Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Mi 10. Dez 2008, 17:52

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Nein, ich sehe keine Flut der Bessergebildeten, ich sehe nur, dass dasjenige was früher eine bessere Bildung war, vereinfacht wurde, damit es möglichst viele schaffen.
Das ist doch ganz genau der Punkt!
Wenn Politiker nach Bildung für Jedermann schreien, dann können sie doch nur meinen, dass das Niveau gesenkt werden muß.
Auf der anderen Seite bleiben die Begabteren auf der Strecke.
Wer der großen Masse die Arbeit und das Auskommen nicht zu sichern imstande ist, der muß wenigstens so tun, als würde die "bessere" Bildung das Auskommen langfristig sichern. Das tut es aber nicht.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Wenn du mal ins Privatfernsehen reinzappst und dort in irgendwelche "Talkshows", dann weißt du durchaus wo die Bildung nicht liegt.
Früher würde niemand Zeit gehabt haben sich so was anzuschauen, denn da wäre man zu dieser Tageszeit in der Arbeit gewesen. Und wenn es nur Bürobote gewesen wäre oder Küchenhilfe. Das eigene Einkommen, die sozialen Kontakte und die Müdigkeit am Abend hätten verhindert, dass man überhaupt Talkshow anschauen müßte.
Viele haben sich dann wenigstens im Arbeitsumfeld weitergebildet. Das geht vor der Klotze sicher nicht mehr.
Verstehst du, wie ich das meine?

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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon pinkwoolf » Mi 10. Dez 2008, 19:06

stine hat geschrieben:Wenn Politiker nach Bildung für Jedermann schreien, dann können sie doch nur meinen, dass das Niveau gesenkt werden muß.
Das kann gemeint sein, muss aber nicht. Es ist so gemeint, wenn man die Kinder im Auge hat, die nicht die allerhöchsten Ansprüche schaffen, deren Qualitäten aber doch für viele Ansprüche genügen, wenn man sie denn entsprechend fördert und fordert. Mit der Rückkehr zum 5%-Gymnasium der 60er Jahre würden wir uns international lächerlich machen und wären auch nicht wettbewerbsfähig.
stine hat geschrieben:Auf der anderen Seite bleiben die Begabteren auf der Strecke.
Das trifft, meine ich, vor allem auf die Begabten zu, die mit ADS geschlagen sind. Die anderen picken sich schon die Perlen heraus; viele sind auch außerhalb der Schule noch ständig auf Futtersuche.
stine hat geschrieben:Wer der großen Masse die Arbeit und das Auskommen nicht zu sichern imstande ist, der muß wenigstens so tun, als würde die "bessere" Bildung das Auskommen langfristig sichern.

Die verfügbare Anzahl von Jobs für gering Qualifizierte ist im ständigen Abnehmen. Vor gut hundert Jahren konnten noch Heerscharen von Leuten, die gerade eben des Schreibens kundig waren, ihr Brot mit dem Abschreiben von Dokumenten verdienen. Aus. Da muss man halt auch für die Masse Höheres anstreben, selbst wenn diese sich nicht selten sträubt.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Do 11. Dez 2008, 08:45

pinkwoolf hat geschrieben:Die verfügbare Anzahl von Jobs für gering Qualifizierte ist im ständigen Abnehmen.
Weil alles auf "künstliche" Energie aufgebaut ist.
Ich möchte sicher nicht zurück in die Steinzeit, aber man sollte sich schon mal überlegen, ob wir nicht inzwischen die Sklaven unserer eigenen Erfindungen geworden sind. Ich sehe die Welt der Bildung inzwischen als ebenso inflationäre, abstrakte Luftblase, wie den virtuellen Finanzmarkt. Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist auch, dass in anderen Ländern solche handwerklichen und wenig bildungsintensiven Jobs noch zu haben sind und dass unsere Unternehmer gerade deswegen die Arbeitsplätze dorthin verlagern.

Die Schere machen wir selber auf, indem wir Anforderungen stellen, die nicht jeder erfüllen kann und will. Es werden diejenigen auf der Strecke bleiben, die sich dem höher, schneller, weiter nicht fügen wollen. Wer das Überleben von unablässig gesteigerten Wirtschaftswachstum, das nur auf Konsum von bedarfsgeweckten Gütern und virtuellen Geldmarktströmen aufbaut, abhängig macht, ist verantwortlich dafür, dass es langfristig eine Subgesellschaft geben wird, die sich selbst nicht mehr ernähren kann.
Der soziale Frieden wird erheblich gestört werden.

Ich persönlich frage mich sowieso schon ziemlich lange warum für Technik und Urlaub, für Schönheit und Fittness, Geld ohne Ende ausgegeben wird, am Schweinebraten und an den Eiern wird dann aber gespart - da staunt man dann plötzlich über jeden Skandal - wer billig kauft hat eben einen anderen Preis zu zahlen.
Das "Lebensnotwendige" sollte wieder mehr im Mittelpunkt stehen.

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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon Kurt » Do 11. Dez 2008, 21:43

stine hat geschrieben:Ich persönlich frage mich sowieso schon ziemlich lange warum für Technik und Urlaub, für Schönheit und Fittness, Geld ohne Ende ausgegeben wird, am Schweinebraten und an den Eiern wird dann aber gespart


Anders gesehen: Das Lebensnotwendige ist heute so billig geworden, dass bei den meisten Leuten noch viel Geld für Luxus übrigbleibt.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon ganimed » Fr 12. Dez 2008, 02:25

Ich muss hier beim Lesen daran denken, dass man gerade den Deutschen ja oft vorwirft, eine ausgeprägte Meckermentalität zu haben.

Wenn es uns angeblich schlecht geht, weil alle Arbeitsplätze in andere Länder wandern, dann meckert Stine. Wenn es uns (wohlgemerkt gleichzeitig) zu gut geht, so dass wir gar nicht mehr gezwungen sind, nur Eier und Schweinebraten zu kaufen, sondern NOCH mehr kaufen können, dann meckert Stine. Wenn der Tag lang ist, dann meckert der Deutsche eben viel.

Mir scheinen die Argumente teilweise widersprüchlich. Entweder es geht uns zu gut oder zu schlecht. Beides geht nicht, jedenfalls nicht in einem Atemzug.

Diese einfachen gesellschaftspolitischen Bestandsaufnahmen hier im Forum aus dem Ärmel geschüttelt müssen, so mein Eindruck, ganz einfach immer scheitern. Man müsste das 10 Jahre wissenschaftliche bearbeiten, um sich ein halbwegs fundierte Meinung bilden zu können. Und die wäre so ambivalent, kompliziert und differenziert, dass sie dann kein anderer mehr richtig versteht.

Mein Tipp deshalb: lieber ein anderes, verbindlicheres Thema wählen. Das Meckern sein lassen und sich einfach mal darüber freuern, dass es uns Deutschen in fast jeder Hinsicht besser geht als vor 20 oder 40 Jahren. Positiv denken, Leute!
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Fr 12. Dez 2008, 08:23

Da magst du schon in vielem recht haben, lieber ganimed.
Stine meckert viel, wenn der Tag lang ist :^^: und eine Langzeitstudie habe ich leider auch nur im Kopf und nicht auf Papier :/

Es geht in Deutschland allen so gut, dass noch niemand hungern und frieren muß, aber wenn wir jetzt nicht erkennen, dass wir langfristig umdenken müssen, dann wird das bald anders sein.
Und eine (Zeiten)Wende beginnt immer beim kleinsten Glied in der Kette.
Das Verbraucherverhalten bestimmt den Weg in die Zukunft. Es regelt sich leider alles nur noch über das Konsumverhalten.
Deshalb bin ich auch so hartnäckig!

Kurt hat geschrieben:Mein Tipp deshalb: lieber ein anderes, verbindlicheres Thema wählen. Das Meckern sein lassen und sich einfach mal darüber freuern, dass es uns Deutschen in fast jeder Hinsicht besser geht als vor 20 oder 40 Jahren. Positiv denken, Leute!
Würde ich nicht positiv denken, hätte ich mich längst aufgehängt. Ich habe viel mit Menschen zu tun, die sich an Weihnachten kein e-book kaufen können und die sich längst mit Rotwein und Hartz4 eingerichtet haben. Du kannst mir glauben, dass einige von denen heute besser dastünden, wenn sie wenigstens irgendwo noch einen Platz zum Breznwickeln gefunden hätten. Viele wären schon mit Straßenkehren zufrieden, aber dazu braucht es heute auch einen Maschinenkundigen, der höherqualifiziert mit dem Laubbläser umgehen kann.

Kurt hat geschrieben:Das Lebensnotwendige ist heute so billig geworden, dass bei den meisten Leuten noch viel Geld für Luxus übrigbleibt.
Der Preis muß immer bezahlt werden. Wenn wir ihn nicht zahlen, dann zahlt ihn (indirekt) wer, oder etwas, anderes. Wer oder was das sein könnte, das darfst du dir aussuchen.

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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Fr 12. Dez 2008, 11:43

ganimed hat geschrieben:Mein Tipp deshalb: lieber ein anderes, verbindlicheres Thema wählen. Das Meckern sein lassen und sich einfach mal darüber freuern, dass es uns Deutschen in fast jeder Hinsicht besser geht als vor 20 oder 40 Jahren. Positiv denken, Leute!

Mir ging es nur darum, den Schrei nach "Bildung" als politisches Ablenkungsmanöver vom eigentlichen Problem, zu entlarven.
Es ist auch nicht klar, was mit dem Pauschalsatz "Bildungschancen in Deuschland verbessern" gemeint ist.

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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon pinkwoolf » Fr 12. Dez 2008, 21:08

stine hat geschrieben:Würde ich nicht positiv denken, hätte ich mich längst aufgehängt.

Darf man das als Christ/in?

Jetzt magst du einwenden, dass man als Christ/in immer positiv denkt.

Auch die Evangelikalen?

Du magst es verfluchen; aber diese Herrschaften tun ihr Möglichstest, das Christentum im allgemeinen Bewusstsein mit prähistorischen Denkmustern gleichzusetzen, die nicht nur nicht positiv, sondern schlichtweg destruktiv einzuschätzen sind.

Und auch das Großmaul Gottes, der gebenedeite Deutsche, müht sich nach Kräften, in seiner Glaubensgemeinschaft Wertschätzungen zu zementieren, für die das Wort "Zement" ein Höchstmaß an Flexibilität ausdrückt.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 12. Dez 2008, 22:14

pinkwoolf hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Würde ich nicht positiv denken, hätte ich mich längst aufgehängt.

Darf man das als Christ/in?
Ja (IIRC). Aber es gibt christliche Religionsgemeinschaften, die haben sowas zur "Sünde" erklärt.
Folge war, dass die Selbstmord-ist-erlaubt-Sekten kleiner wurden (Selbstdezimierung) und die Selbstmord-ist-böse-Sekten groß wurden.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Sa 13. Dez 2008, 20:48

pinkwoolf hat geschrieben:Du magst es verfluchen; aber diese Herrschaften tun ihr Möglichstest, das Christentum im allgemeinen Bewusstsein mit prähistorischen Denkmustern gleichzusetzen, die nicht nur nicht positiv, sondern schlichtweg destruktiv einzuschätzen sind.
Leider ist die Definition "Christ" inzwischen sehr schwammig und wegen der vielen, vielen Splittergruppen individuell ganz unterschiedlich zu bewerten.
Vielleicht sollte man den Begriff jetzt schützen lassen?
Christ ist nur noch, wo Christ draufsteht? =)

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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon genie84 » Mo 15. Dez 2008, 11:45

stine hat geschrieben:
pinkwoolf hat geschrieben:Du magst es verfluchen; aber diese Herrschaften tun ihr Möglichstest, das Christentum im allgemeinen Bewusstsein mit prähistorischen Denkmustern gleichzusetzen, die nicht nur nicht positiv, sondern schlichtweg destruktiv einzuschätzen sind.
Leider ist die Definition "Christ" inzwischen sehr schwammig und wegen der vielen, vielen Splittergruppen individuell ganz unterschiedlich zu bewerten.
Vielleicht sollte man den Begriff jetzt schützen lassen?
Christ ist nur noch, wo Christ draufsteht? =)

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:mg: Christ ist nur noch wo Christ draufsteht find ich super!
Nein, aber ehrlich - es gibt heutezutage so viele Splittergruppen, dass die Definition schön langsam wirklich kompliziert wird. Das stelle ich auch immer wieder fest.

Zum Thema Bildung möchte ich sagen, dass es ein sehr umfassendes und kompliziertes Thema ist. Allerdings bin ich prinzipiell schon der Meinung dass Bildung einem viele Türen öffnet - durch gehen muss jeder allerdings selber und das ist auch der Grund wieso viele Leute trotz höherer Bildung in ihrer "Kaste" hängen bleiben.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon folgsam » Mi 17. Dez 2008, 01:54

Als kleinsten gemeinsamen Nenner des Christentums kann man vielleicht sagen:

Wer an den Martertod und leibliche Auferstehung Jesu Christi glaubt, ist Christ. Alles andere ist Verhandlungssache, das aber eher nicht.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon genie84 » Sa 20. Dez 2008, 10:52

folgsam hat geschrieben:Als kleinsten gemeinsamen Nenner des Christentums kann man vielleicht sagen:

Wer an den Martertod und leibliche Auferstehung Jesu Christi glaubt, ist Christ. Alles andere ist Verhandlungssache, das aber eher nicht.


Also so streng würde ich das nicht sehen! Aber diese Diskussion würde glaub ich diesen Thread sprengen :-)
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Wie können ALLE raus aus der Armut ?

Beitragvon Gegen_Herrschaft » Mi 27. Mai 2009, 10:33

stine hat geschrieben:Das Stichwort heißt: "erben"!
Es wird einfach alles vererbt: Armut, Reichtum, Geschicklichkeit, Bildung, Einzug in bestimmte Kreise, Rangordnungen und Vorstandsstühle.
Wer heute noch glaubt, dass die vielzitierte (Über)Bildung und ein besseres PISA-Ergebnis der Schlüssel zum Erfolg sind, ist schief gewickelt. Dies alles ist nur politisch vorgeschoben, leutselig nachgeplappert, um nicht zugeben zu müssen, dass niemand eine sich ständig vergrößernde Spanne zwischen arm und reich wirklich verhindern kann.

Wenn die "Armen" mal wieder "wirklich" arm sind, wird es einen Bürgeraufstand geben und der soziale Frieden so gestört werden, dass die Reichen gerne für ihren Frieden etwas abgeben. Noch sind die "Armen" aber satt und friedlich, weil sie mit der Vision, Bildung für alle bringe die Lösung, leben dürfen. Politisch gesehen ist es aber gar nicht erwünscht, dass alle "reich" sind, das wäre nämlich der totale Stillstand.

LG stine


Anstatt von "Erben" würde ich von Informationsstrom und Geldstrom sprechen, der manchen in großem Ausmaß zufließt und den meisten nicht. Dieser Strom hängt nicht nur vom Einzelnen ab, sondern wesentlich von seinem Umfeld, wo der Strom herkommt. Was nutzt eine große Regentonne, wenn es nicht regnet?

Indem diejenigen, die an der Quelle der Informationen und Geldes sitzen, diesen Strom lenken können, die anderen aber kaum, bewirken sie die Aufstiegs- und Abstiegsmechanismen.

Wenn man das Thema nicht nur aus Sicht des Egoismus des Einzelnen betrachtet, sondern aus Sicht aller, dann ist man beim Allgemeinwohl. Die Frage lautet dann : Wie können ALLE raus aus der Armut ?

Die Antwort : Geldfairteilung.

Allgemein : Machtfairteilung.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Mi 18. Nov 2009, 08:45

xander1 hat geschrieben: Abrackern für eine bessere Zukunft und zunächst nichts bekommen und in der Armut leben.

Vielleicht sollten wir diesen Thread wieder neu aufrollen?

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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon Nanna » Mi 18. Nov 2009, 22:53

ganimed hat geschrieben:Diese einfachen gesellschaftspolitischen Bestandsaufnahmen hier im Forum aus dem Ärmel geschüttelt müssen, so mein Eindruck, ganz einfach immer scheitern. Man müsste das 10 Jahre wissenschaftliche bearbeiten, um sich ein halbwegs fundierte Meinung bilden zu können. Und die wäre so ambivalent, kompliziert und differenziert, dass sie dann kein anderer mehr richtig versteht.

Mein Tipp deshalb: lieber ein anderes, verbindlicheres Thema wählen. Das Meckern sein lassen und sich einfach mal darüber freuern, dass es uns Deutschen in fast jeder Hinsicht besser geht als vor 20 oder 40 Jahren. Positiv denken, Leute!


Auch wenn du grundsätzlich Recht hast, dass wir hier nicht die Lösungen für die komplexen Probleme der Welt finden werden, so ist eine Diskurskultur sich bemühender Individuen für eine Demokratie - und darin leben wir - einfach essentiell. Auch wenn immer viel auf Halbwissen geschimpft wird, so ist mir ein mit Halbwissen, aber ergebnisoffen, d.h. nicht mit Engstirnigkeit geführter, Diskurs lieber als gar keiner.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Do 19. Nov 2009, 08:50

Ein Radiobericht über den Streik in der Uni Berlin heute morgen machte mich nachdenklich.
Die streikenden Studenten haben Plakate mit den Aufschriften: "Reiche Eltern für alle" und "Reichtum stinkt" aufgehängt.
Mir stellten sich spontan folgende Fragen:
Wenn Reichtum stinkt, möchte ich selbst doch nicht reich werden, weil ich sonst eben auch ein Stinker wäre, wieso aber möchte ich dann studieren, wenn es nicht darum geht, in der Hoffnung zu leben, später als besserverdienender Akademiker mein Auskommen zu haben? Was treibt die Studenten sonst an und was ist ihr Ziel?
Und wieso werden Eltern, die sich für ihre Kinder einsetzen schief angeguckt, wenn man doch selber vorhat es seinem Nachwuchs auch mal besser gehen zu lassen? Ist man nicht später der, vor dem man immer gewarnt hat?
Und kann man von Studenten, die ja nicht unintelligent sein sollen, soviel Vorraussicht erwarten?

Oder anders gefragt, wenn uns Bildung aus der Armut bringen soll, warum wird über Reichtum gewettert?
Ich versteh das Ganze eigentlich nicht.
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Re: Wie können ALLE raus aus der Armut ?

Beitragvon Arathas » Do 19. Nov 2009, 09:08

Gegen_Herrschaft hat geschrieben:Die Frage lautet dann : Wie können ALLE raus aus der Armut ?


Dazu müsste man erstmal Armut definieren. :klugscheisser:

Denn was bei uns "in Armut leben" ist, wäre in anderen Teilen der Welt für die Leute das vollkommene Glück (ein eigenes Dach über dem Kopf, ausreichend Nahrung und sauberes Trinkwasser). Würden wir es schaffen, ALLE Deutschen raus aus der sogenannten Armut zu holen, hätten wir dadurch vermutlich die sechsfache Menge an Menschen geschaffen, die in Drittweltländern in echter Armut dahinsiechen und nur dafür arbeiten und leben, allen Deutschen ihren Lebensstil zu ermöglichen. Toll.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon Nanna » Do 19. Nov 2009, 09:49

Ach stine, nimm halt nicht alles gar so wörtlich. Wenn wir auf Transparente schreiben "Schohn Biltung, retet lieba Banken", dann ist das auch nicht genauso aufzufassen, wie es da steht. Es geht nicht darum, jemandem seinen hart erworbenen Reichtum wegzunehmen, sondern den Umstand zu beseitigen, dass dieser Reichtum häufig auf Kosten anderer angehäuft wird. Dass seit Einführung der Studiengebühren weniger Arbeiterkinder studieren gehen, ist natürlich etwas, was du vermutlich entweder nicht nachvollziehen kannst oder am Ende sogar noch gutheißt. Dabei gibt es gemäß Art. 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Erweiterung als kulturelles Menschenrecht durch Artikel 13 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) ein "Recht auf Bildung".

Ich möchte dazu mal aus Wikipedia zitieren:
"Das Recht auf Bildung gilt als eigenständiges kulturelles Menschenrecht und ist ein zentrales Instrument, um die Verwirklichung anderer Menschenrechte zu fördern. Es thematisiert den menschlichen Anspruch auf freien Zugang zu Bildung, Chancengleichheit und Schulrecht.

Bildung ist wichtig für die Fähigkeit des Menschen, sich für die eigenen Rechte einzusetzen und sich im solidarischen Einsatz grundlegender Rechte anderer zu engagieren.

Das gilt gleichermaßen gemäß für alle diskriminierungsfrei (Artikel 2.2 IPwskR), insbesondere hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen Anschauungen, des Vermögens, der nationalen und sozialen Herkunft."

Und weil die Studiengebühren in ihrer jetzigen Form der falsche Weg zur Erreichung dieses Ziels ist, aber auch, weil es viele andere Probleme im derzeitigen Studiensystem gibt (zu wenig zeitliche Flexibilität, zu wenig Möglichkeiten der Mit- und Selbstbestimmung, übermäßiger Leistungsdruck (20% mehr psychische Erkrankungen unter Studenten seit Einführung des Bachelor-Master-Systems meldete die SZ gestern auf S.2) und lokale Angelegenheiten, z.B. kein Semesterticket an meiner Uni), werden wir weiterhin demonstrieren. Vielleicht tust du dich schwer mit dem Gedanken, dass es an der Uni eine Menge Idealisten gibt, die ehrlich sauer darüber sind, dass nicht jeder Mensch in Deutschland vergleichbare Chancen auf Wohlstand und Bildung hat, aber das ist tatsächlich der Fall. Klink dich doch einfach mal in ein Plenum ein, überall werden die als Video- oder zumindest Audiostream übertragen.

Zum eigentlichen Thema: Der oben zitierte Satz, dass Bildung eine Grundvoraussetzung ist, sich für die eigenen Rechte und den solidarischen Einsatz grundlegender Rechte anderer einzusetzen, sagt eigentlich schon genug. Generell stelle ich mir nicht nur den Arbeitsprozess, sondern auch den politischen Prozess in einer gebildeteren Gesellschaft produktiver vor, als in einer ungebildeteren. Und wenn wir mal Extrembeispiele wie Afghanistan hernehmen, da würde wohl kaum einer bestreiten, dass Schulen ein Weg aus der Armut sind - übrigens auch aus der Abhängigkeit, das gilt gerade für Mädchen. Und wer gebildet ist, lässt sich auch nicht so leicht von Handyverträgen abzocken, kauft ungünstige Waren ein oder lässt sich anderweitig über den Tisch ziehen.
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Re: Durch Bildung raus aus der Armut (?)

Beitragvon stine » Do 19. Nov 2009, 12:04

Nanna hat geschrieben:Ich möchte dazu mal aus Wikipedia zitieren:
"Das Recht auf Bildung gilt als eigenständiges kulturelles Menschenrecht und ist ein zentrales Instrument, um die Verwirklichung anderer Menschenrechte zu fördern. Es thematisiert den menschlichen Anspruch auf freien Zugang zu Bildung, Chancengleichheit und Schulrecht.
Das gesamte Schulnetz ist bei uns alles gratis!
Jeder darf, soll und muss sogar die Schulbank drücken. Wer mehr möchte, und das sind in unserem Staate nicht wenige, die müssen eben von ihrem späteren Mehrverdienst Kredit nehmen.
Das einzige Problem ist doch, dass Arbeiterkinder intelligent sein müssen um zu studieren (Stipendium), aber Kinder aus reichem Hause können machen was sie wollen, unabhängig ihrer Qualifikation, solange dafür bezahlt wird.
Die Frage ist doch wieviel Bildung braucht der Mensch?
Und welche Spezialisierung tut not?
In Afghanistan würde unsere Hauptschule als Pflichtveranstaltung schon einschlagen wie eine Bombe.

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Zuletzt geändert von stine am Do 19. Nov 2009, 12:41, insgesamt 1-mal geändert.
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