Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise

Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise

Beitragvon Phadia » Sa 25. Jul 2009, 17:25

Hallo!
Die Finanzkrise ist ja in aller Munde...man kanns schon bald nicht mehr hören. Was meint ihr, hat die Krise langfrstige Auswirkungen auf unser politisches System? Ändern sich die Aufgaben des Staates? Und wie siehts eigentlich mit den Parteien aus? Die stecken ja mitten im Wahlkampf. Wie verändert die Krise der Parteien bzw. tut sie es überhaupt?
Gruß Phadia
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Re: Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise

Beitragvon stine » So 26. Jul 2009, 11:43

Die einzigen die die Wirtschaftskrise beheben können, sind die Verbraucher und Konsumenten.
Wer sein Einkommen aus Geldanlagen bezieht und nicht aus der Realwirtschaft (Herstellen und Vertreiben von Gütern und Dienstleistungen= Arbeit), unterstützt den virtuellen Finanzmarkt der im wesentlichen dafür verantwortlich ist, dass Spekulationen in schwindelerregenden Höhen getätigt und damit Rohstoffe unbezahlbar werden und Kleinbetriebe mangels notwendiger Finanzierungshilfen daran zugrunde gehen.
Geld ist eine Zwischenhandelsware und kann uns nur nützen, wenn es auch als Handelsgut eingesetzt wird.
Wer es hortet und dem Kreislauf nachhaltig entzieht ist für das Malheur verantwortlich. Also streng genommen müsste das heißen: Leute gebt euer Geld aus und kurbelt die Wirtschaft an, bevor ihr es auf der "hohen Kante" den Finanzhaien zum Spekulieren zur Verfügung stellt.
Und wertet, was ihr euch dafür leistet! Verdient der Schreiner ums Eck oder der Möbelgroßhändler mit Waren aus Billiglohnländern?
Beschäftige ich einen Maler oder pinsle ich mit OBI-Bllligramsch selber?
usw usf.

Ich weiß natürlich selbst, dass das nur einfachste Theorie ist, aber bei konsequenter Auftragserteilung stellt der Meister auch wieder ein!

LG stine
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Re: Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise

Beitragvon Nanna » So 26. Jul 2009, 12:46

stine, das ist nicht nur einfachste Theorie, sondern ZU einfache Theorie.

Du unterstellst, dass jede Geldanlage automatisch den übelsten Spekulanten zukommt. Dabei gibt es jede Menge Möglichkeiten, sein Geld vernünftig und ethisch anzulegen und es ist nichts verwerfliches dabei, wenn man dann von den Früchten dieser Anlagen lebt. Dein Beitrag klingt, als sei das moderne Finanzsystem per se für die aktuelle Schieflage verantwortlich, aber das ist falsch. Wir brauchen ein funktionierendes Finanzsystem, sonst wird es fast unmöglich, noch Investitionen zu tätigen. Investitionen sind aber erstmal nötig, um neue realwirtschaftliche Werte zu schaffen. Das können auch Solaranlagen oder Produkte aus heimischen Hölzern sein. Es wird dadurch auch nicht, wie du behauptest, dem Kreislauf entzogen, denn es liegt ja nicht auf der Bank, auch wenn man so sagt. Stattdessen wird es an jemanden verliehen, der damit in der Realwirtschaft handelt, genau wie du verlangst.
Ich halte wirklich nichts von solch reduktionistischen Aussagen. Die Finanzkrise ist hauptsächlich dadurch entstanden, weil es keine ausreichenden Überwachungsmechanismen gab, die die Überhitzung des Systems rechtzeitig vorhersagen hätten können.

Klar stellt der Meister wieder ein, wenn er Aufträge bekommt und ich begrüße auch durchaus deinen Appell für Qualitätseinkäufe. Nur ist andersherum die Angst der Verbraucher ja nicht unbegründet. Die Menschen sind zu recht sauer auf die Politik, die es versäumt hat, entsprechende Überwachungsmechanismen zu etablieren und haben Angst, in ein System zu investieren, von dem sie nicht wissen, ob es sie morgen noch oder wieder überhaupt als Arbeitskräfte braucht. Hinzu kommt, dass in Deutschland neben der hohen Arbeitslosigkeit eine starke Verlagerung hin zu Teilzeit- und Niedriglohnbeschäftigungen führt. Dieser andere Großtrend führt dazu, dass auch die beschäftigten Leute neben ihrer Angst auch ganz real oft kein Geld haben, das sie ausgeben könnten. Zudem ist die deutsche Wirtschaft extrem exportorientiert, worauf die inländischen Verbraucher nun wirklich keinen Einfluss haben.
Kurz gesagt ist das alles nicht so einfach und ein bloßer Verbraucherappell allein hilft nicht viel. Was zerstört wurde ist eine Menge Vertrauen aller Beteiligten in das aktuelle Finanzsystem, was man ja auch an deiner Aussage ablesen kann. Hier muss an den richtigen Stellen nachgebessert werden, idealerweise könnte man den "günstigen" Augenblick auch nutzen, um eine größere Reform des Zinssystems anzustreben, das in seinem derzeitigen Design für den Zwang zum permanenten Wachstum des Kapitalismus mitverantwortlich ist und damit einer der Motoren der weltweiten Ressourcenvernichtung darstellt.

Damit auch zur Frage, ob sich das politische System ändern wird: Ich würde sagen, dass man das derzeit noch gar nicht absehen kann. Vor allem hängt es davon ab, wie stark die Krise noch wird. Je schneller sie abflaut, desto geringer die Veränderungen und umgekehrt. Was die Parteien angeht, gehe ich davon aus, dass die SPD es nicht mehr ewig machen wird, zumindest nicht als große Volkspartei, aber das hat weniger mit der Krise zu tun...
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Re: Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise

Beitragvon stine » So 26. Jul 2009, 13:20

Nanna hat geschrieben:... als sei das moderne Finanzsystem per se für die aktuelle Schieflage verantwortlich, ...
Ja, das denke ich.
Kleinbetriebe erhalten keine notwendigen Finanzierungshilfen, das ist für die Banken ein unabschätzbares Risiko (?) geworden, stattdessen werden Anteilsscheine mit dubiosen Hintergründen gehandelt, die das Papier nicht wert sind, auf das sie gedruckt wurden, die aber anscheinend besser einzuschätzen sind, weil man sich gegenseitig absichert (?). Längst haben Depositenhändler den Überblick darüber verloren, welcher Wert hinter den gehandelten Papieren wirklich steckt.
Menschen verlieren ihre Arbeit, weil die Unternehmensgewinne, die den Großaktionären geschuldet werden, wichtiger sind, als das Produkt, das sie auf den Markt bringen wollten. Geld ist schon längst kein Zahlungsmittel, kein Tauschmittel mehr, sondern nur noch eine fiktive Größe zur Ermittlung der Macht.

Ich möchte den Kaptalismus nicht verteufeln, aber in der jetzigen Form kann er nicht funktionieren.
Eine Regierung die diesem Treiben keinen Einhalt gebietet, sondern sich im Gegenteil mit neuerfundenen Steuren auch noch an diesem System bereichert, um die so arbeitslosgewordenen breitgefächert unterstützen zu können, ist für mich nicht wählbar.
Eine gute Wirtschaftspolitik muss zulassen, dass neue Ideen gefördert werden, dass sich Arbeit für den einzelnen wieder lohnt und dass die Bürger selbst entscheiden, wofür sie ihren Lohn ausgeben. Mehr Entscheidungsfreiheit für den Einzelnen!

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Re: Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise

Beitragvon Kurt » So 26. Jul 2009, 16:37

stine hat geschrieben:Geld ist eine Zwischenhandelsware und kann uns nur nützen, wenn es auch als Handelsgut eingesetzt wird.
Wer es hortet und dem Kreislauf nachhaltig entzieht ist für das Malheur verantwortlich. Also streng genommen müsste das heißen: Leute gebt euer Geld aus und kurbelt die Wirtschaft an, ...


Sehe ich genauso. Nachdem der Markt von den Zentralbanken aber mit Geld geflutet wird und die Staatsschulden derart ausufern, ist eine Inflation meiner Meinung nach nur noch eine Frage der Zeit und der Höhe. Mein Tipp: Es wird so 2010 losgehen und wir haben mind 5 Jahre Inflationsraten von 3-5%. Damit würde die Realverschuldung der Euroländer gleich mal um ~20% gesenkt, was sehr im Interesse der Regierungen ist. Was werden die Leute tun, die (viel) Geld haben? Natürlich nicht warten, bis es dahinschmilzt, sondern ausgeben oder investieren. Das wird die Nachfrage und die Preissteigerungen zusätzlich anheizen und die Wirtschaft wieder ankurbeln. Und die Börsenkurse steigen lassen. Soweit meine Prognose.
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