von Nanna » So 26. Jul 2009, 12:46
stine, das ist nicht nur einfachste Theorie, sondern ZU einfache Theorie.
Du unterstellst, dass jede Geldanlage automatisch den übelsten Spekulanten zukommt. Dabei gibt es jede Menge Möglichkeiten, sein Geld vernünftig und ethisch anzulegen und es ist nichts verwerfliches dabei, wenn man dann von den Früchten dieser Anlagen lebt. Dein Beitrag klingt, als sei das moderne Finanzsystem per se für die aktuelle Schieflage verantwortlich, aber das ist falsch. Wir brauchen ein funktionierendes Finanzsystem, sonst wird es fast unmöglich, noch Investitionen zu tätigen. Investitionen sind aber erstmal nötig, um neue realwirtschaftliche Werte zu schaffen. Das können auch Solaranlagen oder Produkte aus heimischen Hölzern sein. Es wird dadurch auch nicht, wie du behauptest, dem Kreislauf entzogen, denn es liegt ja nicht auf der Bank, auch wenn man so sagt. Stattdessen wird es an jemanden verliehen, der damit in der Realwirtschaft handelt, genau wie du verlangst.
Ich halte wirklich nichts von solch reduktionistischen Aussagen. Die Finanzkrise ist hauptsächlich dadurch entstanden, weil es keine ausreichenden Überwachungsmechanismen gab, die die Überhitzung des Systems rechtzeitig vorhersagen hätten können.
Klar stellt der Meister wieder ein, wenn er Aufträge bekommt und ich begrüße auch durchaus deinen Appell für Qualitätseinkäufe. Nur ist andersherum die Angst der Verbraucher ja nicht unbegründet. Die Menschen sind zu recht sauer auf die Politik, die es versäumt hat, entsprechende Überwachungsmechanismen zu etablieren und haben Angst, in ein System zu investieren, von dem sie nicht wissen, ob es sie morgen noch oder wieder überhaupt als Arbeitskräfte braucht. Hinzu kommt, dass in Deutschland neben der hohen Arbeitslosigkeit eine starke Verlagerung hin zu Teilzeit- und Niedriglohnbeschäftigungen führt. Dieser andere Großtrend führt dazu, dass auch die beschäftigten Leute neben ihrer Angst auch ganz real oft kein Geld haben, das sie ausgeben könnten. Zudem ist die deutsche Wirtschaft extrem exportorientiert, worauf die inländischen Verbraucher nun wirklich keinen Einfluss haben.
Kurz gesagt ist das alles nicht so einfach und ein bloßer Verbraucherappell allein hilft nicht viel. Was zerstört wurde ist eine Menge Vertrauen aller Beteiligten in das aktuelle Finanzsystem, was man ja auch an deiner Aussage ablesen kann. Hier muss an den richtigen Stellen nachgebessert werden, idealerweise könnte man den "günstigen" Augenblick auch nutzen, um eine größere Reform des Zinssystems anzustreben, das in seinem derzeitigen Design für den Zwang zum permanenten Wachstum des Kapitalismus mitverantwortlich ist und damit einer der Motoren der weltweiten Ressourcenvernichtung darstellt.
Damit auch zur Frage, ob sich das politische System ändern wird: Ich würde sagen, dass man das derzeit noch gar nicht absehen kann. Vor allem hängt es davon ab, wie stark die Krise noch wird. Je schneller sie abflaut, desto geringer die Veränderungen und umgekehrt. Was die Parteien angeht, gehe ich davon aus, dass die SPD es nicht mehr ewig machen wird, zumindest nicht als große Volkspartei, aber das hat weniger mit der Krise zu tun...