Gesellschaftsordnung und Kaste

Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Fr 13. Aug 2010, 14:25

In Indien unterscheidet man vier Hauptkasten (Varnas):

1. Brahmanen (traditionell die intellektuelle Elite, Ausleger heiliger Schriften (Veda), Priester)
2. Kshatriyas (traditionell Krieger und Fürsten, höhere Beamte)
3. Vaishyas (traditionell Händler, Kaufleute, Grundbesitzer, Landwirte)
4. Shudras (traditionell Handwerker, Pachtbauern, Tagelöhner)
(Quelle Wikipedia)

Unleugbar haben auch alle westlichen Länder ihre Gesellschaftsordnungen, die nach wirtschaftlichen Aspekten im Wesentlichen aber nichts anderes darstellen.

Häufig und ausgiebig wird immer wieder darüber diskutiert, was Politik "tun muss" (müsste, sollte), um bestimmte soziale Missstände aufzuheben, die aber bei genauerer Betrachtung widerrum nichts anderes sind, als gesellschaftliche Ordnungssysteme.

Ich vermute, dass das Aufheben von Grenzen einer soziologischen Zugehörigkeit (im Großen und Ganzen) eine unnötige Sisyphos-Arbeit bedeutet, weil aus naturalistischer Sicht, alles natürliche sich automatisch eine funktionierende Ordnung schafft. Als Beispiel seien hier staatenbildende Insekten oder in Rudel lebende Säuger genannt, deren Überleben gerade durch die Einteilung in soziologischen Hierarchien funktioniert.

Würden wir uns damit abgeben, dass wir sind, wozu wir geboren wurden, wäre das Leben nicht leichter?
Und würde es nicht automatisch den Kapitalismus entkräften?

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon arcalexx » Fr 13. Aug 2010, 16:18

Auch in westlichen Ländern gibt es Kasten, aber nicht aus religiösen Gründen wie in Indien, sondern weil Menschen nun mal mit verschiedenen Fähigkeiten und Begabungen geboren werden. So kann einer besser Sonaten schreiben, der andere besser auf der Börse spekulieren und der dritte besser auf die Fresse hauen. So haben wir gleich - zack! - drei Kategorien, drei Schichten. Ein Straßenboxer aus Berlin-Neukölln wird sich in einem Künstler-Cafe genauso langweilen wie ein Banker in einem Box-Trainigsraum.
Im Gegensatz zu dem indischen System ist aber bei uns ein Übergang von einem sozialen Milieu ins andere möglich - wenn auch zuweilen schwer. Etwas Schlechtes kann ich an dem System nicht erkennen, solange eben die Möglichkeit des Übergangs gewährleistet ist.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 16:45

stine hat geschrieben:Ich vermute, dass das Aufheben von Grenzen einer soziologischen Zugehörigkeit (im Großen und Ganzen) eine unnötige Sisyphos-Arbeit bedeutet, weil aus naturalistischer Sicht, alles natürliche sich automatisch eine funktionierende Ordnung schafft. Als Beispiel seien hier staatenbildende Insekten oder in Rudel lebende Säuger genannt, deren Überleben gerade durch die Einteilung in soziologischen Hierarchien funktioniert.


Man muss nur hinterfragen, wieso unsere heutige Ordnung denn keine natürliche, funktionierende, sich automatisch entwickelnde Ordnung sein soll. Dann kommt man dahinter, dass es bei solchen Argumenten nur darum geht, eine ganz bestimmte Ordnung zu forcieren, die eben gerade nicht natürlich ist. Deine Präferenzen scheinen sogar hinter das zurückzugehen, was man hier zu Lande "konservativ" nennt - wer das indische Kastensystem für eine natürliche Ordnung hält, denkt schon reaktionär.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon Bionic » Fr 13. Aug 2010, 16:56

ujmp hat geschrieben:eine ganz bestimmte Ordnung zu forcieren, die eben gerade nicht natürlich ist.

Warum meinst du?
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 17:45

"Natürlich" wäre es, wenn ein Mensch sich seinen Fähigkeiten gemäß frei entfalten darf. Obwohl die Analogie zu den Ameisen, die vergleichsweise primitive Lebewesen sind, nichts rechtfertigt, ist das sogar bei ihnen so: Ein Arbeitsameise kann auch nichts anderes.

Die Kastenzugehörigkeit eines Menschen wird aber durch die Kastenzugehörigkeit seiner Eltern bestimmt. Die Angehörigen einer bestimmten Kaste können nicht in eine andere Kaste wechseln. Was soll daran "natürlich" sein? Nirgendwo in der Natur gibt es dafür sonst ein Beispiel! Es ist genau so absurd, wie wenn man eine Arbeitsameise in die "Kaste der Königinnen" einordnen würde. An so etwas kann man nur Interesse haben, wenn man den Wettbewerb scheut und sich bewusst ist, dass man einen sozialen Status zu Unrecht geniest. Solche Leute sind gegen Chancengleichheit, weil sie ihren Satus für sich und ihre Kinder zementieren wollen. Sie sagen zu einem Kind aus armen Verhältnissen: "Du schaffst sowieso nie ein Studium, weil deine Eltern auch keins geschafft haben, wass sollen wir für deine Bildung noch Geld ausgeben?" - Aber Ok, es ist natürlich: z.B. ist es die Natur von Löwen, die Jungen von anderen Vätern totzubeißen. Allerdings muss sich so ein Löwe diese Position auch erst erkämpfen und bekommt sie nicht durch Kastenzugehörigkeit geschenkt - d.h. irgendwann sind seine Jungen dran...
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Fr 13. Aug 2010, 18:21

arcalexx hat geschrieben:Etwas Schlechtes kann ich an dem System nicht erkennen, solange eben die Möglichkeit des Übergangs gewährleistet ist.
Geht mir genauso.

ujmp hat geschrieben:Allerdings muss sich so ein Löwe diese Position auch erst erkämpfen...
Das wäre eben die Frage: Wäre der Löwe nicht nur triebgesteuert, müsste er sich seinen Rang auch erkämpfen?
Vielleicht liegt er ja lieber faul rum und begnügt sich mit den Speiseresten der Großfamilie nebenan?

ujmp hat geschrieben:Man muss nur hinterfragen, wieso unsere heutige Ordnung denn keine natürliche, funktionierende, sich automatisch entwickelnde Ordnung sein soll. Dann kommt man dahinter, dass es bei solchen Argumenten nur darum geht, eine ganz bestimmte Ordnung zu forcieren, die eben gerade nicht natürlich ist. Deine Präferenzen scheinen sogar hinter das zurückzugehen, was man hier zu Lande "konservativ" nennt - wer das indische Kastensystem für eine natürliche Ordnung hält, denkt schon reaktionär.
Mir geht es wie Bionic: Wie meinst du das?

Natürlich haben wir hier keine natürliche Ordnung mehr, wenn man im Detail betrachtet, dass zB nur eine ganz bestimmte Art der Bildung zur Vorschrift wird. Wir haben keine natürliche Ordnung mehr, wenn wir nur bestimmte Leister anerkennen und andere im System verhungern lassen. Die natürliche Ordnung wäre, wie arcalexx schreibt, die Ordnung der Fähigkeiten, aber die müsste unabhängig von Bezahlung sein. Würde jeder bei seinen persönlichen Fähigkeiten, egal auf welchem Gebiet, bleiben können, wäre es unsinnig etwas anstreben zu wollen, was man nicht gerne tut, aber tun muss, um in einer Gesellschaft Anerkennung zu finden.

Die Gleichwertigkeit der Aufgaben wäre also ein Ziel. Das indische Kastensystem hat die Aufgaben unterteilt in
1. traditionelle, intellektuelle Elite,
2. Krieger und Fürsten, höhere Beamte,
3. Händler, Kaufleute, Grundbesitzer, Landwirte
und
4. Handwerker, Pachtbauern, Tagelöhner

Wo ist das Problem?
Das Problem entsteht, wenn man einer Kaste eine Höherwertigkeit zuspricht. Intellektuelle Elite zB verglichen mit Tagelöhner.
Gebraucht werden alle vier der angegebenen Kasten. Nicht die Zugehörigkeit ist das eigentliche Problem, es ist die Anerkennung und das fehlende Wissen darüber, dass in einem funktionierendem System alle Fähigkeiten gebraucht werden.

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 18:49

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Allerdings muss sich so ein Löwe diese Position auch erst erkämpfen...
Das wäre eben die Frage: Wäre der Löwe nicht nur triebgesteuert, müsste er sich seinen Rang auch erkämpfen?

Wenn er in einem unnatürlich Kastensystem leben würde, evtl. nicht.
stine hat geschrieben:Vielleicht liegt er ja lieber faul rum und begnügt sich mit den Speiseresten der Großfamilie nebenan?

Die Freiheit hat er, solange er nicht in die Freiheit eines anderen Menschen eingreift. Die "Großfamilie" bezahlt ihn ja dafür, dass er nicht kämpft.

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Man muss nur hinterfragen, wieso unsere heutige Ordnung denn keine natürliche, funktionierende, sich automatisch entwickelnde Ordnung sein soll. Dann kommt man dahinter, dass es bei solchen Argumenten nur darum geht, eine ganz bestimmte Ordnung zu forcieren, die eben gerade nicht natürlich ist. Deine Präferenzen scheinen sogar hinter das zurückzugehen, was man hier zu Lande "konservativ" nennt - wer das indische Kastensystem für eine natürliche Ordnung hält, denkt schon reaktionär.
Mir geht es wie Bionic: Wie meinst du das?.

Das kann nicht so schwer sein. Die Kastenordnung teilt die Menschen unabhängig von ihren Fähigkeiten und Anlagen in soziale Rangordnungen ein, die sie nicht verlassen können, sondern denen sie durch die Kastenzugehörigkeit ihrer Eltern angehören. Hier zu Lande war das im Mittelalter das letze mal so, als der Adel nur unter sich heiratete und die Bauern Leibeigene Sklaven waren, mit denen der Adel machen konnte, was er wollte. Das ist also nicht mehr "konservativ" zu nennen, weil es keinen Stand "konservieren" will, sondern "reaktionär", weil es längst überwundene Gesellschaftsmodelle aus der Mottenkiste vorholt, es will hinter das bereits Erreichte wieder zurück. So verständlicher?


stine hat geschrieben:Die natürliche Ordnung wäre, wie arcalexx schreibt, die Ordnung der Fähigkeiten,

Genau dies gewährleistet das Kastensystem nicht, jedoch eine Gesellschaft, in der Chancengleichheit herrscht.

stine hat geschrieben:Das Problem entsteht, wenn man einer Kaste eine Höherwertigkeit zuspricht. Intellektuelle Elite zB verglichen mit Tagelöhner.
Gebraucht werden alle vier der angegebenen Kasten. Nicht die Zugehörigkeit ist das eigentliche Problem, es ist die Anerkennung und das fehlende Wissen darüber, dass in einem funktionierendem System alle Fähigkeiten gebraucht werden.


"Kaste" kann man nicht mit "Klasse" gleichsetzen, da man zu einer Klasse nicht notwendig (nur möglicherweise) durch Geburt gehört. Dein Gedanke enthält aber einen interessanten Gedanken - man nennt ihn "Kommunismus" ;-)
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Fr 13. Aug 2010, 21:31

ujmp hat geschrieben:Die Kastenordnung teilt die Menschen unabhängig von ihren Fähigkeiten und Anlagen in soziale Rangordnungen ein, die sie nicht verlassen können, sondern denen sie durch die Kastenzugehörigkeit ihrer Eltern angehören. Hier zu Lande war das im Mittelalter das letze mal so, als der Adel nur unter sich heiratete und die Bauern Leibeigene Sklaven waren, mit denen der Adel machen konnte, was er wollte. Das ist also nicht mehr "konservativ" zu nennen, weil es keinen Stand "konservieren" will, sondern "reaktionär", weil es längst überwundene Gesellschaftsmodelle aus der Mottenkiste vorholt, es will hinter das bereits Erreichte wieder zurück. So verständlicher?
Ja.
Die Zuordnung per Geburt ist heute zwar bedingt änderbar, aber auch nicht immer. Adlige heiraten immer noch gerne untereinander (Ausgenommen Königssöhne, die frisches Blut in die Familie bringen wollen oder müssen. :mg: ) und Frauen dürfen ihren Adelstitel auch immer noch nicht weitergeben, das bleibt nach wie vor ausschließlich den Männern vorbehalten.

Die Fabrik des Vaters übernehmen, den Adelstitel weitergeben, die Hochschule besuchen, in der schon der Vater studierte, das ist alles kein Problem, wer möchte schon aus solcher Kaste fliehen? Schon eher versteht man hier die Fluchtgedanken eines Arbeiters, der sich für seine Kinder mehr Anerkennung erhofft, wenn sie es mal weiter bringen. Musikunterricht und zweite Fremdsprache im Kindergartenalter sollen richten, was man sonst nicht weitergeben kann. Klar, das kann gut gehen, muss aber nicht. Frustration und Leistungsverweigerung sind häufig die Folge.

@ujmp: Prinzipiell habe ich hier noch nicht weitergedacht. Ich wollte nur mal einen Versuchsballon starten und schauen, wohin sich dieser bewegt. An den Kommunismus hatte ich ehrlich gesagt nicht gedacht. :mg:

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 22:46

stine hat geschrieben:Ja.
Die Zuordnung per Geburt ist heute zwar bedingt änderbar, aber auch nicht immer. Adlige heiraten immer noch gerne untereinander (Ausgenommen Königssöhne, die frisches Blut in die Familie bringen wollen oder müssen. :mg: ) und Frauen dürfen ihren Adelstitel auch immer noch nicht weitergeben, das bleibt nach wie vor ausschließlich den Männern vorbehalten.

Ich dachte es mir schon, dass du dich damit bestens auskennst. Stimmt es, dass sie durch Inzucht viele Schwachsinnige haben?

stine hat geschrieben:Die Fabrik des Vaters übernehmen, den Adelstitel weitergeben, die Hochschule besuchen, in der schon der Vater studierte, das ist alles kein Problem, wer möchte schon aus solcher Kaste fliehen? Schon eher versteht man hier die Fluchtgedanken eines Arbeiters, der sich für seine Kinder mehr Anerkennung erhofft, wenn sie es mal weiter bringen. Musikunterricht und zweite Fremdsprache im Kindergartenalter sollen richten, was man sonst nicht weitergeben kann. Klar, das kann gut gehen, muss aber nicht. Frustration und Leistungsverweigerung sind häufig die Folge.

Das ist wieder eins von deinen einäugigen Argumenten. Es ist keine "Flucht aus einer Kaste", wenn sich jemand seinen Fähigkeiten entsprechend entfaltet, sondern, wenn du so willst, sein "natürliches Recht". Und umgedreht erwirbt man einen Doktortitel nicht durch Geburt. Wenn die Tochter vom Herrn Doktor nicht das nötige Zeug für ein Medizinstudium hat, wird sie sicher glücklicher in einem einfachreren Job werden. Das muss jeder Mensch selbst wissen und für sich entscheiden. Was wir jedenfalls nicht brauchen sind Gesellschaftsmodelle aus Frauenillustrierten, die nur noch antiquarisch zu haben sind und die man mit der Pinzette umblättern muss, damit sie nicht vor lauter Alterschwäche zerbröseln.

stine hat geschrieben:@ujmp: Prinzipiell habe ich hier noch nicht weitergedacht. Ich wollte nur mal einen Versuchsballon starten und schauen, wohin sich dieser bewegt. An den Kommunismus hatte ich ehrlich gesagt nicht gedacht.

Wohin sich dieser bewegt? Bei solchen Versuchsballons habe ich eher den Eindruck, du willst sehen, wie sie abgeschossen werden. Gib zu, es gefällt dir, wenn es so richtig kracht!
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Sa 14. Aug 2010, 09:41

ujmp hat geschrieben:Es ist keine "Flucht aus einer Kaste", wenn sich jemand seinen Fähigkeiten entsprechend entfaltet, sondern, wenn du so willst, sein "natürliches Recht".
Gegen das Recht zur Entfaltung ist nichts einzuwenden. Ich habe aber den Eindruck, dass diese Entfaltung oft auf Biegen und Brechen vorangetrieben wird. Mancheiner kann sich einfach nicht besser entfalten und muss doch mithalten können. Wo das Recht zur Pflicht wird, ist es aus mit der Entfaltung.

ujmp hat geschrieben:Gib zu, es gefällt dir, wenn es so richtig kracht!
Manchmal schon :veg: .
Doch meist gefallen mir solche Diskussionen deswegen, weil ich meine persönliche Einstellung damit überprüfen oder auch nachbessern kann. Ich bin immer noch lernfähig und kein sturer Büffel. :^^:

ujmp hat geschrieben:...Gesellschaftsmodelle aus Frauenillustrierten...
Welche wären das?

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 14. Aug 2010, 10:03

Manche pflegen halt ihr reaktionäres Frauenbild bis zum Erbrechen und merken es vielleicht(?) gar nicht.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon ujmp » Sa 14. Aug 2010, 11:09

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es ist keine "Flucht aus einer Kaste", wenn sich jemand seinen Fähigkeiten entsprechend entfaltet, sondern, wenn du so willst, sein "natürliches Recht".
Gegen das Recht zur Entfaltung ist nichts einzuwenden. Ich habe aber den Eindruck, dass diese Entfaltung oft auf Biegen und Brechen vorangetrieben wird. Mancheiner kann sich einfach nicht besser entfalten und muss doch mithalten können. Wo das Recht zur Pflicht wird, ist es aus mit der Entfaltung.

Vielleicht kannst du mal konkret werden. So weit ich deine Ansichten hier kennengelernt habe, wendest du dich gegen Chancengleichtheit in der Bildung. Ich behaupte, dass du der Meinung bist, Kinder aus einfachen Familien gehören auch in einfache Verhältnisse und sollen ruhig dort bleiben. Das ist das Kastensystem in deinem Kopf. Wenn du es ehrlich meinen würdest, wäre es dir auch recht, das die Tochter von Frau Doktor nicht dem Zwang ausgesetzt wird, "mithalten zu können" sondern ggf. sozial absteigt, wenn sie nicht ganz so nach der Mamma kommt. Das wäre in deinem Sinn "natürlich". Bei den Anstrengungen im Bildungssystem geht es auch nicht darum, Menschen "auf Biegen und Brechen" zu formen, sondern darum, ihnen optimale Bedingungen zur Entfaltung einzurichten, sie freizusetzen. Ich behaupte, dass du nichts gegen gute Bildung hast, aber etwas dagegen, dass allen Menschen eine gute Bildung zu teil wird.

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Gib zu, es gefällt dir, wenn es so richtig kracht!
Manchmal schon :veg: .
Doch meist gefallen mir solche Diskussionen deswegen, weil ich meine persönliche Einstellung damit überprüfen oder auch nachbessern kann. Ich bin immer noch lernfähig und kein sturer Büffel. :^^:

Davon bin ich auch überzeugt, sonst würde ich nicht mit dir diskutieren. ;-)

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:...Gesellschaftsmodelle aus Frauenillustrierten...
Welche wären das?

Na z.B. der "Adel" - das Kastendenken, dass diese Wurstblätter ausgiebig pflegen. Ich hab nie verstanden, was an diesen Dutzendmenschen so interessant sein soll. Allerdings, das letzte mal, als ich so eine Zeitung gelesen habe, war ich noch Teenager.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon Mark » Sa 14. Aug 2010, 11:15

Jedes System das darauf ausgelegt ist seine Ordnung vollständig zu erhalten ist reaktionär und falsch. Es gibt kein Optimum und die Gesellschaft ist dynamisch also muss die Ordnung auch immer dynamisch sein.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon ujmp » Sa 14. Aug 2010, 11:18

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Manche pflegen halt ihr reaktionäres Frauenbild bis zum Erbrechen und merken es vielleicht(?) gar nicht.

"Manchmal" stimmt es einfach:

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Mo 16. Aug 2010, 17:17

Ich hab mich mal ein bisschen schlau gemacht: Also das Frauenbild in der Bild der Frau ist im Prinzip völlig unkastenmäßig, denn das Wesentliche ín diesem Bild ist ja gerade, dass sich kleine Arbeitermädchen in die Königshäuser einheiraten und Models, egal woher, sich die Superreichen angeln. Damit ist jegliches Kastendenken erst mal Lügen gestraft.

Mark hat geschrieben:Es gibt kein Optimum und die Gesellschaft ist dynamisch also muss die Ordnung auch immer dynamisch sein.
Ist eine dynamische Ordnung denn überhaupt eine?

ujmp hat geschrieben:Vielleicht kannst du mal konkret werden. So weit ich deine Ansichten hier kennengelernt habe, wendest du dich gegen Chancengleichtheit in der Bildung. Ich behaupte, dass du der Meinung bist, Kinder aus einfachen Familien gehören auch in einfache Verhältnisse und sollen ruhig dort bleiben. Das ist das Kastensystem in deinem Kopf. Wenn du es ehrlich meinen würdest, wäre es dir auch recht, das die Tochter von Frau Doktor nicht dem Zwang ausgesetzt wird, "mithalten zu können" sondern ggf. sozial absteigt, wenn sie nicht ganz so nach der Mamma kommt. Das wäre in deinem Sinn "natürlich". Bei den Anstrengungen im Bildungssystem geht es auch nicht darum, Menschen "auf Biegen und Brechen" zu formen, sondern darum, ihnen optimale Bedingungen zur Entfaltung einzurichten, sie freizusetzen. Ich behaupte, dass du nichts gegen gute Bildung hast, aber etwas dagegen, dass allen Menschen eine gute Bildung zu teil wird.

1. Meine Ansichten hast du überhaupt noch nicht kennengelernt, sonst würdest du nicht immer wieder in so merkwürdige Anklagen verfallen.
2. Chancengleichheit ja, aber es gibt kein Naturgesetz, dass aus gleichen Chancen auch immer gleiche Ergebnisse resultieren. Wenn man nun die Bildungsanforderungen so weit nach unten schraubt, dass auch der Unbegabteste noch zu seinem Hochschulabschluss kommt, dann kommt das einer Abstrafung der Intelligenz gleich.
3. Einfache Familien? Was meinst du damit? Arme? Oder Dumme? Oder was?
4. Ja, wenn das Doktorentöchterlein es auf der Regelschule nicht schafft einen Abschluss hinzukriegen, dann soll sie was anderes lernen. Kinder aus reichem Hause werden gezielt in sogenannte "Eliteschmieden" gesteckt, wo sich nicht immer die Begabtesten wiederfinden, sondern in der Regel die Reichsten.
4. Optimale Bildungsbedingung heisst für mich nicht, jedem sein Abitur und sein Studium, sondern jedem das Maximale, was auch immer das sein soll.

Mir kommt der Verdacht, dass du genau wie Gesamtdeutschland derzeit die Kaste nach der Bildung festmachst:
ungebildet = arm = untere Gesellschaftsschicht
gebildet = reich = obere Gesellschaftsschicht

Das liest sich erstmal schlüssig, aber was ist mit den reichgeborenen Sprößlingen die wegen fehlender Begabung ihr Bildungsangebot gar nicht nützen können? Es gibt doch genügend Beispiele in der Szene, dass mangelnde Bildung nicht immer arm macht.
Und was ist mit dem blitzgescheitem Arbeiterkind, dessen Eltern ein Stipendium bewirkt haben, um das Kind zu fördern? Denkst du er steigt deswegen in die Welt der oberen 10 000 auf?
Ich denke, dass die Bildung hier keine Rolle spielt. Man ist, was man ist. Und wer sich damit abfindet, hat es leichter.

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon ujmp » Mo 30. Aug 2010, 20:10

stine hat geschrieben:Und was ist mit dem blitzgescheitem Arbeiterkind, dessen Eltern ein Stipendium bewirkt haben, um das Kind zu fördern? Denkst du er steigt deswegen in die Welt der oberen 10 000 auf?
Ich denke, dass die Bildung hier keine Rolle spielt. Man ist, was man ist. Und wer sich damit abfindet, hat es leichter.


Da irrst du dich. Bildung garantiert zwar nichts, aber ohne Bildung wird es garantiert nichts. Ein Mensch, der sich nicht entfalten kann, darf eben nicht sein, "was man ist". Er muss sich irgendwann gegen die Gesellschaft zur wehr setzen, die ihn einsperrt, sonst wird er krank. Es sind ja gerade diejenigen, die ihren Status zu unrecht beanspruchen, die sich am wenigsten damit abfinden können "was man ist". Bei Kindern ist nur das Problem, dass sie selbst nicht einschätzen können, was es bedeutet, ein paar Hirnwindungen mehr zu haben. Sie merken das evtl. überhaupt nicht oder schämen sich dafür, zu "hochtrabende" Gedanken zu haben und passen sich an, um dazuzugehören. Diese Menschen werden bestraft, wenn man sagt "du kommst aus der Unterschicht, deswegen gehörst du auch dort hin, finde dich damit ab, dann hast du es leichter!".
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon musicman » Di 31. Aug 2010, 12:44

stine hat geschrieben:I
Und was ist mit dem blitzgescheitem Arbeiterkind, dessen Eltern ein Stipendium bewirkt haben, um das Kind zu fördern? Denkst du er steigt deswegen in die Welt der oberen 10 000 auf?
Ich denke, dass die Bildung hier keine Rolle spielt. Man ist, was man ist. Und wer sich damit abfindet, hat es leichter.

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@stine,

ich habe den Eindruck, Du wirst hier oft mißverstanden, weil Du die Neigung hast, vieles zu vermischen.
Nehmen wir mal die beiden Sätze von Dir, das ist ein Kuddelmuddel und das Ergebnis entsprechend.

Dein zweiter Satz da oben, das ist doch Unfug, denn natürlich kann man sich weiterentwickeln, man kommt doch nicht auf die Welt und bleibt was man ist, sondern wird was man aus sich macht.
Nach deiner Logik müsste ich in einem Wohnwagen durchs Land ziehen und saufen, weil mein Vater ein Alkoholiker und meine Mutter eine Roma war.
Mir stand aber nicht der Sinn danach, allerdings habe ich eine Menge Leute getroffen, die so dachten wie Du und denen es absolut nicht gefiel, wenn sie einer aus downtown überholt.
Neidisch war ich aber nie auf diese Typen, denn sie waren zu satt und hatten keinen Biß und ihre Mädels leichte Beute und dort scheint mir auch die Angst des Bürgertms vor Veränderung ihren Ursprung zu haben, sie haben Angst, dass man ihnen die Schnitten wegnimmt. :(

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Do 2. Sep 2010, 14:29

musicman hat geschrieben:ich habe den Eindruck, Du wirst hier oft mißverstanden, weil Du die Neigung hast, vieles zu vermischen.
Stimmt, das hat damit zu tun, dass meine Gehirnhälften ständig miteinander wechselwirken und dass das zur Folge haben könnte, dass ich die Einzige bin, die die Zusammenhänge erkennt.

musicman hat geschrieben:...die Angst des Bürgertms vor Veränderung ihren Ursprung zu haben, sie haben Angst, dass man ihnen die Schnitten wegnimmt. :(
Wieso sollte eine Ausweitung des Bürgertums die Angst vor dessen Untergang schüren?
Das würde sich doch widersprechen, nicht wahr?
Meine Aussage ist nur, dass eine gebildete Unterschicht noch lange keinen Zugang zu den sogenannten elitären Kreisen hat. Bildung allein hilft noch gar nichts. Man braucht auch das nötige Vitamin "B", wie es früher hieß und wenn du das nicht hast, dann kannst du dich auf den Kopf stellen und mit den Händen klatschen, du wirst es nicht schaffen, in weitere Kreise aufgenommen zu werden, höchstens als geduldeter Vortragskünstler.

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 2. Sep 2010, 14:45

In seiner Absolutheit ist dies übertrieben. Aber die Tendenz stimmt, mit Beziehungen kommst du schneller weiter, mit Beziehungen kommst du auch bei schlechterer Qualifikation weiter bzw. überhaupt erst in Bereiche, die ohne Beziehungen mit der mangelnden Qualifikation unerreichbar wären. Heiraten schafft z.B. solche Beziehungen, Frauen sind da stark im Vorteil, da Männer andere Auswahlkriterien für ihr Schmuckstück haben. :kg:
Ausnahmen bestätigen diese "Regel".
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Do 2. Sep 2010, 19:41

1von6,5Milliarden hat geschrieben:... mit Beziehungen kommst du auch bei schlechterer Qualifikation weiter bzw. überhaupt erst in Bereiche, die ohne Beziehungen mit der mangelnden Qualifikation unerreichbar wären.
Und genau deshalb ist das ganze Bildungsgeschwafle der Regierung und ihrer Opposition nur ein Hinhalten und Augenwischen. In Wirklichkeit interessiert das niemanden.

In einem Kaff im hintersten Winkel Bayerns wird derzeit ein altes Schulhaus energiesaniert. Die Bautafel Vorort lässt erahnen, wieviele Handwerksbetriebe hier für die nächste Zeit ein gutes Einkommen haben werden. Außer einem Kleinstmusseum befindet sich in diesem Haus nichts mehr von Interesse. Ich frage mich einmal mehr: Sind das die versprochenen Bildungsausgaben?

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