Was ist Wahrheit?

Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon stine » Do 3. Mär 2011, 07:30

die Wahrheit ist:

- dass wieder mal nichts Passendes im Kleiderschrank hängt,
- dass der Kuchen außen angebrannt und innen nicht durch ist,
- dass die Kinder ungern Hausaufgaben machen,
- dass die Schwiegermutter immer dann vor der Türe steht, wenn nichts aufgeräumt ist,
- dass Männer ungern im Haushalt mithelfen
- und dass der Hund immer dann raus muss, wenn grad keine Zeit ist.

Das ist ganz alltägliche Wahrheit!
:winkgrin: stine
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Gernot Back » Do 3. Mär 2011, 09:37

Das siehst du zu düster, Stine:

Die Wahrheit ist, dass man sich die vielen Male, wo alles glatt läuft, gar nicht merkt, weil man das für selbstverständlich hält.

Gruß Gernot
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Shine » Sa 5. Mär 2011, 23:12

Myron hat geschrieben:Was diesen Satz wahr macht, ist die beobachtungsunabhängige Tatsache, dass die Siedetemperatur von Wasser 100°C beträgt, und nicht die Beobachtung oder Feststellung derselben.

Das ist nur relativ richtig. Hast du schon mal versucht, im Gebirge Kartoffel oder Eier zu kochen? Das dauert dort viel länger, weil das Wasser kocht, bevor es 100° C erreicht. :^^:
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Shine » Sa 5. Mär 2011, 23:20

BeTween hat geschrieben: [...]In dem Fall des kochenden Wassers bei 100°C würde man z.B. auf dem Mount Everest feststellen[...]Ich denke nicht, dass wir in der Lage sind etwas mit 100%iger Sicherheit als Wahrheit zu bezeichnen, da alles nur auf unserer Wissensbasis beruht, die ja unvollständig ist. Auch Axiome sind nur Annahmen.
Von daher ist etwas tatsächlich wahr, wenn es in keinem Widerspruch zu einer vollständigen, allumfassenden, widerspruchsfreien Wissensbasis steht. Die hat aber keiner.

Ich habe Myron geantwortet, bevor ich alles gelesen hatte :-) ... Für den Rest stimme ich mit dir überein. Ich glaube nicht, dass wir fähig sind, die ganze Wahrheit zu erkennen. Aber nach "mehr Licht" suchen sollten wir trotzdem, wobei auch kleine Lichtblicke ein Fortschritt sind.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Shine » Sa 5. Mär 2011, 23:22

stine hat geschrieben:die Wahrheit ist:

- dass wieder mal nichts Passendes im Kleiderschrank hängt,
- dass der Kuchen außen angebrannt und innen nicht durch ist,
- dass die Kinder ungern Hausaufgaben machen,
- dass die Schwiegermutter immer dann vor der Türe steht, wenn nichts aufgeräumt ist,
- dass Männer ungern im Haushalt mithelfen
- und dass der Hund immer dann raus muss, wenn grad keine Zeit ist.

Das ist ganz alltägliche Wahrheit!
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Da kann ich dir voll zustimmen!!! Du triffst den Nagel auf den Kopf!!! :applaus:
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Shine » Sa 5. Mär 2011, 23:34

Gernot Back hat geschrieben:[...]Was ist der Unterschied zwischen dem Axiom der Zahl Eins einerseits, aufgrund dessen wir die Aussage 1 + 1 = 2 als wahr ansehen und die Aussage 1 + 1 = 3 als falsch und Gott, dem Teekesselchen, dem Spaghettimonster, dem Weihnachtsmann und dem Osterhasen andererseits?

Das Axiom der Zahl Eins hilft uns, die Welt zu verstehen und uns in ihr zurecht zu finden. .

Genau, es hat nur für die materielle Welt Bedeutung.
Gernot Back hat geschrieben:Die übrigen genannten Größen dienen zu gar nichts außer dazu, unser Wunschdenken zu befriedigen und das macht mir diese daher nur umso suspekter

Ist die Existenz Gottes ein Wunschdenken von dir? Ich glaube eher, dass viele auf seine Existenz lieber verzichten würden, also das Wunschdenken eher ein gegenteiliges ist!
Was Gott mit dem Teekesselchen, dem Spaghettimonster, dem Weihnachtsmann und dem Osterhasen NICHT gemeinsam hat? Letztere sind - wenn sie sind - sichtbar und daher materielle, begrenzte Wesen. Gott ist weder materiell noch in irgend einer Weise begrenzt, also auch nicht sichtbar.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Shine » So 6. Mär 2011, 01:19

BeTween hat geschrieben:[...]Aber du hast recht. Die Wahrheit aufzustellen, dass es keinen Gott gibt ist nach meiner Definition auch nicht zu 100% möglich, da wir eben keine Garantie für die Richtigkeit unserer Annahmen haben. Ja, so sehe ich es. Ich bin überzeugt davon, dass man nichts zu 100% ausschließen kann, aber dass es einen Gott gibt ist für mich eben genau so wahrscheinlich, wie dass Russells Teekanne existiert oder es einen Osterhasen gibt.
Und das genügt mir nunmal nicht, um daran zu glauben (glaube ja auch nicht an den Osterhasen). Dass ich bei einem Irrtum evtl. eine unendlich lange Zeit voller Schmerzen und Qualen in der Hölle riskiere (Der hinterlistigste Coup der Kirchen), zeigt ungefähr, wie sicher ich mir dabei bin. Trotzdem bleibe ich dabei, dass wir nichts zu 100% als Wahrheit bezeichnen können. Viele Dinge bei denen sich Menschen zu 100% sicher waren, haben sich schon als falsch erwiesen.


Ich muss manchmal wirklich laut lachen! Es ist absolut belustigend, mit welcher Vehemenz man hier versucht, die Religionen lächerlich zu machen. Es geht jedoch zunächst einmal um Spiritualität, d.h. um die Suche der Herkunft unseres geistigen Seins! Seit Jahrtausenden folgt der Mensch seinem inneren Ruf nach Spritiualität. Doch jetzt hat er angefangen, gerade mal etwas über die materiellen Umstände seiner Existenz zu wissen und zu begreifen, dass er sie manipulieren kann, und schon glauben viele, auf ihren geistigen Ursprung verzichten zu können. Man macht es sich da sehr einfach: Man behandelt Spiritualität (oder Geist/Geistigkeit/Bewusstsein) wie Materie. Da diese aber ganz anderer Natur als Materie ist, lässt sie sich materiell nicht nachweisen! Man geht hier also von einer falschen Schlussfolgerung aus: Da man materiell nur Materie als existent nachweisen kann und bisher keine wissenschaftliche Methode gefunden wurde, mit der die materielle Unabhängigkeit des Geistes nachzuweisen ist, existiert ein Materie unabhängiger Geist eben nicht, d.h. Geist/Geistigkeit/Bewusstsein muss daher ebenfalls einen materiellen Ursprung haben!
Wirklich klug gedacht!

Es ist begreiflich, dass man auf Religionen verzichten will, mit denen einige Wenige Macht über andere ausüben, indem sie behaupten, die Wahrheit zu kennen, nach denen sich alle zu richten haben. Das aber hat weder mit Spiritualität noch mit Religion etwas zu tun, sondern mit Willkür und Missbrauch. Der spirituelle Mensch ist immer frei von Aussagen anderer. Er macht seine eigenen Erfahrungen, die er in Relation mit den Erfahrungen anderer setzt, und zieht daraus seine persönliche Erkenntnis. Wenn man aber spirituelle Erfahrungen erst gar nicht zulässt, kann es auch zu keiner spirituellen Erkenntnis kommen.

Andererseits – indem er eine rein geistige Existenz verneint – erhebt sich der Mensch zum neuen „Schöpfer“ der Welt: Über ihm steht gar nichts mehr. Er ist die höchste Existenz des Seins, sozusagen Gott gleich, d.h. ihm ist alles erlaubt! Er ist nur sich selbst verantwortlich! Das ist natürlich für viele ein absolut großartiger Gedanke! Kein Wunder also, dass sie lieber NICHT an die Existenz Gottes glauben. Nur: allein dadurch, dass man ihn sich weg wünscht, verschwindet er nicht! Wie gesagt: er könnte doch existieren, d.h. falls er ist, IST er... Ganz auszuschliessen ist das jedenfalls nicht... :mg:
Nun, spätestens nach unserem Ableben werden wir es ja erfahren … :^^:
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Shine » So 6. Mär 2011, 01:33

(Habe hier meinen Beitrag von oben korrigiert ... Ich hoffe, das ist erlaubt! Eventuell kann man den obigen Text löschen)

Gernot Back hat geschrieben:[...]Was ist der Unterschied zwischen dem Axiom der Zahl Eins einerseits, aufgrund dessen wir die Aussage 1 + 1 = 2 als wahr ansehen und die Aussage 1 + 1 = 3 als falsch und Gott, dem Teekesselchen, dem Spaghettimonster, dem Weihnachtsmann und dem Osterhasen andererseits?

Das Axiom der Zahl Eins hilft uns, die Welt zu verstehen und uns in ihr zurecht zu finden. .

Genau, es hat nur für die materielle Welt Bedeutung.
Gernot Back hat geschrieben:Die übrigen genannten Größen dienen zu gar nichts außer dazu, unser Wunschdenken zu befriedigen und das macht mir diese daher nur umso suspekter

Ist die Existenz Gottes, des Teekesselchens oder dem Spaghettimonster ein Wunschdenken von dir :mg: ?
Ich glaube eher, dass viele auf eine Existenz Gottes lieber verzichten würden, also das Wunschdenken oft ein gegenteiliges ist!
Was Gott mit dem Teekesselchen, dem Spaghettimonster, dem Weihnachtsmann und dem Osterhasen NICHT gemeinsam hat? Letztere sind - fals sie sind - sichtbar und daher materielle, begrenzte Wesen. Gott ist weder materiell noch in irgend einer Weise begrenzt, also auch nicht sichtbar.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon AgentProvocateur » So 6. Mär 2011, 01:55

Shine hat geschrieben:Andererseits – indem er eine rein geistige Existenz verneint – erhebt sich der Mensch zum neuen „Schöpfer“ der Welt: Über ihm steht gar nichts mehr. Er ist die höchste Existenz des Seins, sozusagen Gott gleich, d.h. ihm ist alles erlaubt! Er ist nur sich selbst verantwortlich!

Jein, das ist so nicht ganz korrekt.

Wenn es keine Instanz über dem Menschen gibt, (das ist das, was Atheisten glauben), dann steht logischerweise über ihm gar nichts mehr, dann ist er nur sich selber, (und anderen Menschen gegenüber), verantwortlich - soweit kein Einwand meinerseits.

Aber daraus folgt nun logisch weder, dass der Mensch "Gott gleich" wäre, noch dass alles erlaubt wäre.

Genau genommen ist beides nicht der Fall.

Sofern man unter "Gott" hier ein einziges Wesen versteht, das niemandem Rechenschaft schuldig ist und ergo tun kann, was immer es will.

Das gilt aber für Menschen deswegen nicht, weil Menschen anderen Menschen durchaus Rechenschaft schuldig sind, sie nicht, (als Einzelne), eine oberste Instanz sind, die nach Belieben tun könnten, was immer sie wollen, z.B. morden, foltern und vergewaltigen können, ohne dass sie sich Vorwürfen Dritter ausgesetzt sähen.

Das kann nur Gott tun. Weil er, wenn er existiert, die absolute Macht inne hat und, wer die Macht hat, hat immer recht. Das Recht des Stärkeren.

Jedoch, eine kleine Anmerkung noch: das Recht des Stärkeren läuft nur auf Macht hinaus, es kann keine Zustimmung erzwingen. Nur vorgetäuschte Zustimmung.

Es sei denn, diese Macht ist so groß, dass sie Zustimmung implantiert. Falls man merkwürdigerweise meinte, eine erzwungene Zustimmung sei eine echte Zustimmung.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Nanna » So 6. Mär 2011, 02:37

Shine hat geschrieben:Andererseits – indem er eine rein geistige Existenz verneint – erhebt sich der Mensch zum neuen „Schöpfer“ der Welt: Über ihm steht gar nichts mehr. Er ist die höchste Existenz des Seins, sozusagen Gott gleich, d.h. ihm ist alles erlaubt!..


„Es ist rhetorische Gewohnheit, sich die Rede des Gegners so zurechtzulegen, wie man sie besser verwerten kann.“ sagte der gute alte Bismarck und hatte Recht - auch wenn du hier einen recht abstrakten Gegner bekämpfst, nämlich die menschliche Hybris. Daran ist auch gar nichts verkehrt. Nur, im vorliegenden Fall führt eine kleine rhetorische Vereinfachung voll ins Aus. AgentProvocateur hat das im Grunde schon skizziert:

Der Punkt ist, dass es DEN Menschen nicht gibt. Was du da sagst offenbart ein sehr statisches Bild vom Universum. Wir haben aber in dieser natürlichen, materiellen Wert nur eine große Menge genetisch und verhaltensbiologisch ähnlicher Lebewesen, die aus einer sehr dynamischen Vergangenheit kommen und in eine sehr dynamische, veränderungsbereite Zukunft gehen. Wie ironisch: Die Sehnsucht nach Ewigkeit ist etwas Vorübergehendes; gebunden an ein paar Klumpen Kohlenstoff irgendwo auf einem blauen Stück Stein im Hinterhof irgendeiner Galaxie (übrigens hat diese Vorstellung ja auch schon fast spirituelle Poesie, nicht wahr?).

Es ist natürlich nett, sich da eine statische Mensch-Gott-Dichotomie auszumalen, aber mal im Ernst: homo sapiens wird weder das intelligenteste Lebewesen in der Geschichte dieses Universums gewesen sein, noch wird er lange genug existieren, um für einen allmächtigen Gott eine Konkurrenz darzustellen, noch bildet sich das ein Naturalist ein, der noch ganz bei Trost ist. Der Herrschaftsgedanke über die Welt ist eine Idee der abrahamitischen Religionen, wenn ich das ganz gesittet anmerken darf. Ist nicht unser Fehler, dass das in die Welt gesetzt wurde. "Macht euch die Erde untertan", das ist ein Satz von Menschen für Menschen, das ist viel mehr Selbstgleichstellung mit Gott als der vergleichweise bescheidene Versuch der Wissenschaft, ein paar Neutrinos oder Higgs-Bosonen zu finden, um wenigstens mal den Baukasten des Universums halbwegs komplett zu haben.

Wer diese Denkweise gewohnt ist, dass es einen Herrscher über das Universum geben muss, der folgert mit präziser Fehlleistung, dass der Wegfall Gottes nur die Ersetzung durch den Menschen bedeuten kann. Für den aufgeklärten und realistischen Naturalisten bleibt der Posten dagegen einfach vakant bzw. existiert gar nicht und hat daher auch keine Bedeutung. Für mich persönlich macht allein die Jobbeschreibung so wenig Sinn, dass ich mir Mühe geben muss, ordentlich nachzuvollziehen, was mit dieser statisch-totalen Rhetorik überhaupt gemeint ist. Naturalist sein heißt in aller Konsequenz die eigene Einbettung in ein größeres System zu erkennen und akzeptieren, das schon qua Beobachterperspektive nicht vollständig empirisch aufgelöst, verstanden und beeinflusst werden kann. Deshalb kommt ihr meiner Meinung nach auch auf keinerlei grünen Zweig bei der genauen Definition von Wahrheit, weil Wahrheit aus unserer beschränkten Perspektive des Beobachters der maximal zweiten Ordnung im besten Falle eine wissenschaftliche Arbeitshypothese sein kann. Wenn man wenigstens das hinkriegt und sich auf halbwegs vernünftige Standards geeinigt hat, ist schon viel gewonnen.

Es wäre weiterhin auch nicht DER Mensch, sondern EIN oder EINIGE Mensch(en). Zwischen Individuen gibt es immer Machtgefälle, sonst wären ja die Yanomami-Indianer und Barak Obama auf dieselbe Weise Herrscher des Universums - das mutet irgendwie albern an, oder? Ich habe da jedenfalls Bilder von Sternzerstörern und kleinen Ewoks vor Augen.

Der Naturalist, sofern er seine eigene philosophische Position verstanden hat, folgert dann auch nicht, dass er nun Vorsteher des Universums sei oder im Mindesten eine Art Blockwart dieses Sonnensystems, sondern er nutzt die Möglichkeiten der natürlichen Welt für eine angenehme, im sinnstiftend erscheinende Existenz, versucht dabei mit den anderen (meist menschlichen) Wesen seines Betätigungsbereiches gut auszukommen (sonst fühlt er sich schlecht oder wird von anderen Wesen zur Rechenschaft gezogen -> frag mal Saddam Hussein, wie er sich um den Hals rum fühlt) und lässt die "Antwort auf Alles" die "Antwort auf Alles" oder maximal "42" sein. Und zum "gut auskommen" gehört nun auchmal "Du sollst deinen Mitmenschen keinen Blödsinn erzählen!", weshalb es völlig in Ordnung ist, Religion lächerlich zu machen, nur sozial halt nicht immer angebracht.

Übrigens, deine Signatur verleitet mich, dir diesen Youtube-Link zu empfehlen: http://www.youtube.com/watch?v=UB_htqDCP-s Englisch verstehst du ja offensichtlich ausreichend. ;-)
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Mark » So 6. Mär 2011, 03:21

Shine hat geschrieben:Gott ist weder materiell noch in irgend einer Weise begrenzt, also auch nicht sichtbar.


Du weisst ja viel über Gott.
Weisst Du auch ob er auch einen eigenen Willen besitzt ?
Könnte er dann nicht sichtbar sein, wenn er denn wollte ?
Oder könnte er sich nicht nach der Erschaffung des Universums nicht selber vernichtet haben um durch unser Universum neu aufzuerstehen ? Solche Äusserungen über Dinge über die man schon per Definition rein garnix weiss sind bescheuert.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon AgentProvocateur » So 6. Mär 2011, 03:45

Nanna hat geschrieben:Wer diese Denkweise gewohnt ist, dass es einen Herrscher über das Universum geben muss, der folgert mit präziser Fehlleistung, dass der Wegfall Gottes nur die Ersetzung durch den Menschen bedeuten kann. Für den aufgeklärten und realistischen Naturalisten bleibt der Posten dagegen einfach vakant bzw. existiert gar nicht und hat daher auch keine Bedeutung.

Ähm, nein, das sehe ich nicht so. Ich bin wie Gott. Ein denkendes und fühlendes Wesen. Göttlicher geht meiner Ansicht nach nicht. (Das bedeutet nun aber keineswegs, dass ich anders sei als andere denkende und fühlende, zur Erkenntnis fähige Wesen. Das bin ich explizit nicht.)

Nanna hat geschrieben:Für mich persönlich macht allein die Jobbeschreibung so wenig Sinn, dass ich mir Mühe geben muss, ordentlich nachzuvollziehen, was mit dieser statisch-totalen Rhetorik überhaupt gemeint ist. Naturalist sein heißt in aller Konsequenz die eigene Einbettung in ein größeres System zu erkennen und akzeptieren, das schon qua Beobachterperspektive nicht vollständig empirisch aufgelöst, verstanden und beeinflusst werden kann. Deshalb kommt ihr meiner Meinung nach auch auf keinerlei grünen Zweig bei der genauen Definition von Wahrheit, weil Wahrheit aus unserer beschränkten Perspektive des Beobachters der maximal zweiten Ordnung im besten Falle eine wissenschaftliche Arbeitshypothese sein kann.

Nun, das Thema ist Wahrheit.

Meine Meinung dazu ist die: es gibt keinen "Beobachter erster Ordnung", (okay, soweit wahrscheinlich noch trivial, Beschränkung des Menschen, blabla), aber meine Ansicht geht noch darüber hinaus: es kann keinen unbeschränkten Beobachter geben.

Mit anderen Worten: dass es ein allmächtiges Wesen (aka Gott) geben könnte, bestreite ich nicht. Bin daher eigentlich eher Agnostiker als Atheist.

Aber dass es ein allmächtiges Wesen geben könnte, dass die Wahrheit besitzt: das bestreite ich.

Ich glaube nicht an Wahrheit in diesem Sinne.

Ich glaube, es gibt tendenziell unendlich viele Wahrheiten, (d.h. persönliche Interpretationen). Die nicht auf etwas Einziges zurückführbar sind.

Anders gesagt: ich glaube nicht, dass es etwas gibt oder überhaupt geben kann, was an sich existiert, sondern ich glaube, dass alles letztlich Interpretation bewusster Wesen ist.

Was schwer zu verstehen ist, was sehr einfach falsch zu verstehen ist, missinterprteiert werden kann und meist auch wird, was aber, wenn das richtig ist, die Existenz eines Gottes irrelevant macht. Gott wäre dann nur einer unter vielen, nicht mehr die letzte Instanz, (für die Wahrheit). Weil es dann nicht mehr die wahre und einzige Wahrheit gäbe.

Und das ist, was ich glaube. Und das ist der Grund, warum es mir persönlich gleichgültig ist, ob es Gott gibt oder nicht.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Mark » So 6. Mär 2011, 03:51

"Gott" ist ja nur unqualifiziert definierbar ;-)
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon AgentProvocateur » So 6. Mär 2011, 04:04

Mark hat geschrieben:"Gott" ist ja nur unqualifiziert definierbar ;-)

Nein, finde ich auch nicht.

"Gott" ist, so wie ich das verstehe, das letzte Prinzip, das, was über allem steht, die Wahrheit, die Übersicht über alles, das Einzige, Letztliche, das, in dem alles zusammenläuft, das Ende, das Ziel des Weges. Aber eben nur ein Einziges.

Das Problem ist aber nun, dass ich meine, dass es nicht nur das Eine gibt, auf das alles hinausläuft, sondern es gibt meiner Ansicht nach unendlich Vieles davon. Tendenziell unendliche viele, gleichwertige Prinzipien.

Und, ja, zugegeben, das ist schwammig, hört sich merkwürdig an, kann man nicht verstehen, kann man als esoterisch abqualifizieren, würde ich auch tun.

Bin aber zurzeit nicht in der Lage, das näher zu erläutern, so, dass man es verstehen kann. Vielleicht ein anderes mal.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Mark » So 6. Mär 2011, 04:10

Na genau das meine ich doch mit unqualifiziert definiert. Null verifizierbare Attribute. Das ist meiner Meinung nach also auf Bewährung Teil derjenigen Wahrheit derer die Menschen wirklich habhaft werden können, der Falsifikation & ergo der Menge der Theorien welche durch Beobachtung gestützt aber noch nicht als fehlerhaft oder unvollständig widerlegt werden konnten.
Wir wissen stets, was NICHT ist, sobald es überprüfbare Behauptungen aufstellt. Das ist ein Erfolgsrezept. Reicht das nicht aus, sich nur an dieses Rezept zu halten ?
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon AgentProvocateur » So 6. Mär 2011, 04:25

Hm, also, mir scheint, wir redeten irgendwie aneinander vorbei.

Was aber ohne Zweifel daran liegen kann, dass ich mich so undeutlich ausdrücke, mich nicht verständlich machen kann. Das tut mir auch leid, aber hier geht es wirklich an die Grenzen meiner Ausdrucksfähigkeit.

Ich will es dennoch nochmal versuchen: der Glaube an einen monotheistischen Gott ist meiner Ansicht nach gleichzeitig der Glaube an eine einzige, letztliche, endgültige Wahrheit. Die Hoffnung, es könne im Prinzip jemanden geben, der den wahren, einzigen Überblick über alles haben könne. Weil das im Prinzip möglich sei. Der Glaube daran, dass alles irgendwo zusammenlaufen müsse, man im Prinzip einen objektiven Standpunkt einnnehmen könne, das möglich sei.

Aber eben das glaube ich nicht, ich glaube, dass es (im Prinzip) unendlich viele Standpunkte, unendliche viele Interpretationen der Realität geben kann. Und zwar auch solche, die gleichwertig sind, es letztlich keinen gibt, der als einziger wahr ist.

Aber egal, ich glaube auch, dass das niemand versteht.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon stine » So 6. Mär 2011, 11:02

Doch, ich verstehe das.
Ich bin auch der Überzeugung, dass der Glaube an Gott Anfang und Ende in einem Punkt beinhaltet. Jedenfalls bei denen, die den Gott der Bibel und anderer vermenschten Religionen ablehnen.
AgentProvocateur hat geschrieben:Aber eben das glaube ich nicht, ich glaube, dass es (im Prinzip) unendlich viele Standpunkte, unendliche viele Interpretationen der Realität geben kann. Und zwar auch solche, die gleichwertig sind, es letztlich keinen gibt, der als einziger wahr ist.
Auch das kann ich nachvollziehen; für mich ist das allerdings kein naturwissenschaftliches Phänomen, sondern ein psychisches Abstraktes, das mit dem Denken der Subjekte einhergeht. Jeder macht sich seine Welt, wie er sie sehen oder haben möchte selber. Man kann ausblenden, einblenden, annehmen oder sich abschotten, die Welt ist eine ganz persönliche und immer so, wie jeder sie subjektiv wahrnimmt.
Imgrunde sind wir lauter kleine Autisten, von denen manche gelernt haben, sich auch für das Draußen zu interessieren.

LG stine
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Mark » So 6. Mär 2011, 14:57

@agent, evtl meinst Du unterdeterminierte Thesen die identische Vorhersagekraft haben ?
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon Myron » So 6. Mär 2011, 15:01

Shine hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Was diesen Satz wahr macht, ist die beobachtungsunabhängige Tatsache, dass die Siedetemperatur von Wasser 100°C beträgt, und nicht die Beobachtung oder Feststellung derselben.

Das ist nur relativ richtig. Hast du schon mal versucht, im Gebirge Kartoffel oder Eier zu kochen? Das dauert dort viel länger, weil das Wasser kocht, bevor es 100° C erreicht. :^^:


Es geht doch nur um irgendein einfaches, wenngleich nicht ganz genaues Beispiel.
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitragvon ujmp » Mi 9. Mär 2011, 11:59

Gernot Back hat geschrieben:Das Axiom der Zahl Eins hilft uns, die Welt zu verstehen und uns in ihr zurecht zu finden. Die übrigen genannten Größen dienen zu gar nichts außer dazu, unser Wunschdenken zu befriedigen und das macht mir diese daher nur umso suspekter.

Ja, aber dass sie unser Wunschdenken befriedigen ist ja auch schon was. Gute Unterhaltung ist gar nicht so leicht! Aber ganz im Ernst: Wenn jemand über ein Märchen lacht und weint und sich tagelang damit in Gedanken beschäftigt und darüber über seine eigene Realität reflektiert - dann hat das Märchen eine messbare Wirkung. Kunst geht nur so. Im Grunde ist nichts dagegen einzuwenden. Überhaupt geht Kreativität m.E. immer mit Gespinsten los. Mein Lieblingsbeispiel ist Pegasus - als Vision des Flugzeuges.

Bild

Man könnte auch die "Gedankenübertragung" als ideellen Prototypen für Nokia-Handys ansehen. Es gäbe m.E. keinen technischen Fortschritt, wenn wir nicht regelmäßig spinnen würden. Popper meinte irgendwo, dass der Mensch früher oder später alle Ideen irgendwann mal hat und einen Teil davon ausprobiert.

Zum Problem wird es m.E. nur, wenn ein Märchen mit Wahrheitsanspruch vertreten wird, wie es die Kirchen tun. Deren Strategen sind natürlich daran interessiert, "Wahrheit" so zu definieren, dass dies auch geht.

Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn jeder seine eigene Definition von "Wahrheit" hat. Ich hab nur für mich entschieden, nach einer Definition zu suchen, die Märchen nicht mit einschließt.
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