Ehrlich währt am längsten?

Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon stine » Sa 18. Jul 2009, 09:53

Ist Ehrlichkeit eigentlich noch eine positive Eigenschaft?

Inzwischen gibt es beispielsweise Bewerbertrainings, wo ganz offen vermittelt wird, dass man sich im Anschreiben gerne etwas über seine Fähigkeiten präsentieren darf, denn schließlich wären die Anforderungen auch entsprechend hochgeschraubt. Wenn dann nur eine oder zwei Übereinstimmungen treffend sind, hätte man schon gewonnen.
Bei vielen Pöstchen wird sogar im Lebenslauf oder im Zeugnis gelogen und der Tenor der Einsteller ist: Wenn er die Aufgabe meistert, was interessieren uns dann die Zeugnisse noch?
Es ist zB auch üblich, sich seine Zeugnisse auf dem Arbeitsmarkt selbst zu schreiben oder ein Besseres vor Gericht zu erstreiten. Das fängt in der Schule schon an, wo Eltern permanent den Lehrern im Nacken sitzen, gibts schon mal die bessere mündliche Note fürs Kind.

Gleiches gilt fürs Steuer zahlen. Vier Leute als Fahrgemeinschaft und jeder setzt für sich die Fahrkilometer als ganzes ab, usw. usf. .Paradebeispiel Werbung, wer hier nicht lügt ist selber schuld. Viele wissen, was sie von den Versprechungen zu halten haben, aber trotzdem tut man so, als wäre es wahr.

Und erst die Politiker! Es ist doch ganz offensichtlich, dass der Wähler immer wieder öffentlich belogen wird. Lügen scheinen gesellschaftsfähig geworden zu sein und wer bei der Wahrheit bleibt, ist selber schuld.

Dumm, wer nicht lügt?
Ist Ehrlichkeit noch ein Wert?

LG stine
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon Julia » Sa 18. Jul 2009, 10:28

Ich sehe nicht, dass das jemals besser gewesen ist, also ich sehe keinen gesamtgesellschaftlichen Trend hin zu mehr Unehrlichkeit.

Ich lüge sehr ungern, vor allem weil ich es überhaupt nicht kann*, die Leute durchschauen mich immer, wenn ich versuche etwas zu verbergen und sei es nur so etwas harmloses wie eine Überaschungsfeier.
Meine Klassenkameraden haben mich damals augelacht, als ich zu meiner Lehrerin gegangen bin, weil ich der Meinung war, dass meine Mathenote im Zeugnis besser war als sie sein sollte (ich hatte natürlich Recht, im Gegensatz zur Mathelehrerin konnte ich runden). ;)
Und in diesem Fall hat die Ehrlichkeit auch am Längsten gewährt, weil meine Tat bei der Lehrkraft einen sehr positiven Eindruck hinterlassen hat, der mir später dann Zugute kam.

Ich glaube das liegt hier auch irgendwie in der Familie. Wenn meine Mutter etwas verkaufen soll, weist sie als erstes auf alle Mängel hin, die eventuell vorhanden sind, die dem Kunden aber nie im Leben auffallen würden. Darüber schüttel sogar ich manchmal den Kopf.

Also für mich ist Ehrlichkeit eine wichtige Charaktereigenschaft, es zählt zu dem "geistige Reife"-Komplex auf den ich bei Freunden Wert lege.

lg Julia

* http://www.3sat.de/nano/news/83839/
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 18. Jul 2009, 10:34

Naja, ich bin der Überzeugung, dass sich Ehrlichkeit in der Regel nicht(!) auszahlt. In der Regel lebe ich aber entgegen meiner Überzeugung, denn ich will mich noch im Spiegel ansehen können. Wäre ich regelmäßig unehrlich, wäre es vielleicht ein dicker goldrandverzierter Bleikristallglasspiegel, so ist es nur einer, der wohl seit den 50er-Jahren hier an der Wand "pappt".

Aber der "Drang" z.B. in Bewerbungen aufzuhübschen ist nicht neu, ebensowenig aber anders geartet in Zeugnissen. Ein fauler Mitarbeiter darf nicht faul genannt werden, ein fauler Schüler wird auch eher nicht faul genannt.

stine hat geschrieben:Dumm, wer nicht lügt?
Ist Ehrlichkeit noch ein Wert?
Ehrlichkeit ist noch ein Wert, aber im täglichen Leben legen wenige Wert auf den Wert, jedenfalls nicht bei sich selber. Dumm? Hmm irgendwie schon. Wenn ich mir z.B. mein Autobesitzerleben so überlege? Meine verursachten Dullen in anderen Autos habe ich bezahlt, aber die Verwellblechung meiner Autos durch andere auch (bis auf ein Totalschaden bei welchem dem Verursacher die Fahrerflucht dann doch nichts genützt hat).

Auch Frauen wollen täglich belogen werden *sorry* :mg:
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon russellsteapot » Sa 18. Jul 2009, 16:38

Hmmm - meine Erfahrung, gerade bei Bewerbungsgesprächen bisher war, dass Zeugnisse nicht so eine übergeordnete Rolle spielen - ich hab sowieso eine sehr direkte Art und sag unverblümt was ich mir denke. Wenn jemand damit nicht zurechtkommt wär ich in dem Job sowieso falsch bzw. fehl am Platze. Auch sonst bin ich so gut wie immer auf der korrekten Seite und werde böse/aggressiv wenn man mich aufs Haxl legen will :boxen: Auf lange Sicht ist wahrscheinlich die direkte, ehrliche, offene Art besser auch wenn man sich nicht überall Liebkind macht - ohne Reibungen und Konflikte wär's eh total langweilig. Leute die auf Schmus, Schleimerei und Blendwerk stehn können mir gestohlen bleiben bzw. jederzeit eins in die Pappn haben...
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon stine » Sa 18. Jul 2009, 18:20

russellsteapot hat geschrieben: Wenn jemand damit nicht zurechtkommt wär ich in dem Job sowieso falsch bzw. fehl am Platze.
Das ist die richtige Einstellung! Ich denke auch, wenn ich mich verstellen und mich selbst belügen muss, um etwas zu erreichen, dann bin ich das nicht wirklich und würde spätestens dann, wenn ich mich beweisen sollte kläglich versagen.
Man sollte, wo man hinwollte auch hinpassen!
Ärgerlich wäre nur, wenn jemand der nicht passte mir durch seine Unaufrichtigkeit die Chance nähme.

Das "Aufhübschen", wie 1v6,5Mrd das nennt, ist noch nie so offensichtlich gewesen, wie zur Zeit. Eine Bewerbung muss in Zeiten schwindender Arbeitsplätze so hervorstechen, dass sie erstmal über den Wegwerfstapel hinaus, auf den Stapel der hinterher wirklich gelesenen Bewerbungen landet. Das kann den einfachsten Charakter zum Dichter werden lassen. (Allerdings werden manchmal auch nur Dichter gebraucht!)

Julia hat geschrieben:die Leute durchschauen mich immer, wenn ich versuche etwas zu verbergen und sei es nur so etwas harmloses wie eine Überaschungsfeier.
Mich auch! :blush2:
Bin auch ein schlechter Geheimniskrämer. Bei mir geht das soweit, dass ich nicht einmal "Nein" sagen kann, ohne zu denken, dass ich dies begründen müsste. Und wenn mir dann nichts einfällt, dann tu ich doch wieder (und ärgere mich über mich selbst).

LG stine
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon pinkwoolf » So 19. Jul 2009, 01:56

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Ein fauler Mitarbeiter darf nicht faul genannt werden, ein fauler Schüler wird auch eher nicht faul genannt.

Das würde ich weniger als unehrlich bezeichnen denn als höfliche Umgangsform. Wer die Spielregeln nicht kennt, ist natürlich gekniffen. Das ist in jedem Spiel so.

Eine Bewerbung aufzuhübschen würde mir persönlich außerordentlich schwer fallen - zum Glück muss ich mich nirgends mehr bewerben: Gnade der frühen Geburt - aber wenn alle anderen das tun, käme der Verzicht auf die Aufhübschung bei manchen Karrieren dem Harakiri gleich.

Ob die von mir bevorzugten bescheidenen Karrieren - z.B. das Lehramt - davon betroffen sind, vermag ich letztendlich nicht zu sagen. Ich fürchte, mehr als ich mir eingestehe.

Mit Julia stimme ich jedoch überein, dass die Selbstbeweihräucherung schon seit jeher ein Trumpf gewesen ist. Einen moralischen Niedergang kann ich daher nicht feststellen.
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 19. Jul 2009, 10:18

pinkwoolf hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Ein fauler Mitarbeiter darf nicht faul genannt werden, ein fauler Schüler wird auch eher nicht faul genannt.

Das würde ich weniger als unehrlich bezeichnen denn als höfliche Umgangsform. Wer die Spielregeln nicht kennt, ist natürlich gekniffen. Das ist in jedem Spiel so.
Es ging mir nicht um die höfliche Vermeidung des eher negativ besetzten Wortes "faul" sondern um die komplette Vermeidung der wahrheitsgemäßen(!) Erwähnung dieses Tatbestandes.
Entweder wird dies komplett unterschlagen, wobei dann schon die Nichterwähnung des persönlichen Fleißes u.U. durch den Leser als absolute Faulheit - oft auch fälschlich - "herausgelesen" wird oder wird gar ersetzt durch eine absolut euphemistische Falschaussage.
Und wie du richtig sagst, wer dieses verlogene Spiel nicht kennt ist verloren. Eine Berufung auf "Spielregeln" ist aber genaus verlogen, denn die Spielregeln bedeuten nun mal eine Verfälschung der normalen Sprache.
Mit dem Argument "Spielregeln" könntest du ja fast jeden (anderen) Betrug auch legalisieren. Die Spielregeln der Internetabzocker (wie hausaufgaben.de) kann man ja auch kennen. Selbst ohne Kenntnis ist es mit 0,3 Gramm Hirn eigentlich durchschaubar gewesen OHNE jegliche vorherige Kenntnisse der "Spielregeln". War und ist aber verboten. Also warum soll solche Schummelei bei Zeugnissen bitte gut sein, wenn man die Regeln explizit kennen muss, sie sind ohne Erklärung auch nur mit Verstand nicht erfassbar, man muss es mal "erlebt" haben, also schon Mitspieler sein.
Aber so ist es eben im menschlichen Leben (ich schließe mich da nicht aus), die eigenen Betrügereien werden nicht gesehen oder als normal betrachtet.
Das nette daran ist, gewerbsmäßige Betrüger (egal ob jetzt "legal" als jemand der einem unnötige (teure) Verträge aufschwatzt und tatsächlich illegale Gewohnheitsbetrüger) zeigen genau dieses Verhalten auch, das eigene ungute Verhalten wird relativiert oder sogar als "normal" hingestellt. ("Wer seine Versicherung nicht betrügt ist ja blöd" u.ä.)


stine hat geschrieben:Das "Aufhübschen", wie 1v6,5Mrd das nennt, ist noch nie so offensichtlich gewesen, wie zur Zeit. Eine Bewerbung muss in Zeiten schwindender Arbeitsplätze so hervorstechen, dass sie erstmal über den Wegwerfstapel hinaus, auf den Stapel der hinterher wirklich gelesenen Bewerbungen landet.

Zugegeben, ich habe da keine Erfahrung, weder von der einen, noch von der anderen Seite. Ich weiß nur, dass vor 20 Jahren bereits "gelehrt" wurde, dass man bei Bewerbungen (leicht übertrieben ausgedrückt) lügen soll bis die Balken knacken, solange man es nicht nachweisen kann (auch vom Arbeitsamt aus!)
Es mag aber sein, dass heute dies noch ausgeprägter ist, weil ja (nicht - vorab - nachweisbare) "Soft Skills" immer wichtiger werden bzw. breiteren Raum einnehmen.

stine hat geschrieben:
Julia hat geschrieben:die Leute durchschauen mich immer, wenn ich versuche etwas zu verbergen und sei es nur so etwas harmloses wie eine Überaschungsfeier.
Mich auch! :blush2:
Mich nicht. :applaus:
Denn selbst der Versuch gehört eigentlich nicht zu meinem Repertoire :mg: bei einer Überraschungsfeier würde ich möglicherweise wohl auch versagen, kommt aber immer auf die Tagesform drauf an und ob ich mich auch (darauf) freuen würde.
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon stine » So 19. Jul 2009, 12:54

Dann war Ehrlichkeit nie ein Wert an sich?
Ich habe diesen Thread eröffnet weil anderswo vom Wertewandel oder gar Werteverfall die Rede war. Für mich war Ehrlichkeit als solches immer ein Wert den ich selber lebe und den ich auch bei anderen stets so selbstverständlich vorrausgesetzt habe, dass ich jedesmal aufs Neue in ein tiefes Loch gefallen bin, wenn sich wieder mal herausstellte, dass ich vorsätzlich angelogen wurde.

Wenn also Ehrlichkeit nur familienintern (und da vielleicht auch nicht immer) Geltung hat und gesellschaftlich gesehen Ehrlichkeit in veränderbaren Spielregeln gelebt wird, dann wäre Ehrlichkeit kein allgemein üblicher Wert an sich. Dann aber müssten diese Spielregeln allen bekannt sein und nicht einer zufälligen Erfahrung zugrunde liegen, damit die Ausgangssituation dieselbe ist:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Und wie du richtig sagst, wer dieses verlogene Spiel nicht kennt ist verloren.


Höflichkeit als Hut der Ehrlichkeit, der immer dann aufgesetzt wird, wenn das Ehrliche zu ehrlich ist?
Klar kann ich nicht jedem schonungslos die Meinung sagen, aber höflichst umschreiben darf ich dann doch. Wenn aber Höflichkeit zur Unehrlichkeit überspitzt, dann ist sie mE bloße Satire.

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Auch Frauen wollen täglich belogen werden *sorry* :mg:
Weil sie welche Wahrheit nicht ertragen? =)

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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon Nanna » So 19. Jul 2009, 14:44

stine hat geschrieben:Dann war Ehrlichkeit nie ein Wert an sich?


Du erinnerst dich daran, was ich über die Existenz von "Werten an sich" gesagt habe? ;-)

Vielleicht sinkt und steigt die Wertschätzung von Ehrlichkeit von Zeit zu Zeit, aber ich glaube, dass die Einstellung der Menschen, was Ehrlichkeit betrifft, sich über die Jahrtausende nicht grundlegend gewandelt hat. Auch in antiken Schriften wird Ehrlichkeit/Aufrichtigkeit als Eigenschaft eines tugendhaften Menschen beschrieben.

Ich versuche das auch zu leben, wobei ich durchaus auch die Fähigkeit zu lügen habe. Bei einer Überraschungsfeier fiele mir das auch gar nicht schwer, problematisch wird es für mich, wenn ich das Lügen nicht als legitim empfinde, was in den meisten Fällen der Fall ist. Ehrlichkeit favorisiere ich schon alleine deswegen, weil man seinem Gegenüber zeigt, dass man es für voll nimmt, gerade, wenn man eine Meinung äußert, die von der derjenigen Person abweicht. Außerdem bin ich einfach ein Freund von Kooperation, weil ich der Meinung bin, dass wir damit alle besser wegkommen und da gehört Ehrlichkeit nunmal zu den Grundbedingungen des Erfolgs.
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 19. Jul 2009, 16:22

stine hat geschrieben:Dann war Ehrlichkeit nie ein Wert an sich?
Ich habe diesen Thread eröffnet weil anderswo vom Wertewandel oder gar Werteverfall die Rede war.
Ach der Werteverfall. Der wurde auch schon Gepredigt als wir Kinder bzw. Jugendliche waren.
Natürlich verändern sich Werte im Lauf der Zeit, aber möglicherweise verändert sich noch viel mehr die Sicht auf die Werte eines einzelnen Menschen im Laufe seines Älterwerdens.
Wenn auch mich schon als Jugendlicher diverse Unehrlichkeiten bei meinen Freunden erstaunt, erschreckt und sogar irgendwie geschockt haben.
Ich glaube man hat heute (in deinem Alter :mg: ) einfach mehr Überblick und Einblick in die Unehrlichkeit. Sowohl im Verlauf der Jahre wie auch in einem Momentanen Überblick.
Als Schüler z.B. habe ich schulbezüglich selten groß Lügen "müssen", nicht weil ich so gut war (nein gar nicht), sondern weil ich meine Sicht der Gründe für Verweise, Sechser und Sitzenbleiben habe erzählen können. Und in jugendlicher Unvernunft und Leichtigkeit bin ich davon ausgegangen, bei anderen sieht es ähnlich aus. Später (noch in der Schulzeit) habe ich gemerkt es ist nicht so, mich hat es aber nicht groß gekümmert, es war mir eher egal, bis dass ich aus subjektiver Sicht meine Freunde bedauert habe, die ihre Eltern so belügen "müssen". Heute sehe ich die ehemaligen Mitschüler, Freunde, Kameraden als Eltern und ihre Kinder, ich sehe sie haben sich nicht groß geändert und ihre Kinder sind meist ähnlich. (Und gerade die, die als Kind/Jugendlicher viel gelogen haben, glauben ihren Götterkindern erstaunlich viel Unsinn.)
Soll bedeuten, ich weiß nicht, ob sich da wirklich viel geändert hat, durch die Informationsgesellschaft und dem Verlauf der Jahre bekommt man nur mehr mit.
stine hat geschrieben:Höflichkeit als Hut der Ehrlichkeit, der immer dann aufgesetzt wird, wenn das Ehrliche zu ehrlich ist?
Es gibt nur wenige Gelegenheiten, wo ich Höflichkeit oder Mitgefühl als Begründung einer Lüge gelten lassen würde.
stine hat geschrieben:Klar kann ich nicht jedem schonungslos die Meinung sagen, aber höflichst umschreiben darf ich dann doch. Wenn aber Höflichkeit zur Unehrlichkeit überspitzt, dann ist sie mE bloße Satire.
Ja
stine hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Auch Frauen wollen täglich belogen werden *sorry* :mg:
Weil sie welche Wahrheit nicht ertragen? =)
Ich glaube sie würden es schon ertragen, aber Mann würde ihre Reaktion schwer ertragen. :gott: Nenne es Lüge aus Höflichkeit oder aus Selbstschutz, möglicherweise sogar aus Zuneigung. Ob es richtig ist, ist eine andere Sache :ka:
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon Mark » So 19. Jul 2009, 18:39

Frauen die ihre Männer im Tonfall einer vermummten Feuersirene nach deren Meinung bzw Urteil in ästhetischen Fragen ihre Frau betreffend ausquetschen, und dann tatsächlich eine objektive und/oder ehrliche Antwort erwarten, leben in der absoluten Mehrheit der Fälle besser mit einer Lüge. Und Frauen die sich der Umstände wohl bewußt sind aber trotzdem ihre Männer fragen um ihnen auf die Eier zu gehen, wollen ja sowieso belogen werden, weil das auf-die-Eier-gehen mehr Spaß macht, wenn man dafür keine Gegenschläge kassiert. Die Männer sind hier in einer Friedensmission authorisiert zur Notlüge.
:mg:
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon Arathas » Mo 20. Jul 2009, 08:28

Ich find Lügen an sich total spannend und interessant - kommt nur drauf an, wie und wo. Es ist ja nichts anderes als Geschichtenerzählen, und eine gute Lüge erfordert vieles: Völlige Kontrolle der eigenen Gestik und Mimik, die an die erfundene Geschichte und gewünschte zur Schau gestellte Stimmung angepasst sein muss. Man braucht meist eine durchdachte Geschichte, die so gut sein muss, dass man selbst dran glauben kann und sie somit glaubhaft rüberbringt, und noch dazu sollte sie so strukturiert sein, dass man nicht selbst über die gesponnenen Fäden stolpert und sich auch am nächsten Tag möglichst nicht in Ungereimtheiten verstrickt.

Ich finde nicht, dass Lügen deshalb was Schlechtes wären: Sie fördern Kreativität, narratives Denken und bestimmt noch eine Menge anderer Prozesse. Außerdem bin ich ziemlich gut darin, das hab ich als Kind rausgefunden. Oder musste gut drin sein, bei soviel Scheiß, wie ich gemacht hab. Hatte da auch ein paar Begegnungen mit den lieben Ordnungshütern, die, nachdem sie mit mir gesprochen hatten, in mir wohl den ehrenhaftesten und tugendhaftesten Jugendlichen der Welt gesehen haben - obwohl ich natürlich schuldig war wie nochmal was. :mg:

Drum lüg ich gern - aber nur bei den richtigen Leuten. Das sind alle Leute, die ich entweder nicht leiden kann oder die mir völlig egal sind, oder die es nicht anders verdient haben. Das umfasst Eltern, die Polizei, Lehrer, heutzutage meinen Chef und natürlich den Großteil der Menschen dieser Welt. Aber: Meine Freunde und meine Freundin lüge ich nicht an, hab ich noch nie angelogen und werd's auch nie tun. Bei denen (selbst bei meiner Freundin) praktizier ich das Gegenteil: Entwaffnende Ehrlichkeit. Wenn meine Freundin mich so typische Sachen fragen würde, auf die Frauen für gewöhnlich eine Lüge erwarten, bekommt sie von mir nur, was ich wirklich denke. Da sie das genau weiß, fragt sie so'n Scheiß nicht. :mg:
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon stine » Mo 20. Jul 2009, 11:03

Arathas hat geschrieben:...und noch dazu sollte sie so strukturiert sein, dass man nicht selbst über die gesponnenen Fäden stolpert und sich auch am nächsten Tag möglichst nicht in Ungereimtheiten verstrickt.
Erinnert mich an das Sprichwort: "Die Lüge muss man pflegen, die Wahrheit läuft von selbst!"
Wer jetzt auf Religionen rückschließt ist selber schuld. :mg:

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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 20. Jul 2009, 16:15

stine hat geschrieben:Wer jetzt auf Religionen rückschließt ist selber schuld.
Außer dir macht hier doch keiner solche Narreteien, oder? :kg:
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Re: Ehrlich währt am längsten?

Beitragvon stine » Mo 20. Jul 2009, 18:04

Passt irgendwie auch zum Thema Ehrlichkeit: Fr. Schickedanz und Arcandor.
Dummerweise gehört wieder einmal alles dem gütergetrenntem Ehegatten.

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