ist der Humanismus eine Religion?
Während man ohne Weiteres behaupten könnte, dass der Humanismus als eine Facette des Lebens auch religiöse Elemente einbeziehen könnte, genauso wie sozialistische, literarische oder künstlerische Züge, so hat der Humanismus als eine eigenständige Bewegung eine weite Reise hinter sich, weg von religiösen Überzeugungen und hin zu einem Standpunkt, der grundsätzlich frei davon ist. Ich sehe keinen Grund, weshalb der Humanismus im dritten Jahrtausend mit der Religion verbunden sein muss, auch wenn er in der Vergangenheit lange gebraucht hat, um bestimmte religiöse Aspekte loszuwerden. Und wenn man ihn als eine 'Quasi-Religion' bezeichnet, weil er eine Zukunftsvision hat, oder weil er mitunter mit den gleichen Aspekten des menschlichen Lebens befasst sein kann wie manche Religionen, oder weil er der Wissenschaft und der Vernunft eine herausragende Stellung einräumt, so sind dies unzureichende Gründe dafür, den Humanismus mit den anderen Religionen in der Welt auf eine Stufe zu stellen. Da er als eine Bewegung eine Alternative zu religiösen Lebenseinstellungen anbietet, tut man ihm Unrecht, wenn man ihn als eine Reformbewegung im Schoße der Religion betrachtet. (......) Obschon es Meinungsverschiedenheiten gibt, hat sich der Humanismus zum Atheismus und Naturalismus hin entwickelt, wobei durch Ersteren zum Ausdruck kommt, dass er frei vom Glauben an Götter ist, und durch Letzteren, dass er frei vom Glauben an Übernatürliches ist. Zugleich ist er im Allgemeinen säkular, das heißt, er legt seinen ganzen Schwerpunkt auf diese Welt, dieses Leben und das Zusammenwirken der Menschen. Es geht um eine Welt, worin die Wissenschaft, die Technologie, logisch-rationales Denken der Menschheit dienlich sein können, und um eine, worin verneint wird, dass es göttliche Wesen gibt, die ihr Hilfe leisten. (...) Der Humanismus beinhaltet kein Glaubensbekenntnis, aber viele Überzeugungen. Diese Überzeugungen beziehen sich auf das persönliche und das soziale Leben sowie auf die Art und Weise, wie die Entwicklung jedes Individuums im Zeitraum eines Lebens zur Schaffung eines besseren Daseins für den Einzelnen und für alle führen kann. Er stellt eine Alternative zur Religion dar und repräsentiert dasjenige, was van Praag als 'einen Prozess geistiger Emanzipation' beschreibt."
[© meine Übers.]

(Fowler, Jeaneane D. Humanism: Beliefs and Practices. Brighton: Sussex Academic Press, 1999. pp. 31-3)
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Myron » Mi 13. Mai 2009, 18:52

HFRudolph hat geschrieben:Du kannst ihm als Bright aber auch nicht wohlgesinnt sein, etwa weil er Dir auf die Füße tritt oder weil Du dich nicht von einem Verband politisch bevormunden lassen willst. In dem Programm steht noch etwas von überprteilich. Das gilt wohl nicht im Wahlkampf. Wenn der HVD Wahlkampfgetöse machen will, dann soll er doch. Als Naturalist muss man ja wohl nicht zwangsläufig die politischen Ansichten des Wolfs teilen. Zudem finde ich Wolfs Pauschalangriffe teilweise ziemlich kinky.


Man sollte zwischen dem humanistischem Grundsatzprogramm des HVD und den jeweiligen politischen Sichtweisen der Führungspersonen im HVD unterscheiden. Ich habe bewusst von einer grundsätzlichen Wohlgesinntheit gegenüber Ersterem gesprochen und nicht davon, dass grundsätzlich alle politischen Äußerungen und Stellungnahmem der HVDler gutzuheißen sind.
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon HF******* » Do 14. Mai 2009, 08:21

Schade, dass der Wolf das nicht trennen kann und seine politischen Ansichten in die Positionierung des HVD einbringt. Der HVD ist damit politisch einseitig verortet, Grundsatzprogramm hin oder her.
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Myron » Do 14. Mai 2009, 11:17

HFRudolph hat geschrieben:Schade, dass der Wolf das nicht trennen kann und seine politischen Ansichten in die Positionierung des HVD einbringt. Der HVD ist damit politisch einseitig verortet, Grundsatzprogramm hin oder her.


Der HVD besteht aber nicht nur aus Herrn Wolf.
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon HF******* » Do 14. Mai 2009, 14:12

Es gibt noch eine Antwort von Czermak.
http://hpd.de/node/7017
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon HF******* » Do 14. Mai 2009, 15:24

Und eine Replik von Andreas Müller:
http://feuerbringer.com/2009/05/14/weg- ... umanismus/
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Myron » Fr 15. Mai 2009, 00:38

Weitere (englischsprachige) Lektüre:

— "What is Humanism?": http://www.americanhumanist.org/who_we_ ... s_Humanism

— "The Humanist Philosophy in Perspective": http://www.americanhumanist.org/who_we_ ... erspective

Corliss Lamont, "The Affirmative Ethics of Humanism": http://www.corliss-lamont.org/ethics.htm

— Corliss Lamont, "The Philosophy of Humanism": http://www.corliss-lamont.org/philos8.pdf
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Myron » Fr 15. Mai 2009, 02:35

HFRudolph hat geschrieben:Und eine Replik von Andreas Müller:
http://feuerbringer.com/2009/05/14/weg- ... umanismus/


"Eine naturalistische Moralphilosophie ist mir tausendmal lieber als ein selbstgefälliger, in der Praxis sektiererischer und gutmenschentümlicher Humanismusbegriff."

Tja, was genau sich Andreas unter einer naturalistischen Moralphilosophie vorstellt, erfahren wir in seinem Text leider nicht.

"While 'moral naturalism' is sometimes used to refer to any approach to metaethics intended to cohere with naturalism in metaphysics more generally, the label is more usually reserved for naturalistic forms of moral realism according to which there are objective moral facts and properties and these moral facts and properties are natural facts and properties. (...) Naturalism in [the former] sense is opposed by those who reject a parsimonious naturalistic metaphysics and stand willing to allow a domain of nonnatural or supernatural facts to play an essential role in our understanding of morality. This broad moral naturalism is nonetheless very general and encompasses a highly diverse family of metaethical views, including expressivist, constructivist, error theoretic and relativist understandings. But in a narrower sense 'moral naturalism' often picks out a far more specific sort of view that stands in contrast to all these variously 'anti-realist' views, in holding that there are objective moral facts and properties and that these facts and properties are natural facts and properties."

(http://plato.stanford.edu/entries/naturalism-moral)

Andreas scheint den Ausdruck "naturalistische Moralphilosophie" im weiteren Sinn zu gebrauchen, bei dem es zunächst lediglich darum geht, dass (meta-)ethische Theorien mit der naturalistischen Weltanschauung insgesamt vereinbar sein sollen. Es gibt jedoch, wie oben zu lesen ist, mehrere meta-ethische Standpunkte, die mit dem metaphysischen Naturalismus vereinbar sind, was bedeutet, dass der ethische Naturalismus im weiteren Sinn eine höchst allgemeine und damit unterbestimmte Sichtweise ist, die notwendigerweise nur die Ablehnung der Gottesbefehls-Ethik beinhaltet.

Dass auch die Humanisten ethische Naturalisten (im weiteren Sinn) und damit Vertreter einer naturalistischen Moralphilosophie (im weiteren Sinn) sind, daran gibt es doch keinen Zweifel, oder?
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Myron » Fr 15. Mai 2009, 03:47

Interessante Information am Rande:
Wie ich erst jetzt erfahren habe, ist Mynga Futrell, die Mitbegründerin der Brights-Bewegung, eine aktive Humanistin. Sie ist sogar Vorstandsmitglied der American Humanist Association:

http://www.americanhumanist.org/who_we_ ... rs#Futrell

Sind die Brights etwa im Grunde nur ein Ableger der (amerikanischen) Humanisten?
Die Ähnlichkeiten zwischen den programmatischen Grundlegungen sind jedenfalls auffällig.
(Dass ich das nicht schon früher bemerkt habe ...)
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Re: Humanisten & Atheisten

Beitragvon Pia Hut » Sa 16. Mai 2009, 17:03

Mir geht es vermutlich wie HFRudolph wenn ich mich zunehmend frage, wozu die seitenlangen Defintionen gut sein sollen. Es scheint zwar ausgesprochen üblich zu sein mit Definiererei an ein Problem heranzugehen, dem gegenüber entwickle ich jedoch eine zunehmende Skepsis. Ich will nicht behaupten, dass mir da schon die goldene Alternative eingefallen wäre, eher der Ansatz einer Idee.

Die ganzen „-ismus“ Begriffe scheinen es an sich zu haben, dass damit auch jede Mengen völlig unterschiedliche Assoziationen einhergehen. Man ist sofort weg vom Inhalt und wird irgendwo einsortiert. Jeder gibt seine spezielle Lieblingsdefinition zum Besten und man redet aneinander vorbei.

Meine Idee ginge erst mal dahin „-ismus“ -Debatten zu meiden und einen Threat aufzumachen, indem man sich mal etwas mehr Zeit für eine sinnige Fragestellung nimmt. Ich bilde mir immer ein, das sei einer der großen Vorzüge von Naturwissenschaften. (und bevor ich mir hier eine blöde Debatte einhandle, möchte ich noch erwähnen: Die Frage ob Natur- oder Geisteswissenschaften besser wären, interessiert mich überhaupt nicht. Ich kenne in dieser Form einige nervtötende Debatten, in denen sich die Kontrahenten aus den unterschiedlichen Disziplinen wechselseitig unterschätzen.)

Wie ich mir das praktisch vorstelle, ist einen Threat mit einem etwas unverfänglicheren Stichwort zu beginnen z.B. „Menschennatur“, darum geht es doch inhaltlich irgendwie beim Humanismus. Welche Fragen gilt es da zu klären? Das soll jetzt auch nicht mehr als ein Stichwort sein, bin auch um andere Anregungen froh. Und „unbelastet“ ist der Begriff sicher auch nicht ganz, aber man ist etwas weniger gezwungen einen Rattenschwanz an Parteipolitiken mitzuschleppen.

(Das Stichwort kam mir über den Bright Steven Pinker in den Sinn „Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur“ Ich habe es selbst noch nicht gelesen, wurde mir nur gerade sehr empfohlen – allerdings ohne konkrete Begründung, so dass ich noch nicht weiß, ob sich die Mühe angesichts so vielem anderen Lesenswerten lohnt. (weitere Aufklärung wäre mir da willkommen).
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