Naturalismus, Wissenschaft und Erkenntnistheorie

Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Myron » Di 25. Mai 2010, 21:24

El Schwalmo hat geschrieben:das Problem besteht darin, dass Mahner den Begriff 'Ontologie' in einem speziellen Sinn verwendet, der sich nicht mit dem 'üblichen' deckt. Das zieht dann Kreise, beispielsweise, wenn der Begriff in 'ontologischer Naturalismus' vorkommt.


Ich denke, ein Naturalismus, der sich auf die Annahme der kausalen Geschlossenheit der Natur beschränkt, sollte der Klarheit halber besser als "kausalistischer Naturalismus" denn als "ontologischer Naturalismus" bezeichnet werden, da er, wie gesagt, mit einem antiinterventionistischen ontologischen Supernaturalismus vereinbar ist. Außerdem ist es ein glatter Widerspruch, wenn sich jemand sowohl als ontologischer Naturalist als auch als ontologischer Supernaturalist bezeichnet!
Im eigentlichen Sinne verdienen doch nur diejenigen die Bezeichnung "ontologischer Naturalist", die glauben, dass es nichts Übernatürliches gibt. (Der ontologische N. in diesem Sinne schließt logischerweise den kausalistischen N. ein, was umgekehrt nicht der Fall ist.)

"Nach der These des ontologischen Naturalismus ist der Kosmos kausal strukturiert und in sich abgeschlossen, das heißt alle Phänomene können gesetzmäßig und auf der Basis weltimmanenter (natürlicher) Prinzipien und Mechanismen – also ohne Zuhilfenahme von Göttern, Geistern, unspezifischen Designern, Seelen als rein geistiges Substrat, Wundern, Prophezeiungen, Telepathie, Astrologie und sonstigen trans-zendenten Dingen – beschrieben und erklärt werden (Sukopp 2006, S. 280). Transzendent oder supranaturalistisch sind somit alle Instanzen, die nicht (notwendigerweise) an die kosmische, kausal strukturierte Ordnung gebunden sind, sie durchbrechen, überwinden oder beeinflus-sen können. Die sichtbaren Effekte solcher hypothetischer Gesetzesüberschreitungen werden als Wunder bezeichnet."

(M. Neukamm: "Wissenschaft und ontologischer Naturalismus", 2007, S. 164)

"Wie wir eingangs festgestellt haben, genügt für das Betreiben von Naturwissenschaft nun aber der schwache ontologische Naturalismus. Dieser vertritt lediglich die Geschlossenheitsthese…"

(http://www.darwin-jahr.de/evo-magazin/o ... e?page=0,1)
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Myron » Di 25. Mai 2010, 22:14

El Schwalmo hat geschrieben:eben. Und nun darfst Du Dich fragen, ob Mahner diesen Unterschied macht oder auch nur akzeptiert. Lass uns noch ein Weilchen warten, bald kannst Du das en Detail nachlesen.


Noch einmal, das naturalistische Minimalgebot lautet also:

"Verhalte dich in deiner Rolle als Naturwissenschaftler bei deiner naturwissenschaftlichen Forschung so, wie wenn es nichts Übernatürliches gäbe!"

Das möchte ich definitiv nicht "ontologischer Naturalismus" nennen—nicht einmal "schwacher ontologischer Naturalismus"—, da es sowohl mit dem Supernaturalismus als auch dem agnostischen Naturalismus (Nonsupernaturalismus) [* vereinbar ist.
Der ontologische Naturalismus ist dagegen sowohl antisupernaturalistisch als auch antiagnostizistisch ausgerichtet!

[* Der agnostische/agnostizistische Naturalismus/Nonsupernaturalismus besteht in der Ansicht, dass wenn es etwas Übernatürliches gibt, dieses für uns grundsätzlich unerkennbar ist, und man somit nichts (Wissenschaftliches) darüber in Erfahrung bringen kann. Folglich wird das Dasein von Übernatürlichem von ihm weder bejaht noch verneint.]
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Di 25. Mai 2010, 22:48

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:eben. Und nun darfst Du Dich fragen, ob Mahner diesen Unterschied macht oder auch nur akzeptiert. Lass uns noch ein Weilchen warten, bald kannst Du das en Detail nachlesen.

Noch einmal, das naturalistische Minimalgebot lautet also:

ich denke, wenn wir über Mahners Position reden, macht es keinen Sinn, sich auf Sukopp zu beziehen und auch nicht auf das, was Neukamm schreibt. Lass uns noch ein Weilchen warten, dann wird ein Text erscheinen, der diese Fragen vermutlich klären wird.

Mahner lehnt die Unterscheidung zwischen ontologischem (philosophischem) und methodischem (methodologischem) Naturalismus, wie sie vor allem in der Literatur über Evolutionsgegner in den USA verwendet wird (beispielsweise von Scott, Ruse, Pennock, Miller, Monton und so weiter), strikt ab. Die dortigen Autoren sind entweder Christen (und brauchen dann diese Unterscheidung, eben um ihrem Gott ein Schlupfloch zu belassen) oder Menschen, die Theisten als Bundesgenossen suchen und denen ein Schlupfloch anbieten.

Fakt ist, dass man diese Trennung machen kann und macht. Die Frage ist allerdings, wem das etwas bringt. Und noch einmal: es ist strategisch sinnvoller, die Beweislastfrage auf die Schultern der Theisten zu laden.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Myron » Di 25. Mai 2010, 23:14

El Schwalmo hat geschrieben:ich denke, wenn wir über Mahners Position reden, macht es keinen Sinn, sich auf Sukopp zu beziehen und auch nicht auf das, was Neukamm schreibt.


Meine Kommentare sind nicht speziell gegen einen dieser drei Herren gerichtet.
Ich habe nur zufällig einige passende Zitate aus Texten Neukamms herausgegriffen.

El Schwalmo hat geschrieben:Lass uns noch ein Weilchen warten, dann wird ein Text erscheinen, der diese Fragen vermutlich klären wird.


Ich bin gespannt. Wo wird dieser Text denn zu finden sein?

El Schwalmo hat geschrieben:Mahner lehnt die Unterscheidung zwischen ontologischem (philosophischem) und methodischem (methodologischem) Naturalismus, wie sie vor allem in der Literatur über Evolutionsgegner in den USA verwendet wird (beispielsweise von Scott, Ruse, Pennock, Miller, Monton und so weiter), strikt ab. …
Fakt ist, dass man diese Trennung machen kann und macht. Die Frage ist allerdings, wem das etwas bringt.


Ja, die Auftrennung in mehrere Naturalismen (ontologischer/metaphysischer N. vs. epistemologischer N. vs. methodologischer N. plus weitere Unterarten) sorgt für allerlei Verwirrung und Missverständnisse.
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Re: Der interne "Naturalismusstreit"

Beitragvon Myron » Di 25. Mai 2010, 23:47

Das ist Ausdruck eines echten ontologischen/metaphysischen Naturalismus:

"Naturalism is the view that the universe and nature are the same, so that there is nothing supernatural."
(p. 43)

"Naturalism is the worldview according to which every existent is natural, and none are spiritual or supernatural. Put it negatively: there is nothing outside nature."
(p. 46)

"In metaphysical naturalism, the universe and nature coincide, so that the supernatural is just a fiction."
(p. 47)

(Bunge, Mario. "Advantages and Limits of Naturalism." In The Future of Naturalism, edited by John R. Shook and Paul Kurtz, 43-63. Amherst, NY: Humanity Books (Prometheus), 2009.)


Übrigens, über den methodologischen Naturalismus schreibt Bunge:

"Methodological naturalism prescribes that the design, construction, and operation of measuring instruments should be so as to exclude the possibility that they might be interfered with by unnatural entities, such as ghosts, Descartes' malicious imp, and the experimenter's soul. In other words, no spiritual entity shall interpose itself between the observer and the observed thing. The reason is that, if instrument readings could be accounted for in other ways, they would inform us about thing-spirit compounds rather than about 'normal' (natural or social) things. This does not show that naturalism is dogmatic: it only shows that naturalism is a precondition of scientific knowledge (see Mahner 2007b). However, naturalism is insufficient, for it does not preclude the interference of nonsupernatural immaterial agencies, such as Descartes' mischievous spirit, and paranormal abilities, such as telekinesis. I submit that only materialism can eliminate such fantasies, for it holds that mental processes are brain processes and, as such, undetachable from the body."
(p. 50)

[Mahners Text, den Bunge erwähnt, ist: "Unverzichtbarkeit und Reichweite des ontologischen Naturalismus"]

(Anmerkung: Man muss kein Anhänger der psychophysischen Identitätstheorie sein, um körperunabhängige psychische Erscheinungen ausschließen zu können. Dazu genügt bereits der attributsdualistische Substanzmaterialismus, dem zufolge alle geistigen Eigenschaften körperabhängige Eigenschaften von Körpern sind.)
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Re: Der interne "Naturalismusstreit"

Beitragvon El Schwalmo » Di 25. Mai 2010, 23:57

Myron hat geschrieben:Das ist Ausdruck eines echten ontologischen/metaphysischen Naturalismus:

unbestritten, aber das war nicht mein Thema. Mir ging nicht darum, diese Position darzustellen, sondern gegen Supranaturalisten zu verteidigen.

Wenn ich richtig informiert bin, hat 'Ontologie' die Konnotation 'gerechtfertigtes Weltbild', eben als Seinslehre mit Anspruch auf Geltung. Wenn man seine Ontologie als Hypothese mit eingepreister Fallibilität vertritt, scheint mir das etwas Anderes zu sein.

Es ist halt ein Thread, zu begründen, warum man in den Naturwissenschaften keine eingreifende Übernatur annehmen darf, ein vollkommen anderer, dass keine Übernatur existiert.
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Re: Der interne "Naturalismusstreit"

Beitragvon Myron » Mi 26. Mai 2010, 01:36

El Schwalmo hat geschrieben:Wenn ich richtig informiert bin, hat 'Ontologie' die Konnotation 'gerechtfertigtes Weltbild', eben als Seinslehre mit Anspruch auf Geltung. Wenn man seine Ontologie als Hypothese mit eingepreister Fallibilität vertritt, scheint mir das etwas Anderes zu sein.


"The larger discipline of ontology can thus be seen as having four parts:

* (O1) the study of ontological commitment, i.e. what we or others are committed to,
* (O2) the study of what there is,
* (O3) the study of the most general features of what there is, and how the things there are relate to each other in the metaphysically most general ways,
* (O4) the study of meta-ontology, i.e. saying what task it is that the discipline of ontology should aim to accomplish, if any, how the question it aims to answer should be understood, and with what methodology they can be answered."


(http://plato.stanford.edu/entries/logic-ontology/#3)

Ein Hauptteil betrifft die Frage nach den ontologischen Kategorien, d.h. nach den höchsten Arten von Seiendem:

http://plato.stanford.edu/entries/categories

El Schwalmo hat geschrieben:Es ist halt ein Thread, zu begründen, warum man in den Naturwissenschaften keine eingreifende Übernatur annehmen darf, ein vollkommen anderer, dass keine Übernatur existiert.


Es besteht in der Tat ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Gebot, dass man als Naturwissenschaftler im Rahmen der naturwissenschaftlichen Forschung allgemein so verfahren soll, als gäbe es nichts Übernatürliches, und der Annahme, dass es tatsächlich nichts Übernatürliches gibt.


Und was sagt der Pate der ID-Bewegung dazu?

"By any realistic definition naturalism is a religion, and an extremely dogmatic one. It rests on a basic conviction about ultimate reality that is held by a kind of faith[.]"
———
"Nach jeder realistischen Definition ist der Naturalismus eine Religion, und zwar eine extrem dogmatische. Er beruht auf einer grundlegenden Überzeugung hinsichtlich der Urwirklichkeit, die von einer Art Glaube aufrechterhalten wird."

[© meine Übers.]

(Johnson, Phillip E. The Wedge of Truth: Splitting the Foundations of Naturalism. Downers Grove, IL: InterVarsity, 2000. p. 148)

O Mutter Natur, ich bete Dich an! ;-)
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Re: Der interne "Naturalismusstreit"

Beitragvon Myron » Mi 26. Mai 2010, 03:33

Myron hat geschrieben:Es besteht in der Tat ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Gebot, dass man als Naturwissenschaftler im Rahmen der naturwissenschaftlichen Forschung allgemein so verfahren soll, als gäbe es nichts Übernatürliches, und der Annahme, dass es tatsächlich nichts Übernatürliches gibt.


Fußnote:
Eigentlich ist "Es gibt nichts Übernatürliches" aus naturalistischer Sicht als zeitlos gültige Aussage aufzufassen:
"Es hat in der Vergangenheit nichts Übernatürliches gegeben, es gibt in der Gegenwart nichts Übernatürliches und es wird auch in der Zukunft nichts Übernatürliches geben."
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Re: Der interne "Naturalismusstreit"

Beitragvon El Schwalmo » Mi 26. Mai 2010, 05:30

Myron hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Es besteht in der Tat ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Gebot, dass man als Naturwissenschaftler im Rahmen der naturwissenschaftlichen Forschung allgemein so verfahren soll, als gäbe es nichts Übernatürliches, und der Annahme, dass es tatsächlich nichts Übernatürliches gibt.


Fußnote:
Eigentlich ist "Es gibt nichts Übernatürliches" aus naturalistischer Sicht als zeitlos gültige Aussage aufzufassen:
"Es hat in der Vergangenheit nichts Übernatürliches gegeben, es gibt in der Gegenwart nichts Übernatürliches und es wird auch in der Zukunft nichts Übernatürliches geben."

das ist das Drehen eines Mantras durch die Gebetsmühle. Wahlweise ein Glaubensbekenntnis. Andere singen

"Wie DU warst vor aller Zeit,
So bleibst DU in Ewigkeit"

Interessanter ist die Begründung, und dann sind wir bei der Strategie, die ich vorgeschlagen habe.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mi 26. Mai 2010, 13:33

Myron hat geschrieben:
darwin upheaval hat geschrieben:Aber darum geht es gar nicht. Du bist (oder warst zumindest) ein vehementer Verfechter der These, dass man als Supranaturalist trotzdem gute Wissenschaft betreiben kann, weil es dafür keinen ontologischen Naturalismus brauche.


Wenn der methodologische Naturalismus als metawissenschaftlicher/wissenschaftstheoretischer Nonsupernaturalismus in dem Gebot besteht, dass supernaturalistische Hypothesen als mögliche Explanantia in der naturwissenschaftlichen Forschung außer Betracht bleiben sollen, dann kann man meines Erachtens durchaus an den Werktagen gute Wissenschaft betreiben und am Sonntag an Gott (oder sonstige Geistwesen) glauben.


Exakt. Man kann dem bestenfalls vorwerfen, dass er sich des Orwellschen Zwiedenkens befleißigt, weil er sich an metaphysische Illusionen klammern möchte.

Myron hat geschrieben:Ein theistischer/supernaturalistischer Wissenschaftler, der glaubt, dass übernatürliche Akteure das natürliche Weltgeschehen (regelmäßig) beeinflussen, kann sie ja zumindest während seiner Forschungen theoretisch ausblenden und praktisch so verfahren, als wären sie nicht vorhanden beziehungsweise untätig. Das wäre dann sozusagen ein methodologischer Quasinaturalismus, der mit dem ontologischen Supernaturalismus vereinbar ist.


Das kommt darauf an, von welcher Art die supranaturalische Beeinflussung sein soll. "Zweitursache" ist noch okay, weil sie nicht als Antithese zu kausalen Erklärungen aufgeboten wird. Das ist bei dem ID-Kreazzitum anders. Ein ID-ler kann in den Bereichen, wo ihm seine Weltanschauung im Weg steht, keine saubere Wissenschaft mehr betreiben. Denn dazu hört auch und in erster Linie die Modellbildung. Wie es um die "Modelle" der Evolutionsgegner bestellt ist, ist hinlänglich bekannt.
Zuletzt geändert von darwin upheaval am Mi 26. Mai 2010, 14:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mi 26. Mai 2010, 13:55

Myron hat geschrieben:
darwin upheaval hat geschrieben:Im Gegensatz zu Dir werde ich ein treffendes Argument gegen den Kreationismus ohne Ansehen der Person jedoch auch weiterhin als treffend bezeichnen, selbst wenn es von jemandem wie Hemminger kommt.


Mir ist ein bibelkritischer theistischer Evolutionist auch lieber als ein bibelhöriger theistischer Antievolutionist.
(Wie stimmig die Kombination aus Theismus und Evolutionismus in sich ist, ist dabei eine andere Frage.)


Diesem Pauschalurteil möchte ich mich nicht anschließen. Im Gegenteil, meine langjähriger Erfahrung ist, dass man mit liberalen Theisen häufig vernünftiger diskutieren und vor allem besser kooperieren kann, als mit Menschen, die sich als "Naturalist" oder Agnostiker bezeichnen. Letztere sind häufig Eigenbrötler und strahlen oft eine menschliche Kälte und Arroganz aus, die es bei Christen so nicht zu geben scheint. Aber das ist natürlich meine persönliche Einschätzung.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mi 26. Mai 2010, 14:03

El Schwalmo hat geschrieben:Das ist meine persönliche Meinung, Du hast eine andere. Das respektiere ich.


Dann wäre es schön, wenn Du daraus die Konsequenzen ziehen würdest. Dazu würde vor allem gehören, Deine konziliante Haltung gegenüber den (ID-) Kreazzis aufzugeben und einzuräumen, dass Naturwissenschaft genuin ontologisch-naturalistisch ist.

Wenn sich jemand wie Hemminger nicht mehr über Evolution und Kreationismus äußern darf, dann sollten Reinhard Junker und W.-E. Lönnig erst Recht die Klappe halten, wenn sie sich über wissenschaftliche, vor allem evolutionsbiologische Dinge äußern, weil die noch weit mehr "Partei" sind. Du solltest dazu stehen, dass die eine Pseudowissenschaft vertreten, weil sie den wissenschaftlichen Naturalismus verdrehen. Und vor allem sollest Du Dawkins' "Gotteswahn" in den Himmel loben. Zu all dem solltest Du Dich genauso unverblümt und öffentlich bekennen, wie dazu, dass Du Hemminger, Beyer etc. für Lügner hältst.
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Re: Der interne "Naturalismusstreit"

Beitragvon darwin upheaval » Mi 26. Mai 2010, 14:13

Myron hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Es besteht in der Tat ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Gebot, dass man als Naturwissenschaftler im Rahmen der naturwissenschaftlichen Forschung allgemein so verfahren soll, als gäbe es nichts Übernatürliches, und der Annahme, dass es tatsächlich nichts Übernatürliches gibt.


Fußnote:
Eigentlich ist "Es gibt nichts Übernatürliches" aus naturalistischer Sicht als zeitlos gültige Aussage aufzufassen:
"Es hat in der Vergangenheit nichts Übernatürliches gegeben, es gibt in der Gegenwart nichts Übernatürliches und es wird auch in der Zukunft nichts Übernatürliches geben."


Du hättest dazu schreiben sollen, dass es sich hier um ein ontologisches Sparprogramm handelt, das selbstverständlich unter Fallibilitätsvorbehalt steht (methodologisch erzwungene, ontologische "Nullhypothese"). Sonst kann E.S. seinen Strohmann mit der Fehletikettierung "ontologischer Naturalismus" wieder aus der Mottenkíste holen, wie er es ja wieder getan hat.

Übrigens, das hat schon was: Einerseits zu behaupten, man solle, wenn man über den ontologischen Naturalismus sensu Mahner redet, nicht Sukopp und Neukamm referieren, andererseits aber den ontologischen N. sensu Mahner permanent umzuetikettieren, weil man unter dem Begriff "ontologischen N." eine besonders angreifbare Position verstanden haben möchte, die in der akademischen Philosophie so gut wie niemand mehr vertritt. Und als Dreingabe, zur Klärung aller philosophischen Fragen sozusagen, auf einen Text zu verweisen, der noch gar nicht erschienen ist. Wenn in diesem Text der ontologische N. genauso charakterisiert wird, wie E.S. es hier tut, na dann gute Nacht.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mi 26. Mai 2010, 14:41

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:eben. Und nun darfst Du Dich fragen, ob Mahner diesen Unterschied macht oder auch nur akzeptiert. Lass uns noch ein Weilchen warten, bald kannst Du das en Detail nachlesen.


Noch einmal, das naturalistische Minimalgebot lautet also:

"Verhalte dich in deiner Rolle als Naturwissenschaftler bei deiner naturwissenschaftlichen Forschung so, wie wenn es nichts Übernatürliches gäbe!"

Das möchte ich definitiv nicht "ontologischer Naturalismus" nennen—nicht einmal "schwacher ontologischer Naturalismus"


Nun, das aber ist genau der Fall. Denn hinter dem "Verhalten" steckt nichts anderes als die ontologische Annahme, dass die Welt durchgehend kausal strukturiert ist. Niemand geht davon aus, dass sich eine Messappatatur plötzlich in Kaugummi verwandelt oder dass irgend ein Alien vor 200 Mio. Jahre Gebirge aufgetürmt hat. Genau das ist ontologischer (methodologisch erzwungener) Naturalismus!

Myron hat geschrieben:—, da es sowohl mit dem Supernaturalismus als auch dem agnostischen Naturalismus (Nonsupernaturalismus) [* vereinbar ist.


Nein, die Position ist mit dem Supranaturalismus nicht vereinbar. Überall dort, wo jemand supranaturalistische Akte postuliert, wird die wissenschaftliche Methodologie gesprengt. Auch die Haltung liberaler Christen ist diesbezüglich nicht konsistent. Nur tangiert das die Naturwissenschaften nicht, solange nur die Existenz eines Gottes postuliert wird, der via "Zweitursachen" wirkt. Dass der Begriff "Zweitursache" ein undefinierbares Breiwort ist, darüber sind wir uns einig. Das in einer intellektuell lauteren Weise zu vertreten, ist das Problem des Theisten, nicht das der Wissenschaft oder akademischen Philosophie. Zumindest solange der sagt: "Zweitursachen sind keine Alternative zu natürlichen Mechanismen".
Zuletzt geändert von darwin upheaval am Mi 26. Mai 2010, 14:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Mi 26. Mai 2010, 14:43

darwin upheaval hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Das ist meine persönliche Meinung, Du hast eine andere. Das respektiere ich.


Dann wäre es schön, wenn Du daraus die Konsequenzen ziehen würdest.

ich habe daraus die korrekten Konsequenzen gezogen. Ich respektiere Deine Meinung.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mi 26. Mai 2010, 14:45

El Schwalmo hat geschrieben:
darwin upheaval hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Das ist meine persönliche Meinung, Du hast eine andere. Das respektiere ich.


Dann wäre es schön, wenn Du daraus die Konsequenzen ziehen würdest.

ich habe daraus die korrekten Konsequenzen gezogen.


Das ist, wie oben begründet, leider nicht Fall. Die Gründe stecken in dem, was Du gesnippt hast.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Mi 26. Mai 2010, 14:46

darwin upheaval hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:
darwin upheaval hat geschrieben:Im Gegensatz zu Dir werde ich ein treffendes Argument gegen den Kreationismus ohne Ansehen der Person jedoch auch weiterhin als treffend bezeichnen, selbst wenn es von jemandem wie Hemminger kommt.


Mir ist ein bibelkritischer theistischer Evolutionist auch lieber als ein bibelhöriger theistischer Antievolutionist.
(Wie stimmig die Kombination aus Theismus und Evolutionismus in sich ist, ist dabei eine andere Frage.)


Diesem Pauschalurteil möchte ich mich nicht anschließen. Im Gegenteil, meine langjähriger Erfahrung ist, dass man mit liberalen Theisen häufig vernünftiger diskutieren und vor allem besser kooperieren kann, als mit Menschen, die sich als "Naturalist" oder Agnostiker bezeichnen. Letztere sind häufig Eigenbrötler und strahlen oft eine menschliche Kälte und Arroganz aus, die es bei Christen so nicht zu geben scheint. Aber das ist natürlich meine persönliche Einschätzung.

vermutlich wirst Du auch, falls Dir jemand erzählt, dass ihm Katzen lieber sind als Hunde, verkünden, dass Du Fische als kalt empfindest.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Mi 26. Mai 2010, 14:53

darwin upheaval hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:ich habe daraus die korrekten Konsequenzen gezogen.

Das ist, wie oben begründet, leider nicht Fall. Die Gründe stecken in dem, was Du gesnippt hast.

dann lass sie dort ruhig stecken, das ist in 'korrekte Konsequenzen' eingepreist.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mi 26. Mai 2010, 14:58

Myron hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Der ontologische Szientismus könnte einen allerdings auch zum Glauben an abstrakte und damit scheinbar nichtnatürliche Entitäten wie Mengen verpflichten, falls diese bei der wissenschaftlichen Theorienbildung eine unverzichtbare ontologische Rolle spielen.


Dass der Naturalismus mit dem Glauben an konkrete immaterielle Objekte unvereinbar ist, ist völlig klar; doch es stellt sich die Frage, ob er auch mit dem Glauben an abstrakte immaterielle Objekte unvereinbar ist.


Nur der Materialismus (der den Naturalismus einschließt) schließt immaterielle Dinge aus, nicht per se der Naturalismus. Im übrigen sind Abstrakta immer immateriell und umgekehrt. "Die Fünf" beispielsweise ist kein konkretes Ding, sondern ein abstraktes Objekt.

Myron hat geschrieben:Muss ein Naturalist in Bezug auf Abstrakta ein genereller Nominalist sein, oder kann er zumindest einige abstrakte Objekte für existent erachten?


Ja sicher. Die Fünf ist ja existent, aber eben nur in unseren Gehirnen. Der Fünf haftet auch nichts Übernatürliches an.
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Re: Der interne "Naturalismusstreit"

Beitragvon Myron » Mi 26. Mai 2010, 16:38

El Schwalmo hat geschrieben:das ist das Drehen eines Mantras durch die Gebetsmühle. Wahlweise ein Glaubensbekenntnis.


In der Philosophie geht es um Glauben und nicht um Wissen.
(Das heißt nicht, dass alle philosophischen Ansichten grundsätzlich gleichwertig sind.)
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