Was ist dran am SPD-Laizismus

Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Do 25. Nov 2010, 07:56

Myron hat geschrieben:Ich finde, dass es in der Politik für Brights einiges zu tun gibt:
http://www.laizistische-sozis.de/Positionen.html


In diesem Pamphlet ist doch einer zu seiner Höchstform aufgelaufen, ich zitiere mal ein paar mir suspekte Punkte:
Die staatliche Organisierung und Finanzierung der Militärseelsorge ist zu beenden. Der bisher von den Militärpfarrern gegebene, aber für alle Wehrdienstleistenden verbindliche „Lebenskundliche Unterricht“ ist in einen neutralen, von einem dafür geeigneten pädagogischen Lehrkraft erteilten Ethikunterricht umzugestalten.
Der durch Artikel 140 GG in das Grundgesetz inkorporierte Artikel 141 WRV (Weimarer Reichsverfassung) lautet: "Soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer, in Krankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstalten besteht, sind die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen, wobei jeder Zwang fernzuhalten ist."
An dieser Regelung wollen wir gar nichts ändern. Jedoch geht aus diesem Gesetz und aus Art. 4 GG nicht hervor, dass die Allgemeinheit aller Steuerzahler die Kosten hierfür trägt. Selbst Soldatenwallfahrten nach Lourdes werden zurzeit aus Steuermitteln finanziert. Wir wollen, dass die Gläubigen und die Kirchen über ihre Kirchensteuer selbst für diese Kosten aufkommen.
Militärseelsorge ist dann also Privatsache?
Der Verfasser dieser Schrift hat keine Ahnung, wie sehr sich Soladaten in Kriegszeiten am Glauben festhalten konnten. So weltlich gefestigt, wie viele das gerne hätten, ist die Mehrzahl der Menschen leider nicht.
Dass religiöse Stütze nicht zu unterschätzen ist, beweisen GERADE die Gotteskrieger im Islam.
Nicht die Abschaffung, sondern die Aufklärung ist hier am notwendigsten.


Insgesamt entsteht der Eindruck, dass Laizismus in der SPD wohl eher ein monetäres Problem lösen soll:
Die direkte und indirekte Finanzierung insbesondere der Klerikergehälter und der Theologieausbildung sind zu beenden. Auch die vielfältigen „versteckten“ Leistungen – z.B. der Kommunen für kirchliche Baulasten, kirchliches Personal oder Dienst- und Materialleistungen an kirchliche Einrichtungen – sind abzuschaffen.
Wir wollen, dass die Gläubigen und die Kirchen über ihre Kirchensteuer selbst für diese Kosten aufkommen.
Alle über allgemeine Gemeinnützigkeitsbestimmungen hinausgehenden Steuerprivilegien der Kirchen sind abzuschaffen.
Die Finanzierung von Pfarrerstellen in öffentlichen Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten und ähnlichen Einrichtungen ist zu beenden.
Die staatliche Organisierung und Finanzierung der Militärseelsorge ist zu beenden.
Die Einziehung der Kirchensteuer durch den Staat ist durch ein kircheneigenes Beitragssystem zu ersetzen.
Die Finanzierung von durch kirchliche Medienkonzerne erstelltem Sendematerial ist zu beenden.
Was wir wollen, ist nur, dass die Kirchen diese Steuer selbst bei ihren Mitgliedern einziehen,
Wir wollen, dass die Gläubigen und die Kirchen über ihre Kirchensteuer selbst für diese Kosten aufkommen.


Zur Selbsterkenntnis des Schreibers:
So heißt es z.B. immer wieder, wir würden die Kirchensteuer abschaffen und die Militärseelsorge beenden wollen, wir wollten den Religionsunterricht abschaffen und den Kirchen und ihren Organisationen die Zuschüsse für ihre sozialen Einrichtungen kürzen oder gar streichen.
Wer käme schon auf diese Idee! :lachtot:

Und was wirklich dahinter steckt:
Nicht zuletzt wollen wir eine SPD, die in Glaubens- und Wertefragen eigenständig bleibt und so plural aufgestellt ist, wie die deutsche Gesellschaft, in der sie wirkt.
30 % Atheisten als Wählerkontingent!
Das ist wenigstens EINE Möglichkeit mal wieder ein wenig aufzupeppen!

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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Myron » Do 25. Nov 2010, 08:33

stine hat geschrieben:Militärseelsorge ist dann also Privatsache?


Nein, Sache der Kirchen und ihrer Mitglieder. (Die kirchenlosen Moslems müssten das dann durch Vereine und Spenden finanzieren.)

stine hat geschrieben:Der Verfasser dieser Schrift hat keine Ahnung, wie sehr sich Soladaten in Kriegszeiten am Glauben festhalten konnten.


Zum Beispiel zur Zeit der Kreuzzüge und im Dreißigjährigen Krieg. Und nicht zu vergessen:
Bild

stine hat geschrieben:Nicht die Abschaffung, sondern die Aufklärung ist hier am notwendigsten.


"Die staatliche Organisierung und Finanzierung der Militärseelsorge ist zu beenden."

Da steht nicht:

"Die Militärseelsorge ist zu beenden."

stine hat geschrieben:Insgesamt entsteht der Eindruck, dass Laizismus in der SPD wohl eher ein monetäres Problem lösen soll…


Natürlich geht es nicht zuletzt um Kohle: http://hpd.de/node/10633
Die Gesamtsumme der staatlichen Zuwendungen an die beiden christlichen Großkirchen (ohne Caritas und Diakonie!) hat laut Frerk 2009 über 19 Mrd. Euro betragen! Obwohl es keine Staatskirche und keine Staatsreligion gibt, finanziert der "neutrale" Staat die Kirchen und deren religiöse Ideologie. Allein die sogenannte Auslandsarbeit der Kirchen, sprich die Missionierungsarbeit, wird mit sage und schreibe 270.000.000€ bezuschusst!
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 25. Nov 2010, 08:51

Lesen und verstehen, zwei Sachen die durchaus sehr unterschiedlich sein können - was du gerade bewiesen hast.
stine hat geschrieben:Militärseelsorge ist dann also Privatsache?
Ja in der Hinsicht, dass es keinen Zwang gibt sich das Geschwafel anzuhören, man muss nicht hingehen, man darf aber wenn man wollte und kirchliche Seelsorge sollte auch von den jeweiligen Kirchen bezahlt werden.
stine hat geschrieben:Der Verfasser dieser Schrift hat keine Ahnung, wie sehr sich Soladaten in Kriegszeiten am Glauben festhalten konnten.
Ach stine. Und du hast Ahnung? :lachtot:
Und eventuell sind die Verfasser dieser Seiten auch nicht einmal für Krieg. Auch in Friedenszeiten muss ein Soldat da hingehen. Aber sowohl in Friedenszeiten wie in Kriegseinsätzen sollte dies eine freiwillige Teilnahme sein.

stine hat geschrieben:Dass religiöse Stütze nicht zu unterschätzen ist, beweisen GERADE die Gotteskrieger im Islam.
Ja, Religion war schon immer ein Motor für Morden und Brandschatzen, da hast du vollkommen recht.
stine hat geschrieben:Nicht die Abschaffung, sondern die Aufklärung ist hier am notwendigsten.
Abschaffung und Aufklärung wäre die Sache. Freiwillige Teilnahme kirchlichen, bigott-kriegsstärkenden Veranstaltungen die von den jeweiligen Kriegskirchen gezahlt werden darf existieren.

stine hat geschrieben:30 % Atheisten als Wählerkontingent!
Das ist wenigstens EINE Möglichkeit mal wieder ein wenig aufzupeppen!
Eher nicht. Die SPD ist in ihrer bundeswestdeutschen Tradition ja eher protestantisch (= evangelisch), die CDU eher katholisch, auch wenn sie jetzt eine Protestantin an ihrer Spitze haben.
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Myron » Do 25. Nov 2010, 08:59

stine hat geschrieben:Und was wirklich dahinter steckt:
Nicht zuletzt wollen wir eine SPD, die in Glaubens- und Wertefragen eigenständig bleibt und so plural aufgestellt ist, wie die deutsche Gesellschaft, in der sie wirkt.
30 % Atheisten als Wählerkontingent!
Das ist wenigstens EINE Möglichkeit mal wieder ein wenig aufzupeppen!


Die bekennenden Laizisten in der SPD, die sich jetzt endlich innerparteilich zusammenschließen wollen, bilden eine winzige Minderheit innerhalb der Partei. Die antilaizistische Parteiführung will von den Plänen der atheistischen "Schmuddelkinder" in ihren Reihen nichts wissen—und offenkundig auch nichts von einem Teil der eigenen linken Tradition.
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Myron » Do 25. Nov 2010, 09:07

Myron hat geschrieben:Obwohl es keine Staatskirche und keine Staatsreligion gibt, finanziert der "neutrale" Staat die Kirchen und deren religiöse Ideologie.


Genau gesagt:

"Es ist eine Quote von 37:63 oder rund ein Drittel Kirche zu zwei Drittel Staat/Steuergelder, kurz gesagt 1:2.
Bezieht man die 11 Mrd. Euro reiner Einnahmen der Kirchen auf das Gesamtsujet, also Staatsleistungen (19 Mrd. €) plus Caritas und Diakonie (45 Mrd. €), so stehen sich 11:64 Mrd. Euro gegenüber, also 15:85% oder eine Quote von 1 Teil Kirche zu 6 Teilen Staat/Öffentliche Gelder."


(Frerk, Carsten. Violettbuch Kirchenfinanzen: Wie der Staat die Kirchen finanziert. Aschaffenburg: Alibri, 2010. S. 241)
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Myron » Do 25. Nov 2010, 09:34

Myron hat geschrieben:Allein die sogenannte Auslandsarbeit der Kirchen, sprich die Missionierungsarbeit, wird mit sage und schreibe 270.000.000€ bezuschusst!


Das Geld fließt zwar auch in die Entwicklungshilfe, aber:

"Christliche Hilfswerke haben immer einen Doppelpack von humanitärer Hilfe und bekenntnisgebundener Mission im Programm. Wenn sie nur die humanitäre Hilfe als Aufgabe und Ziel hätten, wären es keine christlichen Hilfswerke. Ihr 'Proprium' (das, was ihr Eigentliches ist und was sie von anderen unterscheidet) ist die Glaubensverkündigung in Taten und Worten. Insofern müssen sich alle politischen Gremien fragen lassen, ob sie sich darüber im Klaren sind, mit welchen Absichten diese Missionsorganisationen unterwegs sind, die die humanitäre Hilfe so sehr betonen."

(Frerk, Carsten. Violettbuch Kirchenfinanzen: Wie der Staat die Kirchen finanziert. Aschaffenburg: Alibri, 2010. S. 179)

Ich gehe allerdings davon aus, dass sich die CDU und die CSU darüber durchaus im Klaren sind und die christlichen Missionierungsaktivitäten im Ausland und insbesondere in den Ländern der Dritten Welt gutheißen. Aber auch die kirchenfreundliche SPD scheint dagegen nicht einzuwenden zu haben.
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Do 25. Nov 2010, 10:00

Es gibt halt keine Alternativen.
Die "Kirche" gilt gemeinhin als die Verantwortliche für das Unkörperliche, Seelentrösterin und Heilsbringerin. Wer will das abschaffen?
Das bietet nun mal kein weltlicher Verein, allenfalls vielleicht esoterische Zirkel mit Pseudoheil und Aberglaube oder Chakka, du schaffst es!

Die Kirchen unterhalten ihre caritativen Einrichtungen zum Zwecke der Hilfe weltweit. Die meisten Priester und Diakone geben keinen Religionsunterricht sondern "missionieren" indem sie den Kindern Vorort Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen. Es gibt inzwischen so viele Missionen weltweit, wer möchte das alles verstaatlichen?
Und käme das günstiger?
Und je nachdem welche Regierung in Oldeurop gerade das Sagen hätte, würde den Kindern Ersatzideologie beigebracht. Da ist der "LiebeGott" beständiger, würd ich sagen.

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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Lumen » Do 25. Nov 2010, 10:23

stine hat geschrieben:Es gibt halt keine Alternativen.
Die "Kirche" gilt gemeinhin als die Verantwortliche für das Unkörperliche, Seelentrösterin und Heilsbringerin. Wer will das abschaffen? Das bietet nun mal kein weltlicher Verein, allenfalls vielleicht esoterische Zirkel mit Pseudoheil und Aberglaube oder Chakka, du schaffst es!


Ich frag mal ketzerisch: Wo ist der Unterschied?
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Do 25. Nov 2010, 11:44

In der Organisation?

:winkgrin:
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Do 25. Nov 2010, 12:17

Nein, im Ernst ( :winkgrin: ): Der Unterschied ist in der menschlichen Kultur und Vergangenheit.
Schon unsere Vorfahren hatten die Erkenntnis, dass selbstgestrickte Gottesbilder, Geister und Heilige, sprich der Aberglaube, den Menschen nicht glücklich macht. Unser Inneres ist ein Konflikt aus Gut und Böse. Die Gottesvorstellung ist die Vorstellung des Absoluten, in der christlichen Tradition (nicht katholisch und auch nicht alttestamentarisch!) stand Gott für das Gute, Liebende schlechthin, ein Vorbild für das Menschsein, die letztgültige Geisteshaltung.
Das kann niemand toppen, schon gar nicht, wenn es von einem zwiespältigen Menschlein kommt, denn nichts anderes sind esoterische Alternativen.

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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 25. Nov 2010, 12:32

Verblendeter Mumpitz. Jeder Anhänger einer länger existierenden Glaubensrichtung glaubt so etwas von seinem Glauben und das andere von anderen Glaubensrichtungen, Göttern und Götzen.
Alle Religion wurde von irgendwem selbstgestrickt und von anderen mit anderer Leute Selbstgestricktem eventuell verwoben.
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Lumen » Do 25. Nov 2010, 13:05

Der Gott der Christen ist garnicht ausgedacht? Auch stimmt der Rest nicht, z.B. gibt es bei den Naturreligionen auch etliche die ohne Götter auskamen. Da sind es dann beispielsweise übernatürliche Geister, welche die Welt bevölkern. Genauer gesagt ist unser Begriff »Geist« etwa das, was der Vorstellung am nächsten kommt. Diese sind weder übermächtig oder allwissend, können aber die Natur kontrollieren und sind daher sehr mächtig.

Das Universale bei allen Religionen ist die Projektion. Der Mensch ist ein Beweger, einer, der vermeintlich Kausalketten anschubst. Götter, Geister und so fort sind ihrerseits projezierte Beweger, die Naturphänomene, Schicksale usw. anschubsen können. Diese werden häufig als Eltern-Figuren gedacht. Die Vorstellung als Eltern ist eine sehr effektive Metapher, deshalb funktioniert sie so gut. Die Projektion besteht ferner darin, die Menscheit als Kinder einer Gottheit zu sehen, die von diesem dann wohl-erzogen wird. In diversen Naturreligionen verschwimmen zum beispiel Vorfahren mit den Göttern und auch bei den Christen scheint das noch durch.

Früher verstand man unter Erziehung auch wesentlich die Strafe und Züchtigung, daher straften und züchtigten Götter ganz gerne mal. Die Metapher ist auch hier sehr stabil, wenn jemandem z.B. ein Schicksalschlag wiederfährt. Der liebende Gott (also eine Erziehung die Liebe in den Vordergrund stellt) war eine spätere Idee, die die Christen einem gewissen Jesus zuschreiben.

An dieser Stelle ging aber die sonst so tragfähige Eltern-Metapher in die Binsen, plötzlich gab es keine Erklärung mehr, warum es soviel Leid auf der Welt gibt. Das hat die frühen Christen tatsächlich in eine tiefe Krise gestürzt, die getrost tausend Jahre andauerte und bis heute nicht aufgelöst ist. Diverse Schulen und Richtungen hatte alle möglichen Ideen parat, wie das sein könne (reichte von Demiurgen bis den mysteriösen Wegen Gottes). Dieser Entwicklung, genauer, das herausbilden eines Dualistischen Weltbildes, hat fatale Entwicklungen in Gang gesetzt, namentlich der Aufstieg des Teufelsglaubens, der die Europäer über Jahrhunderte in Schrecken versetzt hat und ohne den solche Epochen wie der 30 Jährige Krieg so nicht denkbar wären. Um Mißverständnisse zu vermeiden, damit ist nicht die Episode der Hexenverfolgung gemeint. Ich will nicht wieder davon anfangen, vielleicht machen wir ein extra Topic dazu.

stine hat geschrieben:Unser Inneres ist ein Konflikt aus Gut und Böse.


Bingo, oder auch Dualismus genannt. QED.
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Myron » Do 25. Nov 2010, 16:55

stine hat geschrieben:Es gibt inzwischen so viele Missionen weltweit, wer möchte das alles verstaatlichen? Und käme das günstiger?


Apropos Verstaatlichung:

"Wenn der Staat alle Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitssystems in Deutschland, die sich in kirchlicher Trägerschaft befinden, in staatliche Regie übernehmen würde, würden für die öffentlichen Haushalte rund 800 Mio. Euro Mehrkosten entstehen, die bisher von den Kirchen beigetragen wurden. Würde dann jedoch der Staat als Ausgleich die Steuerbegünstigung der Kirchensteuer beenden (bisheriger Einnahmeverzicht 3 Mrd. Euro), hätten Bund und Länder eine Mehreinnahme von rund 2,2 Mrd. Euro im Jahr. Aber es gehört zur 'Caritas-Legende', dass das deutsche Sozial- und Gesundheitssystem zusammenbrechen würde, wenn die Kirchen ihre Einrichtungen aufgeben würden."

(Frerk, Carsten. Violettbuch Kirchenfinanzen: Wie der Staat die Kirchen finanziert. Aschaffenburg: Alibri, 2010. S. 242)
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Do 25. Nov 2010, 17:21

Myron hat geschrieben:...'Caritas-Legende'...
(Frerk, Carsten. Violettbuch Kirchenfinanzen: Wie der Staat die Kirchen finanziert. Aschaffenburg: Alibri, 2010. S. 242)


Die Frage ist: Würde denn der Staat überhaupt das alles aufrecht erhalten wollen?
Wenn wieder mal gespart werden muss...

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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 25. Nov 2010, 17:24

Dürfte er denn, wenn so christliche Wähler wie du was zu sagen haben? Du moserst doch immer über die hohen Ausgaben für soziale Sachen. :mg:
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon Lumen » Do 25. Nov 2010, 17:50

Die öffentliche Hand unterhält bereits solche Einrichtungen und bezahlt aktuell dafür. Es gibt für dein »Argument« keine Grundlage.
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Do 25. Nov 2010, 21:30

OT:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Du moserst doch immer ...
Dass du das erkennst? :mg:
Weißt du übrigens woher der Ausdruck "mosern" kommt?
Ich dachte immer, das beschreibt die Art von Hans Moser, dem österreichischen Film-Unikum, der moserte auch ständig herum.
Aber Wiki weiß es wie immer besser:
Entgegen der häufigen Vermutung leitet sich der Ausdruck „mosern“ bzw. „rummosern“ nicht von Hans Moser ab, sondern von dem jiddischen bzw. rotwelschen gleichbedeutendem „mossern“ (Im wienerischen Sprachgebrauch ist der Ausdruck „mosern“ übrigens kaum gebräuchlich, hier heißt es stattdessen „raunzen“).


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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Mo 29. Nov 2010, 07:52

Seniorennachmittage, Frauenfrühstück, Seniorentanz, Krankentag, Kinderchor, Flötenkreis, Projektchor, Konfirmanten-Dinner, Kommuniontreffs, Gruppenstunde, Jugendtreff, Seniorenausflüge usw usf.
Das alles bietet die evangelische und/oder katholische Basis überall vor Ort. Wer neu in eine Gemeinde zieht, wird eingeladen, die Gemeinde kennen zu lernen und darf sich jederzeit anschließen und einbringen.

Wenn die Kirchen nicht mehr unterstützt werden würden, fiele das alles mangels finanzieller Möglichkeiten weg. Es gäbe weder die Gemeindesäle noch die notwendige Betreuung durch geschulte Ehrenamtliche und Hauptamtliche. Ich gebe zu, dass derzeit die Angebote überwiegend (wenn nicht überhaupt nur) von Kirchenzugehörigen genutzt werden, aber sie werden genutzt, und zwar mehr denn je, da unsere Senioren immer aktiver werden und Eltern ihre Kinder in kirchlichen Jugendgruppen (immer noch) gut aufgehoben wissen.
Kann man solche Einrichtungen überhaupt säkularisieren, ohne ihnen dann eine politische Grundhaltung zu unterstellen?
Jetzt sind unter den Mitmachern alle Stände vertreten, denn Glaube und Kirche kennt keinen Unterschied. Bei der Arbeiterwohlfahrt oder einer SPD-nahen Stiftung sähe das wohl anders aus.

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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 29. Nov 2010, 09:04

Bitte hebe doch deine Scheuklappen ein bisserl an. Die AWO (Arbeiter-Wohlfahrt) und andere machen ähnliche Veranstaltungen.

Und ja, die Kirche ist politisch und hat als katholische Kirche eine in der Regel zutiefst konservativ-schwarze (mit manchmal changieren in hässliche Farben) Grundhaltung. Gerade in deiner Heimat sollte dir dies doch ab und zu auffallen. (Unter Heimat meine ich jetzt die Region und nicht unbedingt deine Stadt.)
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Re: Was ist dran am SPD-Laizismus

Beitragvon stine » Mo 29. Nov 2010, 10:13

Die Arbeiterwohlfahrt kannst du nicht mit den Aktivitäten christlicher Gemeinden vergleichen.
In der christlichen Gemeinde fühlt sich auch der Herr Generaldirektor verpflichtet mitzuhelfen und Frau Generaldirektor spendiert einen Kuchen und wäscht in der Küche des Gemeindesaales mit ab und das hat nichts mit "Gnade" zu tun, sondern mit einem Gefühl der Zugehörigkeit. Es gibt keinerlei besser oder schlechter Gestellte. Sie fühlen sich "vor Gott" alle gleich.
Dagegen hat schon das Wort "Arbeiterwohlfahrt" einen schalen Beigeschmack...

Die Basisarbeit in den Gemeinden hat sich doch längst von der kirchlichen Hierarchie getrennt. Oben sagen sie: Die da unten machen doch was sie wollen!
Und unten sagen sie das gleiche von denen da oben.
Wer keine Scheuklappen auf hat, der hat das längst mitbekommen. :mg:

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