Wußte gar nicht, daß er so verschmitzt-kauzig ist.
Eins möchte ich noch hinzufügen. Gell-Mann erwähnt die Analogie zwischen elektrischer Kraft und Gravitation. Beides sind 1/r²-Beziehungen. Letztlich steckt das selbe dahinter: die kugelförmige Ausbreitung einer Wellenfront. Eine Wellenfront verteilt sich auf einer Kugeloberfläche und die geht mit r². Deshalb nehmen Kräfte dieser Art im dreidimensonalen Raum mit 1/r² ab.
In einer zweidimensionalen Welt würden wir 1/r-Gesetze sehen.
laie hat geschrieben:Naturgesetze sind Sätze mit einem Sinn und einem Geltungsbereich. Viele meinen, dass der Geltungsbereich der Naturgesetze das gesamte Universum umfasst. Diese Auffassung ist jedoch problematisch. Folgendes Illustrationsbeispiel findet sich in Stegmüller, Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie: Nehmen wir eine einfache Theorie, die "Archimedische Statik": eine Balkenwaage mit zwei Körpern darauf, [...]
Logisch zwingend ist dies nicht. Es könnte eine Welt geben, in der sich das Gewicht der Körper beim Wechsel der Position ändert.
Das Beispiel ist auch nicht logisch zwingend.
Du schreibst, Naturgesetze haben einen Geltungsbereich. Dann bringst du ein Beispiel, bei dem absichtlich gegen den Geltungsbereich verstoßen wird. Die Balkenwaage funktioniert nur in einem homogenen Schwerefeld und bei Körpern gleicher Dichte (Auftriebskraft durch Luftverdrängung). Das ist so selbstverständlich, daß man es gemeinhin nicht dazuschreibt. Deshalb kann man das Prinzip der Balkenwaage nicht "aushebeln" in dem man ein inhomogenes Schwerefeld postuliert - und genau das haben wir wenn der Tausch von A nach B das Gewicht ändert. Dazu muß man nur den Mount Everest neben die Balkenwage stellen, und schon hat man so einen Fall.
Außerdem - Myron hat's schon angedeutet - ist das Hebelgesetz nur eine "Naturgesetzaussage". Der Stand unseres Wissens hat aber keinen Einfluß auf die tatsächlichen Naturgesetze.
Wenn sich herausstellte, daß in 10 Mrd Lichtjahren etwas anders läuft, als bei uns, dann haben wir eine tiefere Wahrheit gefunden und einen neuen Aspekt der unteilbaren Naturgesetze. Letztlich muß es einen Grund haben, warum es bei uns so und dort anders läuft.
Die Naturgesetze haben immer recht, egal ob wir sie kennen und mit unseren Naturgesetzaussagen vollständig beschreiben.
Myron hat geschrieben:Niemand behauptet, dass die Naturgesetzaussagen logische Wahrheiten sind.
Dann mach ich den Anfang.
Ich hab lange geglaubt, daß man durch reines Nachdenken nichts über die Welt herausfinden kann. Man muß hingehen und nachsehen. Dachte ich. Inzwischen kommen mir aber einige Zweifel, weil es ein paar schöne Beispiele gibt, wie man durch Nachdenken zu Aussagen über die Welt kommt. Eigentlich müßte man für diese Aussagen eine neue Klasse aufmachen, systemische Naturgesetze etwa.
Hier die Beispiele, vielleicht habe ich ja irgendwo einen Denkfehler und sehe ihn nur nicht.
Zweiter HauptsatzNehmen wir an, wir haben Bälle unterschiedlicher Farbe, weiß und schwarz. Sonst sind die Bälle genau gleich. Diese Bälle geben wir in eine Schachtel, die schwarzen unten, die weißen oben. Dann schütteln wir die Kiste. Jeder durchgeschüttelte Ball kann tausende von Wegen nehmen. Nur sehr wenige dieser Wege führen zu einem Zustand, in dem die schwarzen von den weißen Bällen getrennt sind; die meisten Wege führen zu einem vermischten Zustand.
Das ist das Prinzip der Entropie, und es ist zumindest in dieser Formulierung rein logisch durch statistische Überlegungen ableitbar.
Evolution (Selektion)Der Darwinschen Evolution wurde und wird oft vorgeworfen, sie sei eine Tautologie: die Fitten überleben und wer überlebt ist fit. Als ob eine Tautologie eine Schande wäre - im Gegenteil, sie ist eine logische Wahrheit, und man muß "nur" noch nachsehen, ob die Vorraussetzungen erfüllt sind.
Interessanter Weise ist auch die Kovarianzgleichung von Price - sie beschreibt Selektionsvorgänge - algebraisch ableitbar und damit mathematisch beweisbar.
Benford's LawDieses Gesetz beschreibt die Wahrscheinlichkeit von Anfangsziffern in Zahlen gewisser Verteilungen. Zum Beispiel Zahlen, wie sie in Unternehmensbilanzen auftauchen oder in einer Tabelle mit der Länge von Flüssen. Und zwar ist es so, daß nicht alle Ziffern 1 - 9 gleich häufig auftreten. Die 1 kommt am häufigsten vor, die 2 etwas weniger, die 3 noch weniger und so weiter.
Letzlich hat das was mit der Exponentialfunktion und mit unserem Zahlensystem zu tun. Wenn ich 100 000 EUR Umsatz mache und mich um 25% steigere auf 125 000 EUR, dann habe ich immer noch die 1 vorne dran. Wenn ich aber 500 000 EUR Umsatz mache, lande ich mit 25% Steigerung bereits bei einer anderen Anfangsziffer.
Benfords Gesetz lieferte übrigens Anhaltspunkte, daß bei der letzten Wahl im Iran "getürkt" wurde.
Biologische Skaleneffekte(Das Zeug hat einen Namen, er will mir nur nicht einfallen.) Denken wir uns Tiere verschiedener Körpergröße. Bekanntlich geht die Oberfläche eines (annähernd kugelförmigen) Körpers mit r², sein Volumen mit r³. Deshalb haben kleine Tiere eine verhältnismäßig große Körperoberfläche im Vergleich zum ihrem Körpervolumen. Sie kühlen rascher aus und brauchen eine Ausgleichsmaßnahme, zum Beispiel eine höhere Stoffwechselrate.
Hoppla! Jetzt haben wir aus einer logischen Überlegung und aus mathematischen Tatsachen eine Aussage über warmblütige Tiere abgeleitet.
Die Beispiele sollten für's erste reichen. Sie erscheinen mir so universell, daß sie sogar in hypothetischen anderen Universen gelten sollten.
Geht's also doch, daß man auch durch Nachdenken etwas über die Welt herausfindet?