Myron hat geschrieben:Die Frage, ob und wenn inwieweit der ontologische Naturalismus mit dem Glauben an bestimmte Abstrakta vereinbar ist, ist ein interessantes, relevantes, aber kompliziertes Thema, das höchstens in einem gesonderten Philosophie-Thread weiter ausgeführt werden könnte.
Noch ein Beispiel:
Darf ein (ontologischer) Naturalist an die Existenz des Buchstabens <A> glauben?
Diese Frage mag zunächst albern klingen, aber sie ist durchaus von Bedeutung im Zusammenhang mit dem Naturalismus.
Er darf selbstverständlich an konkrete, physische Exemplare des Buchstabens <A> glauben (wie z.B. an das hier links stehende und als Typenrepräsentant dienende Exemplar), aber der Buchstabentyp <A> selbst scheint ein abstraktes Objekt zu sein.
Es geht hier also um den Unterschied zwischen konkreten tokens und (vermeintlich) abstrakten types:
http://plato.stanford.edu/entries/types-tokens
Der Naturalist hat nun zwei Möglichkeiten: Er kann linguistische Typen, d.h. Buchstaben-, Wort- und Satztypen, entweder zu fiktiven, imaginären Objekten erklären oder sie "naturalisieren", indem er sie für reale, aber auf konkrete Objekte reduzierbare Objekte erklärt (eliminative ontologische Reduktion vs. konservative ontologische Reduktion).
Es gibt ontologisch liberale Naturalisten, die nichts gegen irreduzibel existente abstrakte linguistische Typen einzuwenden haben, sofern diese zumindest von ihren konkreten Exemplaren existenziell abhängig sind. Das heißt, in deren Augen existiert der abstrakte Buchstabentyp <A> nur so lange, wie es mindestens ein konkretes Exemplar davon gibt.
Ich denke, ein liberaler Naturalismus könnte exemplarabhängige linguistische Typen als natürliche abstrakte Entitäten anerkennen, sofern diese geist- bzw. sprachabhängig sowie geist- bzw. spracherzeugt sind.