ganimed hat geschrieben:Doch das zählt was. Aber was? Sagen wir, deine ganzen Negativbeispiele und Problemfälle zählen zusammengenommen minus 1200 Punkte.
Aber was ist mit den Gegenden, wo es keine Probleme gibt? Wo 90% der Menschen gläubig sind und von denen wiederum sagen wir 80% positiv von ihrem Glauben sprechen würden? Wenn ich beschlagener in Geografie wäre, könnte ich sicher zigtausende Orte, Gemeinden und Gegenden aufzählen, in denen das Bild, wenn man die Menschen fragte, positiv ausfallen würde. Jetzt frage ich dich: zählt das nichts?
Wenn es etwas zählt, dann ist natürlich Frage, wie viel? Man kann nur schätzen. Aber verglichen mit den Millionen und Abermillionen zufriedenen Gläubigen erscheinen mir deine paar Problembeispiele wie ein Witz. Man gelangt zu völlig falscher Sichtweise, wenn man die positiven Dinge so konsequent ausblendet wie du. Du unterstellst sozusagen, dass die Suppe versalzen sei indem du unentwegt Salzkörner aufzählst. Aber deine gesamte Argumentation bleibt unvollständig, wenn du nicht mit berücksichtigst, wie groß die gesamte Flüssigkeitsmenge ist und was sonst noch in der Suppe ist. Du erscheinst eher einfach nur als Salzhasser und nicht als neutraler Lebensmitteltechniker.
Das finde ich eine sehr erstaunliche Sichtweise. Christen haben in den USA noch bis in die 60er Jahre hinein die Diskriminierung der Schwarzen verteidigt und der Rassismus ist im “weißen Süden” der USA, wo die Frommen wohnen noch immer am größten. Die Rolle der Frau ist sowohl in der katholischen Kirche aber insbesondere im Islam noch lange nicht auf Niveau der Menschenrechte angekommen. Von Homosexuellen ganz zu schweigen. In den USA werden in diesem Augenblick noch religiöse Konflikte ausgetragen, unter anderem geht es um Hate Speech (wo dann Christen Beerdigungen von gefallenen Soldaten besuchen und skandieren, dass dies die Strafe für die Toleranz der Homosexualität sei). Hatte ich auf
Dominionismus hingewiesen? Hier noch ein
Artikel (Englisch) der die Situation in den USA ganz gut zusammenfasst.
Ich kann es halten wie ich will: wenn ich auf die Details eingehe, dann wird das als kleinlich und übertrieben empfunden, wenn ich die Sache eher gröber, aber übersichtlicher darstelle, ist es wieder zu holzschnittartig. Wie kann man die ganze Geschichte seit aufkommen der Monotheismen als “paar Problembeispiele” auffassen? Wir reden hier von einer Zeitspanne von rund 1000+ (!) Jahren und es geht völlig erwartungsgemäß weiter. Zugegeben empfinde ich das Mittelalter als das schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, was aber daran liegt, dass ich den Glauben zu der Zeit gut rekonstruieren kann und ernst nehme und es schlimmer faktisch kaum mehr geht. Wir sagen das so dahin, aber für Luther und seine Zeitgenossen waren Teufel, Höllenfeuer und Dämonen Realität, dass sich zusammen mit Ablasshandel, Krankheiten und Seuchen, Folter und Scheiterhaufen zur Hölle auf Erden verbandte. Falls du irgendwen kennst, der bereits verstorben ist, stell dir vor, dieser würde jetzt quasi bei lebendigem Leibe auf ewig irgendwo gekocht oder die Eingeweide herausgedreht, aber du kannst — in dem du Geld hier und da spendest und diese und jene Regel befolgst — entweder diesem Schicksal entgehen, oder es sogar für andere Leute lindern. Eine gute Sache? Eine Lappalie? Der Glaube als Trostspender?
Die Tatsache, dass es auch weniger fundamentale Gläubige gibt ist doch kein Argument für die Beschaffenheit einer Religion und der zweifelhaften Lehren. Dass die Konflikte im Nahen Osten religiöser Natur sind, darin besteht überhaupt kein Zweifel (Pro-Tipp: Warum sind die Juden nochmal dort?). In Afghanistan dieselbe Geschichte in Grün, in Pakistan wieder, in Nord-Irland auch. Im Kosovo war die Religion auch wieder mit im Spiel, nur wurde das gerne unterschlagen: die Serben sind orthodoxe Christen, die Kroaten katholisch und die Bosnier wurden (hach, welch Zufall) dann ab und zu auch als muslimisch benannt. Der Konflikt wurde oft als ethnischer Konflikt beschrieben, was aber Blödsinn ist, da alle eine slawische Identität haben, die auch hochgehalten wird.
Man muss mal anerkennen, dass manche Menschen die Inhalte ihrer Religion wirklich ernst nehmen und wirklich wirklich glauben. Da geht es nicht um Oberflächlichkeiten, oder vielleicht um eine Lappalie, wie das für Nicht-Gläubige erscheinen mag. Das Anfertigen von Karikaturen von Propheten kann dann schonmal über 100 Tote bedeuten. War das etwa wegen kultureller Differenzen oder anderweitigen Missverständnissen zwischen Dänen und Arabern?
Das mag jetzt wie ein Apfel/Birnen Vergleich daher kommen aber folgende Frage: ist die Nazi-Ideologie positiv aufzufassen,
falls die Mehrheit der Anhänger friedlich bleibt? Sollte man das positiv finden und eine positive Haltung zur Nazi-Ideologie aufbauen, wenn es diesen vornehmlich Jugendlichen irgendwie hilft und sei es ihnen Selbstwert vorgaukelt, den sie sonst nicht hätten? Ich meine diese Frage ernst, denn nur durch den drastischen Vergleich wird deine außerordentliche Forderung deutlich.
Zweite Frage: Warum ist es in einer Demokratie offensichtlich anstößig, Anti-Theistisch zu sein? Es gibt offenkundig mehr Gründe Religion scheiße zu finden, als Justin Bieber. Also, was ist das Problem? So bestätigt ihr das Bild, was diverse Atheisten seit geraumer Zeit beobachtet haben: wird Religion kritisiert, hört der Spaß auf und die Apologeten werden sehr schnell wütend. Dennett oder Dawkins beobachteten sogar, dass vor allem „moderate“ Leute sich schwer tun.
Wenn man berechtigten Kritikern der Religion Hass unterstellt, sollte man
diese kurzweilige deutsche Doku sehen. Aus mehrfachen Gründen, zum einen wegen dem „Argument“ das gegen die Kritiker geführt wird, zum anderen ist es passend zum Inhalt. Dabei sei gesagt: Wenn im Kinderbuch auch nur eine Stelle grausam ist, dann ist das gesamte Buch diskreditiert, quasi falsifiziert. Da hilft auch ein komplettes durcharbeiten und durchforsten nach Kontexten und Symboldeutungen nicht mehr. Daher ist es mir schleierhaft, wie die blutgetränkte monotheistische Gewaltfantasie noch als Vorbild herhalten kann.