Von Arten und Enten

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Beitragvon Twilight » So 16. Aug 2009, 16:47

Das Thema wurde schon auf dem Blog gebracht, aber ein paar Fragen/Diskussionswünsche, für die der Kommentarbereich eigentlich nicht gut genug ist, hätte ich noch.

Kurz gesagt geht es darum, dass viele Enten auch mit Vertretern anderer Arten fruchtbare Nachkommen zeugen können, was die Bestimmung der Artzugehörigkeit nach der gängigsten Definition schwierig macht.

Könnte man nicht das ganze ja-nein-Konzept von gehört-zu-einer-Art-oder-nicht fallen lassen und durch Grauzonen ersetzen? Mir schwebt da so eine prozentuale oder farbliche Darstellung vor, in der gleich erkennbar ist, ab welchem Verwandschaftsgrad noch fruchtbare Nachkommen, sterile Hybriden, oder gar keine Nachkommen gezeugt werden könnten. Das Problem des fruchtbaren Hybriden würde dadurch wegfallen.
Man könnte dann sagen, dass Art A mit Art B zu xx% kompatibel ist.
Die andere Möglichkeit wäre ein zwei- oder dreidimensionales Diagramm, bei der jede Art von einer Art Farbring umgeben ist, welcher zum äußeren Rand hin von grün über gelb nach rot wechselt. Arten die noch vollständig kreuzbar sind, befänden sich im inneren, noch grünen Bereich, während vollständig Inkompatible Arten im roten Bereich wiederzufinden sind.
Durch solche stufenlosen Darstellungen könnte man auf die Frage, ob zwei Individuen zu einer Art gehören, verzichten und stattdessen fragen, wie dicht diese beieinander liegen und so wesentlich genauere Informationen erhalten.

Die zweite Frage kam mir während des Schreibens dieses Texts in den Sinn: Wenn es Arten gibt, die nur sterile Hybriden zeugen können und solche die fortpflanzungsfähige Hybriden zeugen können, müsste es doch auch welche geben, bei denen nur ein Teil der Nachkommen fortpflanzungsfähig sowie solche, bei denen Nachkommen nur bedingt fortpflanzungsfähig ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier eindeutige Abgrenzungen gibt.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon Myron » So 16. Aug 2009, 16:53

Über den Artbegriff wird in der Biologie immer noch gestritten:

http://plato.stanford.edu/entries/species
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon Myron » So 16. Aug 2009, 17:17

————————————
SPECIES CONCEPTS, THEIR DEFINITIONS, AND REFERENCES:

(1) Pattern oriented:

(1.1) Biological:
Groups of interbreeding natural populations that are reproductively isolated form other such groups.
[Dobzhansky 1937; Mayr 1942, 1963]

(1.2) Cohesion (Parts of definition consider both pattern and process of speciation):
The most inclusive group of organisms having the potential for genetic and/or demographic exchangeability.
[Templeton 1989]

(1.3) Phenetic:
A set of organisms that look similar to each other and are distinct from other such sets.
[Sokal and Crovello 1970]

(1.4) Recognition:
A set of populations that share a common fertilization system (specific mate-recognition system).
[Paterson 1985]

(2) Process oriented:

(2.1) Cohesion (Parts of definition consider both pattern and process of speciation):
The most inclusive group of organisms having the potential for genetic and/or demographic exchangeability.
[Templeton 1989]

(2.2) Ecological:
A set of organisms adapted to a single ecological niche, evolving separately from lineages outside its range.
[van Valen 1976]

(2.3) Evolutionary:
A single lineage (an ancestral-descendent sequence of populations) evolving separately from others and with unique evolutionary tendencies and its own historical fate.
[Simpson 1961; Wiley 1978]

(2.4) Phylogenetic:
The smallest diagnosable cluster of individual organisms within which there is a parental pattern of ancestry and descent.
[Cracraft 1983, 1989]

————————————

(Ptacek, Margaret B., and Shala J. Hankison. "The Pattern and Process of Speciation." In Evolution: The First Four Billion Years, edited by Michael Ruse and Joseph Travis, 177-207. Cambridge, MA: Harvard University Press, 2009. p. 180)
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon Zappa » So 16. Aug 2009, 18:20

Wie Myron durch seine Zitate verdeutlichte, ist die Definition des Artbegriffes durchaus nicht trivial und diskussionswürdig. Die in der Schule gelernte Version von "können gemeinsam Nachkommen erzeugen" trifft es jedenfalls nicht immer (sonst wäre ja der Begriff Hybride auch überflüssig).

Natürlich kann man da jetzt eine fuzzy logic einbauen, nur verwässert das evtl. eher als das es hilft. Das Problem ist meiner Meinung nach vor allem, dass unsere biologische Umwelt natürlich ein System im Fluss ist. Insofern ist jede Ist-Analyse nicht geeignet ein solch dynamisches System komplett zu beschreiben.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon smalonius » So 16. Aug 2009, 20:56

Darwin hat mal ein ganzes Buch darüber geschrieben, wie die Arten entstehen.

Den Artbegriff selbst jedoch hat er in ein paar Sätzen abgehandelt, als eine Gruppe von Individuen mit gewissen Gemeinsamkeiten.

Sehr viel schlauer sind wir heute auch nicht. Es gibt besseres zu tun, als sich lange um den Artbegriff zu streiten.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon Myron » So 16. Aug 2009, 21:10

smalonius hat geschrieben:Sehr viel schlauer sind wir heute auch nicht. Es gibt besseres zu tun, als sich lange um den Artbegriff zu streiten.


Ein dermaßen zentraler wissenschaftlicher Begriff darf nicht unbestimmt und damit unverstanden bleiben.
Es kann allerdings gut sein, dass den Evolutionsbiologen letztlich nichts anderes übrig bleibt, als mit mehreren, unterschiedlichen Bedeutungen zu operieren, wobei jede einzelne möglichst präzise definiert sein muss.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon Twilight » Mo 17. Aug 2009, 18:18

Ich sehe schon, Der Artbegriff ist ein wenig komplexer, als ich dachte. Allerdings:

Vielleicht kann man auf die Punkte 1.2 und 2.1 verzichten. Ich glaube, das demographische Potential zum genetischen Austausch ist nicht wirklich wichtig für den Artbegriff. Das betrifft schon eher Rassen. Über die Ähnlichkeit (1.3) könnte man sich streiten.
Das Paarungspartnererkennungssystem halte ich auch für fragwürdig. Durch frühkindliche Prägung lässt sich zumindest bei Vögeln und vielen Säugetieren einiges über den Haufen werfen, wobei ich nicht weiß, inwieweit das bei Insekten möglich ist. Die Trennung nach ökologischer Nische (2.2) ist meines Verständnisses nach dasselbe, wie die demographische Kohäsion. Wenn von zwei Populationen einer Art (nach der genetischen Kompatibilitätsdefinition) eine Äpfel und die andere Birnen bevorzugt und beide sich auf ihre Nische spezialisieren, dann bleiben sie mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft getrennt. Aber es wären eben erst einmal nur verschiedene Rassen.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Aug 2009, 19:26

smalonius hat geschrieben:Darwin hat mal ein ganzes Buch darüber geschrieben, wie die Arten entstehen.

kannst Du mir bitte die Seite in diesem Buch nennen, auf der steht, wie sich Darwin die Entstehung von Arten vorstellte?
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon smalonius » Mo 17. Aug 2009, 21:54

Myron hat geschrieben:Ein dermaßen zentraler wissenschaftlicher Begriff darf nicht unbestimmt und damit unverstanden bleiben.

Aus einer Definition alleine erwächst noch kein Wissen und kein Verständnis. Da braucht es noch Aussagen, die diese Definition verwenden. Siehe die klassische Kette von Definition, Satz, Beweis.

Welche Sätze kann man anhand des Artbegriffs aufstellen? Mir fällt da nichts ein. :ka: (Ausnahmen folgen.)

Auf dem Artbegriff 'rumzureiten ist in etwa so sinnvoll, wie sich um die Namen von Farben zu streiten. Farbnamen sind nützlich, um sich überhaupt an Hand eines gemeinsamen Vokabulars unterhalten zu können; sie sind nützlich, um mit rot, grün und blau die Empfindlichkeitsbereiche der Sehzellen zu bennen. Im Vergleich zu einer Frequenzangabe oder zu einem Spektrum sind sie jedoch relativ unnütz.

Das Analogon zu einem Spektrum für die Farbbestimmung ist in der Biologie ein sequenziertes Genom. Daraus lassen sich Verwandschaftsverhältnisse und Stammbäume ableiten - das wäre ein genaues Maß um ein Individuum einer Art zuzurechnen oder es auszuschließen.

Noch zwei Dinge:

1) Folgenden Link habe ich schon mal gepostet, in jenen Tagen als dieses Forum vom Mersch-Virus infiziert war. Weil der Link so gut hier hereinpasst und so hübsch anzusehen ist, hier noch einmal. Die Frage ist, was wird aus dem Artbegriff, wenn man seitlichen Gentransfer mit ins Bild aufnimmt?
http://blogs.discovermagazine.com/loom/ ... e-of-life/

2) Oben wurden einige Artbegriffe vorgestellt. Einige davon schließen dummerweise genau die artenreichsten Bereiche des Lebens aus: und zwar die Einzeller und die Phagen.


Ausnahmen

Daß der Artbegriff zentral ist für die Taxonomie, muß ich nicht erwähnen. Darüberhinaus spielt er in Naturschutz und -politik ein Rolle.

Ein vielzitiertes Beispiel ist der Rotwolf, der vom Aussterben bedroht war. In den USA hat man sich angestrengt, um ihn vor diesem Schicksal zu retten. Jedoch wurde auch behauptet der Rotwolf sei gar keine eigene Art. Hätte sich diese Sicht durchgesetzt, so wäre der "Rotwolf" im Südenosten der USA inzwischen wahrscheinlich ausgestorben.

Canis rufus - red wolf

Red wolves have been blamed for depredations on livestock and game. As a result, humans, mainly ranchers, farmers, and government trappers, steadily eliminated populations of red wolves. In 1967, red wolves were listed as endangered and the U.S. Fish and Wildlife Service engaged in a salvage effort to protect remaining populations. Fourteen remaining red wolves were placed in a captive-breeding facility; they have become the founders of the present red wolf population. Currently, 200+ red wolves exist, and reintroductions are occurring in a few areas, including North Carolina and the Great Smoky Mountains.

There has been some controversy regarding the validity of Canis rufus as a species. It is possibly a naturally occuring hybrid of coyotes and grey wolves, though debate on this issue continues (Nowak, 1995, Wayne, 1995).

http://animaldiversity.ummz.umich.edu/s ... rufus.html



Eine andere Ausnahme geht so: Frederik Cohen fordert eine Erweiterung des Artnamens. E.coli kann harmlos sein; E. coli kann dich umbringen. Deshalb sagt Cohen, man müßte den Artnamen um einen ecovar-Teil ergänzen, von "ecological variant". Sowas kann zum Beispiel in der Medizin durchaus von Bedeutung sein.

El Schwalmo hat geschrieben:kannst Du mir bitte die Seite in diesem Buch nennen, auf der steht, wie sich Darwin die Entstehung von Arten vorstellte?

Das steht doch schon auf der Frontseite: The Origin of Species by Means of Natural Selection. :^^:

Noch ein schönes, bekanntes Darwin-Zitat:

It is really laughable to see what different ideas are prominent in various naturalists' minds, when they speak of ‘species’; in some, resemblance is everything and descent of little weight — in some, resemblance seems to go for nothing, and Creation the reigning idea — in some, sterility an unfailing test, with others it is not worth a farthing. It all comes, I believe, from trying to define the indefinable.

http://plato.stanford.edu/entries/species/


Twilight mit seiner prozentualen Zugehörigkeit und Zappa mit seiner Fuzzy-Logic, die lagen schon richtig. Der Artbegriff ist nützlich, aber auch schwammig und an den Rändern willkürlich. Viel interessanter ist die Frage, wie man von Individuum X zu Individuum Y gelangt, und wie man von "Kohorte" A zu "Kohorte" B gelangt, um mal ein anderes, weniger verbrauchtes Wort zu verwenden.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Aug 2009, 21:58

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:kannst Du mir bitte die Seite in diesem Buch nennen, auf der steht, wie sich Darwin die Entstehung von Arten vorstellte?

Das steht doch schon auf der Frontseite: The Origin of Species by Means of Natural Selection.

ich fragte Dich aber, wo das in dem Buch steht.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon smalonius » Mo 17. Aug 2009, 22:29

Zu meiner Schande muß ich gestehen, nur The Voyage of the Beagle und The Descent of Man gelesen zu haben. :ops:

Bereits in der "Reise der Beagle" bereitet Darwin den Grundgedanken vor. (Der vielleicht auch erst in späteren Auflagen hinzugefügt wurde.) Umweltveränderungen und Teilung von Lebensräumen führen dazu, daß Arten sich trennen.

Wenn mir sehr, sehr langweilig wird, suche ich die Stellen sogar heraus. Aber sicher erst, nachdem du dich inhaltlich an diesem Thread beteiligt hast. Bild

Im Übrigen weiß ich nicht, worauf du hinauswillst.

Willst du uns sagen, daß Darwin nichts von Genetik wußte? Dann hast du Recht.
Willst du uns sagen, daß die Vorstellung von "descent with modification" zusammen mit "natural selection" nicht reicht, um das Prinzip der Artentstehung zu begreifen? Dann liegst du falsch.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Aug 2009, 23:06

smalonius hat geschrieben:Im Übrigen weiß ich nicht, worauf du hinauswillst.

dass es sehr merkwürdig ist, dass jemand, der streng genommen keinen Artbegriff hat, ein Buch mit einem derartigen Titel schreibt. Dass in dem Buch praktisch nichts darüber steht, wie neue Arten entstehen, ist schon etlichen Menschen aufgefallen.

Ich weiß auch nicht, ob es Sinn macht, hier im Forum eine Frage klären zu wollen, die erstklassige Fachleute sehr kontrovers diskutieren.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Aug 2009, 23:13

smalonius hat geschrieben:Bereits in der "Reise der Beagle" bereitet Darwin den Grundgedanken vor. (Der vielleicht auch erst in späteren Auflagen hinzugefügt wurde.) Umweltveränderungen und Teilung von Lebensräumen führen dazu, daß Arten sich trennen.

wenn ich richtig informiert bin, fehlt genau dieser Schritt bei Darwin. Angeblich hat Wagner zeitnah diesen Gedanken entwickelt, Ernst Mayr meinte aber, der Erste gewesen zu sein, der auf der Basis von Darwins Gedanken mit seiner allopatrischen Speziation dessen Werk vollendet hat.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon smalonius » Mo 17. Aug 2009, 23:50

El Schwalmo hat geschrieben:...dass es sehr merkwürdig ist, dass jemand, der streng genommen keinen Artbegriff hat, ein Buch mit einem derartigen Titel schreibt.

Fehlender Artbegriff? Das war nicht aus Not, sondern aus Tugend. Darwins Artbegriff lautet: eine Gruppe von Individuen mit gewissen gemeinsamen, vererbten Merkmalen, die wir zu unserer Bequemlichkeit mit einem Namen versehen.

El Schwalmo hat geschrieben:Ich weiß auch nicht, ob es Sinn macht, hier im Forum eine Frage klären zu wollen, die erstklassige Fachleute sehr kontrovers diskutieren.

Whatever floats your boat.

El Schwalmo hat geschrieben:wenn ich richtig informiert bin, fehlt genau dieser Schritt bei Darwin.

Du hast also weder Die Reise der Beagle noch Die Entstehung der Arten gelesen? :pfeif:

Mal sehen, vielleicht finde ich was dazu.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon folgsam » Di 18. Aug 2009, 00:44

Man könnte biologisch auch begründet auf den Artbegriff ganz verzichten, es gibt soweit ich weiß keine zwingenden Gründe an einem festzuhalten.

Es ist aber natürlich so, dass die Aufteilung in Arten in den allermeisten Fällen äusserst praktisch ist und schon deswegen nicht aufgegeben wird.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon El Schwalmo » Di 18. Aug 2009, 06:20

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:...dass es sehr merkwürdig ist, dass jemand, der streng genommen keinen Artbegriff hat, ein Buch mit einem derartigen Titel schreibt.

Fehlender Artbegriff? Das war nicht aus Not, sondern aus Tugend. Darwins Artbegriff lautet: eine Gruppe von Individuen mit gewissen gemeinsamen, vererbten Merkmalen, die wir zu unserer Bequemlichkeit mit einem Namen versehen.

hmmm, ich würde dazu 'jemand, der streng genommen keinen Artbegriff hat' sagen.

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Ich weiß auch nicht, ob es Sinn macht, hier im Forum eine Frage klären zu wollen, die erstklassige Fachleute sehr kontrovers diskutieren.

Whatever floats your boat.

Deins scheint schon auf dem Grund zu sein.

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:wenn ich richtig informiert bin, fehlt genau dieser Schritt bei Darwin.

Du hast also weder Die Reise der Beagle noch Die Entstehung der Arten gelesen? :pfeif:

Mal sehen, vielleicht finde ich was dazu.

Mach mal. Ich habe auch andere Arbeiten gelesen, beispielsweise

Mayr, E. (1967) 'Artbegriff und Evolution' Berlin; Hamburg, Parey

Willmann, R. (1985) 'Die Art in Raum und Zeit' Berlin; Hamburg, Parey

Mahner, M. (1993) 'What Is a Species? A Contribution to the Never-Ending Species Debate in Biology' Z. allg. Wissensch. theorie 24:103-126

Reif, W.-E. (2005) 'Problematic issues of cladistics: 7. Theseus' ship and the temporal demarcation of species' N. Jb. Geol. Paläont. Abh. 235:19-49


Wir können nun gegenseitig beliebig viele Zitate posten, oder gleich feststellen, dass wir uns an eine Frage machen, die in der Fachwelt auf einem Niveau diskutiert wird, das wir hier kaum halten können.

Nach Darwin müsste es eigentlich ein Formenkontinuum geben (was in gewissem Umfang, beispielsweise Clines, sogar der Fall ist). Man findet aber in vielen Fällen so etwas wie stabile Formen ('Arten'). Warum das der Fall ist, hat Darwin meines Wissens nicht hinreichend erklärt. Darwin hat zwar auf der einen Seite durch die Einführung des Populationsdenkens Neuland erschlossen (obwohl er, wenn Mayr Recht hat, sehr oft typologisch dachte), auf der anderen Seite diesen Befund hinreichend behandelt.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon smalonius » Di 18. Aug 2009, 18:41

El Schwalmo hat geschrieben:Deins scheint schon auf dem Grund zu sein.

Ja, ich liebe dich auch. Bild

El Schwalmo hat geschrieben:wenn ich richtig informiert bin, fehlt genau dieser Schritt bei Darwin. Angeblich hat Wagner zeitnah diesen Gedanken entwickelt, Ernst Mayr meinte aber, der Erste gewesen zu sein, der auf der Basis von Darwins Gedanken mit seiner allopatrischen Speziation dessen Werk vollendet hat.

Dann hat Mayr entweder Darwin nicht gelesen, oder er hat ihn nicht verstanden, oder er ist ein Aufschneider.

Aus der Entstehung der Arten:

Chapter IV Natural Selection

We shall best understand the probable course of natural selection by taking the case of a country undergoing some physical change, for instance, of climate...
...

If the country were open on its borders, new forms would certainly immigrate, and this also would seriously disturb the relations of some of the former inhabitants. Let it be remembered how powerful the influence of a single introduced tree or mammal has been shown to be.

But in the case of an island, or of a country partly surrounded by barriers, into which new and better adapted forms could not freely enter, we should then have places in the economy of nature which would assuredly be better filled up, if some of the original inhabitants were in some manner modified...


... Or, again, the wolves inhabiting a mountainous district, and those frequenting the lowlands, would naturally be forced to hunt different prey; and from the continued preservation of the individuals best fitted for the two sites, two varieties might slowly be formed. ... I may add, that, according to Mr. Pierce, there are two varieties of the wolf inhabiting the Catskill Mountains in the United States, one with a light greyhound-like form, which pursues deer, and the other more bulky, with shorter legs, which more frequently attacks the shepherd's flocks.
...

Isolation, also, is an important element in the process of natural selection. In a confined or isolated area, if not very large, the organic and inorganic conditions of life will generally be in a great degree uniform; so that natural selection will tend to modify all the individuals of a varying species throughout the area in the same manner in relation to the same conditions.



El Schwalmo hat geschrieben:Wir können ... gleich feststellen, dass wir uns an eine Frage machen, die in der Fachwelt auf einem Niveau diskutiert wird, das wir hier kaum halten können.

Naja, einen modernen Artbegriff im Sinne von genetischer Distanz habe ich oben schon vorgestellt. Daraus ergibt sich dann wie von selbst, daß sich Arten mit zu großem genetischem Abstand nicht mehr kreuzen. Was genau gefällt dir daran nicht?

Was die Fachwelt angeht, die verzapft auch gelegentlich Unsinn. Zum Beispiel Ernst Mayr. Im Spektrum wurde er kürzlich als der "deutsche Ornithologe" betitelt. :mg:

Ernst Mayr, a German ornithologist, boldly declared that species were not convenient labels but real entities, like mountains or people. In 1942 he defined a species as a gene pool, calling it a set of populations that can reproduce with one another and that are unable to mate successfully with other populations.

The biological species concept, as it is now called, became the textbook standard.

http://carlzimmer.com/articles/2008.php ... =&ucat=11&


Noch ein Kommentar zur Fachwelt. Vor ein paar Jahren ging die Meldung durch die Medien, man habe einen leuchtenden Teppich von Lebewesen im Meer entdeckt. Es hieß, die Biologen würden über das neue und unbekannte Phänomen staunen. Dummerweise hat Darwin das selbe Phänomen schon in seiner Reise der Beagle beschrieben. :pfeif: Tja, soviel zur Fachwelt.


El Schwalmo hat geschrieben:Nach Darwin müsste es eigentlich ein Formenkontinuum geben (was in gewissem Umfang, beispielsweise Clines, sogar der Fall ist). Man findet aber in vielen Fällen so etwas wie stabile Formen ('Arten'). Warum das der Fall ist, hat Darwin meines Wissens nicht hinreichend erklärt.

In moderner Sprache würde man sagen, stabile Formen haben ein lokales Maximum der Fitness-Funktion erreicht. Solange sich die Umwelt nicht ändert, gibt es keinen Selektionsdruck.
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon El Schwalmo » Di 18. Aug 2009, 20:12

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Deins scheint schon auf dem Grund zu sein.

Ja, ich liebe dich auch. Bild

steht eigentlich der Sack Reis in China noch?

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:wenn ich richtig informiert bin, fehlt genau dieser Schritt bei Darwin. Angeblich hat Wagner zeitnah diesen Gedanken entwickelt, Ernst Mayr meinte aber, der Erste gewesen zu sein, der auf der Basis von Darwins Gedanken mit seiner allopatrischen Speziation dessen Werk vollendet hat.

Dann hat Mayr entweder Darwin nicht gelesen, oder er hat ihn nicht verstanden, oder er ist ein Aufschneider.

Die wahrscheinlichste Alternative ist, dass Du Null Schnallung von dem hast, was Du gerade schreibst.

smalonius hat geschrieben:Aus der Entstehung der Arten:

Chapter IV Natural Selection

We shall best understand the probable course of natural selection by taking the case of a country undergoing some physical change, for instance, of climate...
...

If the country were open on its borders, new forms would certainly immigrate, and this also would seriously disturb the relations of some of the former inhabitants. Let it be remembered how powerful the influence of a single introduced tree or mammal has been shown to be.

But in the case of an island, or of a country partly surrounded by barriers, into which new and better adapted forms could not freely enter, we should then have places in the economy of nature which would assuredly be better filled up, if some of the original inhabitants were in some manner modified...


... Or, again, the wolves inhabiting a mountainous district, and those frequenting the lowlands, would naturally be forced to hunt different prey; and from the continued preservation of the individuals best fitted for the two sites, two varieties might slowly be formed. ... I may add, that, according to Mr. Pierce, there are two varieties of the wolf inhabiting the Catskill Mountains in the United States, one with a light greyhound-like form, which pursues deer, and the other more bulky, with shorter legs, which more frequently attacks the shepherd's flocks.
...

Isolation, also, is an important element in the process of natural selection. In a confined or isolated area, if not very large, the organic and inorganic conditions of life will generally be in a great degree uniform; so that natural selection will tend to modify all the individuals of a varying species throughout the area in the same manner in relation to the same conditions.

Kleiner Tipp: wo steht dort etwas über Artentstehung? Du scheinst den Unterschied zwischen Adaptatiogenese und Cladogenese nicht zu kennen. Darwins Buch ist randvoll mit Ersterem, und entgegen dem Titel findest Du nichts zum Letzteren.

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Wir können ... gleich feststellen, dass wir uns an eine Frage machen, die in der Fachwelt auf einem Niveau diskutiert wird, das wir hier kaum halten können.

Naja, einen modernen Artbegriff im Sinne von genetischer Distanz habe ich oben schon vorgestellt. Daraus ergibt sich dann wie von selbst, daß sich Arten mit zu großem genetischem Abstand nicht mehr kreuzen. Was genau gefällt dir daran nicht?

Dass fehlt, wie es zu diesem Unterschied kommt. Im Prinzip formulierst Du gerade auch eine Tautologie, im Sinne von 'Der Bessere möge gewinnen!'.

smalonius hat geschrieben:Was die Fachwelt angeht, die verzapft auch gelegentlich Unsinn. Zum Beispiel Ernst Mayr. Im Spektrum wurde er kürzlich als der "deutsche Ornithologe" betitelt. :mg:

Ernst Mayr, a German ornithologist, boldly declared that species were not convenient labels but real entities, like mountains or people. In 1942 he defined a species as a gene pool, calling it a set of populations that can reproduce with one another and that are unable to mate successfully with other populations.

The biological species concept, as it is now called, became the textbook standard.

http://carlzimmer.com/articles/2008.php ... =&ucat=11&

Falls Dich Leben und Werk Mayrs interessieren, kann ich Dir

Haffer, Jürgen (2007) 'Ornithology, Evolution, and Philosophy. The Life and Science of Ernst Mayr 1904-2005' , Berlin; Heidelberg; New York; Tokyo, Springer


empfehlen. Vielleicht merkst Du dann, dass Deine Diktion weit hinter Deiner Kompetenz herhinkt.

smalonius hat geschrieben:Noch ein Kommentar zur Fachwelt. Vor ein paar Jahren ging die Meldung durch die Medien, man habe einen leuchtenden Teppich von Lebewesen im Meer entdeckt. Es hieß, die Biologen würden über das neue und unbekannte Phänomen staunen. Dummerweise hat Darwin das selbe Phänomen schon in seiner Reise der Beagle beschrieben. :pfeif: Tja, soviel zur Fachwelt.

Glücklicherweise gibt es ja Privatmänner wie Dich.

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Nach Darwin müsste es eigentlich ein Formenkontinuum geben (was in gewissem Umfang, beispielsweise Clines, sogar der Fall ist). Man findet aber in vielen Fällen so etwas wie stabile Formen ('Arten'). Warum das der Fall ist, hat Darwin meines Wissens nicht hinreichend erklärt.

In moderner Sprache würde man sagen, stabile Formen haben ein lokales Maximum der Fitness-Funktion erreicht. Solange sich die Umwelt nicht ändert, gibt es keinen Selektionsdruck.

Hast Du eigentlich die Frage verstanden?
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon smalonius » Di 18. Aug 2009, 21:06

El Schwalmo hat geschrieben:Die wahrscheinlichste Alternative ist, dass Du Null Schnallung von dem hast, was Du gerade schreibst.

Bitte, gerne, danke, sonstnochwas?
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Re: Von Arten und Enten

Beitragvon El Schwalmo » Di 18. Aug 2009, 21:22

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Die wahrscheinlichste Alternative ist, dass Du Null Schnallung von dem hast, was Du gerade schreibst.

Bitte, gerne, danke, sonstnochwas?

dass Du Dich informierst, bevor Du die Backen aufbläst?
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