Die Existenz-Argumente für Gott

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 28. Aug 2010, 11:26

stine hat geschrieben:Wer das Universum in etwa kennt, der weiß, wie wahnsinnig gering die Wahrscheinlichkeit ist, einen Planeten zu beleben und eine Spezies, gleich dem Menschen, darauf aufleben zu lassen, die sich der Größe und Einzigartikeit ihrer Existenz bewusst werden kann.
...
Die Existenz des selbstbewussten und schaffenden Menschen ist für mich daher das beste Argument für Gott.
Dies ist nur ein kindlich-religiöser, humanozentrischer Fehlschluss - und durch "Einzigartigkeit" natürlich schon ein zirkelschließendes Problem.
Ja, die Chance "für einen Planeten" ist gering Leben zu beherbergen, bei der ungeheuer großen Anzahl an Planeten ist es aber wahrscheinlich, dass es einige, sogar viele davon gibt. Und dann ist wiederum die Chance, dass sich auch im Lauf der Zeit - also irgendwann, dies muss nicht gleichzeitig auf allen solchen Planeten sein - irgendwo dort "höheres" Leben entwickelt nicht so gering. Nur ist die Chance gering, dass der tumbe Homo sapiens so ein Lebewesen trifft gering (dies ist ein Zeit und ein Raum-Problem) und das ganz große Problem ist, dass Mensch nach "seinesgleichen" sucht und da meist ein recht beschränktes Sichtfeld hat.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Die Existenz- Argumete fuer Gott

Beitragvon gavagai » Sa 28. Aug 2010, 12:26

Servus Philo,
obwohl ich dir in der Tendenz (so ich diese richtig ausmache: Existenz Gottes nicht nachweisbar) zustimme, ist mir deine Argumentation doch zu schnell.
Philo hat geschrieben:Gott hingegen - so erklären verklärte Theisten - sei nicht eingrenzbar.
Das ist übel, denn was nicht eingrenzbar ist, ist auch nicht definierbar,

Woher nimmst du diese These? Vielleicht ist dein "eingrenzbar" nicht das "eingrenzbar" des Gottesbehaupters.
Die Primzahlen sind nicht eingrenzbar, aber locker definierbar. Weitere Gegenbeispiele zu Deiner These ließen sich leicht anführen.
Philo hat geschrieben:und was nicht definierbar ist, übt keine Wechselwirkung aus, denn nur was wechselwirkt, kann definiert und benannt werden.
Schon wieder zwei schnell hingeworfene Thesen. Beide widerlege ich.
1) was nicht definierbar ist, übt keine Wechselwirkung aus
Oft wird eine Wirkung festgestellt ohne dass der Physiker sagen kann, was dahinter steckt. Er stellt dann die These auf: da ist ein XY, dass diese Wirkung erzeugt. Das XY kann er nicht definieren (da er erst weiterforschen muss), trotzdem ist die Wirkung bekannt. Oder ein konkretes Beispiel aus der Wissenschaftsgeschichte:
die Wirkung Ebbe/Flut war seit Menschengedenken bekannt; die Ursache konnte aber nicht benannt werden, noch viel weniger definiert. Wieder etwas, was nicht definierbar ist, aber eine Wirkung ausübte.
2) nur was wechselwirkt, kann definiert und benannt werden
Keinesfalls. Ich definiere "gerade rationale ganze Zahl". Diese übt keine Wechselwirkung aus und kann definiert werden.
Philo hat geschrieben:Wenn "Gott" aber ein personales Wesen sein sollte, dann ist er auch identifizierbar, und was identifizierbar ist, muss eingrenzbar sein, und was eingrenzbar ist, kann nicht grenzenlos sein.
Auch das scheint mir ein gewiefter Theologe leicht widerlegen zu können. Ich möchte mich nicht reinhängen, meine aber, dass besonders die Teilbehauptung: "was identifizierbar ist, muss eingrenzbar sein" auf wackligen Füssen steht.
Ich identifiziere eine Gerade durch zwei Punkte im Raum. Sie ist aber nicht eingrenzbar: sie kommt aus dem Unendlichen und geht ins Unendliche.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon Klaus » Sa 28. Aug 2010, 15:26

gavagai hat geschrieben:Ich identifiziere eine Gerade durch zwei Punkte im Raum. Sie ist aber nicht eingrenzbar: sie kommt aus dem Unendlichen und geht ins Unendliche.


Richtig eine Gerade wird durch zwei Punkte im Raum bestimmt. Damit ist sie begrenzt. Die Linie ist nicht eingrenzbar, sie ist unendlich, scheinbar.
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon stine » Sa 28. Aug 2010, 16:09

1von6,5Milliarden hat geschrieben:... und das ganz große Problem ist, dass Mensch nach "seinesgleichen" sucht und da meist ein recht beschränktes Sichtfeld hat.
Das ist das Hauptproblem bei der Suche nach einem oder sowas wie "Gott".

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 28. Aug 2010, 16:13

Nein, die Suche nach so etwas wie "Gott" ist ja nur eine (heute) lächerliche Suche nach einem "Über-Menschen" gepaart mit einer Erklärung für Welt, Leben und Tod.
Wie war es mit "und Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild"?
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon stine » Sa 28. Aug 2010, 18:10

Was die frühen Menschen gedacht und niedergeschrieben haben ist ihres Verstandes würdig gewesen.
Wir sollten das nicht überbewerten. Man kann sich doch ganz neu auf die Suche machen, oder?

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 28. Aug 2010, 18:45

stine hat geschrieben:Man kann sich doch ganz neu auf die Suche machen, oder?
Selbstverständlich! Die Suche (nach neuem) ist ja eine der Triebfedern der Menschheit.
Nur auf die Suche nach was?
Nach einem oder mehren Göttern? Dies wäre unserem heutigen Wissenstand nicht angemessen.
Nach Leben außerhalb unserer Biosphäre? Ja, dies wäre (bzw. ist) angemessen.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon gavagai » Sa 28. Aug 2010, 19:05

Klaus hat geschrieben:
gavagai hat geschrieben:Ich identifiziere eine Gerade durch zwei Punkte im Raum. Sie ist aber nicht eingrenzbar: sie kommt aus dem Unendlichen und geht ins Unendliche.


Richtig eine Gerade wird durch zwei Punkte im Raum bestimmt. Damit ist sie begrenzt. Die Linie ist nicht eingrenzbar, sie ist unendlich, scheinbar.
Na ja, da hast du andere Vorstellungen als üblicherweise in der Geometrie: eine Gerade wird dort durch 2 Punkte definiert und ist nach beiden Seiten unendlich und damit unbegrenzt.
Aber wie dem sei: ich schließe mich um des Arguments willen deinem Sprachgebrauch an: dann ist eben die Linie sehr wohl durch 2 Punkte definert aber nicht begrenzt.
Es ging mir ja nur darum die These zu widerlegen, was unbegrenzt ist könne man nicht definieren.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon gavagai » Sa 28. Aug 2010, 19:09

stine hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:... und das ganz große Problem ist, dass Mensch nach "seinesgleichen" sucht und da meist ein recht beschränktes Sichtfeld hat.
Das ist das Hauptproblem bei der Suche nach einem oder sowas wie "Gott".

Da stimme ich zu. Gebe aber zu bedenken, dass ein wichtiger Angelpunkt in der christlichen (zumindest der katholischen Sicht; ich war mal Katholik) Sicht ist, dass der Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen wurde.
Ich denke mir, dass diese Ebenbildhaftigkeit theologisch schwer zu fassen ist (und sie wird ja auch AFAIK schwer diskutiert), aber ganz verschieden kann ein Ebenbild vom Original nicht sein.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon gavagai » Sa 28. Aug 2010, 19:12

Servus,
erst jetzt lese ich, dass auch 1von6,5Milliarden schon die Ebenbildhaftigkeit ins Gespräch gebracht hat. Vielleicht kann sich dazu mal ein Kundiger äußern.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon laie » Sa 28. Aug 2010, 20:18

gavagai hat geschrieben:Servus,
erst jetzt lese ich, dass auch 1von6,5Milliarden schon die Ebenbildhaftigkeit ins Gespräch gebracht hat. Vielleicht kann sich dazu mal ein Kundiger äußern.


Das mit der Ebenbildhaftigkeit bezieht sich nicht nur auf den Menschen, sondern schlechthin auf alles Kreatürliche, einerlei ob Stein, Maus oder Mensch. Alles ist nach Gottes Ebenbild geschaffen, da Gott das Urbild von allen Dingen ist (man erkennt hier ohne Mühe den Einfluss von Platons Ideenlehre). Alles ist Abbild eines Urbildes.

Das kann in meinen Augen nur mengentheoretisch bzw. sprachlogisch verstanden werden. Es ist m.E. ein Irrglaube, Gott als etwas materielles identfizieren zu wollen. Gott ist natürlich eine Schöpfung meines (und nicht nur meines) Verstandes. Gibt es keine Menschen auf der Erde, gibt es auch keinen Gott mehr. Ich bin dagegen der Überzeugung, dass man prima glauben kann, ohne dass es Gott als ein materielles Etwas in der Natur gibt. Das kann man ganz zwanglos, ohne irgendwelche Verrenkungen. Denn in meinen Augen ist das wichtigste die Tätigkeit des Glaubens, also zu glauben, nicht, an Gott zu glauben. Gott ist für mich nur ein Konzept, auf den ich meinen Glauben richte. Solche Produkte des Geistes als konzeptionelle Hilfsmittel gibt es ja viele, so z.B. den Hegelschen Weltgeist oder das kantsche Absolute Böse.
laie
 
Beiträge: 615
Registriert: Di 13. Apr 2010, 16:33

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon laie » Sa 28. Aug 2010, 20:50

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Nein, die Suche nach so etwas wie "Gott" ist ja nur eine (heute) lächerliche Suche nach einem "Über-Menschen" gepaart mit einer Erklärung für Welt, Leben und Tod.
Wie war es mit "und Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild"?


Gott bewahre uns vor so einer Comic Figur!
laie
 
Beiträge: 615
Registriert: Di 13. Apr 2010, 16:33

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon stine » Sa 28. Aug 2010, 21:32

laie hat geschrieben:Gott ist natürlich eine Schöpfung meines (und nicht nur meines) Verstandes. Gibt es keine Menschen auf der Erde, gibt es auch keinen Gott mehr.
Wenn Gott die Spiritualität aller gläubigen Menschen ist, dann kann man wohl sagen, dass er/es existent ist.
Gibt es denn die Zahlen, mit denen Mathematiker ihre abstrakten Denkmuster beschreiben wirklich? Die Muster sind logisch und werden mittels einer erdachten Notation dargestellt. Die gesamte Mathematik ist aber nichts anderes, als das Produkt menschlichen Geistes.
Und verschwindet sie mit dem letzten Menschen? Ja und nein, sie wird halt nicht mehr gedacht.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon gavagai » Sa 28. Aug 2010, 22:27

laie hat geschrieben:Das mit der Ebenbildhaftigkeit bezieht sich nicht nur auf den Menschen, sondern schlechthin auf alles Kreatürliche, einerlei ob Stein, Maus oder Mensch. Alles ist nach Gottes Ebenbild geschaffen, da Gott das Urbild von allen Dingen ist (man erkennt hier ohne Mühe den Einfluss von Platons Ideenlehre). Alles ist Abbild eines Urbildes.

Entschuldige, wenn ich zuerst nach einem Kundigen rufe und dann Einwände erhebe. Meine Genesisübersetzung lautet: "Gott schuf also den Menschen als sein Abbild: als Abbild Gottes schuf er ihn" Gen 1, 27. Woher nimmst du die Verallgemeinerung?
Ist dieser Teil der Genesis nicht älter als Platon, so dass die Beeinflussung durch Platon fragwürdig wäre?
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon laie » So 29. Aug 2010, 06:29

Und wie hat Gott den Rest geschaffen? Etwa nicht als seine Abbilder? Wo nimmst Du diese Verallgemeinerung, dass Gott den Rest der Schöpfung nicht als sein Abbild geschaffen hat?

An einem anderen Ort hatte ich geschrieben, dass Gottes Existenz nur logisch-mengentheoretisch zu fassen ist, jedenfalls für mich. Glaube ist auch immer die Bestimmung des Verhältnisses des Konkreten zum Allgemeinen, dem Abstrakten. Ich denke, sobald es Menschen gibt und menschliche Sprache, dann kleben die Wörter nicht mehr nur an mir und meinen nicht mehr ausschließlich mich selbst, sondern die Sprache wird öffentlich und damit abstrakt; zunächst einmal in dem ganz naiven Sinn, dass die Bedeutung der Wörter von Privatem absieht oder abstrahiert. Abstrakta wie Gerechtigkeit, Schönheit, Gnade, Güte und eben als Urmenge aller dieser Abstrakta: Gott, liegen m.E. inherent in dem Vermögen der Sprache des Menschen.

Die Schöpfung findet sozusagen in jedem Menschen neu statt. Das ist der ganze Trick. Glaube ich.

Ich muss wohl zugeben, daß etwa 90% Prozent aller Gläubigen, einschließlich der vom Glauben Abgefallenen, dies nicht so sehen. Aber frei nach Meister Eckhart: auch die, die mit halben Segel über das Meer fahren, kommen irgendwann an.
laie
 
Beiträge: 615
Registriert: Di 13. Apr 2010, 16:33

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon gavagai » So 29. Aug 2010, 09:12

Servus Laie,
ich bin jetzt unsicher, ob du mein Posting ansprichst. Es wäre gut, wenn du zitieren würdest, auf was du dich beziehst.
laie hat geschrieben:Und wie hat Gott den Rest geschaffen?

1) Gott gibt es nicht. Folglich ist die Frage eigentlich sinnlos.
Aber angenommen, es gibt Gott, dann
2) Gott kann "den Rest" schaffen wie sie/er es für angemessen hält.
laie hat geschrieben:Etwa nicht als seine Abbilder?
Richtig, dafür gibt es nicht die geringsten Anzeichen.
Wenn ein Stein, ein Morasthäufchen, ein Wasserstoffatom, ein Esel, eine Made und ich, alle Gottes Abbild sind, dann möchte ich Gott nicht begegnen: ich müßte mich übergeben.
laie hat geschrieben:Wo nimmst Du diese Verallgemeinerung, dass Gott den Rest der Schöpfung nicht als sein Abbild geschaffen hat?

1) Die Bedeutung des Wortes Abbild ist es, dass das Abgebildete der Vorlage in den wesentlichen Eigenschaften gleich oder doch zumindest sehr ähnlich ist. Dass Gott demnach einem TBC-Bakterium in wesentlichen Eigenschaften ähnlich ist behauptest du. Ich sehe dafür nicht die geringsten Anzeichen.
2) Zudem steht eben in der Bibel ausdrücklich, dass Gott den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Bei den anderen Objekten steht das nicht. Vielleicht hat das eine Bedeutung. Denk mal nach!
3) Die Menschenwürde gründet sich im christlichen Kontext wesentlich oder zumindest mit durch diese Ebenbildlichkeit, die nur dem Menschen zukommt.
Wohlgemerkt: alles nach dem ersten 1) habe ich nur um des Arguments willen beantwortet: ich sehe nix, was die Existenzannahme von Göttern rechtfertigt.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon ganimed » So 29. Aug 2010, 09:49

Wenn hier die Genesis zitiert wird, zucke ich gerade unwillkürlich zusammen. Die Bibel, überlege ich gerade, taugt als Zeuge irgendwie gar nicht. Man kann ihr höchstens entnehmen, was sich die Gläubigen so vorgestellt haben vor langer Zeit. Aber auch das erscheint mir wenig nützlich, weil doch die lange Zeit und die möglichen Übersetzungsungenauigkeiten für einige Verfälschungen sorgen dürften. Sollte man als Deutschsprachiger nicht hundert mal eher zum letzten Buch von Joseph Ratzinger greifen? Nur mal so ein Gedanke.

Und überhaupt erscheint mir der sprachliche Zugang suspekt. Gelingt es hier den Gläubigen Widersprüche nachzuweisen ("du Gläubiger hast gesagt grenzenlos aber nicht definierbar, aber ätschi, das ist ja gar nicht logisch"), dann hat man eigentlich nur gezeigt, dass sich der Gläubige unlogisch ausdrückt. Aber die eigentliche Frage ob es einen Gott gibt (der vielleicht ja auch sprachlich unbegabte Gläubige liebt) die hat man damit noch lange nicht geklärt.

Ich finde, das beste Mittel zur Ausnüchterung von Gläubigen (wenn wir sie bekehren wollten) ist, sie einem ständigen Regen von Wissenschaftlichkeit zu beprasseln. Die Wissenschaft erklärt einige Aspekte der Welt ganz gut, vor allem auch, wieso sich Menschen das mit Gott vermutlich ausgedacht haben. Hat man wissenschafthistorisch genügend Beispiele vor Augen, wo die menschliche Intuition völlig in die Irre zu laufen pflegt und erst wissenschaftliche Nüchternheit zurück aufs rechte Gleis führt, dann beginnt man möglicherweise an seinen eigenen Gotteserfahrungen gebührend zu zweifeln.

Aber wieso sollten wir eigentlich Gläubige bekehren wollen? Ich habe zumindest manchmal das zweifelnde Gefühl, dass der Aufwand nicht lohnt und es auch keinen Spaß macht, in unzuverlässigen Bibelstellen nach Hinweisen auf deren Unrichtigkeit zu fahnden.
Benutzeravatar
ganimed
 
Beiträge: 1687
Registriert: Sa 23. Aug 2008, 22:35

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon gavagai » So 29. Aug 2010, 13:03

ganimed hat geschrieben:Wenn hier die Genesis zitiert wird, zucke ich gerade unwillkürlich zusammen. Die Bibel, überlege ich gerade, taugt als Zeuge irgendwie gar nicht.
Doch, genau dann, wenn man mit jemand argumentiert, der sich selbst für seine Argumentation auf die Bibel beruft.
ganimed hat geschrieben:Man kann ihr höchstens entnehmen, was sich die Gläubigen so vorgestellt haben vor langer Zeit. Aber auch das erscheint mir wenig nützlich, weil doch die lange Zeit und die möglichen Übersetzungsungenauigkeiten für einige Verfälschungen sorgen dürften. Sollte man als Deutschsprachiger nicht hundert mal eher zum letzten Buch von Joseph Ratzinger greifen? Nur mal so ein Gedanke.

Das sehe ich nicht so, gerade wegen deines vorangestellten Arguments von der Ungenauigkeit jeglicher Übersetzung.
Warum soll ich noch eine Ungenauigkeitsstufe mithinzunehmen und nicht die – sagen wir – Einheitsübersetzung der Bibel nehmen und stattdessen die Interpretation des Ratzingers? Da kommt zur Übersetzungsungenauigkeit noch Ratzingers persönlicher Hintergrund, Ausbildung etc. als Ungenauigkeit hinzu.
ganimed hat geschrieben:Aber wieso sollten wir eigentlich Gläubige bekehren wollen? Ich habe zumindest manchmal das zweifelnde Gefühl, dass der Aufwand nicht lohnt und es auch keinen Spaß macht, in unzuverlässigen Bibelstellen nach Hinweisen auf deren Unrichtigkeit zu fahnden.

Das sehe ich ebenfalls anders. Die Gläubigen haben in allen Bereichen einen enormen Einfluss und beeinflussen vieles (alles?) in ihrem Sinne. Da muss die Kindergärtnerin kath. werden, wenn es sonst an ihrem Wohnort keinen Job gibt; oder jemand traut sich nicht sich scheiden zu lassen, weil sonst sein Job im Altersheim wackelt. Das sind nur 2 Beispiele. Und das alles "befruchtet" sich wechselseitig: man braucht die einflussreichen Kirchen weil sie ja so mildtätig sind (es wird vergeessen, dass sie zu 90% oder mehr aus Steuergeldern finanziert sind; da kann ich auch ein Altersheim betreiben und mich in öffentlicher Anerkennung sonnen). Und umgekehrt dürfen die Kirchen so manches, was andere nicht dürfen. Man denke nur an den 6000 Euro Ring des Mixa aus Waisenhausgeldern.
Außerdem missionieren gerade die großen Kirchen - oft auf unsere Kosten - alle Welt.
Ich will niemand bekehren, aber ich will – wenn möglich – manchnem die Augen öffnen auf welch dünnem Eis sich sein / der gesamte Götterglaube bewegt.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon ganimed » So 29. Aug 2010, 14:28

gavagai hat geschrieben:wenn man mit jemand argumentiert, der sich selbst für seine Argumentation auf die Bibel beruft.

Das meine ich ja gerade. Das auf die Bibel berufen sollte man gar nicht erst akzeptieren. Dieser jemand kann ja gerne Argumente aus der Bibel zitieren und verwenden. Aber "das steht schon in der Bibel" kann kein Argument für sich sein.

gavagai hat geschrieben:Warum soll ich noch eine Ungenauigkeitsstufe mithinzunehmen und nicht die – sagen wir – Einheitsübersetzung der Bibel nehmen und stattdessen die Interpretation des Ratzingers? Da kommt zur Übersetzungsungenauigkeit noch Ratzingers persönlicher Hintergrund, Ausbildung etc. als Ungenauigkeit hinzu.

Sicher, da kommen Ungenauigkeiten hinzu. Aber ziemlich viele Ungenauigkeiten fallen auch weg. Hirtenvolk-Kultur-Unsinn zum Beispiel, also dass man Frauen als Sklaven halten soll und fremde Völker abschlachten sollte und so was alles. Die Bibel ist ein ziemlich alter Text und genau dadurch ziemlich unbrauchbar. Diesen Riesennachteil nimmt nur jemand in Kauf, der per Dogma wirklich glaubt, dass nur diese alte Kamelle Gottes eigenes Wort ist.
Benutzeravatar
ganimed
 
Beiträge: 1687
Registriert: Sa 23. Aug 2008, 22:35

Re: Die Existenz-Argumente für Gott

Beitragvon gavagai » So 29. Aug 2010, 14:50

ganimed hat geschrieben:
gavagai hat geschrieben:wenn man mit jemand argumentiert, der sich selbst für seine Argumentation auf die Bibel beruft.

Das meine ich ja gerade. Das auf die Bibel berufen sollte man gar nicht erst akzeptieren. Dieser jemand kann ja gerne Argumente aus der Bibel zitieren und verwenden. Aber "das steht schon in der Bibel" kann kein Argument für sich sein.

Richtig. Aber Bibelgläubige haben nach meiner Erfahrung immer begleitende Prämissen. z.B: "Ich halte die Bibel für Gottes Wort und damit für mich verbindlich" oder "Die Universalität der Menschenwürde leite ich aus der Bibel ab". Je nachdem wird sich so einer dann gefallen lassen müssen, dass man ihn auf zahlreiche Ungereimtheiten innerhalb der Bibel hinweist. Oder dass es mit der Menschenwürde nicht weit her sein kann, wenn der Gott immer wieder Menschenopfer verlangt.
ganimed hat geschrieben:Sicher, da kommen Ungenauigkeiten hinzu. Aber ziemlich viele Ungenauigkeiten fallen auch weg. Hirtenvolk-Kultur-Unsinn zum Beispiel, also dass man Frauen als Sklaven halten soll und fremde Völker abschlachten sollte und so was alles. Die Bibel ist ein ziemlich alter Text und genau dadurch ziemlich unbrauchbar. Diesen Riesennachteil nimmt nur jemand in Kauf, der per Dogma wirklich glaubt, dass nur diese alte Kamelle Gottes eigenes Wort ist.
So ähnlich fasst sie ja auch der Ratzinger auf. Es kommt dann hinzu, dass er ihm unbeliebige Stellen als unverbindlich deklariert, andere aber zu Säulen seines Glaubens. Die 10 Gebote gelten weiterhin, doch das Menschenopfer keine 5 Seiten davor oder die tausendfachen Morde danach werden ausgeblendet.

Wenn ich mit (Bibel)Gläubigen diskutiere berufe ich mich bevorzugt auf die Bibel selbst, ohne zunächst deren Interpretation durch Ratzinger oder Wachturm oder was immer zu berücksichtigen. Denn sonst begebe ich mich freiwillig in den Nachteil, dass ich die Interpretation durch Ratzinger oder Wachturm nicht kenne. Der Text der Bibel liegt mir dagegen vor und ich kenne sie auch ziemlich gut.
Aber ich glaube, das kann jeder halten wie er will. Ich bevorzuge die Sekundärquelle Bibel, du die Tertiärquelle Ratzinger. Wenn mir die angebliche Primärquelle Gott zur Verfügung stünde, würde ich auf die Aufzeichnungen der Hirten und Fischer von vor Tausenden von Jahren (=Bibel) verzichten und die Einflüsterung Gottes direkt hernehmen. Immer besser näher am Original als durch x Ebenen gefiltert.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

VorherigeNächste

Zurück zu Religion & Spiritualität

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron