Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon xander1 » Fr 22. Jul 2011, 04:20

@stine:

Ich lese zur Zeit ein englisches Buch über Humanismus in meinem Handy aus den frühen 80'. Da schreiben die, dass Humanisten sich für die Emanzipation der Frau engarieren. Außerdem schreiben die auch schon zu dieser Zeit von einem naturalistischen Humanismus. Das ganze ist also gar nix neues.

Wenn du also eine Weltanschauung suchst, die pro Frauenrechte und pro Naturalismus ist, dann kannst du Humanistin werden. Ansonsten gibts dann noch den neueren evolutionären Humanismus.

Hier ist ein Text zum evolutionären Humanismus: http://www.giordano-bruno-stiftung.de/e ... humanismus
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Fr 22. Jul 2011, 12:21

@Xander:
Wenn du meine Ausführungen gelesen und verstanden hättest, dann würdest du begriffen haben, dass ich nicht für Frauenrechte an sich kämpfe, sondern die Frage gestellt habe, welche Stellung der Frau im Naturalismus zukommt. Welche "natürliche" Rolle hat sie und ist das den Naturalisten auch so bewusst.
Frauen und Männer haben aufgrund ihrer natürlichen Funktion sehr wohl "Geschlechterrollen", die man aber gerade im Humanismus nicht mehr haben möchte. Es wird geradezu geleugnet, dass es diese geschlechterspezifische Rolle überhaupt gibt.

Die linke und die rechte Hand sind gleichwertig. Es kommt nicht darauf an, welche Hand was zu tun hat, oder ob eine Hand stärker als die andere ist, sondern es kommt darauf an, dass das Zusammenspiel reibungslos funktioniert. Das ist die natürliche Funktionsweise.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon mat-in » Fr 22. Jul 2011, 16:58

xander1 hat geschrieben:Ich lese zur Zeit ein englisches Buch über Humanismus in meinem Handy aus den frühen 80'

Du meinst so eines?
http://pictures.todocoleccion.net/tc/20 ... 292267.jpg
Tschuldigung :lachtot:
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon ujmp » Sa 23. Jul 2011, 17:02

stine hat geschrieben:Die linke und die rechte Hand sind gleichwertig. Es kommt nicht darauf an, welche Hand was zu tun hat, oder ob eine Hand stärker als die andere ist, sondern es kommt darauf an, dass das Zusammenspiel reibungslos funktioniert. Das ist die natürliche Funktionsweise.

Es ist auch "natürlich", das Menschen gelegentlich zwei linke Hände haben. Es gibt halt nicht die Frau. Es gibt Frauen, die gerne so leben, wie Männer - das ist doch ihre Sache. Das hat nichts mit "natürlich" oder "unnatürlich" zu tun. Die Gegenüberstellung von natürlich und unnatürlich ist ein Relikt aus der Religion, die den Menschen aus der Natur herausgestellt hat. Der natürliche Mensch kann leben wie er will, er ist keinem Gott verpflichtet, auch nicht einer Ersatzgöttin, die sich "Natur" nennt. Wenn Menschen so leben, dass es sie keine Nachkommen haben, ist das -- voll und ganz -- natürlich. Wenn man sie ideologisch nötigt, Kinder zu zeugen, reproduzieren sie doch nur ihre Gene für mangelnde Reproduktivität.
Benutzeravatar
ujmp
 
Beiträge: 3108
Registriert: So 5. Apr 2009, 19:27

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Sa 23. Jul 2011, 21:38

ujmp hat geschrieben:Es gibt Frauen, die gerne so leben, wie Männer - das ist doch ihre Sache. Das hat nichts mit "natürlich" oder "unnatürlich" zu tun.
Selbstverständlich ist das natürlich, dass sich Frauen wie Männer fühlen wollen oder auch umgekehrt. Aber unnatürlich wäre es, wenn man plötzlich jeder Frau das Recht sich männlich fühlen zu dürfen vorschriebe. Ich denke, dass manche Emanzen da weit über das Ziel hinausschießen.

ujmp hat geschrieben:Wenn man sie ideologisch nötigt, Kinder zu zeugen, reproduzieren sie doch nur ihre Gene für mangelnde Reproduktivität.
Niemand sollte ideologisch gezwungen werden, Kinder zu bekommen. Doch passiert das nicht gerade, indem man so tut, als wäre jeder imstande gesunde Kinder bekommen zu können, sofern er sich nur der Medizin anvertraut?

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon ujmp » So 24. Jul 2011, 06:53

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es gibt Frauen, die gerne so leben, wie Männer - das ist doch ihre Sache. Das hat nichts mit "natürlich" oder "unnatürlich" zu tun.
Selbstverständlich ist das natürlich, dass sich Frauen wie Männer fühlen wollen oder auch umgekehrt. Aber unnatürlich wäre es, wenn man plötzlich jeder Frau das Recht sich männlich fühlen zu dürfen vorschriebe. Ich denke, dass manche Emanzen da weit über das Ziel hinausschießen.

ujmp hat geschrieben:Wenn man sie ideologisch nötigt, Kinder zu zeugen, reproduzieren sie doch nur ihre Gene für mangelnde Reproduktivität.
Niemand sollte ideologisch gezwungen werden, Kinder zu bekommen. Doch passiert das nicht gerade, indem man so tut, als wäre jeder imstande gesunde Kinder bekommen zu können, sofern er sich nur der Medizin anvertraut?

LG stine


Der Begriff "natürlich" ist m.E. zu problematisch, um damit zu argumentieren. Es gibt lebendgebärende Haie, bei denen das stärkste Junge schon im Mutterleib seine Geschwister auffrisst. Es gibt Spinnen, bei denen nach dem Geschlechtsakt das Weibchen das Mänchen auffrisst. usw. Ist das alles "unnatürlich"? Die meisten Insekten fliegen totsicher ins Feuer, wenn sie im Dunkeln nah genug daran sind - ist das "unnatürlich"?

Der Mensch befindet sich sozusagen in einem evolutionären Stadium, wo die Gene für mangelnden Reproduktionstrieb noch eine hohe Frequenz haben. Gesetzt den Fall, wir müssten eine Entscheidung treffen, die dem Erhalt unsrer "Art" dienen soll -- dann wäre es optimal, jeden Menschen so leben zu lassen, wie er will, sozusagen, seinen Genen zu erlauben, sich an der Realität zu messen -- und zu scheitern. Wenn diese Leute keine Kinder bekommen, gibt es diese Gene bald nicht mehr.

Jetzt könnte ich noch sagen "Sonst würden wir der Natur ins Handwerk pfuschen" -- dann würde ich mir aber selbst widersprechen, denn auch der Natur ins Handwerk pfuschen zu wollen ist natürlich. Es ist dem Menschen natürlich sich den Begriff der "Natürlichkeit" zu bilden. Aber das versteht ja keine Sau mehr, deshalb sollte man, wie gesagt, mit dem Begriff "natürlich" nicht argumentieren.
Benutzeravatar
ujmp
 
Beiträge: 3108
Registriert: So 5. Apr 2009, 19:27

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » So 24. Jul 2011, 08:17

Nein, natürlich nicht!

:mg: stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon King Lui » Mi 27. Jul 2011, 21:13

stine hat geschrieben:Ist das Vermischen der (geschlechterspezifischen) Kompetenzen natürlich überhaupt vertretbar und kann das Tier Mensch sich kopfgesteuert über seine Natur erheben? Was ist denn die Frau nun wirklich?
Ich denke der Naturalismus sollte diese Frage klären können.

Ich denke nicht, dass ein wissenschaftlicher Naturalismus die Frage eindeutig klären kann. Die (geschlechterspezifischen) Kompetenzen sind vermischt. Ein konkretes Auseinanderdividieren wäre, wenn überhaupt über Statistiken möglich, also durch die Beschreibung einer Durchschnittsfrau und eines Durchschnittsmanns, der dem Individuum nicht gerecht wird. Die kulturbedingten Einflüsse sind auch nicht zu vernachlässigen. Derzeit glaube ich nicht, dass das wissenschaftlich irgendwie in halbwegs zuverlässiger Weise trennbar wäre.

Ich kann mich noch gut an die Äußerungen meiner Urgroßmutter erinnern, wenn sie mal wieder in den Medien was von "diesem Mannweib" Alice Schwarzer unter die Finger bekam. Und dass sie eine arme alte unterdrückte Frau war, kann man so nicht sagen. Schon allein die Vulgärrethorik zu der sie fähig war, mag ein kleiner Hinweis darauf sein, dass das nicht der Fall war.

stine hat geschrieben:Ich persönlich denke, dass Frauen und Männer zwar gleichberechtigt sein mussen, aber trotzdem geschlechterspezifisch einzuordnen sind. Ist die Frage damit beantwortet, muss man sich weiter fragen, ob eine Wertigkeit der natürlichen Spezifikation gesellschaftliche Konflikte hervorruft und wenn ja, warum?

Ich vermute, dass nicht alle Menschen mit dem Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit klarkommen. Manche scheinen sich lieber in Rollen pressen zu lassen und diese sich nicht selbst aussuchen zu wollen.

Aber du hast ja etwas anderes bemerkt, was auch stimmen könnte. Nämlich, dass sich irgend ein gesellschaftliches Rollenverständnis beinahe automatisch entwickelt, und man dann feststellt, dass es nicht zu einem passt, vielleicht auch nicht zu der Mehrheit der Frauen oder Männer passt. Ist das so?

Ich bin mir nicht sicher, ob man das noch als eine "naturalistische Frage" gelten lassen kann.

Denn wenn das so ist, dann "sollte" man das kritisch betrachten und überlegen, ob man die Rahmenbedingungen in der Gesellschaft nicht wieder korrigieren "sollte".

Bisher habe ich noch keinen Handlungsbedarf feststellen können.
King Lui
 
Beiträge: 25
Registriert: Do 10. Mär 2011, 10:07

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Do 28. Jul 2011, 13:02

King Lui hat geschrieben:[Aber du hast ja etwas anderes bemerkt, was auch stimmen könnte. Nämlich, dass sich irgend ein gesellschaftliches Rollenverständnis beinahe automatisch entwickelt, und man dann feststellt, dass es nicht zu einem passt, vielleicht auch nicht zu der Mehrheit der Frauen oder Männer passt. Ist das so?
Ja, das ist so.
Ich sehe den Druck auf die Mütter, die gerne ihre Kinder mit Liebe ins Leben begleiten wollen, obwohl sie der gesellschaftlichen Ordnung wegen, ihren Arbeitsplatz nicht aufgeben sollten und schon ihre Babys besser in öffentliche Erziehungseinrichtungen stecken sollten. Mütter, die nie zulassen dürften, dass der Mann den Familienunterhalt bestreitet und sie selbst nur dazuverdienen, denn das macht sie abhängig und schafft dem Mann eine ungebührliche Überlegenheit. Ich sehe aber auch Männer, die keine Verantwortung mehr übernehmen dürfen, weil ihnen das als Einmischung ausgelegt wird und weil Frauen sich dann gesellschaftlich nicht mehr gleichwertig fühlen können.
Wenn Frauen sich untereinander fragen: "und was machst du so?" und die Antwort ist: "ich bin zu Hause bei den Kindern!", dann ist die nächste Frage: "ich meinte beruflich?"

King Lui hat geschrieben:Denn wenn das so ist, dann "sollte" man das kritisch betrachten und überlegen, ob man die Rahmenbedingungen in der Gesellschaft nicht wieder korrigieren "sollte".
Wär vielleicht wieder mal notwendig, aber unsere Wirtschaft verlangt nach Gleichberechtigung und die Frauen von heute werden auch so erzogen, dass sie "ihren Mann" selber stehen. Inzwischen ist das der Brauch und so gewünscht. Es sind nur die Alten, die das anders sehen und es sind die Kinder, die keine Mama mehr haben, sondern nur eine Mutter.

King Lui hat geschrieben:Bisher habe ich noch keinen Handlungsbedarf feststellen können.
Weil das niemand zu gibt?
Wir sind doch alle daran interessiert gesellschaftskonform zu agieren.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon King Lui » Do 28. Jul 2011, 18:06

stine hat geschrieben:Ja, das ist so.
Ich sehe den Druck auf die Mütter, die gerne ihre Kinder mit Liebe ins Leben begleiten wollen, obwohl sie der gesellschaftlichen Ordnung wegen, ihren Arbeitsplatz nicht aufgeben sollten und schon ihre Babys besser in öffentliche Erziehungseinrichtungen stecken sollten.

Wir Menschen sind natürlich zoon politikons. Ich sehe aber diesen Druck der gesellschaftlichen Ordnung wegen nicht. Es ist aber wohl so, dass viele Frauen (und ihre Männer), die eigentlich Kinder haben wollen, diese Entscheidung aufgrund ihres beruflichen Engagements sehr lange hinausschieben, bis ihnen auffällt, dass wenn sie es jetzt nicht anpacken, die biologische Uhr dafür bald abgelaufen sein wird, und es dann gar nicht mehr möglich sein wird Kinder zu bekommen.

Grund hierfür könnte in weniger gut finanziell abgesicherten Partnerschaften die Ansicht sein, dass sie sich Kinder (noch) nicht leisten können. Bei sehr erfolgreichen Frauen könnte es aber auch sein, dass sie ihren Job ernst nehmen und sich für fast unverzichtbar im Beruf halten, was insbesondere für Arbeitgeberinnen gelten würde.

Das was ich oben geschrieben habe, ist jetzt die Umkehrung deiner Sichtweise, die dieses Verhalten mit der "gesellschaftlichen Ordnung wegen" begründet.

Solche Verhaltensweisen sind aber meines Erachtens nicht gesellschaftlich vorgeschrieben oder moralisch gefordert. Es ist ein Interessenabwägen und die eigene Entscheidung der Partner, die sie sich so verhalten bzw. eben nicht verhalten und den Kinderwunsch vor sich herschieben.

stine hat geschrieben:Mütter, die nie zulassen dürften, dass der Mann den Familienunterhalt bestreitet und sie selbst nur dazuverdienen, denn das macht sie abhängig und schafft dem Mann eine ungebührliche Überlegenheit.

Das macht auch abhängig. Scheidungen sind ein Problem, wenn nicht beide den Familienunterhalt bestreiten. Und schau dir mal die Scheidungsraten in Deutschland an:
http://de.wikipedia.org/wiki/Scheidung#Deutschland

auch da hat sich einiges gesellschaftlich geändert.

stine hat geschrieben:Ich sehe aber auch Männer, die keine Verantwortung mehr übernehmen dürfen, weil ihnen das als Einmischung ausgelegt wird und weil Frauen sich dann gesellschaftlich nicht mehr gleichwertig fühlen können.
Wenn Frauen sich untereinander fragen: "und was machst du so?" und die Antwort ist: "ich bin zu Hause bei den Kindern!", dann ist die nächste Frage: "ich meinte beruflich?"

Das kann ich persönlich so nicht bestätigen. Dagegen kenne ich die Aussage von meiner Schwester, dass es sie irgendwann doch nervte, sich nur noch über die Kinder und die Sonderangebote im Supermarkt zu unterhalten.

stine hat geschrieben:Wär vielleicht wieder mal notwendig, aber unsere Wirtschaft verlangt nach Gleichberechtigung und die Frauen von heute werden auch so erzogen, dass sie "ihren Mann" selber stehen. Inzwischen ist das der Brauch und so gewünscht. Es sind nur die Alten, die das anders sehen und es sind die Kinder, die keine Mama mehr haben, sondern nur eine Mutter.

Die Wirtschaft verlangt nicht nach Gleichberechtigung. Jedoch sind wir eine technisierte Gesellschaft und kaum ein Beruf ist ohne Zusatzausbildung und Einarbeitung zu packen. Und es besteht ein gewisses Risiko bei Frauen, dass kaum dass sie eingearbeitet sind, sie auch schon wieder in den Schwangerschaftsschutz und anschließend in der Elternzeit verschwinden. Dass das nicht gern gesehen wird, ist rein marktwirtschaftliches Kalkül. Dann werden lieber gleich Männer eingestellt. Bei denen ist das Risiko, dass sowas passiert geringer, wenn es zwischenzeitlich gelegentlich aber auch vorkommt, daß Männer Elternzeit beantragen.


stine hat geschrieben:Weil das niemand zu gibt?
Wir sind doch alle daran interessiert gesellschaftskonform zu agieren.

Selbstverständlich leben wir in einer Gesellschaft. Und in dieser gibt es Sachzwänge. Aber ob diese gesellschaftliche Ordnung auch moralischen Druck ausübt, wage ich zu bezweifeln.
King Lui
 
Beiträge: 25
Registriert: Do 10. Mär 2011, 10:07

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon mat-in » Fr 29. Jul 2011, 08:16

Die Gesellschaft wirkt natürlich moralischen Druck aus. Vor allem auf Leute die für solchen empfänglicher sind als andere. Die Frage ist: abgesehen von den durch die Sachzwänge einer Gesellschaft gegebenen vorgaben - wer schreibt uns den Rest vor? Politiker? Die Werbung? Großkonzerne? Religionen?
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Fr 29. Jul 2011, 09:09

King Lui hat geschrieben:Die Wirtschaft verlangt nicht nach Gleichberechtigung.
Was hältst du von der Aussage: "Noch nie waren die Frauen so gut ausgebildet wie heute. Es geht uns viel know how und Arbeitskraft verloren, wenn wir es nicht schaffen, die Frage der Kindererziehung zu klären."
King Lui hat geschrieben:Grund hierfür könnte in weniger gut finanziell abgesicherten Partnerschaften die Ansicht sein, dass sie sich Kinder (noch) nicht leisten können. Bei sehr erfolgreichen Frauen könnte es aber auch sein, dass sie ihren Job ernst nehmen und sich für fast unverzichtbar im Beruf halten, was insbesondere für Arbeitgeberinnen gelten würde.
Mit oder ohne Fanile, das bleibt jedem selbst überlassen. Aber wenn sich jemand für Familie entscheidet, muss das auch möglich sein, ohne dass man im Ansehen der Gesellschaft abrutscht. Frauen, die sich zu Hause um alles kümmern und dem Mann den Rücken für die Karriere freihalten sind nicht dümmer als die, die selber Karriere machen. Hier ist ein Umdenken erforderlich.
Gestern war ein interessanter Beitrag über einen norwegischen Vater, der sich ein Jahr erzieherisch um seine Kinder gekümmert hat, während die Frau arbeiten ging. Es hieß: Durch dieses soziale Jahr würde er in seiner Firma die Kompetenzen für künftige Führungsaufgaben steigern können. Was lernen wir daraus: Männer werden besser, wenn sie erziehen und Frauen werden dümmer!
King Lui hat geschrieben:Scheidungen sind ein Problem,
Ja, das sind sie, vor allem für die Kinder. Es ist niemand mehr bereit, sich ein Leben lang zu binden. Abwechslung und das Recht auf ein buntes Leben hat jeder. Pflichten übernehmen ist grausam und sich zusammenreißen ist blöd. Unser Zweckoptimismus geht hier nur auf die Kosten der Kinder.
Andere Frage: Warum gibt es eigentlich soviele Alleinerziehende?
Will niemand mehr Vater sein? Wollen die Frauen zeigen, was sie alles alleine auf die Beine stellen können? Sind wir jetzt allle homosexuell geworden? Oder zahlt der Staat besser, wenn nur einer (offiziell) die Kinder erzieht?

King Lui hat geschrieben:Aber ob diese gesellschaftliche Ordnung auch moralischen Druck ausübt, wage ich zu bezweifeln.
Doch, ich denke, das tut sie. Frauen, die sich als Familienfrauen sehen, haben keine Lobby. Nicht einmal untereinander können sie sich das zugestehen. Aussagen wie: "Ich hätte das zu Hause nie ausgehalten, das wäre mir viel zu langweilig gewesen" suggerieren, dass zu Hause eigentlich nichts zu tun ist und die Familienfrauen auf der faulen Haut liegen.
Erstaunlich nur, dass bei Besserverdienern, die Zugehfrau und die Kinderfrau den Job erledigen, es also zwei Berufstätige braucht, was sonst einer zu erledigen hat.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Arathas » Fr 29. Jul 2011, 09:46

stine hat geschrieben:Es ist niemand mehr bereit, sich ein Leben lang zu binden.


Würde ich jetzt so nicht sagen - jeder macht es so, wie er es für richtig hält. Das Konzept der Ehe halte ich nur für überholt. Ich bin mit meiner Freundin seit 10 Jahren zusammen, und wir haben jetzt auch nicht vor, uns zu trennen. Wir hören dennoch ständig von den älteren Semestern, dass wir doch mal heiraten sollen. Darauf wir: "Warum sollten wir?" Die Antwort ist immer die gleiche: "Aus Liebe." Und unsere Antwort darauf ist auch immer die gleiche: "Aus Liebe bleiben wir zusammen. Aber Heiraten hat nichts mit Liebe zu tun. Höchstens mit Sicherheit."

Und eine Sicherheit, die statistisch zu 50 % (sind wir schon bei 50? ;)) keine Sicherheit ist, weil jede zweite Ehe geschieden wird, ist per se keine Sicherheit. Also ist das Konzept der Ehe einfach ... out. =)
Benutzeravatar
Arathas
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 1177
Registriert: Do 19. Mär 2009, 11:58

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Fr 29. Jul 2011, 10:53

Arathas hat geschrieben:Wir hören dennoch ständig von den älteren Semestern, dass wir doch mal heiraten sollen. Darauf wir: "Warum sollten wir?" Die Antwort ist immer die gleiche: "Aus Liebe."

:liebe:
Aus Liebe heiratet man nicht! :mg:
Die Ehe ist schlicht und einfach ein Vertrag, der amtlich regelt, dass man künftig miteinander verwandt ist. Das macht in vielen Dingen einen großen Unterschied.

Allerdings gilt als Alleinerziehend, wenn der Partner nicht amtlich in die Familie gehört. Hier müsste der Staat auch mal umdenken.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon 1794 » Sa 12. Nov 2011, 13:50

Christoph Zimmer:
Geschlecht und Menge.
Gleichschaltung durch Genderpolitik.
Als free download verfügbar: http://www.zmm.cc
1794
 
Beiträge: 3
Registriert: Sa 12. Nov 2011, 13:29

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » Sa 12. Nov 2011, 19:54

1794 hat geschrieben:Christoph Zimmer:
Geschlecht und Menge.
Gleichschaltung durch Genderpolitik.
Als free download verfügbar: http://www.zmm.cc


Und worauf will der damit hinaus?

stine hat geschrieben:
Die natürliche Bestimmung des Kindergebärens und der Familienpflege werden gesellschaftlich mehr und mehr missachtet und rücken als zweitrangige Aufgabe in den Hintergrund.

Ist das Vermischen der (geschlechterspezifischen) Kompetenzen natürlich überhaupt vertretbar und kann das Tier Mensch sich kopfgesteuert über seine Natur erheben?


Ich würde ja fordern, dass jeder, der sich weigert, anzuerkennen, dass der Mensch als solcher einen Verstand hat, der ihn dazu befähigt, in vielen Weisen sein Leben selbst zu gestalten, nur noch das Recht hat, nackt im Wald zu leben und auf jegliches Werkzeug zu verzichten.
Es gibt keine natürliche Bestimmung, die ganze Evolution basiert auf Zufällen und nicht auf Bestimmung (und nicht mal der beste überlebt, sondern einfach der, der überlebensfähig ist, da gibt es keinen Plan).
Was jemand kann, dass soll er auch können dürfen und was jemand nicht kann, dass kann er halt nicht. Den Geschlechtern irgendwelche biologischen Rollen zuweisen zu wollen ist vollkommen falsch.
Ich empfehle zu dem Thema zum Beispiel Judith Butler zu lesen (Alice Schwarzer eher weniger).

stine hat geschrieben:Ja, das ist so.
Ich sehe den Druck auf die Mütter, die gerne ihre Kinder mit Liebe ins Leben begleiten wollen, obwohl sie der gesellschaftlichen Ordnung wegen, ihren Arbeitsplatz nicht aufgeben sollten und schon ihre Babys besser in öffentliche Erziehungseinrichtungen stecken sollten. Mütter, die nie zulassen dürften, dass der Mann den Familienunterhalt bestreitet und sie selbst nur dazuverdienen, denn das macht sie abhängig und schafft dem Mann eine ungebührliche Überlegenheit. Ich sehe aber auch Männer, die keine Verantwortung mehr übernehmen dürfen, weil ihnen das als Einmischung ausgelegt wird und weil Frauen sich dann gesellschaftlich nicht mehr gleichwertig fühlen können.
Wenn Frauen sich untereinander fragen: "und was machst du so?" und die Antwort ist: "ich bin zu Hause bei den Kindern!", dann ist die nächste Frage: "ich meinte beruflich?"


Hier bringst Du aber jetzt zwei Sachen durcheinander. Der Druck in dieser Gesellschaft zur beruflichen Betätigung hat nichts mit Geschlechtern zu tun und ist ein separates Problem. Ich leide auch als Mann darunter, wenn ich mich in meinem Leben für irgendwas anderes als eine berufliche Karriere entscheide, weil seit der bürgerlichen Revolution hier die exzentrische Idee herrscht, man müsse sich sein Existenzrecht verdienen, indem man sich selbst versklavt.
Weiterhin ist auch die Idee von Familie, die hier vorherrscht nichts natürliches. Bei manchen afrikanischen Naturvölkern heißt es zum Beispiel „Man braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“. Dieses Bild von Familie, was hier vorherrscht, ist ein diskursives Konstrukt.


mat-in hat geschrieben:Ich meine jetzt nicht sowas plumpes, äußerliches wie "meine Freundin hat Brüste, ich nicht (und das ist gut so :titten: ) sondern wichtige Unterschiede im Gehirnaufbau, kognitiven Leistungen, Muskelmasse, Schmerzempfinden... als naturalis kann man diese wissenschaftlichen Fakten nicht unter den Teppich kehren. Sie sind vorhanden.

Bei den meisten dieser Unterschiede gibt es eine breite Spanne mit viel überlappung, plump ausgedrückt: der durchschnittsmann hat mehr Muskelmasse als die Durchschnittsfrau, der olympische Gewichtheber hat ebenfalls mehr muskelmasse als die Gewichtheberin, aber die Gewichtheberin ist mit Sicherheit stärker als der Durchschnittsmann.


Das sind nur statistische Werte, empirisch gesehen sagen die aber nicht viel aus, weil sie eben nicht auf den Einzelnen reduzierbar sind. Der einzige empirische Unterschied sind die Geschlechtsteile.
Bei all diesen Werten gibt es nichts, aber auch wirklich gar nichts, das nicht auf die Sozialisation zurückgeführt werden könnte. Deswegen sind es keine wissenschaftlichen Fakten, sondern nichts weiter als statistische Erhebungen.

@Frauenquote
Anfang hab ich auch gedacht, was ist das für ein Scheiß?
Allerdings ist mir da der Fehler des Reduktionismus unterlaufen, da ich eben davon ausging, dass es idealerweise automatisch nach Leistung geht und Frauen nur in so weit „falsch“ sozialisiert sind, dass es weniger Frauen gibt, die solche Ambitionen haben. Das ist aber falsch, denn es sieht in der Realität so aus, dass man erst den Posten bekommt und dann erst die Möglichkeit hat, sich zu beweisen, ob man gut genug ist. Durch solch eine Quote würden viele Frauen also überhaupt erstmal die Chance bekommen, zu zeigen, was sie können, anstatt, dass sie sowieso gleich von Anfang an aufgrund ihres Geschlechts aussortiert werden.
Benutzeravatar
Teh Asphyx
 
Beiträge: 381
Registriert: Mo 31. Okt 2011, 21:33

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » So 13. Nov 2011, 08:23

Teh Asphyx hat geschrieben:Ich leide auch als Mann darunter, wenn ich mich in meinem Leben für irgendwas anderes als eine berufliche Karriere entscheide, weil seit der bürgerlichen Revolution hier die exzentrische Idee herrscht, man müsse sich sein Existenzrecht verdienen, indem man sich selbst versklavt.
Das ist der Druck einer Leistungsgesellschaft.
Alles funktioniert nur, wenn der einzelene funktioniert. Ich sag ja immer: Der Mensch ist KEINE Ameise, denn wir denken viel zu viel über unsere Rolle im System nach. Das sollte man gar nicht :mg: .

Teh Asphyx hat geschrieben:Das ist aber falsch, denn es sieht in der Realität so aus, dass man erst den Posten bekommt und dann erst die Möglichkeit hat, sich zu beweisen, ob man gut genug ist. Durch solch eine Quote würden viele Frauen also überhaupt erstmal die Chance bekommen, zu zeigen, was sie können, anstatt, dass sie sowieso gleich von Anfang an aufgrund ihres Geschlechts aussortiert werden.
So gesehen hast du recht. Es sollte aber dann auch keinen Bonus geben, so nach dem Motto man könne mehr Nachsehen haben, weil sie ist ja "nur" eine Frau!

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon mat-in » So 13. Nov 2011, 08:44

Teh Asphyx hat geschrieben:Das sind nur statistische Werte, empirisch gesehen sagen die aber nicht viel aus, weil sie eben nicht auf den Einzelnen reduzierbar sind. Der einzige empirische Unterschied sind die Geschlechtsteile.
Bei all diesen Werten gibt es nichts, aber auch wirklich gar nichts, das nicht auf die Sozialisation zurückgeführt werden könnte. Deswegen sind es keine wissenschaftlichen Fakten, sondern nichts weiter als statistische Erhebungen.

Genau! Nur statistische Unterschiede! (Ich setze jetzt mal frech voraus, das du schwerer als 50kg bist?). Asiatische Elefanten haben ein Geburtsgewicht von 50 bis 150kg damit gibt es Elefantenbullen die leichter sind als du und kleiner alle mal. Sollte also kein Problem sein, einen davon im Auto mit zu nehmen oder in der 2-Zimmer Wohnung zu halten? Elefantenbullen sind ja nur statistisch größer und schwerer als du und wenn man die richtig erzieht...

Die Geschlechter haben unterscheidliche Hormonlevel unterschiedlicher Hormone, das allein reicht schon aus um Verhalten, Muskelmasse, Alterungsprozesse, Wahrnehmung, ... zu ändern. Diese sind genetisch reguliert, also nicht bloß "durchschnittswerte die ein bischen abweichen weil 10% der Männer mehr alkohol trinken oder so irgend wie". Dazu kommen neben den Geschlechtsorganen weitere organische Unterschiede, die du z.B. im Aufbau des Gehirns sehen kannst! Hast du dich überhaupt schon mal mit dem Thema auseinandergesetzt???
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » So 13. Nov 2011, 09:45

mat-in hat geschrieben:Genau! Nur statistische Unterschiede! (Ich setze jetzt mal frech voraus, das du schwerer als 50kg bist?). Asiatische Elefanten haben ein Geburtsgewicht von 50 bis 150kg damit gibt es Elefantenbullen die leichter sind als du und kleiner alle mal. Sollte also kein Problem sein, einen davon im Auto mit zu nehmen oder in der 2-Zimmer Wohnung zu halten? Elefantenbullen sind ja nur statistisch größer und schwerer als du und wenn man die richtig erzieht...


Nun komm, der Vergleich hinkt nicht nur, der kann schon gar nicht mehr laufen. Abgesehen davon gab es mal mit Elefanten sehr nah verwandte Tiere, die … ach egal, es geht nicht um Elefanten, die Diskussion wäre mühselig. Kurz gesagt, der Unterschied zwischen Mensch und Elefant ist ein ganz anderer als zwischen Mann und Frau.
Ich sagte ja auch nicht, dass man richtig erziehen soll, deswegen hatte ich das auch in Anführungszeichen gesetzt. Aber der Zusammenhang mit der Sozialisation ist mehr als offensichtlich.

mat-in hat geschrieben:Die Geschlechter haben unterscheidliche Hormonlevel unterschiedlicher Hormone, das allein reicht schon aus um Verhalten, Muskelmasse, Alterungsprozesse, Wahrnehmung, ... zu ändern. Diese sind genetisch reguliert, also nicht bloß "durchschnittswerte die ein bischen abweichen weil 10% der Männer mehr alkohol trinken oder so irgend wie". Dazu kommen neben den Geschlechtsorganen weitere organische Unterschiede, die du z.B. im Aufbau des Gehirns sehen kannst! Hast du dich überhaupt schon mal mit dem Thema auseinandergesetzt???


Ja, habe ich. Auch bei den Hormonen schwankt es auf beiden Seiten so stark, dass keine reduktive Aussage zu machen ist. Und es ist sehr gut möglich, die hormonelle Entwicklung zu rein mental zu beeinflussen.
Ich will nicht ausschließen, dass es tatsächlich Unterschiede gibt, aber bisher sind keine bekannt, die wirklich empirisch bewiesen sind und deswegen kann ich als Naturalist keine allgemeine Geschlechterdifferenz machen, sondern habe nur die Möglichkeit auf ein jeweiliges Individuum einzugehen. Jedes menschliche Individuum ist einfach so einzigartig, dass es unmöglich ist, aufgrund irgendwelcher Verallgemeinerungen Aussagen über jemanden zu machen. Und damit setze ich mich mein ganzes Leben lang schon auseinander, nicht zuletzt, weil ich in meiner Kindheit einen Abart des Feminismus als sehr negativ erlebt habe.
Ich finde die Neurobiologie wirklich sehr interessant, aber die Interpretationen auf soziologischer Ebene von vielen Neurobiologen lassen zu wünschen übrig und variieren auch sehr stark. Auch hier gibt es die ganze Bandbreite von „wir haben bewiesen, dass es Geschlechtsunterschiede gibt“ bis „wir haben bewiesen, dass es keine gibt“. Ich zweifle nicht an den Werten, die gefunden werden, aber die Zusammenhänge sind alles andere als klar und wir sind momentan noch nicht auf einem Erkenntnisstand, wo man solch allgemeine Aussagen machen könnte.
Das Problem ist, dass sämtliche Messungen durchgeführt werden bei Männern und Frauen, die in einer Gesellschaft leben, wo es diese Rollenverteilung gibt. Das heißt, man kann so gar nicht wissen, was in dem Sinne natürlich ist, vielleicht auch deshalb, weil es den „natürlichen“ Menschen gar nicht gibt (Foucault erwähnte da auch was in der Richtung, wenn ich mich nicht irre). Auf jeden Fall aber ist durch den gesellschaftlichen Zusammenhang ja schon etwas passiert, was zu anderen Messergebnissen geführt haben kann (man müsste es vergleichen mit einer Gesellschaft, wo die Rollen anders sind – aber der Westen hat sein Gesellschaftssystem so brachial in alle Welt exportiert, dass ich fürchte, dass man so was nicht so leicht findet).

Warum mir das so wichtig ist, hat folgenden Grund: Auch wenn formell (bis auf wenige Ausnahmen) gleiches Recht für beide Geschlechter gilt, so sieht es de facto doch anders aus und nicht nur Frauen werden in eine Rolle gepresst, sondern auch ich als Mann habe die Erfahrung, dass bestimmtes Verhalten von mir erwartet wird, bzw. wird manches Verhalten undifferenziert betrachtet und auf mein Geschlecht zurückgeführt, was mich wirklich beides sehr nervt. Der Punkt ist, dass irgendwelche statistischen Aussagen (Frauen machen im Durchschnitt eher das, Männer eher das, Frauen haben dieses Hormon mehr, Männer jenes) zwar von Wissenschaftlern durchaus differenziert betrachtet werden können, aber im Volk sieht es meisten so aus, dass das als Bestätigung des Rollenverhältnisses angesehen wird, was dann für ALLE zu gelten hat.
Benutzeravatar
Teh Asphyx
 
Beiträge: 381
Registriert: Mo 31. Okt 2011, 21:33

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon mat-in » So 13. Nov 2011, 11:43

Gut, weniger offensichtlich aber genauso da wie der Elefant: pränatale Hormoneinwirkung und direkte genetische Faktoren (die nun mal bis auf seltene Ausnahmefälle die irgend wo dazwischen liegen) bei beiden Geschlechtern unterschiedlich sind bewirken meßbare Entwicklungsunterschiede im cortex (das männliche Gehirn hat mehr neurone (graue masse) im kortex (aber nicht im cerebellum), obwohl weibliche gehirne ein größeres verhältniss von grauer zu weißer masse haben, Körpergrößenunabhängig. Frauen haben ein komplexeres Faltungsmuster im superiofrontalen und parietalen Kortex, ...). Diese Unterschiede führen zu meßbaren, funktionellen und anatomischen Unterschieden. Zum Beispiel im planum termporale das bei Frauen weniger asymmetrisch ausgeprägt und dichter mit Zellen gepackt ist und mit der Sprachverarbeitung zu tun hat. Wobei zugegebener Maßen nicht alle diese Unterschiede unstrittig sind (größe des Corpus Callosum beispielsweise). Aber es gibt unterschiede, die über Spezies hinweg konserviert sind und sich direkt im Verhalten wiederspiegeln (auswahl von jungen/mädchen Spielzeug bei Meerkatzen!).

Feinheiten mögen da unklar sein oder noch diskutiert werden und mit jedem neuen Bildgebenden Verfahren findet man neue Feinheiten, aber diese Unterschiede sind da!

Das könnte man mißbrauchen um unterschiedliche Rechte oder unterschiedliche Pflichten abzuleiten, aber das ist eine Frage für Ethik und Gesellschaftlichen Konsens. Was sich aber sagen läßt: die Geschlechte sind unterschiedlich und haben unterschiedliche Bedürftnisse. Auch wenn das im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfällt, muß man doch, wenn man eine Gesellschaft betrachtet oder eine Spezies, versuchen da Unterschiede zu machen, wo sie wirklich etwas ausmachen, daß auch meßbar da ist und nicht anerzogen sein kann (und schwer weg zu erziehen ist)?

P.S.: Tut mir leid mit dem Beispiel (und den Vergleichen in anderen Themen), ich bin im Moment wohl etwas gereizt und noch überarbeiteter als sonst...
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

VorherigeNächste

Zurück zu Philosophie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste