Ok, dann nehm ich es eben Stück für Stück auseinander:
xander1 hat geschrieben:jesus hat sich somit auch selbst betrogen, weil er zu feige war, seinem "vater" (=gott) zu widersprechen, um die sache richtig anzugehen.
Was Jesus von Nazareth, der nicht so einfach mit der Fantasiegestalt der Bibel gleichgesetzt werden darf, über seinen Vater gedacht hat und was seine politischen Ziele waren, ist unter Historikern stark umstritten. Es ist nichteinmal klar, ob er sich tatsächlich selbst als Sohn Gottes sah. In jedem Fall dürfte er kaum der Meinung gewesen sein, dass ein offener Widerspruch zu seinem Vater irgendeinen Nutzen gehabt hätte. Wie sollte man auch gegen ein allmächtiges, superweises Wesen ankommen?
Du denkst hier wohl außerdem in modernen westeuropäischen Kategorien, was zeigt, wie wenig du dich auf die damalige Situation und Kultur eingelassen hast, und ergo, wie wenig du über die historische Figur Jesus von Nazareth weißt. Widerspruch gegen den Vater beispielsweise ist bis heute in der nahöstlichen Kultur selten eine mutige Handlung, sondern arroganter Ungehorsam. Auch dürften die Vorstellungen eines nazarenischen Rebellen und eines Studenten des 21. Jahrhunderts über eine "Sache richtig angehen" deutlich auseinandergehen.
xander1 hat geschrieben:jesus hat die damaligen menschen betrogen, weil er ihnen die rettung so ankündigte, als stünde sie kurz bevor.
Jesus von Nazareth war vermutlich ein Rebell, der in erster Linie Angst um die jüdische Kultur hatte, er pflegte einen Protonationalismus, wollte zurück zu den spirituellen Wurzeln des Judentums und das Joch der Römer abwerfen. Es ist SEHR gut möglich, dass er ehrlich hoffte, die Römer mit Gottes Hilfe in einem Aufstand hinwegzufegen. Jesus hat damals populäre Hoffnungen addressiert, mit Betrug hat das erstmal gar nichts zu tun.
xander1 hat geschrieben:jesus hat die damaligen menschen gemäß meinen gesprächs-annahmen geheilt, sie mussten aber im laufe der zeit doch wieder krank werden und sterben. was soll das? das ist betrug gegen die menschlichkeit, wenn er nur seine wunderkräfte unter beweis stellen wollte, was an sich toll ist, aber zu wenig, er hätte rücksichtsvoller sein sollen.
Soll ich jetzt lachen? Wunderglaube ist seit Jahrtausenden weiterbreitet und über alle möglichen Leute wurden solche Geschichten erzählt, im Nahen Osten genauso wie im europäischen Mittelalter. Sowas gehörte einfach zur Grundaustattung eines charismatischen Führers und er muss diese Geschichten nichteinmal vorsätzlich in die Welt gesetzt haben. Menschen dichten sich allen möglichen Unsinn zusammen, wenn sie Hoffnungsträger haben und Jesus war für eine Zeitlang nunmal die zentrale Figur eines spirituellen Hypes, so wie eine Reihe in Vergessenheit geratener anderer religiöse Charismatiker dieser Zeit auch. Wir wissen NICHTS über den Ursprung dieser Geschichten, also sollten wir uns mit Beurteilungen zurückhalten.
xander1 hat geschrieben:jesus hat sogar die pharisäer, saduzäer und schriftgelehrten betrogen, denn so, wie er sich in szene setzte, war es aufgrund der politischen situation in verbindung mit dem zeitgeist vorhersehbar, dass diese geistig verknöcherten idioten ihn umbringen würden.
Gar nichts war voraussehbar. Im Nachhinein wirkt im historischen Geschehen immer alles so schön klar und auf einen Punkt zulaufend. Wenn man aber direkt drinsteckt, nur über bedingte Informationen verfügt und bestimmte politische Ziele in einem sich dynamisch ändernden politischen und sozialen Umfeld verfolgt, dann ist vieles Glücksspiel. So klar und voraussehbar, wie du tust, war das nicht. Jesus hätte auch durchkommen können mit der jüdischen Erneuerung, die jüdische Elite in einem offenen Tribunal beseitigen können und zum Kampf gegen Rom aufrufen können.
Und selbst wenn sein Tod absehbar war - wo ist da der Betrug?
xander1 hat geschrieben:Im alten Testament gibt es eine Textstelle in der Juden mehrere Propheten umgebracht haben, schon allein deshalb war es klar, dass sie Jesus umbringen werden
er hätte es als sohn gottes wissen müssen
Ja, und, was zeigt das nun?
Erstens gibt es genug Ankündigungen im Neuen Testament, die den Eindruck erwecken, dass Jesus das Wissen um seinen Tod besaß und trotzdem weitermachte, UM am Kreuz sterben zu können. MIt der Bibel sind hier also keine Widersprüche nachzuweisen.
Zweitens zeigt deine Argumentation höchstens, dass Jesus nicht Gottes Sohn war. Ob er sich in einem Wahn dafür gehalten hat und also
ehrliche Intentionen hatte, kannst du nicht wissen. Oder willst du seine Leiche wiederbeleben und in den Kernspin schieben?
xander1 hat geschrieben:wollte er sich bemitleiden lassen? das mitleid anderer zu erzwingen ist betrug. denn das an sich ist völlig unnötiges leid und führt zu einer gewissen verherrlichung des märtyrertodes, was viele nachahmer auf den plan gerufen hat.
das hätte er wissen müssen, also war er ein betrüger.
Du zeigst einmal mehr, dass du den Begriff des Betruges nicht verstanden hast UND dir völlig falsche Vorstellungen über unser Wissen über den historischen Jesus machst.
Betrug geschieht vorsätzlich! Wenn Jesus tatsächlich glaubte, er würde sein Volk durch seinen Tod reinwaschen, so war das zwar nicht wahr, aber er hat auch nicht gelogen. Betrug setzt aber gezieltes Lügen voraus.
Nochmal: Du weißt nicht was in Jesu Kopf vorging! Also hör endlich auf, dem Mann, bei all seinen Fehlern, Dinge zu unterstellen, die einer psychologischen Analyse bedürften. Da es aber keine authentischen Primärquellen von Jesus selbst gibt und der Herr auch nicht mehr körperlich untersuchbar ist, kannst du dir die ganzen Unterstellungen sparen. Akzeptiere einfach, dass wir schlicht und einfach nicht mehr feststellen können, was der historische Jesus tatsächlich gedacht und beabsichtigt hat.
xander1 hat geschrieben:er hat das leid der welt legitimiert, indem er eine rettung angekündigt hat, die bis heute nicht eingetroffen ist.
Ein Betrug wäre es dann, wenn er gewusst hätte, dass Rettung nicht eintreffen wird oder wenn er das Leid vorsätzlich verursacht hätte. Beides ist zu verneinen. Er hat das Leid legitimiert, weil in seinem religiösen Wunschdenken alles andere keinen Sinn machte. Das ist Verblendung, aber keine vorsätzliche Täuschung anderer. Er hat sich um Erklärungen bemüht, die aus den Annahmen über die Welt, die er kannte, sinnvoll wären. Das ist kein Betrug, das ist die verzweifelte Suche nach Sinn im Leid und Trost. Es ist einfach nur Wunschdenken.
xander1 hat geschrieben:sämtliche religionen interpretieren das leid als notwendigkeit, die aus irgendeinem verwirrendem grund bestehen muss. daraus könnte eine handlungsfaulheit bestehen, der rel. mensch benimmt sich hilflos und will nichts ändern, weil er es als schiksal betrachtet. das ist betrug, denn die welt könnte evtl. besser aussehen. wir wurden an unseren möglichkeiten und fähigkeiten mit psychologischen mitteln behindert, also betrogen.
Betrug geschieht vorsätzlich, Fehlinterpretationen versehentlich. Soll ich es noch ein paar mal hinschreiben?
xander1 hat geschrieben:summiert man sämtliches leid fein säuberlich zusammen, dass aus dem richtigen verständnis, oder gar aus missverständnissen der christlichen doktrina entstanden ist, so muss einem schwindelig werden. hat er das nicht vorhersehen können? oder wollte er es so?
Es gibt kein "richtiges" Verständnis religiöser Glaubenssätze, da kommunizierte Inhalte (Schrifttum, mündliche Überlieferungen) immer der Interpretation bedürfen. Dazu gibt es einen ganzen philosophischen Zweig, die Hermeneutik.
Hat er das vorsehen können? Warum hätte er das können sollen?
Wollte er es so? Welchen Antrieb hätte er haben sollen?
Kommst du vielleicht einfach mal auf die Idee, dass eine historische Persönlichkeit mit großem Eifer nach einem spirituellen wahren Weg gesucht hat, sehr von sich selbst überzeugt war und dachte, den Menschen etwas gutes zu tun und die Wahrheit zu verkünden? Man kann Jesus in Ansätzen vorwerfen, dass er nicht genug nachgedacht hat, wobei sich auch das durch seine historische Situation relativiert, aber ich bezweifle stark, dass es irgendwelche Belege dafür gibt, dass er jemanden gezielt über's Ohr hauen wollte.
xander1 hat geschrieben:in beiden fällen ist das betrug. im ersten fall, weil er es vorhersah, aber keine präventiven maßnahmen ergriff oder gegenwärtig einschritt noch einschreitet. im zweiten fall, weil er seinen willen über den willen anderer geschöpfe stellte. das ist logischer betrug, denn es gibt keinen vernünftigen grund, wenn man die machtebene nicht berücksichtigt, warum ein bewusstsein sich über andere bewusstseine erheben sollte.
Erstens gibt es nicht nur diese beiden Alternativen.
Zweitens war Jesus in seiner subjektiven Sicht gefangen und hatte nicht das Wissen, das du hast. Es ist bequem, Menschen anderer Zeiten zu verurteilen, weil man hinterher immer klüger ist. Fair ist das deshalb noch lange nicht.
xander1 hat geschrieben:Dafür haben folgende Annahmen gegolten:
1. annahme: jesus hat gelebt
2. annahme: jesus hat wirklich wunder gewirkt, wie sie in der bibel beschrieben werden und auch sonst würde die damalige realität völlig mit der bibel übereinstimmen
2a. dass er ein großer redner war
2b. dass er relativ arm war
2c. dass er gottes sohn war
2d. dass er sich selbst zurückstellte, um andere zu belehren und zu heilen, usw.
Wofür sind diese Annahmen gut? Jesus war eine historische Person, über die später eine Menge Geschichte geschrieben und vieles erfunden wurde. Warum sollte man die Märchenerzählungen irgendwelcher Leute zur Grundlage nehmen? Den Religionsgründer Jesus, wie er in der Bibel steht, gab es so nicht. Wenn du über diese fiktionale Figur jetzt behaupten willst, sie habe betrügerische Absichten gehabt, liegst du ja noch mehr daneben: Eine fiktionale Figur hat keine Absichten. Harry Potter kann keinen Betrug begehen, weil es ihn nicht gibt. Joanne K. Rowling kann Harry Potter Betrug innerhalb der Geschichten begehen lassen, das ist alles. Und es gilt nur INNERHALB der Geschichten.
xander1 hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Betrug setzt intentionale Manipulation voraus, das kannst du einem Menschen, der vor 2.000 Jahren (höchstwahrscheinlich!) gelebt hat, einfach nicht nachweisen.
Doch, durch die Bibel, und das habe ich soeben gemacht.
Du bist ja wirklich dreist. Was würdest du sagen, wenn ich ein heiliges Buch schreiben würde, in dem du als Prophet vorkommen würdest, da einige haarsträubende Geschichten reinpacken würde und dann Bionic bitten würde, dir anhand des Buches Betrug nachzuweisen. Du kämst dir nicht zufällig leicht veräppelt vor?
xander1 hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Jesus von Nazareth mag Trugschlüssen aufgesessen sein, zu einem Betrüger macht ihn das noch lange nicht.
Als Implikation wäre diese Aussage richtig, aber er hatte keine Trugschlüsse. Selbst wenn er Trugschlüsse hatte, ist es immer noch ein Selbstbetrug. Wenn jemand meint er wäre Gottes Sohn und andere glauben das, dann ist das kein Selbstbetrug sondern Betrug.
Betrug setzt, wie oft noch, das Wissen um die wahren Umstände und die
absichtliche Fehldarstellung dieser Umstände zum
Zwecke der Täuschung und damit verbundenen Bereicherung gegenüber anderen Subjekten voraus. DU behauptest, dass Jesus von Nazareth wusste, dass er nicht Gottes Sohn ist und es absichtlich behauptet hat, um Macht zu erlangen. Dafür hast du schlicht und ergreifend keinerlei Beweise.
xander1 hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Du kannst natürlich behaupten, Jesus und ähnliche Charismatiker seien auch Selbstbetrüger.
Der einzige Selbstbetrug von Jesus ist, dass er seinen Tod nicht vorhersehen konnte, ansonsten ist er ein Betrüger und das ist hier ausführlich begründet worden.
Ausführlich und falsch.
xander1 hat geschrieben:Ich habe viele Gründe aufgezählt. Du argumentierst nicht mal dagegen, sondern ignorierst sie, als seien sie nicht da.
Ich habe es jetzt nochmal lang und breit auseinandergenommen.
xander1 hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Wer seine eigene Ideologie glaubt, der kann keinen Betrug durch diese Ideologie beabsichtigen.
Wenn man aber erkennen kann, dass jemand Vorteile durch diese Ideologie erlangt, dann liegt es nahe, dass er ein Betrüger ist. Es ist allein wenn man sich die Ideologie anschaut offensichtlich, wenn ein Betrug vorliegt. Man kann aber mitbetrügen, wenn man einfach das Gegenteil behauptet. Aber das spielt alles keine Rolle, denn die Bibel enthält mehr als nur eine Ideologie, und aus diesen anderen Dingen, die hier aufgezählt wurden, kann man den Betrug ablesen.
Du kannst keinen "Betrug ablesen". Für wen oder was hältst DU dich eigentlich? Du hast allenfalls äußerst unsichere und in vielen Fällen inkonsistente Versuche gemacht, Indizien für Betrug zu finden. Entweder stammen diese Indizien aber aus unsicheren und Sekundärquellen (Bibel) oder benötigen vorurteilsbehaftete Grundannahmen deinerseits, um als Indizien durchzugehen.
Ein Beispiel dafür ist deine hier penetrant vorgestellte Überzeugung, Jesus und seine Anhänger hätten einen objektiven Zugang zu ihrer eigenen Ideologie gehabt und hätten deren Inkonsistenzen daher nicht nur überblicken können, sondern auch überblicken müssen. Es ist deiner Ansicht nach notwendig, dass sie das getan haben und daraus folgerst du, dass sie Betrüger sein müssen. Wenn du dir mal ansiehst, wie viele Menschen auf dieser Welt dümmliche Ideologien mit festem Glauben für wahr halten, dann solltest du von dieser Position schleunigst Abstand nehmen. Jesus dachte höchstwahrscheinlich, dass er dem jüdischen Volk die Wahrheit predigt und etwas Gutes tut, er glaubte tatsächlich an sich und seine Ideologie. Er wollte niemanden täuschen, sondern das ans Licht bringen, was seiner Meinung nach die Wahrheit war. Nicht mehr und nicht weniger.