Gesundheitssystem

Re: Gesundheitssystem

Beitragvon Mark » So 21. Feb 2010, 03:33

platon hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:So könnte man die Neoliberalen mit ihren eigenen Waffen schlagen, indem wir die Desolidarisierung der Gesellschaft nicht abzumildern versuchen sondern im Gegenteil noch anschieben..

Im Prinzip ja, aber ...
... in dem Augenblick, wo die alt und krank gewordenen smart boys wieder weinend bei Papa Staat auf der Matte stehen, muss er sie (Fürsorgepflicht) ja wieder aufnehmen. Deswegen kann man den Herrschaften, die das ernsthaft planen auch gleich an den Kopf langen.
Man sollte sich dann aber nicht wundern, dass der Griff ins Leere geht :up:


Mir gehts darum das aktuelle System möglichst schnell zu destabilisieren. Wenn die Regierung so dumm war nicht vorzusorgen daß nicht jeder engagierte Bürger mit seinem Schützenverein eine eigene KKV gründen kann, dann wäre das ein Schlupfloch um sie zu zwingen alle KKVs zu vereinen. Und wenn man dadurch eine Zeit lang etwas Geld sparen kann umso besser ;-)
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon Zappa » So 21. Feb 2010, 08:00

Mark hat geschrieben: ... dann wäre das ein Schlupfloch um sie zu zwingen alle KKVs zu vereinen. ...


Das wäre dann eine vollkommen insuffiziente, monopolistische Großbehörde. Und die Versicherten hätten keine Wahlmöglichkeit mehr. Wenn die Zwangskasse z.B. entscheiden würde Homöopathie zu bezahlen, müssten wir alle den Mumpitz mitbezahlen, vielen Dank!

Warum sollte so etwas erstrebenswert sein?
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon Nanna » So 21. Feb 2010, 23:53

Mark hat geschrieben:Mir gehts darum das aktuelle System möglichst schnell zu destabilisieren.

Du gehst davon aus, dass es nur eine einzige mögliche Alternative gibt, die im Falle des Systemcrashes gewählt wird. Die Geschichte dürfte da leider Gegenteiliges lehren. Was, wenn das System instabil bleibt, auf Jahrzehnte hinaus ungerecht, was, wenn eine solche Destabilisierung die Entwicklung eines breiten Prekariats und einer neuen ständischen Feudalgesellschaft beschleunigt, die Reichen sich mit ihren Privatkassen in gated communites zurückziehen und draußen der Bürgerkrieg ausbricht - nur mal so als reißerische worst-case-Dystopie? So schlimm würde es wahrscheinlich nicht kommen, ich will nur klarmachen: Die Strategie kann böse nach hinten losgehen. In jedem Fall wird die Zeche der Übergangszeit vom Beginn der Destabilierung des alten Systems bis zur Etablierung eines besseren Systems von denen gezahlt, die jetzt schon unten sind; und die haben wie gesagt keine Garantie dafür, dass sie nach einer gewissen Zeit der noch größeren Opfer als Gewinner dastehen.

Wenn man keinen totsicheren Plan hat, wie man eine definitiv funktionierende Alternative herbeiführen kann oder zumindest eine sich abzeichnende Krise abwenden kann, sollte man meiner Meinung nach lieber nach dem Grundsatz "never touch a running system" vorgehen.
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon Mark » Mo 22. Feb 2010, 10:44

@Zappa
ja freilich wäre das eine "Grossbehörde". Wir brauchen ja auch eine gewaltige Behörde um alle Kranken optimiert mit den nötigen und machbaren Leistungen versorgen zu können.
Man könnte aus dem britischen System einiges lernen wenn man deren Fehler von vornherein im Auge behält. Homöopathie kann sich jeder Patient selber leisten, 2,5€ für ein Flascherl Leitungswasser oder Zuckerkugeln sollte jeder noch selber aufbringen können. Jedweder Humbug wird natürlich nicht bezahlt, das ist doch wohl klar. Die freie Wahl hat man nach wie vor bei seinem Arzt ! Freie Wahl beim Staat hat man auch (auswandern). Also wozu brauch ich noch freie Wahl bei der Grund-Versicherung ? Man könnte ja zB die Leistungen und Preise der Kassen zentral vorgeben (das versucht man ja noch aktuell mit dem Gesundheitsfond zu kaschieren) und dann würde sichtbar, daß die schlechten Kassen das Geld schlechter verwalten. Das wäre eine gute Zwischenstufe um die Kassen mit der effizientesten Führung dadurch zu fördern, daß sie die Kassen mit schlechter Führung einfach übernehmen (zug um zug werden so die besten Methoden erwählt)
Aber es ist ein riesen Quatsch daß wir mehrere hundert gesetzliche Kassen haben die allesamt Glaspaläste bauen und deren Vorstände sich aufführen wie Kurfürsten !

@Nanna
Was soll den sonst passieren ? ich fühl mich ja schon von der ganzen Welt verarscht weil der Staaat sich so blöde stellt, daß er immernoch argumentiert es wäre gut hunderte Einzelkassen zu erhalten. Das ist eine Beleidigung fürs Volk (so ähnlich als der ehem. Finanzmin. Eichel damals verkündete es wäre umfassend die Möglichkeit einer Steuerreform geprüft und umfassend von allen (Steuerberater!!!-)Experten als unmöglich erachtet worden..haha..)
Welche Experten hat man wohl dazu befragt wieviele Krankenkassen man wirklich braucht ? Da halten die Pharmariesen wie die Kassentrolle alle schön zusammen im Gesundheitsmärchenland ! Den ganzen Laden muss man (etwas derb ausgedrückt) endlich mal in Stücke hauen und dann sinnvoll und erwachsen vernünftige Lösungen suchen die langfristig bezahlbar bleiben. Nur so weiterwurschteln und ungebremst Geldsaugen.. DAS ist meines Erachtens die schlechtere Methode. Lieber ein Ende mit Schrecken !!
Ich informiere mich mal wie aufwändig es ist eine eigene KKV zu gründen... vielleicht interessiert Euch ja das Ergebnis ;-)
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon stine » Mo 22. Feb 2010, 11:13

Nanna hat geschrieben:... nach dem Grundsatz "never touch a running system" vorgehen.
Auch wenn es in die falsche Richtung läuft?
Derzeit ist es doch so, dass gesetzlich Krankenversicherte überall mit Zuzahlungen rechnen müssen, weil ihre Beiträge nicht mehr ausreichen, die Bürokratie die hinter den Kassenwettbewerben steckt zu finanzieren, die Apotheken sich dumm und dämlich verdienen und weil die Appartemedizin zu teuer wird, um sie für jede Diagnose zum Kleinstbeitrag einzusetzen.
Notwendige Vorsorgeuntersuchungen werden zurückgefahren und mit IGeL-Leistungen wieder aufgebaut, dafür darf sich der Gesunde Kassenbeitragszahler über eine satte Zuzahlung zu seinem Wellness-Urlaub freuen.

Wettbewerbsmentalität von Versicherungsanstalten die ohnehin nur gesetzlich festgelegte Leistungen erbringen sollen, ist daher KEINE Verbesserung der Situation.

Zappa hat geschrieben:... eine vollkommen insuffiziente, monopolistische Großbehörde. Und die Versicherten hätten keine Wahlmöglichkeit mehr. Wenn die Zwangskasse z.B. entscheiden würde Homöopathie zu bezahlen, müssten wir alle den Mumpitz mitbezahlen, vielen Dank!

Warum sollte so etwas erstrebenswert sein?
Die Großbehörde hätte nichts anderes zu tun, als die Versichertenbeiträge in das Gesundheitssystem einfließen zu lassen und zwar ohne Gewinn zu generieren, den sie als Zuckerl für Gesunde wieder ausschütten darf.

Alle gesetzlich vorgeschriebenen Abgabenverwaltungen funktionieren doch genauso: Die Rentenkasse, die Sozialversicherungsanstalt und die Arbeitslosenversicherung. Wer es darüber hinaus besser haben möchte, der versichert sich zusätzlich.
Warum sollte das bei einem Krankensystem nicht genauso funktionieren?
Imgrunde ist es doch eh schon so, nur wird damit bisher sehr unehrlich umgegangen, weil man die Zusatzversicherungen als Ersatz und nicht als Zusatz zur beitragspflichtigen gesetzlichen Regelung wählen kann. Beamte und Besserverdiener sind damit keine Beitragszahler in ein gesamtes Gesundheitssystem der Bevölkerung.

Was die Homöopathie anbelangt, so gehörte sie in eine Zusatzkasse. Wer heute privat versichert ist, bezahlt sie meist sowieso schon mit.

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon platon » Mo 22. Feb 2010, 21:12

Zappa hat geschrieben:Klare Weltsicht aber etwas einseitig ...

Nun, die FDP tut alles, um diesen Eindruck zu verfestigen. Hast Du Gegenbeispiele?
Oder kannst Du mir erklären, wofür eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Übernachtungen noch gut ist, außer den Hoteliers zusätzliches Geld in die Taschen zu spülen?
Hast Du ein Beispiel, dass ein Hotelier die Übernachtungspreise um 10% gesenkt hätte?
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon stine » Di 23. Feb 2010, 07:59

Anscheinend reichen die Beiträge noch aus, um eine Einkommenssteigerung zu gewährleisten.

In Zeiten wo man anderswo um läppische 3,5% streitet... oder um den Verlust der Arbeitsplätze... ist das Thema Gesundheit immer noch ein wirtschaftlich relevantes...
Um so wichtiger diesen Wirtschaftszweig RICHTIG zu finanzieren.

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon musicman » Di 23. Feb 2010, 09:29

Mark hat geschrieben:Aber es ist ein riesen Quatsch daß wir mehrere hundert gesetzliche Kassen haben die allesamt Glaspaläste bauen und deren Vorstände sich aufführen wie Kurfürsten !


In diesem Bereich sollte einiges auf den Prüfstand, man kann sich auch fragen, wird die Versorgumg darurch besser/effizienter, daß jeder Kassenvorstand mindestens einen Audi A8 als Dienstwagen haben muß, tuts der A4 nicht auch ? Man wird Dir sagen nein, er muß so viele Dienstkilometer zurücklegen im Jahr, das geht mit dem A4 nun mal nicht und nach einem 5 Gang Dienstessen ist das sowoieso nicht zumutbar usw ect. Auch die Eingangsfassade aus gebogenem Sandstein und die Fließen aus indischem Pink Marmor werden ihren tieferen Sinn haben, der sich uns auf den ersten Blick nicht erschließt, immerhin hat es für Beschäftigung im Baugewerbe gesorgt.

Wenn man da anfängt führt es aber ins unendliche, ein Dezernatsleiter auf dem Rathaus sagte mir vor kurzem, würde man die Hälfte der dort Beschäftigten nach Hause schicken, kein Mensch würde das merken, aber was macht man mit ihnen, sie werden arbeitslos, evtl depressiv, müssen zum Arzt oder benötigen therapeutische Hilfe > Krankenkasse> Kostenexplosion, das übliche halt und bei den Kassen ist das sicher nicht anders.
Ein Arzt sagte mir, seit neuestem kann er den Antrag auf Plegeleistung nicht mehr einfach telefonisch anfordern bei der Krankenkasse, er muß auf einem speziellen Antragsformular einen schriftlichen Antrag stellen, damit man ihm den Antrag zuschickt.
Man sieht die Angelegenheit ist sehr komplex und ob sie durch eine neue Mammutbehörde transparenter wird bezwefle ich.

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon Mark » Di 23. Feb 2010, 11:04

..es erschliesst sich mir ja zB auch nicht warum Selbstständige von der Rentenversicherungspflicht befreit sind.
Warum ? Weil das idR reichere sind und die sich selber um ihre Rente kümmern können ? Das hat doch alles nichts mehr mit dem Solidaritätsprinzip zu tun ?!
Es wird wirklich Zeit das zu ändern, denn das System kracht schon in wenigen Jahren auseinander. Das werden wir ALLE noch erleben. Und wir werden unseren möchtegern-Politikern dabei zusehen können wie sie krampfhaft versuchen den Kollaps als Reform zu verkaufen..alles mit denselben Methoden nur es wird umbenannt und evtl ein neuer Fond eingerichtet oder sowas..
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon stine » Di 23. Feb 2010, 11:07

musicman hat geschrieben:Auch die Eingangsfassade aus gebogenem Sandstein und die Fließen aus indischem Pink Marmor ...
Und der Dachverband der Dachverbände...

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon musicman » Di 23. Feb 2010, 12:45

Mark hat geschrieben:..es erschliesst sich mir ja zB auch nicht warum Selbstständige von der Rentenversicherungspflicht befreit sind.
Warum ? Weil das idR reichere sind und die sich selber um ihre Rente kümmern können ? .


Die sind nicht alle Reicher, das ist Ideologie. Allerdings wird jeder, der die Wahl hat, lieber in ein System einzahlen, bei dem am Schluß wieder was rauskommt, als in ein Faß ohne Boden. Die Antwort kann also nicht sein, alle in ein defizitäres System zu zwingen, damit alle gleich beschissen werden, sondern es zu verbessern.

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon Mark » Di 23. Feb 2010, 15:31

Nein, im Gegenteil, es kann ja doch keine Antwort sein wenn man sich der Solidargemeinschaft entzieht, nur weil man sich persönlich übervorteilt fühlt wenn andere mehr rausbekommen als sie einzahlen.. das ist nun mal der Sinn einer Solidargemeinschaft !
es müssen zuerst mal wieder ALLE in die gleichen Kassen zahlen. Alles andere ist Volksverarschung.
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon Zappa » Di 23. Feb 2010, 18:46

Mark hat geschrieben: Wir brauchen ja auch eine gewaltige Behörde um alle Kranken optimiert mit den nötigen und machbaren Leistungen versorgen zu können.


Nur leider sind die Begriffspaare gewaltige Behörde und "optimiert" unvereinbar. Behörden kennzeichnen sich gerade durch insuffiziente Abläufe und Fehlallokationen von Geld aus. Außerdem ist es das Prinzip einer Behörde den Menschen den freien Zugang zu Dienstleistung vor zu enthalten, bzw. den Zugang in wesentlichen Aspekten zu bevormunden. Was soll das also bringen?

Mark hat geschrieben:Man könnte aus dem britischen System einiges lernen wenn man deren Fehler von vornherein im Auge behält.

Ja, vor allem wie man es nicht macht. Ich habe zum britischen System schon etwas gesagt. Die Briten selber sind damit unzufrieden. Z.B. musst Du dort mehrere Jahre auf eine geplante Operation warten (z.B.Krampfadernentfernung). Außerdem gibt es dort im ambulanten Bereich praktisch keine freie Arztwahl. Wenn Du mit deinem GP (Allgemeinarzt) Pech hast, dann hast Du eben Pech.

Die Briten haben ja einen wunderbaren Humor, weisst Die wie die unfähige GP´s nennen? Sie heissen 00 Doktors, frei nach James Bond, wo die 00 "licence to kill" bedeutet. Prägnante Formel!

Ich bleibe dabei: Wo möglich ist ein System mit Wettbewerbselementen jeder zentralen Steuerung überlegen!
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 23. Feb 2010, 18:53

Zappa hat geschrieben: weisst Die wie die unfähige GP´s nennen?
Ja, greengrocers' apostrophes :mg:
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon stine » Mi 24. Feb 2010, 08:02

Zappa hat geschrieben:Ich bleibe dabei: Wo möglich ist ein System mit Wettbewerbselementen jeder zentralen Steuerung überlegen!

Und ich bleibe dabei, dass Wettbewerb nicht in jedem Fall Erfolg bringt.
Hier sollte man doch erst einmal klären: Was eine "erfolgreiche" Krankenkasse überhaupt auszeichnet?
Erfolg nach wirtschaftlichen Apekten der Kasse oder nach zufriedenstellenden Leistungen für ihre Patienten?
Diese beiden Punkte liegen für mich so konträr, dass niemand auf die Idee kommen kann, sie sinnvoll zu vereinigen. Eine Krankenkasse oder besser gesagt eine Gesundheitsbehörde hätte NUR die Auszahlung der erbrachten Leistungen, die auch heute schon gesetzlich geregelt sind, zu besorgen, genau wie es die Rentenkasse oder die Sozialkasse tun.
(Schließlich handelt es sich auch um eine Pflichtkasse)

Ansonsten ist jede wettbewerbsorientierte Versicherung doch nur darauf aus, möglichst viele, aber dennoch kaum Leistung in Anspruch nehmende, Beitragszahler zu versichern. Das sieht man an den Privatkassen, deren Aufnahmeverfahren ältere Menschen in eine Untersuchung zwingt, die deutlich macht, ob hier große Ausgaben zu erwarten sind oder nicht. Im Zweifelsfalle ist der monatliche Beitrag dann so hoch, dass man sich den Arzt und die Medikamente auch selber zahlen könnte, ganz zu schweigen von der fehlenden Familienversicherung. Keine Probleme sich billig zu versichern haben junge, gesunde Menschen.

Das Dilemma der Krankenfinanzen hat mE mit der Wettbewerbsfreischaltung der Kassen erst angefangen. Das ist für mich ganz klar. Wo es darum geht Beitragszahler ködern zu müssen, muss Werbung gemacht werden, müssen Angebote für Gesunde ins Konzept gebracht werden und da muss freilich das Geld zwangsläufig irgendwo anders wieder eingespart werden.
Keine Versicherung der Welt hat doch Interesse, sich nur Leistungsempfänger ins Boot zu holen, weil das wirtschaftlich den Ruin bedeutet. Wenn also eine Krankenversicherung für sich Werbung macht bestimmte Leistungen zu bezahlen, dann MUSS sie das an anderer Stelle wieder einsparen und das geschieht dann bei den massiven Alltäglichkeiten.
Will sagen: Eine Kasse tut gut daran, sich für extrem seltene Krankheiten stark zu machen, dafür bei Schnupfenmittel zu sparen. Die tägliche Seelsorge eines allgemein praktizierenden Arztes gegenüber älteren Menschen wird dann auf 5 Minuten begrenzt, weil ein anderer dafür Medikamente im Wert von mehreren hundert Euro im Monat bezieht, die er vielleicht nicht bräuchte, wenn der Arzt mehr Zeit für ihn gehabt hätte. (Mal ganz pauschal...)

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon stine » Mi 24. Feb 2010, 08:27

Ganz zu schweigen davon, dass heute schon in jeder Arztpraxis erst nach der Kasse gefragt wird, noch bevor man sich erkundigt, was denn den Patienten überhaupt in die Praxis geführt hat. Ohne Kassenwettbewerb - keine Frage mehr, weil ohnehin gleiche Behandlung.
Ob die Zusatzkosten bei notwendiger Eigenbeteiligung zusätzlich versichert sind wäre dann zweitrangig.

Die gesetzlichen Leistungen werden immer mehr zurückgefahren werden müssen, wenn der Wettbewerb der Kassen weiter anhält, da die Beitragsleistungen einfach nicht mehr ausreichen Werbung und Gesundheit zu finanzieren. Heute schon müssen viele Zahnspangen für die Kinder selber bezahlt werden, weil der Befund leider nicht mehr ausreicht, um kassenärztlich behandelt zu werden. Diagnose: Die Zahnfehlstellung ist leider 0,1mm zu wenig, um in die Indikation zu fallen, aber leider doch so erheblich, dass eine Unbehandlung schlimme Folgen haben kann. Vor einigen Jahren reichte das Geld bei weniger Zahnfehlstellung noch aus, komisch oder?


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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon musicman » Mi 24. Feb 2010, 09:00

@mark
Mark hat geschrieben:..es erschliesst sich mir ja zB auch nicht warum Selbstständige von der Rentenversicherungspflicht befreit sind.

Mir scheint wir reden anneinander vorbei, meine letzte Antwort bezog sich darauf nicht auf die Krankenkassen.
Erst müssten wir also klären, was Du besprechen willst, du kannst nicht alles in einen Topf stecken, also bleiben wir beim Gesundheitsfred, die Rentenfrage könnte man ja in einem Extrafred behandeln- bei Bedarf.

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon musicman » Mi 24. Feb 2010, 09:25

stine hat geschrieben: Heute schon müssen viele Zahnspangen für die Kinder selber bezahlt werden, weil der Befund leider nicht mehr ausreicht, um kassenärztlich behandelt zu werden. Diagnose: Die Zahnfehlstellung ist leider 0,1mm zu wenig, um in die Indikation zu fallen, aber leider doch so erheblich, dass eine Unbehandlung schlimme Folgen haben kann. Vor einigen Jahren reichte das Geld bei weniger Zahnfehlstellung noch aus, komisch oder?
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Meine jüngste Tochter, 9J fragte mich vor kurzem, wann sie ihre Zahnspange endlich bekommt, alle Freundinnen haben schon eine. Sie weiß auch schon genau welches Modell, nämlich das von Lilifee und zwar in pink.

Speziell in diesem Bereich wird viel Unfug betrieben, es existieren auch Studien wonach für ein Großteil der Spangen keinerlei Indikation vorliegt und sie auch zu keiner Verbessurung führen, weil eben kein Befund vorliegt.
Der Allgemeinheit wird das von den Intressenvertretern natürlich so verkauft sie Du das beschreibst, das ist ein Riesengeschäft, das man sich nicht kaputtmachen lassen will.

Sollte man es schaffen, daß die Leute Stützstrümpfe für sexy halten, will auch jeder einen - selbstverständlich auf Kassenkosten.

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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon platon » Mi 24. Feb 2010, 10:54

Zappa hat geschrieben:Behörden kennzeichnen sich gerade durch insuffiziente Abläufe und Fehlallokationen von Geld aus.

Oh, das tun Automobilfirmen, Banken und andere privatwirtschaftliche Institutionen ebenfalls. Allerdings in einem Ausmaß, dass die Behörden daneben aussehen wie Spielwiesen zum Üben. Die freie Wirtschaft hat uns doch gerade erst vorgeführt wie effizient sie ist und was sie alles besser kann. Und dann kamen sie weinend zu Papa Staat gelaufen und der wird's natürlich wieder richten.
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Re: Gesundheitssystem

Beitragvon stine » Mi 24. Feb 2010, 13:12

musicman hat geschrieben:Speziell in diesem Bereich wird viel Unfug betrieben, es existieren auch Studien wonach für ein Großteil der Spangen keinerlei Indikation vorliegt und sie auch zu keiner Verbessurung führen, weil eben kein Befund vorliegt.
Und genau deswegen, weil das so ist, reicht es dann für die auch nicht mehr, die einen Befund hätten.
Und so wird es auch in anderen Bereichen sein. Die Grundversorgung muss gewährleitet sein und zwar für alle. Zusätze dürfen dann gerne privat nachversichert werden.
Nur heute reicht es zum Teil nicht mal mehr für die Grundversorgung, weil der Wettbewerb der Kassen mit sich bringt, dass mit Zusätzen gelockt werden muss.

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