stine hat geschrieben:Wo ist dein Problem, Lumen?
Spiritualität ist nicht zwangsläufig nur religiös zu verstehen. Oder anders gesagt, religiöses Empfinden ist nicht nur gelebtes Katholiken oder Muslimendasein. Spirituell sein heißt, nicht nur mit den körperlichen Sinnen die Welt zu erfassen, sondern sich auch geistig, psychisch auf die Welt, auf das Menschsein einzulassen.
Zu spüren, dass man EINS ist mit sich und der Natur da draußen. Wir sind doch nicht von außen auf die Kugel gestellt worden, sondern wir sind Teil dieser Kugel im All. Jeder von uns. Und jeder von uns Denkern hinter dem PC wird eines Tages wieder seinen materiellen Anteil dem Boden zur Verfügung stellen. Das Hier und Heute, das Wunder des Bewusstseins augenblicklich wahrzunehmen, das ist Spiritualität und das kann auch ein Naturalist nachempfinden.
Oder nicht?
LG stine
Im Sinne von Einstein bin ich sogar religiös. Mein Beispiel mit dem Gewitter ist nicht ganz an den Haaren herbeigezogen gewesen, aber das fällt wahrscheinlich unter
Privatsprache, wie Wittgenstein es verstanden hat. Wollen wir das dann in eine Satzung aufnehmen, mitsamt Epiphanie und so?
Es ist mir einfach zutiefst suspekt. Als »nur« Atheist zerfällt man irgendwann zu Staub und gut ist. Ich staune über die Wunder der Welt, oder beim Lesen von »A History About Nearly Everything« (sehr lesenswert).
Einschub.
Myron hat geschrieben:"Verbundensein mit der Natur ist das Herzstück der naturalistischen Spiritualität, wie sie Clark (2002) favorisiert. Sie sei strikt monistisch, d.h. sie vermeidet den Dualismus von Materie und Geist, aber auch den von Leib und Seele, sondern akzentuiert die unteilbare Einheit von allem, wofür er eine beeindruckende Passage zitiert: 'Ich lag auf dem Rücken unter den Sternen und den unsichtbaren Galaxien, und ich ließ ihre Größe in mich gehen. Ich spürte die Unermesslichkeit der Distanzen, und ich ging die Wege rauf und ging die Wege runter, und ich war mit allem eins, und das berührte mich zärtlich wie ein Gregorianischer Choral.'"
(Bucher, Anton A. Psychologie der Spiritualität: Handbuch. Weinheim: Beltz, 2007. S. 29)
Ich kenne das Gefühl
sehr gut sogar! Aber trotzdem kein Thema für andere Leute. Alles ist damit gesagt (und nichts).
Auch sonst: Keine Frage, ich liebe Fantasie-Geschichten und unendliche Weiten, aber dann als Buch, Film, Serie oder Videospiel. Ich bevorzuge da eine Form der geistigen Hygiene. Immer her damit, aber nicht in der Welt, die wir Wirklichkeit nennen. Da gibt es nichts dergleichen. Es ist eine sinnlose Welt am Rande eines sinnlosen Universums, in dem es Lebewesen gibt, die anatomisch unfähig sind, auch nur ein Bruchteil dessen aufzunehmen, was es da draußen mutmaßlich gibt und deren Lebenspanne so verschwindend kurz ist, dass sie mehr einem Flackern gleichkommt. Wir sind in einem magischen Zirkel gefangen und haben die Fähigkeit beliebige andere magische Zirkel zu erschaffen (andere Welten, Denk-Modelle, Spiele usw.), dieses tun wir, indem wir gleichsam andere Modalitäten emulieren. Wir können Umgebungen, Tiere, andere Menschen, Persönlichkeiten usw. emulieren und als vereinfachte Version in unseren Kopf laufen lassen und uns selbst »hineindenken«. Eine fantastische Eigenschaft, die man sehr gut für Harry Potter brauchen kann oder um andere Menschen zu verstehen. Wir können niemals den äußeren magischen Zirkel durchdringen, genauso wenig wie eine Spielfigur jemals eine Bedeutung außerhalb des Spiels besitzt, insbesondere wenn niemand da ist, der mit ihr spielt. Oder eine Romanfigur, wenn keiner liest oder es keinen Roman gibt. Es ist (für mich) eine fundamentale Einsicht an der nichts rütteln kann. Es gibt nur und ausschließlich interne Bedeutungen, also Bedeutungen die wir innerhalb unseres magischen Zirkels aufsetzen und dann in weitere Miniatur-Zirkel hineinprojezieren. Da hat es dann eine Bedeutung, dass Luke Skywalker seinen eigenen Vater bekämpft oder Gott von Abraham verlangt, seinen Sohn zu töten.
Es ist aber unbedeutend. Wahrscheinlich ist es sogar unbedeutend innerhalb unserer Spezies, da wir zwar anatomisch bedingt alle in magischen Zirkel gefangen sind, aber leider nicht alle in demselben, sondern jeder hat seinen eigenen. Analog: für den einen ist es bedeutsam, was in Lindenstraße passiert, für den anderen ist es bedeutsam, was in Lost passiert.
Bald wird ein schlauer Philosoph um die Ecke kommen, 42 verwirrende Begriffe kreativ miteinander verknüpfen, davon reden wie das In-Die-Welt-Geworfen-Sein sich in den Archetypen wiederspiegelt und die 23-Wertige Logik von David Hilbert's geklonten Bruder ergibt, dass Euklid unrecht hatte und unsere Welt 7 Dimensionen besitzt, die wie die Brücken des Eulers heuristisch aufgefaltet sind, und deshalb die Philosophen mit der Wahl einer Eule als Symbol doch recht hatten, als Sokrates in der Badewanne Heureka rief. OMG.