Vater ermordet Sohn im Namen Gottes

Vater ermordet Sohn im Namen Gottes

Beitragvon Andreas Müller » Fr 2. Mär 2007, 23:25

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,468693,00.html

Krass. Aber ich muss wirklich sagen: Der ist Musterchrist. Genau so muss man sich laut Bibel verhalten.
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Beitragvon molosovsky » Sa 3. Mär 2007, 00:24

Ich urteile nicht gern flotti über solche Fälle, genauer: über die darin verwickelten Personen.
Immerhin ist das nur im Sinne wirklich vollig abgekoppelter Radikalismen und Fundamentalismen ein ›Musterchrist‹ gewesen. Die Großkrichen gestehen ja ein, dass ein wörtlichnehmen der Bibel eigentlich so gar nicht christlch ist.

Aber ich werde mir gönnen, die Berichterstattung, Schlußfolgerungen und Forderungen des angeführten Falles zu vergleichen, mit Berichterstattung, Schlußfolgerungen und Forderungen in Sachen jugendliche Amokläufer und ›Killerspiele‹.

Grüße
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 3. Mär 2007, 01:13

Immerhin ist das nur im Sinne wirklich vollig abgekoppelter Radikalismen und Fundamentalismen ein ›Musterchrist‹ gewesen.


Das ist das Christentum. Die Bibel ist das Wort Gottes, natürlich muss man sie wörtlich nehmen, sie ist ja auch tatsächlich wörtlich gemeint. Was soll denn an der Bibel nicht wörtlich gemeint sein, von den offensichtlichen Metaphern abgesehen? Die Kirchen sind nicht christlich, wenn sie das leugnen. Manchmal, immer öfter sogar, zeigt sich ihr wahres Gesicht, etwa hier:

http://ibka.org/node/640

Die Idee, man müsse die Bibel irgendwie interpretieren und auslegen beschränkt sich auf die Theologie - und diese versucht auch nichts anderes, als das Wort Gottes irgendwie mit unseren Erkenntnissen und unserer Gesellschaft zu vereinbaren. Die allermeisten Christen, die je gelebt haben, haben die Bibel genau so verstanden, wie sie gemeint ist: Wörtlich. Dasselbe gilt für Muslime und Koran. Ich denke, dieser Metapherntrick zieht nur bei Leuten, welche die Bibel noch nicht gelesen haben.

Sag mir doch mal, was daran metaphorisch sein soll:

Deuteronomium 32, 42-43 Einheitsübersetzung (für beide Großkirchen verbindlich):

"Meine Pfeile mache ich trunken von Blut, während mein Schwert sich ins Fleisch frisst - trunken vom Blut Erschlagener und Gefangener, ins Fleisch des höchsten feindlichen Fürsten -. Erhebt das Siegesgeschrei, ihr Himmel, zusammen mit ihm, werft euch vor ihm nieder, ihr Götter! Denn er erzwingt die Strafe für das Blut seiner Söhne und entsühnt das Land seines Volkes."

Und ich habe die Bibel zufällig irgendwo aufgeschlagen! Das kannst du auch mit dem Koran machen. Schlage ihn mal zufällig irgendwo auf und du wirst auf eine unmenschliche - offenkundig wörtlich gemeinte - Passage treffen.
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Beitragvon musikdusche » Sa 3. Mär 2007, 11:55

Der Autor hat geschrieben:
Immerhin ist das nur im Sinne wirklich vollig abgekoppelter Radikalismen und Fundamentalismen ein ›Musterchrist‹ gewesen.


Das ist das Christentum. Die Bibel ist das Wort Gottes, natürlich muss man sie wörtlich nehmen, sie ist ja auch tatsächlich wörtlich gemeint. Was soll denn an der Bibel nicht wörtlich gemeint sein, von den offensichtlichen Metaphern abgesehen? Die Kirchen sind nicht christlich, wenn sie das leugnen. Manchmal, immer öfter sogar, zeigt sich ihr wahres Gesicht, etwa hier:

http://ibka.org/node/640

Die Idee, man müsse die Bibel irgendwie interpretieren und auslegen beschränkt sich auf die Theologie - und diese versucht auch nichts anderes, als das Wort Gottes irgendwie mit unseren Erkenntnissen und unserer Gesellschaft zu vereinbaren. Die allermeisten Christen, die je gelebt haben, haben die Bibel genau so verstanden, wie sie gemeint ist: Wörtlich.

Da kenn ich aber eine Menge anderer Christen.

Nun, wenn in der Bibel "A" steht, die selbsternannten Christen aber "B", "C" usw. da herauslesen, dann kannst du ihnen vielleicht vorwerfen, sie würden die Bibel nicht wörtlich nehmen, aber das ist doch schließlich ihr gutes Recht (wenn es auch in meinen Augen total unlogisch und unredlich ist).
Selbstverständlich kann ich immer noch darauf hinweisen, dass die reale Gefahr besteht, dass einige Deppen eben doch "A" herauslesen und zu hirnamputierten Fanatikern werden. Oder man kann die Christen dazu auffordern, mal die Bibel zu lesen, damit sie überhaupt wissen, dass tatsächlich "A" in der Bibel steht
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Beitragvon Klaus » Sa 3. Mär 2007, 12:15

Die Bibel ist das Wort Gottes. welchen Gottes?, des jüdischen, christlichen oder islamischen? In all diesen Religionen wird die Bible interpretiert, und wohl nur der Islam ist so kategorisch und sagt der Koran ist von Gabriel auf die Erde gebracht worden und dem Propheten ausgehändigt worden. Das macht den Islam ja so bequem, so eindeutig, klare, strenge Regeln, das mögen etliche Menschen, und wenn in Deutschland im letzten Jahr 4.000 Menschen zum Islam konvertiert sind ist das ein Ausdruck dessen.

Die Bibel, das Wort Gottes, im Lutherschen Sinne eher nicht, mehr Menschenwerk. All die verschiedenen Interpretationen finden nicht zuletzt Ausdruck in der Vielzahl der Sekten und Splitterkirchen.

Selbst die katholische Kirche lehnt die wortwörtliche Anwendung der Bibel ab, weil die Ambivalenz die Menschen dazu bringen würde, sich vom katholischen Glauben abzuwenden.
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Beitragvon Kival » Sa 3. Mär 2007, 12:43

@Klaus

Bei Luther soll die Bibel Menschenwerk gewesen sein? Wieso dann sola scriptura? Das passt eindeutig nicht zusammen... (Bei der katholischen Kirche zählen die Dogmen auch eigentlich mehr als die Bibel, deswegen mögen sich evangelikale und Katholiken ja auch nicht)
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Beitragvon Klaus » Sa 3. Mär 2007, 12:53

Wikipedia hat geschrieben:Der Begriff sola scriptura (lat. „Allein die Schrift“) ist ein Grundsatz insbesondere der Reformation im Christentum. Martin Luther wollte damit keineswegs zum Ausdruck bringen, dass nur der genaue Wortlaut der Heiligen Schrift für das Leben eines Christen ausschlaggebend sei, wie dies in der Neuzeit als Programm des christlichen Fundamentalismus formuliert wurde. Vielmehr ging es um die Frage, wer die Schrift recht auslegt. Widersprüchliche Auslegung der Schrift nötigte in der Kirche zur Darstellbarkeit der nach reformatorischer Sicht allein angemessenen Auslegung.
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 3. Mär 2007, 12:53

Auszug aus dem Manifest, 2. Auflage. Die Stelle trifft es recht gut:

Es sollte in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass es weltweit einen stabilen Trend in Richtung eines konsequenteren Denkens und Handelns gibt. Die Menschen neigen offenkundig immer mehr dazu, entweder auf konsequentere Weise zu glauben oder aber sich aufgrund rationaler Argumente konsequenter gegen den Glauben zu entscheiden. (Selbst in den USA steigt seit Jahren nicht nur die Zahl der religiösen Fundamentalisten kontinuierlich an, sondern auch die Zahl der Konfessions-osen!)
Wer dieses Faktum zur Kenntnis nimmt, dürfte sich schwer damit tun, allzu große Hoffnungen auf das europäische Projekt einer „aufgeklärten Religion“ zu setzen. Auf Dauer nämlich wird ein solcher weltanschaulicher Flickenteppich auf immer weniger Menschen attraktiv wirken. Wer wirklich glauben will, wird sich kaum auf längere Sicht mit unverbindlichen Metaphern abspeisen lassen, und wer sich für eine humanere, aufgeklärtere Weltsicht engagiert, wird in Zukunft wohl eher das säkulare Original, nicht die halb-gare religiöse Kopie bevorzugen! Man mag es vielleicht bedauern, dass die „Religion light“ ihre Vermittlungsfunktion zwischen konsequenter Aufklärung und Fundamentalismus verliert, dieses Phänomen zu ignorieren, wäre jedoch töricht.
Für Humanisten und Aufklärer heißt dies, dass sie weder die Kritik am Fundamentalismus noch die Kritik an den „Light-Versionen“ der Religionen, die tragischerweise den Blick auf das eigentliche Problem des religiösen Wahrheits- und Machtanspruchs verstellen, aufgeben dürfen. Vielmehr müssen sie daran arbeiten, das eigenständige Profil eines konsequenten, aufklärerischen Humanismus zu schärfen und dessen Vorteile gegenüber den religiösen Konkurrenzunternehmen herauszuarbeiten. Dies jedoch kann nur gelingen, wenn man die Konfrontation mit religiösen Fundamentalisten einerseits und „Weichfilterreligiösen“ andererseits nicht scheut.


Michaels ergänzende Erklärung:

Weil dem so ist, zielt meine Kritik an den authentischen religiösen Überzeugungen auch nicht an der Realität vorbei. Jesu Erlösungstat ist nun einmal ohne Voraussetzung von Hölle und Teufel so sinnlos wie ein Elfmeterschießen ohne gegnerische Mannschaft. Die religiösen Fundamentalisten haben dies erkannt und ziehen daraus ihren Profit. Führende Vertreter des deutschen Estabishmentsglaubens haben das mittlerweile auch erkannt und reagieren entsprechend. So stellte etwa der „Leitende Bischof“ der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands Dr. Johannes Friedrich (zugleich EKD-Ratsmitglied und bayrischer Landesbischof) in seiner Eröffnungspredigt zur Landessynode im November 2006 heraus, dass das „Böse in unserer Welt existiert.“ Er fragte sogar, ob die theologische Entmystifikation des Bösen eine Strategie des Teufels sei, der heute dieses „tolerante und aufgeschlossene Outfit angenommen“ habe...

Dass die Hölle im Glaubenssystem der meisten deutschen Christen fehlt, ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass die meisten hierzulande die Religion nicht wirklich ernstnehmen. In Amerika und in vielen anderen Teilen der Welt sieht das bekanntlich völlig anders aus. Dass die Welle der Remythologisierung vor Deutschland und Europa haltmachen wird, ist keineswegs zu erwarten. Alle Daten, die uns zur Verfügung stehen (siehe fowid), zeigen in eine andere Richtung...


Der kann das viel besser auf den Punkt bringen als ich.
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Beitragvon molosovsky » Sa 3. Mär 2007, 13:10

Zu Sache mit der Bibelauslegung (diese Sache ist sehr ähnlich der Frage, ob Ego-Shooter zum Dampfablassen da sind, oder eben aus jugendlichen Spielen Killern züchten):

@Der Autor erwiderte mir (Nebenbei: da Der Autor ja im Avatar mit revolutionärer Innbrunst auftritt, nehm ich ihn so ernst, wie ich einen Teufelsadvokaten nehme, sprich: ich nehm ihn lächelnd ernst :-)
Du schreibst, dass man die Bibel als Christ durchaus wörtlich nehmen müssen. Als Nichtchrist/Nicht-religiös-Gläubiger, der sich aber auch (weil Phantast) für alle möglichen Großphantasmen interessiert, muss ich hier die Großkirchen ja direkt verteidigen.

Ich ergänz mal für alle, die Deinem Link nicht gefolgt sind: Dort erhebt der Kardinal Meisner das Wort, und der Mann ist ja eine Bulldoge des Wortes. Könnte da nun Karidnal Carlo Maria Martini entgegenhalten, wenn er sagt:
»Sie {sein Dialogpartner Eco} rufen zunächst ein allgemeines hermeneutisches Prinzip in Erinnerung, wonach die Texte {der Bibel} nicht wörtlich-fundamentalistisch verstanden werden dürfen, sondern Zeit und Umfeld in denen sie geschrieben wurden, berücksichtigt werden müsen.« — Bzgl. des Frisurenstreits der Bibel (im AT, Ezechiel 44,20, Levitikus 19.27-28 & 21,5 vs. Deut. 14,1) wird er dann genauer und ›windet sich‹ wie folgt: »…{Es ist} nicht immer leicht zu sagen, was die Bibel zu bestimmten Punkten sagen will, noch leicht zu entscheiden, ob sie über ein bestimmtes Thema in Übereinstimmung mit den Gebräuchen der Zeit spricht, oder ein beständiges Erfordernis für das Volk Gottes anmahnt.« (Quelle: werd ich bald im Blog vorstellen … gemeines antrailern, ich weiß :-) )

Ich würd gern dabei sein, wenn die Kardinäle Meiser und Martini mal gegeneinander in den Ring träten, um ›die Wahrheit‹ auszufechten.

Die christlichen Großkirchen (und wohl auch so manche der vielen kleineren Geschmacksrichtungen christlicher Gemeinschaft) gründen ja auf Jesus, und da ists immer heikel, diesen Christen mit den Donner-Passagen des Alten Testamentes zu kommen. Idealerweise lernt man bereits als Schüler, dass AT und NT sich ergänzen und eine Entwicklung darstellen, z.B. vom zornigen, stolzen (Naturkräfte-)GOtt zum eben personalen, verzeihenden und liebenden GOtt. RICHTIGE Christen haben sich am zweiteren GOttesbild zu orientieren, dem des NTs. Freilich finden sich für uns Brights auch im NT (z.B. Paulusbriefe) genügend heikle Passagen. Der prominenteste Problemtext ist imho die Offenbahrung, da sich aus ihr die Weltuntergangs/Jüngste-Gericht-Hysterien ihren Treibstoff gewinnen. Und gerade die Offenbahrung ist nun flappsig gesagt ein SF-Fantasy-Text, den wörtlich zu nehmen bestenfalls kurios ist, schlimmstenfalls zu den Untergangs-Radikalismen führt, die Christen, Brights und alle dazwischen mit berechtigter Sorge beäugen.

Alle Christen in einen Topf zu werfen und die Bibel als deren brutales Propagandawerk zu positionieren ist zwar auf alle Fälle spaßig, manchesmale sicher auch zur notwendigen Ermahnung notwendig, aber zumeist doch schlicht unfaire Polemik (für meinen Geschmack … als Phantast schätze ich die Bibel: ohne Bibel keine »Bücher des Blutes« von Clive Barker! Nebenbei: das Motto dieser Blutbücher von Barker kann allen als gehaltvoller Aphorismus dienen: »Wir alle sind Bücher des Blutes, wo man uns auch aufschlagt, sind wir lesbar rot.«/»Every body is a book of blood, Wherever we’re opend, we’re red.«). Das ist nicht weit weg von der perfiden Gemeinheit, ›uns‹ oftmals Darwin-wertschätzenden Brights die Greultaten und Radikalismen des Biologiszismus vorzuhalten. — Da ich mir die Rolle des ›Brückenbauer‹-Brights erwählt habe, kann das nicht meine Tatktik sein, noch eine, die ich von Freund und Feind angewandt ›schön‹ finde.

Realpolitisch freilich weiß ich darum, daß Europa und der Westen herausgefordert sind. Doch es ist eine Sache, z.B. über die Formation einer Europäischen Armee zu reden, oder eben pauschal alle Christen des Fundamentalismen-Verdachts auszusetzten.

Ich möchte doch annehmen, dass die allerwenigsten Christen den anfangs zitierten Vater (der seinen Sohn aus Glaubensirrung killte) als vorbildlichen Glaubensbruder bezeichnen würden. Die allermeisten Christen der Großkrichen dürften genauso geschockt sein, wie Brights. — Soweit ich persönlich also christliche Vertreter kenne, klamüsern ich auseinander und stufe den Herrn Meiser als einen ›schlimmen Finger‹ ein, und jemanden wie Herrn Martini als umsichtig argumentierenden Christ, an dem sogar ich Bright mir (hie und da) ein Beispiel nehmen kann.

Grüße
Alex / molo
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Beitragvon molosovsky » Sa 3. Mär 2007, 13:41

Ui, während ich grad meinen letzten Eintrag tippte, geschah ja schon wieder viel hier.
Das Zitat aus dem Manifest (¿›unserem‹ Manifest?) spricht von der Radikalisierung der Fronten zwischen ›heissen‹ und ›kalten‹ Glauben. Für mich heißt das aber keineswegs, den Soldatenhelm aufzusetzten und alle Vermittlungsbemühungen aufzustecken. Dem letzten Absatz des Manifest-Zitates von Der Autor stimme ich aber vollends zu.

Desweitern zitiert Der Autor aus einer Passage von Michael, indem von der Hölle und (evang. Landesbischof Friedrich) vom Bösen die Rede ist. — Ich selber (als Bright und Phantast) kann mit der Aussage, dass es »das Böse tatsächlich in der Welt gibt« durchaus leben. Nur wo hat das Böse seinen Quell, was ist sein Wesen? In der materiellen Welt um uns, oder in der psychischen Welt in uns? — Unwohl fühle ich mich, sobald man Gut/Böse absolut und fix zu verorten trachet, denn als Bright bin ich der Meinung, dass die jeweilige Bestimmung von Böse/Gut eine situative und kontextabhängige Angelegenheit ist. Dies bedeutet freilich, die Zumutung zu verbreiten, dass eben keinen festen, allseits- und allzeit gültigen Himmelshaken zum Aufhänen der Gut/Böse-Frage gibt, und die aufgeklärte Haltung zu Gut und Böse (für mich) anstrengenderweise konstante Umsicht, Abwägung und Beweglichkeit der Betachtung verlangt. — Nicht das Messer an sich ist böse, sondern was Mensch damit macht. Nicht die Offenbarungen der Religionen sind an sich böse, sondern was die Menschen aus diesen Offenbahrungen machen.

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Das sagt die Bibel

Beitragvon [C]Arrowman » Sa 3. Mär 2007, 14:56

5. Mose 21:
18 Wenn ein Mann einen störrischen und widerspenstigen Sohn hat, der auf die Stimme seines Vaters und auf die Stimme seiner Mutter nicht hört, und sie züchtigen ihn, er aber hört [weiterhin] nicht auf sie,
19 dann sollen sein Vater und seine Mutter ihn ergreifen und ihn hinausführen zu den Ältesten seiner Stadt und zum Tor seines Ortes.
20 Und sie sollen zu den Ältesten seiner Stadt sagen: Dieser unser Sohn ist störrisch und widerspenstig, er hört nicht auf unsere Stimme, er ist ein Schlemmer und Säufer!
21 Dann sollen ihn alle Leute seiner Stadt steinigen, daß er stirbt; so sollst du das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. Und ganz Israel soll es hören und sich fürchten.


[zyn=on]Der Mann hat offensichtlich alles richtig gemacht.[/zyn]

Und wer mient das AT zählt für Christen nicht, dem sei gesagt:
Matthäus 5.17,18

Ihr sollt nicht meinen, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.

Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht.
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Beitragvon molosovsky » Sa 3. Mär 2007, 15:11

@[C]Arrowman:
Spassig wiegesagt, was Du da mit Zitaten machst. Ich hab ja schon gesagt: Monströs empörende oder heikle Stellen finen sich auch im NT.

Aber s/w-Malerei ist erstmal nicht meine Sache. Wenn Brights dieses s/w-Malen bei Gläubigen nicht toll finden, find ichs eher bedenklich, wenn Brights selber s/w-Malerei betreiben. — Im Grunde die Frage, wann Graustufendenken angebracht ist, und in welchen Ausnahmefällen von bestimmten Werten ›absolut‹ nicht abzuweichen ist.

Da eine Sammlung von Wert-Sätzen als formales System betrachtet werden kann, verweise ich hierbei auf Gödel und die andernorts in diesem Thread von mir angesprochenen ›Blinde Fleck‹-Metaphern (war im Zusammenhang mit Betrachtung von Bildrückseiten). — Dieses ›Blinde Fleck‹-Ding behandelt unmittelbar diesen Gegensatz zwischen ›Bekanntem‹ und ›Unbekanntem‹. Da wo der eine Weg (der Brights) sich manchmal meiner Ansicht nach zu sehr auf ›naive Weise‹ diesem ›EXPLIZIERT das Unbekannte‹ verschreibt, faseln mir andererseits Gläube zu schwammig vom ›Feiern der Geheimnisse‹.

Grüße
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 3. Mär 2007, 15:44

Du verstehst leider überhaupt nicht, worauf ich hinaus will und kritisierst am Thema vorbei.

unserem Manifest?


Solche Kommentare könntest du in Zukunft unterlassen.

Ich selber (als Bright und Phantast) kann mit der Aussage, dass es »das Böse tatsächlich in der Welt gibt« durchaus leben.


Echte Christen sind aber keine Fantasten! Das sind Gläubige! Sie glauben das alles wirklich! Die Evangelikalen führen Teufelsaustreibungen aus, weil sie wirklich glauben, dass es im wörtlichen Sinne Dämonen gibt.

diese Sache ist sehr ähnlich der Frage, ob Ego-Shooter zum Dampfablassen da sind, oder eben aus jugendlichen Spielen Killern züchten


Nein, die Frage hat damit überhaupt nichts zu tun. In Punkto Ego-Shooter bin ich auch der Ansicht, dass sie durchaus niemanden zum Killer züchten. Der Unterschied besteht darin, dass niemand behauptet und niemand glaubt, Ego-Shooter wären das einzig wahre Wort des unfehlbaren Gottes. Außerdem enthalten Ego-Shooter keine Aufrufe und Anleitungen zum Töten von Un- und Andersgläubigen, ganz im Gegensatz zu heiligen Büchern.

Du schreibst, dass man die Bibel als Christ durchaus wörtlich nehmen müssen


Müsste - wenn man ein echter Gläubiger sein wollte.

Karidnal Carlo Maria Martini entgegenhalten


1. Ich zweifle nicht an der Existenz moderater Gläubiger. Viele HEUTE existierende "Christen" nehmen die Bibel nicht so wörtlich. Es ist aber auch stark ein deutsches Phänomen. In Polen zum Beispiel sieht die Sache ganz anders aus. Dort gibt es echte Katholiken, welche, wie Kardinal Schönborn, die Evolution ablehnen und dem Kreationismus anhängen. Ich kenne an moderaten Kirchen nur die EKD, die anglikanische Kirche und liberale US-Katholiken, von denen mir der Name nicht einfällt. Wenn du noch an die Abermillionen US-Evangelikale denkst, sehe ich nicht, warum die Moderaten in der Mehrzahl sein sollten, wenn du noch die Moslems dazu nimmst, kannst du die These vergessen.

2. Glauben heißt nicht Wissen. Wer hinterfragt, der glaubt nicht richtig. Also sind die Fundamentalisten näher am echten Glauben dran.

3. Eben gerade laut der historisch-kritischen Methode war das meiste, was in der Bibel steht, wörtlich gemeint. Empfehlung:
http://web4.h6945.serverkompetenz.net/catalog/product_info.php?cPath=67_94&products_id=229&session=true

Alle Christen in einen Topf zu werfen und die Bibel als deren brutales Propagandawerk zu positionieren


Alle ECHTEN Christen. Die Kreuzzugs- und Hexenverbrennungschristen. Nicht jeden, der sich zufällig Christ nennt, aber eigentlich keine Ahnung hat, was das ist.


Das alles muss man natürlich trennen von der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Bibel. Ich sage nicht, dass man sie irgendwie verbieten müsste. Wenn sich nur vernünftige Leute damit beschäftigen und das alles niemand glauben würde, dann wäre das ok. So wie man sich mit nordischen Göttern beschäftigt oder mit griechischen Göttern. So ist es aber nicht.
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Beitragvon molosovsky » Sa 3. Mär 2007, 16:42

@ Der Autor:
Mit dem ›unserem Manifest?‹ wollte ich nicht provozieren. Ich geb zukünftig acht, wie ich meine Ahnungslosigkeit/Nachguckfaulheit raushängen lasse.

Ich bilde mir schon ein, nicht am Thema vorbei zu reden, nur eben mit meiner speziellen Brille eines Phantasten sind für mich z.B. Begriffe wie ›Dämonen‹, ›Neurosen‹ verhältnismäßig austauschbar. Zudem bin ich halt (vielleicht übermäßig) sensibel gegenüber Problemen des Wörtlichnehmens, bzw. der profillosen Relativiererei (zweiteres ist z.B. ein Gefahrengebiet für mich).

Allein schon so ein Halbsatz wie ›die glauben das alles wirklich‹ ist problematisch. ›Glauben‹ denn Brights an gar nichts? Nicht umsonst unterstreichen Brights die Bedeutung des Zweifel für ihr ›Weltbild‹.

Ich teile heftig Deine Sorgen und auch Deinen Unmut mit religiösen Funamentalisten (aber auch weltlichen solchen).

— Was ich aber hier z.B. versucht habe anklingen zu lassen, ist der für mich gewichtige Umstand, dass es ja nicht schlicht heißt: »Gläube kontra Brights«, sondern dass es hüben wie drüben intern miteinander ringende Fraktionen gibt. So lässt sich eben beobachten, dass es z.B. in den christlichen Religionen Hardcore-Leute gibt die s/w-Malerei betreiben, aber eben auch umsichtigere kritische Stimmen, die so manchen Mißstand im eigenen Gebäude ankreiden. Um wiederum auf einen grad von Dir gebrauchen Begriff kritisch einzugehen: Wer legt den fest, was ›echte Gläubige‹ sind. Das ist nicht in allen christlichen (oder anderen religiösen) Kreisen einfach zu bestimmen.

Wenn ich z.B. die Deutungshoheit über ›echten Glauben‹ hätte, würde ich sagen, dass ›echter Glaube‹ sich niemals zu absoluten Urteilen hinreissen lässt (»Only Siths deal with absolutes« — Ben Kenobi in Star Wars E3), und das jeder Gläubige zuvörderst die »Wunderbare Vielfalt von GOttes Schöpfung« (Morgen Freeman in »Robin Hood«) bewundern und respektieren sollte.

Ich hoffe ich nerve nicht, mit meinen flappsigen Popkultur- und Genre-Phantastik-Zitaten.

In Bezug auf die Bibel schneidest Du ja die Problematik des ›Verbietens‹ an. DAS ist allerdings ein heisses Eisen jeder ›freien Gesellschaft‹ (sind wir so frei, wie wir glauben zu sein?), die sich eben der Tugend der freien Meinungsäußerung usw widmen will.

Hier folge ich wiederum Dennett, der sich ja sehr für eine ›neutrale‹ Erforschung von Religion einetzt. Und ich hoffe, dass entsprechende Brights ZUSAMMEN mit Gläuben Wesen und Wirkung der fraglichen heiligen Texte, Traditionen und Kulturen untersuchen. Ähnlich wie Dennett es andenkt, bin ich sehr für eine möglichst breite religiöse/weltbildliche Erziehung von Kindern und Jugendlichen, und halte es für eine große Sauerei, dass man z.B. bei uns in den Volksschulklassen noch sehr einseitig ›indoktriniert‹ wird. (Ich komm von Land — leb aber schon lange in Städten — und bin wegen meines kath. Pfarrerlehrers aus der Kirche ausgetreten. Schon damals waren es Fragen über die Absolutheit der Setzung von ›Gut‹ und ›Böse‹, die mich zu diesem Schritt veranlassten. Und aus den Erzählungen meiner Schwester, was dieser gleiche Pfarrer heute meinen Neffen reinreibt, schöpfe ich für das Kaff meiner Abstammung keine großen Hoffnungen).

Grüße
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 3. Mär 2007, 17:00

mit meiner speziellen Brille eines Phantasten sind für mich z.B. Begriffe wie ›Dämonen‹, ›Neurosen‹ verhältnismäßig austauschbar.


Ist es nicht wichtiger, wie Gläubige die Bibel wahrnehmen, als wie Phantasten die Bibel wahrnehmen?

sensibel gegenüber Problemen des Wörtlichnehmens, bzw. der profillosen Relativiererei


Die Gläubigen aber nicht, die glauben eben. Wenn in der Bibel steht, dass Homosexualität eine Sünde ist, dann glauben die das.

›Glauben‹ denn Brights an gar nichts


Wir glauben nicht an ÜBERNATÜRLICHES, das ist der Unterschied.

hüben wie drüben intern miteinander ringende Fraktionen gibt


Das bezweifle ich nicht.

Tendenziell sehnen sich religiöse Menschen nach einem simplen Weltbild und daher ist die Gefahr des Fundamentalismus groß und die Chancen des moderaten Glaubens klein. Andernfalls bräuchten sie den Glauben doch gar nicht, schließlich ist es nicht vernünftig, an heilige Texte zu glauben. Dann könnten sie ja gleich Humanisten werden.

Only Siths deal with absolutes


Die Sith sind ja auch religiösen Fanatikern ähnlich.

Und ich hoffe, dass entsprechende Brights ZUSAMMEN mit Gläuben Wesen und Wirkung der fraglichen heiligen Texte, Traditionen und Kulturen untersuchen


Das kannst du wirklich völlig vergessen. Da besteht keinerlei Interesse bei Theologen und anderen Gläubigen, ihre Texte kritisch zu untersuchen. Sie versuchen vielmehr, zu retten, was zu retten ist.
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Beitragvon molosovsky » Sa 3. Mär 2007, 17:17

@Der Autor:
Deine Erwiderungen werfen viele interessante Frangen auf, und deuten auf brenzlige Probleme. Das find ich toll.

Natürlich ist es wichtiger sic zu fragen, wie Gläubige ihre heiligen Texte auffassen. In dieser Beziehung ist GOtt für mich als Nichtgläubiger auch sehr real; nicht als tatsächliche Wesenheit, sondern eben als phantastische ›Entität‹. Für einen richtig Gläubigen (der ja auch ab und an seinen GOtt/Glauben ›ver‹-zweifeln mag) ist GOtt real. Da komm auch ich nicht drum rum. Also: als IDEE ist GOtt real. Messen kann man ihn allerdins (noch) nicht (siehe Bildrückseiten und Explikationsbemühungen).

Du (Der Autor) schriebest:
sehnen sich religiöse Menschen nach einem simplen Weltbild und daher ist die Gefahr des Fundamentalismus groß und die Chancen des moderaten Glaubens klein.

Gegen einfache, narrative und mit Metaphern aufgeladene Weltbilder hab ich erstmal nichts einzuwenden. — Und ohne eine zu deutliche Gemeinsamkeit und Ähnlichkeit zu unterstellen, kann ich sagen, dass ich ganz ähnliche Eindrücke über ›heissen‹ und ›kalten Glauben‹ von Debatten unter Genre-Phantasten kenne. Ist »Star Wars« Science Fiction oder Science Fantasy oder Fantasy? Auch hier rede ich gegen alle zu nominalistischen, positivistischen, konzentrisch-hierarchischen Auffassungen von eben z.B. Genre-Begriffen an!

Die Sith sind ja auch religiösen Fanatikern ähnlich.

Genau, die sind böse, fundamentalistische Elitaristen. So wie die Jedis wohl gemässigte, demokratische Gläubige darstellen sollen.

Was die gemeinsamen Bemühungen heilige Texte und religiöse Kulturen sozusagen ›memetechnisch‹ zu untersuchen betrifft, will ich die Hoffnung nicht so schnell aufgeben. Auch wenn viele Zeichen der Zeit mich als einen blauäugen Narren dastehen lassen mögen.

Ich ›glaube‹ nun mal heftig an die Kraft der menschlichen Vernunft und des offenen Dialogs.

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