Der Naturalisten Spiritualität

Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Lumen » Mi 10. Nov 2010, 22:51

Da hat doch tatsächlich jemand mitten im Gottesdienst geraucht, vor Empörung fiel mir fast das Bier aus der Hand! Etwa so ging es mir als ich folgende Zeilen las:

Satzung, PDF hat geschrieben:Die Gemeinschaft der Brights schließt verschiedene naturalistische Perspektiven und Kategorien mit ein. Dazu gehören auch einige Ausprägungen pantheistischen Gottesglaubens.


Genau, sehr komisch. Zugegeben wenn ich durch's Gewitter reite und dabei Death Metal höre, dann glaube ich zwischenzeitlich an einige Ausprägungen pantheistischen Glaubens — vor allem wenn ich gerade aus dem beschriebenen Gottesdienst komme und betrunken bin.

Aber Gottglauben und naturalstisches Weltbild?

Prinzipien der Brights hat geschrieben:Jede Person, die entscheidet, sich selbst mit dem gemeinsamen Charakteristikum - einem naturalistischen Weltbild - zu identifizieren, hat ein persönliches Verständnis der Begrifflichkeit entwickelt (inklusive übernatürlich und mystisch)


Es ist Interpretationssache was übernatürlich ist? Dass Begriffe einen auch einen gewissen Interpretations-Spielraum haben — geschenkt. Ok, war ja witzig so weit. Ihr wollt die Neuen veräppeln, verstanden.

Nanna hat geschrieben:Wieder andere Boards mussten zum Teil leichte Umbennenungen hinnehmen, die durchaus programmatisch zu verstehen sind, beispielsweise in der Sache des "Religion/Übernatürliches"-Boards in "Religion & Spiritualität", da ja die Schaffung einer naturalistischen Spiritualität sicherlich eines der Themen ist, wo noch ein großes Diskursdefizit herrscht.


Jetzt werde ich unsicher. Schaffung einer naturalistischen Spiritualität!? Ah, sehr feine Ironie. Batman, Niven's Law und Jedi-Codex und so. Etwa nicht? Hilfe … :/
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Mi 10. Nov 2010, 23:46

Lumen hat geschrieben:
Satzung, PDF hat geschrieben:Die Gemeinschaft der Brights schließt verschiedene naturalistische Perspektiven und Kategorien mit ein. Dazu gehören auch einige Ausprägungen pantheistischen Gottesglaubens.

Genau, sehr komisch.


Mag mag die Sinnhaftigkeit der Gleichsetzung von Gott und der (natürlichen) Welt bezweifeln, aber der Pantheismus ist nicht per se supernaturalistisch.

Lumen hat geschrieben:Aber Gottglauben und naturalistisches Weltbild?


Wenn die Natur selbst als Gott betrachtet wird, dann besteht zunächst kein grundsätzlicher Widerspruch zum naturalistischen Weltbild. Allerdings treten, gelinde gesagt, Spannungen auf, wenn der Pantheismus zu sehr in Richtung Idealismus driftet. Und spätestens wenn ein "Weltgeist" oder eine "Weltseele" postuliert wird, reißt die Verbindung zum traditionell den physikalischen Realismus vertretenden Naturalismus ab.
Es ist anzumerken, dass es den Pantheismus eigentlich nicht gibt, sondern nur eine Reihe pantheistischer Philosophien, die man einzeln untersuchen muss.

http://plato.stanford.edu/entries/pantheism

Lumen hat geschrieben:
Prinzipien der Brights hat geschrieben:Jede Person, die entscheidet, sich selbst mit dem gemeinsamen Charakteristikum - einem naturalistischen Weltbild - zu identifizieren, hat ein persönliches Verständnis der Begrifflichkeit entwickelt (inklusive übernatürlich und mystisch)

Es ist Interpretationssache was übernatürlich ist? Dass Begriffe einen auch einen gewissen Interpretations-Spielraum haben — geschenkt. Ok, war ja witzig so weit. Ihr wollt die Neuen veräppeln, verstanden.


Zugegeben, mir persönlich sind die beiden "Chefbrights", Mynga Futrell & Paul Geisert, zu liberal und tolerant, was die Auslegung der Begriffe des Übernatürlichen und des Mystischen anbelangt. Die beiden haben jedoch kein Interesse, eine genaue Bedeutung für alle Brights verbindlich festzulegen.

Lumen hat geschrieben:Jetzt werde ich unsicher. Schaffung einer naturalistischen Spiritualität!? Ah, sehr feine Ironie. Batman, Niven's Law und Jedi-Codex und so. Etwa nicht? Hilfe … :/


Es geht hier durchaus um ein ernstzunehmendes Thema und nicht um esoterisch-okkultistische Gaga-Spiritualität. Die Brights lehnen als Atheisten und Nonsupernaturalisten zwar selbstverständlich alle theistisch-supernaturalistischen Formen von Religiosität oder Spiritualität ab (*, aber nicht Religiosität oder Spiritualität schlechthin. Leider sind diese beiden Begriffe höchst schwammig, was eine vernünftige Diskussion darüber sehr erschwert; aber andererseits lässt gerade ihre Schwammigkeit Raum für die Entwicklung einer naturalistischen Religiosität/Spiritualität, die im vollen Einklang mit den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen steht.
(* Mit "theistisch" meine ich hier "pneumatotheistisch", d.h. bezogen auf den Glauben an einen Gott, der ein rein geistiges Wesen, eine "immaterielle/spirituelle Substanz" ist.)

Links dazu (leider alle auf Englisch):

Spirituality from the naturalistic point of view: http://www.naturalism.org/spiritua.htm

Towards a Naturalistic Spirituality: http://www.naturalism.org/naturali.htm

Spirituality Without Faith: http://www.naturalism.org/spiritua1.htm

The Case for Naturalistic Spirituality: http://centerfornaturalism.blogspot.com ... ality.html

Es gibt auch eine informative Website zum religiösen Naturalismus: http://www.religiousnaturalism.org

Der Text, auf den der vorletzte Link verweist, ist eine Besprechung eines Buches, das auch auf Deutsch erhältlich ist:

* Comte-Sponville, André. Woran glaubt ein Atheist? Spiritualität ohne Gott. Übers. v. Brigitte Große. Zürich: Diogenes, 2009.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon stine » Mi 10. Nov 2010, 23:48

Wo ist dein Problem, Lumen?
Spiritualität ist nicht zwangsläufig nur religiös zu verstehen. Oder anders gesagt, religiöses Empfinden ist nicht nur gelebtes Katholiken oder Muslimendasein. Spirituell sein heißt, nicht nur mit den körperlichen Sinnen die Welt zu erfassen, sondern sich auch geistig, psychisch auf die Welt, auf das Menschsein einzulassen.
Zu spüren, dass man EINS ist mit sich und der Natur da draußen. Wir sind doch nicht von außen auf die Kugel gestellt worden, sondern wir sind Teil dieser Kugel im All. Jeder von uns. Und jeder von uns Denkern hinter dem PC wird eines Tages wieder seinen materiellen Anteil dem Boden zur Verfügung stellen. Das Hier und Heute, das Wunder des Bewusstseins augenblicklich wahrzunehmen, das ist Spiritualität und das kann auch ein Naturalist nachempfinden.

Oder nicht?

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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Do 11. Nov 2010, 01:01

"Verbundensein mit der Natur ist das Herzstück der naturalistischen Spiritualität, wie sie Clark (2002) favorisiert. Sie sei strikt monistisch, d.h. sie vermeidet den Dualismus von Materie und Geist, aber auch den von Leib und Seele, sondern akzentuiert die unteilbare Einheit von allem, wofür er eine beeindruckende Passage zitiert: 'Ich lag auf dem Rücken unter den Sternen und den unsichtbaren Galaxien, und ich ließ ihre Größe in mich gehen. Ich spürte die Unermesslichkeit der Distanzen, und ich ging die Wege rauf und ging die Wege runter, und ich war mit allem eins, und das berührte mich zärtlich wie ein Gregorianischer Choral.'"

(Bucher, Anton A. Psychologie der Spiritualität: Handbuch. Weinheim: Beltz, 2007. S. 29)

Der erwähnte Clark ist Tom Clark, ein bekannter amerikanischer Vertreter des Naturalismus.
http://www.centerfornaturalism.org

Viele, wenn nicht sogar die meisten, denken, die naturalistische (materialistische) Weltanschauung wäre "kalt" und würde nur die Vernunft, aber nicht das Herz ansprechen. Diesem Eindruck sollten wir entgegenwirken, indem wir den Leuten vermitteln, dass die Annahme dieser Weltanschauung keineswegs mit dem Verzicht auf "höhere" Gefühle und sublime emotionale Erlebnisse einhergeht.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Lumen » Do 11. Nov 2010, 01:05

stine hat geschrieben:Wo ist dein Problem, Lumen?
Spiritualität ist nicht zwangsläufig nur religiös zu verstehen. Oder anders gesagt, religiöses Empfinden ist nicht nur gelebtes Katholiken oder Muslimendasein. Spirituell sein heißt, nicht nur mit den körperlichen Sinnen die Welt zu erfassen, sondern sich auch geistig, psychisch auf die Welt, auf das Menschsein einzulassen.
Zu spüren, dass man EINS ist mit sich und der Natur da draußen. Wir sind doch nicht von außen auf die Kugel gestellt worden, sondern wir sind Teil dieser Kugel im All. Jeder von uns. Und jeder von uns Denkern hinter dem PC wird eines Tages wieder seinen materiellen Anteil dem Boden zur Verfügung stellen. Das Hier und Heute, das Wunder des Bewusstseins augenblicklich wahrzunehmen, das ist Spiritualität und das kann auch ein Naturalist nachempfinden.

Oder nicht?

LG stine


Im Sinne von Einstein bin ich sogar religiös. Mein Beispiel mit dem Gewitter ist nicht ganz an den Haaren herbeigezogen gewesen, aber das fällt wahrscheinlich unter Privatsprache, wie Wittgenstein es verstanden hat. Wollen wir das dann in eine Satzung aufnehmen, mitsamt Epiphanie und so?

Es ist mir einfach zutiefst suspekt. Als »nur« Atheist zerfällt man irgendwann zu Staub und gut ist. Ich staune über die Wunder der Welt, oder beim Lesen von »A History About Nearly Everything« (sehr lesenswert).

Einschub.

Myron hat geschrieben:"Verbundensein mit der Natur ist das Herzstück der naturalistischen Spiritualität, wie sie Clark (2002) favorisiert. Sie sei strikt monistisch, d.h. sie vermeidet den Dualismus von Materie und Geist, aber auch den von Leib und Seele, sondern akzentuiert die unteilbare Einheit von allem, wofür er eine beeindruckende Passage zitiert: 'Ich lag auf dem Rücken unter den Sternen und den unsichtbaren Galaxien, und ich ließ ihre Größe in mich gehen. Ich spürte die Unermesslichkeit der Distanzen, und ich ging die Wege rauf und ging die Wege runter, und ich war mit allem eins, und das berührte mich zärtlich wie ein Gregorianischer Choral.'"
(Bucher, Anton A. Psychologie der Spiritualität: Handbuch. Weinheim: Beltz, 2007. S. 29)


Ich kenne das Gefühl sehr gut sogar! Aber trotzdem kein Thema für andere Leute. Alles ist damit gesagt (und nichts).

Auch sonst: Keine Frage, ich liebe Fantasie-Geschichten und unendliche Weiten, aber dann als Buch, Film, Serie oder Videospiel. Ich bevorzuge da eine Form der geistigen Hygiene. Immer her damit, aber nicht in der Welt, die wir Wirklichkeit nennen. Da gibt es nichts dergleichen. Es ist eine sinnlose Welt am Rande eines sinnlosen Universums, in dem es Lebewesen gibt, die anatomisch unfähig sind, auch nur ein Bruchteil dessen aufzunehmen, was es da draußen mutmaßlich gibt und deren Lebenspanne so verschwindend kurz ist, dass sie mehr einem Flackern gleichkommt. Wir sind in einem magischen Zirkel gefangen und haben die Fähigkeit beliebige andere magische Zirkel zu erschaffen (andere Welten, Denk-Modelle, Spiele usw.), dieses tun wir, indem wir gleichsam andere Modalitäten emulieren. Wir können Umgebungen, Tiere, andere Menschen, Persönlichkeiten usw. emulieren und als vereinfachte Version in unseren Kopf laufen lassen und uns selbst »hineindenken«. Eine fantastische Eigenschaft, die man sehr gut für Harry Potter brauchen kann oder um andere Menschen zu verstehen. Wir können niemals den äußeren magischen Zirkel durchdringen, genauso wenig wie eine Spielfigur jemals eine Bedeutung außerhalb des Spiels besitzt, insbesondere wenn niemand da ist, der mit ihr spielt. Oder eine Romanfigur, wenn keiner liest oder es keinen Roman gibt. Es ist (für mich) eine fundamentale Einsicht an der nichts rütteln kann. Es gibt nur und ausschließlich interne Bedeutungen, also Bedeutungen die wir innerhalb unseres magischen Zirkels aufsetzen und dann in weitere Miniatur-Zirkel hineinprojezieren. Da hat es dann eine Bedeutung, dass Luke Skywalker seinen eigenen Vater bekämpft oder Gott von Abraham verlangt, seinen Sohn zu töten.

Es ist aber unbedeutend. Wahrscheinlich ist es sogar unbedeutend innerhalb unserer Spezies, da wir zwar anatomisch bedingt alle in magischen Zirkel gefangen sind, aber leider nicht alle in demselben, sondern jeder hat seinen eigenen. Analog: für den einen ist es bedeutsam, was in Lindenstraße passiert, für den anderen ist es bedeutsam, was in Lost passiert.

Bald wird ein schlauer Philosoph um die Ecke kommen, 42 verwirrende Begriffe kreativ miteinander verknüpfen, davon reden wie das In-Die-Welt-Geworfen-Sein sich in den Archetypen wiederspiegelt und die 23-Wertige Logik von David Hilbert's geklonten Bruder ergibt, dass Euklid unrecht hatte und unsere Welt 7 Dimensionen besitzt, die wie die Brücken des Eulers heuristisch aufgefaltet sind, und deshalb die Philosophen mit der Wahl einer Eule als Symbol doch recht hatten, als Sokrates in der Badewanne Heureka rief. OMG.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Do 11. Nov 2010, 01:28

stine hat geschrieben:Das Hier und Heute, das Wunder des Bewusstseins augenblicklich wahrzunehmen, das ist Spiritualität und das kann auch ein Naturalist nachempfinden.
Oder nicht?


Selbstverständlich.
Die Begriffe der Religiosität und Spiritualität sind zwar im allgemeinen Sprachgebrauch dermaßen mit theistisch-supernaturalistischen oder esoterisch-okkultistischen Assoziationen aufgeladen, dass ich mich frage, ob es überhaupt Sinn macht, wenn Naturalisten sie sich zu eigen machen; aber andererseits können uns die Begriffe selbst nicht vorschreiben, was wir darunter zu verstehen haben. Die Möglichkeit des Ersinnens und Entwickelns einer post-supernaturalistischen, naturalistisch-humanistischen Religiosität/Spiritualität besteht jedenfalls.

Es ist wichtig, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass die Brights zwar atheistisch, aber nicht unbedingt irreligiös oder antireligiös gesinnt sind.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Lumen » Do 11. Nov 2010, 01:43

Myron hat geschrieben:Es ist wichtig, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass die Brights zwar atheistisch, aber nicht unbedingt irreligiös oder antireligiös gesinnt sind.


Warum ist das wichtig? Die Brights sind, soweit ich verstanden habe, nur grob definiert, sehr viel wird dem Individuum überlassen. Jemand mit einer »bright« Einstellung kann Religion ablehnen oder auch »Anti-Religiös« (Achtung PR-Wort*) eingestellt sein, aber eben nicht im Namen der Brights. Oder nicht?

_____________________
* Schonmal vom Anti-Schwedismus gehört (gegen Schweden gerichtete Einstellung)? Oder Anti-Kätzisch (Menschen die Katzen nicht mögen)?
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Do 11. Nov 2010, 03:07

Lumen hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Es ist wichtig, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass die Brights zwar atheistisch, aber nicht unbedingt irreligiös oder antireligiös gesinnt sind.

Warum ist das wichtig?


Weil dieser irrtümliche Eindruck in der Öffentlichkeit vorherrscht, und den Leuten vonseiten der Theisten eingeredet wird, den "Gottlosen" wäre nichts "heilig" und sie hätten keinen Sinn fürs "Höhere".

Lumen hat geschrieben: Die Brights sind, soweit ich verstanden habe, nur grob definiert, sehr viel wird dem Individuum überlassen. Jemand mit einer »bright« Einstellung kann Religion ablehnen oder auch »Anti-Religiös« (Achtung PR-Wort*) eingestellt sein, aber eben nicht im Namen der Brights. Oder nicht?


Es gibt gewiss auch ausgesprochen antireligiös eingestellte Brights, aber dem offiziellen Selbstverständnis nach ist die Brights-Bewegung eben keine antireligiöse Bewegung, wenngleich Anhänger einer theistischen oder supernaturalistischen Religion wie dem Judentum, Christentum oder Islam keine Brights werden können.
(Aber natürlich darf ein Bright beispielsweise einen Weihnachtsbaum aufstellen und christliche Kunst oder Musik genießen.)
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon stine » Do 11. Nov 2010, 07:53

Myron hat geschrieben:Die Begriffe der Religiosität und Spiritualität sind zwar im allgemeinen Sprachgebrauch dermaßen mit theistisch-supernaturalistischen oder esoterisch-okkultistischen Assoziationen aufgeladen, dass ich mich frage, ob es überhaupt Sinn macht, wenn Naturalisten sie sich zu eigen machen; aber andererseits können uns die Begriffe selbst nicht vorschreiben, was wir darunter zu verstehen haben.

Das sehe ich auch so.
Innerhalb theistischer Gruppen ist es ja bereits so, dass Religion unterschiedlich bewertet wird. Zwischen ganz perönlicher und gottvereinender Andacht und einstudierten und abzuarbeiteten Ritualen gibt es eine große Palette von Verständnismöglichkeiten.

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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Lumen » Do 11. Nov 2010, 10:51

Myron hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Es ist wichtig, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass die Brights zwar atheistisch, aber nicht unbedingt irreligiös oder antireligiös gesinnt sind.

Warum ist das wichtig?


Weil dieser irrtümliche Eindruck in der Öffentlichkeit vorherrscht, und den Leuten vonseiten der Theisten eingeredet wird, den "Gottlosen" wäre nichts "heilig" und sie hätten keinen Sinn fürs "Höhere".


Siehe auch Einstein, dem immer wieder unterstellt wird, er sei gläubig (im traditionellen Sinne des Wortes) nur weil er religiöse Gefühle geäußert hatte. Es ist eher nicht so, dass »Leuten« dadurch ein Licht aufgeht — im Gegenteil.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon mat-in » Do 11. Nov 2010, 11:21

Myron hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Jetzt werde ich unsicher. Schaffung einer naturalistischen Spiritualität!? Ah, sehr feine Ironie. Batman, Niven's Law und Jedi-Codex und so. Etwa nicht?

Es geht hier durchaus um ein ernstzunehmendes Thema und nicht um esoterisch-okkultistische Gaga-Spiritualität.

Wo ist denn der Unterschied zwischen jedi-Kodex und Bibel? Gut... alter des Werkes, Zahl der Anhänger... aber sonst?

Lumen hat geschrieben:Da hat doch tatsächlich jemand mitten im Gottesdienst geraucht, vor Empörung fiel mir fast das Bier aus der Hand! Etwa so ging es mir als ich folgende Zeilen las:
Satzung, PDF hat geschrieben:Die Gemeinschaft der Brights schließt verschiedene naturalistische Perspektiven und Kategorien mit ein. Dazu gehören auch einige Ausprägungen pantheistischen Gottesglaubens.


Das Gewitter mal bei Seite gelassen (ich fühle das vielleicht, kann es aber sicherlich nicht glauben... so ähnlich wie ich im Kino von einer Idee mitgerissen werden kann halt). Ich finde das schon problematisch, wenn man ein naturalisitsches / aufgeklärtes / atheistisches (jaja, das ist nicht alles das gleiche aber ähnlich) Weltbild nicht von einem neo-paganistischen Hexenkraftglauben abgrenzt. :nosmile:
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Nanna » Do 11. Nov 2010, 12:33

mat-in hat geschrieben:Das Gewitter mal bei Seite gelassen (ich fühle das vielleicht, kann es aber sicherlich nicht glauben... so ähnlich wie ich im Kino von einer Idee mitgerissen werden kann halt). Ich finde das schon problematisch, wenn man ein naturalisitsches / aufgeklärtes / atheistisches (jaja, das ist nicht alles das gleiche aber ähnlich) Weltbild nicht von einem neo-paganistischen Hexenkraftglauben abgrenzt. :nosmile:

Da stimme ich dir vorbehaltlos zu und halte das auch nicht für die Frage dieses Threads. Hexenkraftglaube beinhaltet per definitionem supernaturalistische Elemente und ist damit sicherlich nicht naturalistisch, ergo auch nicht bright.

Worum es bei einer naturalistischen Spiritualität geht, ist wohl eher, einen emotionalen Zugang zur Großartigkeit der Welt zu finden. Ich denke da beispielsweise an Schlagwörter wie "Poesie der Wissenschaft" oder "Schönheit der Logik", beides eher gefühlsbetonte Herangehensweisen an wissenschaftliche Inhalte, die wertzuschätzen oder gar zu ehren sicherlich nichts mit Glauben an Übernatürliches zu tun hat. Da diese Art der Beschäftigung mit Erkenntnissen und Wissen über die Welt selbst nicht wissenschaftlich ist - wohl aber stark wissenschaftlich und philosophisch inspiriert! - muss natürlich auch die Art des Diskurses eine andere sein, sie darf mehr auf persönliche Erfahrungen rekurrieren und gefühlsbetont sein, was in einer wissenschaftlichen Publikation zu Recht absolut verpönt wäre. Mit Theismus hat das alles trotzdem überhaupt nichts zu tun. Ich kann gleichzeitig das Bewusstsein haben, dass biochemische Reaktionen unter meiner Schädeldecke ein Gefühl von Weltverbundenheit oder Liebe erzeugen und dieses Gefühl trotzdem genießen. Gerade weil ich ja Ahnungen von der Art und Weise seiner Entstehung habe, kann ich es als absolut real und Teil meiner Lebensrealität akzeptieren.

Ich sehe daher kein Problem damit, dass das "Privatsprache" ist, da es eben nicht um exakte Definitionen und Erkenntnisse geht, sondern ganz gezielt um einen subjektiven, emotionalen Umgang mit wissenschaftlichen und naturalistisch-philosophischen Erkenntnissen, für den wir aber trotzdem so etwas wie einen gemeinsamen Rahmen und eine gemeinsame Sprache finden müssten, eben eine "naturalistische Spiritualität" entwickeln sollten. Mit "wir" meine ich damit nicht zwangsweise das Forum und schon gar nicht die Brights als Gesamtheit, sondern diese Naturalisten, die daran interessiert sind. Darum ist es auch völlig unnötig, davon irgendetwas in die Definiton der Brights aufzunehmen. Spirituelle Naturalisten sind genauso Brights wie Naturalisten, die diesen Zugang strikt ablehnen.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon mat-in » Do 11. Nov 2010, 13:06

Der Ausdruck Pantheismus (von altgriechisch πᾶν pān „alles“ sowie θεός theós „Gott“)[1] bezeichnet die Auffassung, Gott sei eins mit dem Kosmos und der Natur, und damit auch im Inneren des Menschen zu finden.
[MOD](http://de.wikipedia.org/wiki/Pantheismus) - Immer Quelle angeben! (Myron)[/MOD]

Wenn ich das als hobbyphilosoph und nicht religionswissenschaftler richtig verstehe, geht es beim Pantheismus um das ablehnen eines personifizierten Gottes, aber nicht eines Gottes an sich oder irgend welcher übernatürlichkeit...

Bei modernen naturalistischen Theorien seit Anfang des 20. Jhd. steht jedoch oft der Begriff der Naturwissenschaft und nicht der Begriff der Natur im Vordergrund. Dabei wird argumentiert, dass die Naturwissenschaften zu den grundlegenden Beschreibungen der Strukturen der Welt führen und in diesem Sinne philosophischen, geisteswissenschaftlichen und alltäglichen Methoden überlegen sind. Der Naturalist Wilfrid Sellars erklärt daher: „Wenn es um die Beschreibung und Erklärung der Welt geht, sind die Naturwissenschaften das Maß aller Dinge.“
[MOD](http://de.wikipedia.org/wiki/Naturalismus_(Philosophie))[/MOD]

Hier findet sich erst auf den zweiten Blick ein Wiederspruch, denn Gott ist nun mal nicht Wissenschaftlich.

Und Gott als "gefühlsbetonten Ersatzbegriff für die gesamtheit von allem" zu verwenden führt glaube ich zu verwechslungen. Ich würde den Gottesbegriff im modernen naturalismus herausnehmen, ob nun personifiziert oder nicht. Auch wenn da Überschneidungen sind, das Eine geht nun mal unter bestimmten Voraussetzungen von etwas übernatürlichem aus, das es im Anderen nicht gibt.

Macht es "brights" nur nicht einfacher nach der Definition in der Satzung.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Do 11. Nov 2010, 17:48

mat-in hat geschrieben:Ich finde das schon problematisch, wenn man ein naturalisitsches / aufgeklärtes / atheistisches (jaja, das ist nicht alles das gleiche aber ähnlich) Weltbild nicht von einem neo-paganistischen Hexenkraftglauben abgrenzt. :nosmile:


Die beiden Brights-Gründer, Futrell & Geisert, halten selbst das Druidentum und Wicca für Brights-kompatibel. Das geht mir zu weit, weil es dann doch zu mystisch wird, und zwar auch dann, wenn es um Naturmystik geht.
Außerdem finden sich im Druidentum explizit supernaturalistische Ansichten wie der Glaube an eine übersinnliche "Anderwelt" und die Wiedergeburt von Seelen:

http://www.the-brights.net/forums/forum ... t&p=204758
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Do 11. Nov 2010, 19:47

Nanna hat geschrieben:Hexenkraftglaube beinhaltet per definitionem supernaturalistische Elemente und ist damit sicherlich nicht naturalistisch, ergo auch nicht bright.


Futrell & Geisert (F&G) erachten offenkundig auch heidnische Naturreligionen für allgemein Brights-kompatibel. Doch diese befinden sich meiner Meinung nach noch zu sehr im esoterisch-mystisch-okkultistischen Bereich, als dass man sie als "bright" bezeichnen könnte. Tatsache ist jedoch, dass F&G keinen exklusiv materialistischen oder szientistischen oder rationalistischen Naturalismus vertreten, sondern auch Anhänger eines idealistisch-spiritualistischen oder irrationalistischen Naturalismus willkommen heißen, worüber ich nicht begeistert bin; denn eine ideologische Übertoleranz führt zu einer Verwässerung der Brights-Bewegung und einer Bedeutungsbeliebigkeit in Bezug auf die Phrase "naturalistisches Weltbild".
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon mat-in » Do 11. Nov 2010, 19:55

Jahmmm... dann die "ultra-brights" gründen?
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Do 11. Nov 2010, 20:50

mat-in hat geschrieben:Wenn ich das als hobbyphilosoph und nicht religionswissenschaftler richtig verstehe, geht es beim Pantheismus um das ablehnen eines personifizierten Gottes, aber nicht eines Gottes an sich oder irgend welcher übernatürlichkeit...


Die Pantheisten bezeichnen die (natürliche) Welt, den Kosmos selbst als göttlich – was immer das bedeuten mag.
Ich halte den Pantheismus für ziemlich witzlos, aber nur dann für antinaturalistisch, wenn er zu idealistisch oder spiritualistisch wird und Begriffe wie "Weltgeist" oder "Weltseele" ins Spiel bringt.

mat-in hat geschrieben:Hier findet sich erst auf den zweiten Blick ein Wiederspruch, denn Gott ist nun mal nicht Wissenschaftlich.


Wenn Gott = Kosmos, dann ist Gott schon wissenschaftlich erforschbar.

Viele verstehen unter "Naturalismus" "Naturwissenschaftsismus", d.h. "Szientismus" ("Naturaliszientismus"), und erklären, grob gesagt, alles für unwirklich oder unwahr, was sich nicht anhand systematisch kontrollierter Beobachtungen oder Experimente nachweisen lässt. Der wissenschaftliche Naturalismus ist szientistisch und materialistisch.
Auch ich bin ein Anhänger des wissenschaftsorientierten materialistischen Naturalismus, obgleich ich im folgenden Sinne kein Szientist/Naturaliszientist bin: Ich bin kein metaphilosophischer Szientist, der die Verwissenschaftlichung der Philosophie, d.h. deren Eingliederung in und Unterordnung unter die Erfahrungswissenschaft, fordert und die Möglichkeit apriorischen Wissens grundsätzlich verneint. Ich bin auch kein reduktionistischer Szientist, der eine Einheitswissenschaft, d.h. die methodologische Reduktion aller Wissenschaften auf die Methodologie der Naturwissenschaften, fordert und die Sozial- und Geisteswissenschaften zu Pseudowissenschaften erklärt, falls dies nicht machbar ist.

Tatsache ist aber, wie gesagt, dass die Brights-Bewegung ihrem offiziellen, d.h. von Futrell & Geisert vorgegebenen, Selbstverständnis nach keinen exklusiv wissenschaftlichen Naturalismus vertritt. Allerdings verbleiben die Erläuterungen der beiden eh im Allgemeinen und Vagen, sodass ein großer Interpretationsspielraum da ist – ein zu großer, wie ich finde. Denn die weltanschauliche Schnittmenge zwischen den materialistisch-szientistischen Naturalisten und den idealistisch-spiritualistischen Naturalisten, insbesondere den Anhängern irgendwelcher Naturreligionen, scheint doch ziemlich klein.

Das ideologische Grundproblem ist, dass sich F&G schlicht weigern, den die Brights-Bewegung definierenden Begriffen des Übernatürlichen und Mystischen eine genaue und verbindliche Bedeutung zu geben. Das überlassen sie den einzelnen Brights. Aber dann ist es freilich alles andere als verwunderlich, dass bezüglich des Inhalts des naturalistischen Weltbilds Unklarheit und Uneinigkeit herrschen.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon stine » Do 11. Nov 2010, 22:07

Myron hat geschrieben:Ich halte den Pantheismus für ziemlich witzlos, aber nur dann für antinaturalistisch, wenn er zu idealistisch oder spiritualistisch wird und Begriffe wie "Weltgeist" oder "Weltseele" ins Spiel bringt.
Über die Spiritualität außerhalb religiöser Rituale hat bis jetzt wahrscheinlich auch noch niemand so richtig nachgedacht. Das Wort "Weltseele" ist demnach auch nur deshalb entstanden, weil es beschreiben soll, dass alles Lebendige eins ist - einen Ursprung hat - und greift hier auf das Wort Seele im Sinne von Prinzip, von dem angenommen wird, dass es allen lebendigen Vorgängen zugrunde liegt und sie ordnet sowie auch körperliche Vorgänge herbeiführt oder beeinflusst, zurück. (wiki - Seele)

Natürlich kann sowas (noch) nicht bewiesen werden, aber ist es nicht fänomenal mit welcher Schaffenskraft und welchem Erfindungsgeist der denkende Mensch alles daransetzt die Supertuper-weltweit-Vernetzung ins Leben zu rufen? Facebook und Chats im Netz nutzen wir heute alle so selbstverständlich, als hätten wir nur darauf gewartet endlich über unsere beengten körperlichen Grenzen hinweg unser Kollektivbewusstsein zu synchronisieren. Das Streben hin zu dieser Vernetzung ist wie Notwendiges, nicht Aufzuhaltendes, es drängt sich auf und gibt nach und nach das Gefühl, als wäre der Mensch ohne dies hilflos und halb, ja sogar abgeschnitten, von einer ganzen Generation von "Seelenverwandschaften".

Der Mensch arbeitet an dieser Vernetzung, seit es ihn gibt. Was hat er nicht alles erfunden, um sich mitzuteilen, sein Wissen zu verbreiten, sich als Teil eines Ganzen fühlen zu können das Kollektiv vorwärts zu treiben. Innerhalb einer Familie, eines Clans, einer Dorfgemeinschaft, einer Stadt, eines Landes, eines ganzen Erdteils und jetzt sogar global ist das Streben nach Gemeinsamkeiten und gemeinsames Wissen im Prinzip nicht aufzuhalten. Es ist wie das Funktionieren eines ganzen Körpers.

Das Wort "Weltseele" ist so falsch nicht, solange es kein anderes dafür gibt.

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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Fr 12. Nov 2010, 00:58

stine hat geschrieben:Über die Spiritualität außerhalb religiöser Rituale hat bis jetzt wahrscheinlich auch noch niemand so richtig nachgedacht.


Eine zeitgemäße naturalistische Spiritualität ist wohl eher kontemplativ-meditativer Natur und wird eher individuell erfahren als kollektiv begangen.

stine hat geschrieben:Das Wort "Weltseele" ist demnach auch nur deshalb entstanden, weil es beschreiben soll, dass alles Lebendige eins ist - einen Ursprung hat - und greift hier auf das Wort Seele im Sinne von Prinzip, von dem angenommen wird, dass es allen lebendigen Vorgängen zugrunde liegt und sie ordnet sowie auch körperliche Vorgänge herbeiführt oder beeinflusst, zurück. (wiki - Seele)


"Weltseele ist die, von verschiedenen Philosophen angenommene, Seele der Welt, d.h. das einheitliche Lebens- und geistige Prinzip, das in allen Dingen wirksam ist und von dem die Einzelseelen Teile oder Ausflüsse sind. Als Weltgeist (Weltvernunft, Weltwille) wird oft Gott betrachtet, als ein die Welt, das All geistig durchwaltendes Prinzip."

(http://www.textlog.de/5412.html)

stine hat geschrieben:Natürlich kann sowas (noch) nicht bewiesen werden, aber ist es nicht fänomenal mit welcher Schaffenskraft und welchem Erfindungsgeist der denkende Mensch alles daransetzt die Supertuper-weltweit-Vernetzung ins Leben zu rufen? Facebook und Chats im Netz nutzen wir heute alle so selbstverständlich, als hätten wir nur darauf gewartet endlich über unsere beengten körperlichen Grenzen hinweg unser Kollektivbewusstsein zu synchronisieren.


Obschon es so etwas wie ein Wir-Bewusstsein oder Wir-Gefühl, d.i. eine Art "kollektive Intentionalität", gibt, haben Gruppen oder Mengen bewusster Individuen, die miteinander kommunizieren, kein eigenes, zusätzliches Bewusstsein, weil sie kein eigenes, zusätzliches Gehirn haben.

stine hat geschrieben:Das Wort "Weltseele" ist so falsch nicht, solange es kein anderes dafür gibt.


Wie wär's mit "Internet"? ;-)

Man kann den Begriff "Weltseele" oder "Weltgeist" natürlich in einem harmlosen übertragenen Sinn verwenden; aber wenn à la Hegel die ganze Welt zu einer geistigen, selbstbewussten Wesenheit erklärt wird, dann ist das aus naturalistischer Sicht keine harmlose Begriffsverwendung mehr.
Aber zur wichtigen Frage nach der Vereinbarkeit von Naturalismus und Idealismus äußern sich Futrell&Geisert ja nicht. Ihr implizites Motto scheint jedoch zu sein: "Almost anything goes!" :/
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon stine » Fr 12. Nov 2010, 07:58

Myron hat geschrieben:Eine zeitgemäße naturalistische Spiritualität ist wohl eher kontemplativ-meditativer Natur und wird eher individuell erfahren als kollektiv begangen.

Religionen beweisen in ihrer Vorgehensweise, dass die kollektive Erfahrung der Spiritualität nachhaltiger und überzeugender ist.
Ein spiritueller Freigeist ist zwar etwas Besonderes :winkgrin: , kann aber seine Gefühle und Gedanken nur im stillen Kämmerlein bei einem Glas Rotwein und interessanter Lektüre und/oder klassischer Musik ausleben; was fehlt ist das Gemeinschaftserlebnis.
Aus diversen religiösen Veranstaltungen ist bekannt, dass gemeinsames Singen und Feiern einen großen Glücksimpuls setzt, ein nachhaltiges gutes Gefühl erzeugt.
Vielleicht sollte man sich da von den Schweden inspirieren lassen, die ihr jährliches Mittsommer gemeinsam mit Singen und Tanzen feiern. Irgendwie ist mir der spirituelle, kontemplativ-meditative Naturalist zu einsam.
Oder ich seh das nur wieder mal aus meiner weiblich, natürlich sozialintegrativen Perspektive zu einseitig.

LG stine

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