Vollbreit hat geschrieben:Scheint mir ein guter Ansatz zu sein.
Schön, dass wir uns da mal wieder einig sind.
Vollbreit hat geschrieben:Wo ist denn der Unterschied? Alles steht schon fest, niemand weiß aber, was feststeht.
Der Unterschied ist,
dass es feststeht.
Vollbreit hat geschrieben:Nun entscheidest Du und tust es, auf der Basis der Infos, die Du hast.
Nein, das glaube ich ja nur, in Wirklichkeit entscheide ich aber, weil es vorbestimmt ist, dass ich zu dem Zeitpunkt entscheide.
Vollbreit hat geschrieben:Kurz vor Deiner Entscheidung, gibt Dir jemand zufällig einen Hinweis, der die Entscheidung verändert. Aufgrund dieses Hinweises änderst Du Deine Entscheidung, weil Du nun mehr zum Thema weißt. Was ist daran unfrei? Und, ja, all das stand schon fest.
Es stand ja nicht nur die Handlung fest, sondern die Entscheidung selbst, sowie der Prozess, der zur Entscheidung führt. Deswegen kann man da nicht mehr von Freiheit sprechen.
Vollbreit hat geschrieben:Klar, auch wenn ich denke: „Will ich haben“, so denke ich bei 1000 Sachen, dass sie mich nicht die Bohne interessieren, ich will sie nicht haben. Und bei Gedanken ist es ebenso. Es sind meine, auf der Grundlage dessen, was schon war, die Sprache meiner Umgebung.
Das sagt mir immer noch nicht, wo Du die Trennung ansetzt. Dass das nicht so einfach ist, räumst Du ja aber auch selbst weiter unten ein.
Vollbreit hat geschrieben:Ein sehr guter und berechtigter Einwand!
Ich glaube, es ist nicht vollkommen klar auszumachen, wo Zwang endet und Freiwilligkeit beginnt.
Wenn wir von reinen Beziehungen zwischen Begriffen weggehen und uns auf die Realität beziehen wird das schwierig, ja.
Vollbreit hat geschrieben:Das hat vermutlich eher mit einem Begriff zu tun, den wir noch gar nicht untersucht haben, den der Freiheit. Die Knarre an der Schläfe, das ist erkennbare Unfreiheit, aber die Schere im Kopf, sich einer Ordnung zu unterwerfen, die uns unfrei vorkommt, das ist schwierig.
Wenn jemand religiöse Werbung verteilt, weil er meint, dass im Himmel nur 144.000 Plätze frei sind, dann mag uns das irgendwie absurd erscheinen, weil wir als Gläubige sagen könnten, dass Gott sicher einen Weg findet mehr Platz zu schaffen und als Atheist, dass man so eine unbewiesene Behauptung nicht ersnt nehmen sollte, und überhaupüt Gott und das Paradies …, also Agnostiker könnte man mit den Schultern zucken und denken: „Jo mei…“
Nur, wenn jemand von dem überzeugt ist, was er macht, die Prämissen für wahr hält, dann ist das ein logisch gültiges Spiel. a) Ich glaube, dass die Bibel eine Offenbarung Gottes ist. b) Ich glaube, dass es 144.000 Plätze im Himmel gibt. Also muss ich mich anstrengen und besonders fromm sein, damit ich zu den 144.000 gehöre. Logisch ist daran nichts auszusetzen, die meisten würden nur die Prämissen bezweifeln. Wer aber – und darum ging es – daran glaubt, der handelt frei, gemäß seiner Einsicht.
Das mag uns ängstlich, unreflektiert, doppelgebunden oder wie auch immer vorkommen, das müssen wir aushalten, oder argumentativ versuchen die Sicherheit zu erschüttern oder die Ängstlichkeit zu nehmen. Oder akzeptieren, dass es dem einen oder anderen damit vielleicht nicht so schlecht geht.
Aber wo ist da der Unterschied zu der Knarre an der Schläfe? In beiden Fällen gibt es doch nur zwei Möglichkeiten, wie ich mich entscheiden kann, entweder den Bedingungen zuzustimmen (also das zu tun, was der Typ mit der Knarre von mir will bzw. das zu tun, was die Bibel von mir will) oder mich auf die Konsequenzen einstellen. In beiden Fällen kann man argumentieren, dass die Entscheidung frei ist oder auch nicht.
Ich denke aber, dass man erst von Freiheit sprechen sollte, wenn man die Prämissen verändern kann. In diesem Sinne kann auch der Mensch tatsächlich freier sein als die meisten Tiere, weil der Mensch zur Kreativität fähig ist, was ein wichtiger Faktor für Freiheit ist. Das ist aber nicht mit Determinismus kompatibel, weswegen es auch keinen totalen Determinismus gibt (siehe auch mein letzter Post an AgentProvocateur).
Vollbreit hat geschrieben:Wer kennt denn die absolute Realität?
Wir denken und handeln immer nur gemäß unserer momentanen Einsicht, wie sollte es anders sein?
Unwichtig, wir haben sie ja in unserem hypothetischen Fall als total determiniert definiert. Aufgrund dieses Basis, also gesetz dem Fall, es wäre so, müssen wir jetzt entscheiden, ob Freiheit möglich ist. Da ist die Antwort per Definition ja schon nein. Wenn wir aber überzeugt sind, dass es Freiheit gibt (also wir tatsächlich aufgrund der momentanen Einsicht handeln), müssen wir daraus schließen, dass es keinen totalen Determinismus gibt (es sei denn wir sehen das als zwei dialektisch wirkende Kräfte, wobei das Resultat dieser Dialektik eben auch weder ein totaler Determinismus noch eine totale Freiheit ist und schon gar nicht beides gleichzeitig, sondern irgendwas dazwischen).
Vollbreit hat geschrieben:Nein, man unterscheidet ja auch objektiv nach Gründen, eben jenen, die man zum Zeitpunkt x zur Verfügung hat.
Nein, in einem komplett determinierten Universum tut man das eben objektiv nicht. Das ist ja durch die Definition von Determinismus gegeben.
Vollbreit hat geschrieben:Bleiben wir beim Beispiel oben. Ich sage zu etwas: „Nein, das tue ich nicht, das verbietet mir meine Religion.“ Du kannst nun der Ansicht sein, was die Religion da verbietet sei Quatsch und auch wenn Dir die meisten zustimmen würden, wenn ich meine, dass die Prämissen der Religion für mich gerade stimmen (würde ich das nicht denken, dann würde ich es nicht glauben), weil mir vielleicht auch die Alternative es einfach drauf ankommen zu lassen, oder Gegenmeinungen zu hören, zu mühsam erscheint, dann ist meine Entscheidung frei.
Objektivierend könnte man sagen, dass ich jemand wäre, dem seine (nach gemeinschaftlicher Ansicht) wahren Gründe für sein Denken und Handeln nicht bewusst sind, der aber authentisch an diese (vermutlich nicht wahren) Prämissen glaubt, also handle ich freiwillig.
Wieso veränderst Du hier die Relation? Wir sprechen doch von einem Freiheitsbegriff im Verhältnis zur Determinierung und nicht im Verhältnis zu Prämissen, auf die eine Entscheidung beruht.
Vollbreit hat geschrieben:Aber wenn Freiheit meint, nach der eigenen Ansicht, nach den eigenen Gründen zu entscheiden, dann ist auch das Freiheit.
Mag ja sein, aber die Determinierung würde ja gar nicht zulassen, dass man nach eigenen Gründen entscheidet, weil man gar nicht entscheiden kann.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du sagst dieser Freiheitsbegriff ist Mist, frei kann man nur sein, wenn man Einsicht in die letzten Gründe und alle Gesetze hat, dann ist wohl niemand frei. Dann kann man den Begriff Freiheit auch gleich durch Klo spülen, was den Nachteil hat, dass wir einem rein reizreagierenden Tier, was auf bestimmte Schlüsselreize immer und immer wieder reagiert und einem intelligenten Menschen den wir als sehr reflexiv bezeichnen würden, den selben Grad an Unfreiheit zusprechen müssten.
Wenn wir das nicht tun wollen, halte ich es für gut, Grade von Freiheit einzuführen und Kriterien dafür zu suchen, was diese Grade objektiv (oder intersubjektiv) ausmacht.
Stimmt, aber deswegen sollten wir auch von der Idee ablassen, alles sei determiniert. Der Determinismus hat ohnehin einen eingebauten Immunisierungsmechanismus, der ihn wissenschaftlich unbrauchbar macht. Selbst wenn tatsächlich alles determiniert sein sollte, ist es immer noch besser, wir tun so, als wäre es nicht so, denn wenn es doch nicht so ist, haben wir dann wenigstens auch richtig gehandelt, indem wir uns unserer Freiheit bewusst waren und wenn alles determiniert sein sollte, dann war ja auch determiniert, dass wir uns so verhalten, als ob es keine Determinierung gäbe, haben wir nicht dadurch allein schon den Determinismus dialektisch bezwungen (und den Immunisierungsmechanismus überwunden)?
Vollbreit hat geschrieben:Ob ein Wesen einen Begriff für seine inneren Zustände hat, ist nicht „nicht so wichtiig“, sondern sehr entscheidend. Und zwar deshalb, weil einen Begriff zu haben (das ist etwas anderes als ein Wort zu kennen, denn das hat der Beo auch zur Verfügung, einen Begriff zu haben, impliziert ein Wissen um die Kontext, wann dieses Wort sinnvoll zu gebrauchen ist) eine Distanz zwischen das reine Haben von Zuständen und das Erleben setzt. Es ist etwas anderes, ob ich ein diffuses Gefühl habe, von dem andere meinen könnten es sei Hunger, oder ob ich weiß, dass ich Hunger habe.
Schon klar, aber ich meine damit, dass es ausreicht, dass man sich als ich erleben kann, nicht ob man das in Sprache fassen kann. Das erleben kann auch ohne sprachliche Begriffe stattfinden und trotzdem echt sein. Es lässt sich dann nur nicht für andere artikulieren.
Vollbreit hat geschrieben:Einmal führe ich blind irgendwelche Triebe aus, ein anderes Mal weiß ich, dass ich Hunger, Angst, Lust oder sonst was verspüre.
Du führst es ja aber dadurch aus, dass Du den Trieb erlebst. Und in dem Moment, wo Du es erlebst, weißt Du auch davon. Ich würde sogar sagen, dass das Erleben sogar die einzige wirklich Grundlage von Wissen sein kann. In dem Moment, wo ich Schmerzen erlebe, weiß ich, dass ich Schmerzen habe. Ich weiß deswegen noch lange nicht, wo die Ursachen dafür liegen, aber das Wissen um die Schmerzen ist definitiv da und dieses Erleben wird mir auch kein objektivierendes Geschwafel nehmen können (was ja Leute wie Roth und Singer versucht haben).
Vollbreit hat geschrieben:Ja, Du hättest keine Nudeln essen können, aber Du hättest Dich dennoch freiwillig und gerne für Deine Pizza entschieden. Determiniert, aber frei, darum geht’s.
Was ja eben nicht geht. Entweder habe ich mich freiwillig entschieden oder es war determiniert, ich tendiere ja auch zu ersterem, aber deswegen kritisiere ich auch den Determinismus.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, das ist der Appell an die Eigenverantwortung. Wenn ich weiß, ich könnte unter Alkoholeinfluss morden, sollte ich die Finger davon lassen.
Dennoch, wenn Du bei einer Tat unzurechnungsfähig warst, wird man das anerkennen.
Okay, in gewisser Hinsicht ergibt das sinn. Der Täter muss ja dann in die Kategorie „Drogenproblem“ und nicht z.B. „Gewaltproblem“. Das würde mich jetzt wiederum zu einer Kritik von Kategorien veranlassen, aber das hat hier nichts zu suchen. Unter diesen Prämissen ist die Unterscheidung natürlich richtig, das stimmt schon.
Vollbreit hat geschrieben:Teh Asphyx hat geschrieben:Es sei denn, man prügelt im Namen des Staates. Oder man bezeichnet es als Sport, weil es dann in Ordnung ist, andere bis zur Bewusstlosigkeit zu prügeln.
?
Na ja, Polizisten, Soldaten etc. üben Gewalt im Namen des Staates aus, weswegen das in Ordnung ist. In der Gewaltausübung selbst ist aber kein Unterschied, auch in der „Gewaltbereitschaft“ nicht. Hier wird also nur durch das Recht des Stärkeren die Gewalt legitimiert (weil der Staat am Ende immer der Stärkere ist).
Und beim Sport … was ist Kampfsport anderes als eine legale Art, einen anderen zur Bewusstlosigkeit zu prügeln? Geht es beim Boxen zum Beispiel nicht genau darum, jemanden K.O. zu schlagen, was einen dann zum „Helden“ macht? Das ist doch abartig. Man kann nicht einerseits diese Art von Wettkampf verherrlichen und auf der anderen Seite sagen, dass Gewalt aber pfui ist. Das ist Heuchelei und man braucht sich über Menschen, die diese „Werte“ außerhalb dieses Rahmens leben auch absolut nicht zu wundern.
Vollbreit hat geschrieben:Naje, wenn Du verstanden werden willst, musst Du Dir schon die Mühe machen, ansonsten ist das ein Verweis, wie auf eine unbezweifelbare Bibelstelle.
Der Vergleich hinkt aber auch ein wenig. Die Verweise, die ich geliefert habe, sollen ja keine unbezweifelbare Aussage hergeben, sondern nur einen Sachverhalt auf eine Art schildern, die meiner Sichtweise äußerst nahe kommt und deswegen stellvertretend dafür dienen können. Ich mache mich aber auch damit für die Aussagen darin angreifbar.
Vollbreit hat geschrieben:Teh Asphyx hat geschrieben:Beides wird nicht viel machen. Die Strafe bestätigt letztlich ja auch nur das Verhalten, nur dass die Person merkt, dass es da jemanden gibt, dem sie nichts kann und die Person wird daraus lernen, wo sie herlaufen muss, damit sie dieser Strafe in Zukunft entgeht.
Das wäre doch was, wenn es darum geht, die Grandiosität etwas einzudämmen.
Meinst Du das ernst? Symptome mit Symptomen bekämpfen? Au weia …
Es gibt da so eine schöne Analogie mit einem Fluss in dem ein Baby rumtreibt, das wohl jemand da ausgesetzt hat. Wenn Du das siehst, wirst Du wahrscheinlich beschließen, es retten zu wollen. Nur blöderweise kommen, sobald Du es gerettet hast, zwei weitere Babys angeschwommen. Und so geht es immer weiter und es werden immer mehr, sodass Du schon bald nicht mehr in der Lage sein wirst alle zu retten. Wirst Du weiter versuchen, so viele Babys wie möglich aufzufangen oder wäre es vielleicht besser, da die Situation so ohnehin aussichtslos ist, den Fluss weiter hoch zu laufen und festzustellen, was die Ursache dafür ist und die Sache dort zu stoppen (also dafür zu sorgen, dass keine Babys mehr in den Fluss geworfen werden)?
Vollbreit hat geschrieben:Dafür ja Therapie.
Wenn Du einen Menschen therapiert hast, verhindert das aber nicht, dass der nächste wieder zu einem solchen „Monster“ wird und auch wieder eine Therapie braucht. Das ist eine reine Symptombehandlung. An den Ursachen wird durch Therapie nichts gemacht, weil der Einzelne nicht Ursache, sondern Symptom ist.
Vollbreit hat geschrieben:Teh Asphyx hat geschrieben: Wenn man sich nur damit befasst, was man mit denen macht, die schon zum Problem für die bestehende Ordnung geworden sind, dann zäumt man das Pferd von der falschen Seite auf.
Sagst Du.
Das sage ich nicht nur, ich habe auch gute Gründe dafür aufgeführt, dass es so ist. Und irgendwie sollte das eigentlich auch naheliegend sein.
Vollbreit hat geschrieben:Weil echte Reue und sofortige Wiederholung nicht gut zusammenpassen du ewig betonte Reue ohen konkrete Folgen irgendwann ein leeres Spiel wird.
Es passt zwar nicht zusammen, aber das liegt daran, dass solche Zustände nicht andauernd sondern immer nur zu einer bestimmten Zeit sind. Deswegen kann die Reue in einem Moment echt sein, in einem anderen Moment aber wie weggeblasen sein, weil dann andere Faktoren dominieren.
Vollbreit hat geschrieben:Weiß ich nicht, ich glaube das es Grenzen gibt um die man tanzt, wenn beides in etwa gleich stark ist, aber man muss auch echte Reue, Selbstmitleid und taktisches Bereuen unterscheiden.
Natürlich sollte man in der Lage sein, das zu unterscheiden, aber wie gesagt, hilft sogar die echte Reue alleine nicht vor einer Wiederholung, solange die Ursachen nicht verändert sind.
Vollbreit hat geschrieben:Nein, der Junge war in jeder Hinsicht ein Musterschüler.
Ich finde es immer wieder schön, zu welchem Grad von Selbstkritik Therapeuten fähig sind … Dass er sich nach allen festgelegten Kategorien so verhalten hat, dass nichts hätte passieren dürfen und trotzdem etwas passiert ist, beweist doch, dass was bei den Kategorien falsch ist. Da ist doch die Realität die Falsifizierung der Theorie schlechthin. Den Therapeuten fällt nichts besseres ein, als frei nach Hegel zu sagen: „Um so schlimmer für die Wirklichkeit!“? Tut mir leid, aber da sind die Grenzen, wo ich das wissenschaftlich ernst nehmen kann deutlich überschritten.
Vollbreit hat geschrieben:Dann sind einem die eigenen Triebe eben wichtiger und es ist einem egal, was der andere empfindet und was für Folgen das für ihn hat.
Oder man handelt unter Zwang.
Der Punkt ist aber, dass es eben nicht so einfach ist. Ihm ist es nicht egal und er tut es trotzdem. Er kennt auch die Folgen, aber tut es trotzdem. Und die Triebe sind ihm, wenn er darüber nachdenkt, nicht wichtiger, weil er genau weiß, dass es nur ein kurzer Moment einer Befriedigung ist, und was er dafür aufs Spiel setzt. Mag sein, dass das eine Zwangshandlung ist, aber dann sind fast alle Handlungen, die die Menschen jeden Tag so machen solche Zwangshandlungen.
Genauso der Typ, der seine Frau immer wieder schlägt, in einem anderen Moment aber über sich selbst entsetzt ist. Das Entsetzen ist echt, aber trotzdem tut er es immer wieder, weil es eben nicht reicht, die Konsequenzen einer Tat zu kennen, um sie zu verhindern, sondern die Ursachen bekannt sein müssen.
Vollbreit hat geschrieben:Teh Asphyx hat geschrieben:Ist nicht vielmehr auch bei den Therapeuten etwas völlig verkehrt, wenn die tatsächlich so einem Jungen hervorragende Prognosen geben und ihn raus lassen?
Die Alternative wäre, jeden Mörder, Vergewaltiger, Schläger für alle Zeiten wegzusperren, weil man ja nie sicher sein kann? Oder gleich zu töten, weil das weniger Geld kostet?
Nein, die Alternative wäre mal über die Prämissen der Therapie grundsätzlich nachzudenken und nicht der Wirklichkeit dafür die Schuld zu geben, dass die Theorie sich mit ihr nicht ganz verträgt.
Vollbreit hat geschrieben:Teh Asphyx hat geschrieben:Natürlich gibt es Lügner, die anderem alles erzählen, was sie hören wollen um maximale Vorteile für sich zu erlangen, das zu tun lernt man ja auch wunderbar in der Schule, die einen auf die Wettbewerbsgesellschaft vorbereitet, in der es nur darum geht, den maximalen Vorteil für sich zu erlangen.
Habe ich auf der Schule nicht gelernt.
Nein? War es nicht wichtig, dass Du bei Prüfungen mit guten Noten abschneidest, damit es Dir später gewährt ist, in einem harten Konkurrenzkampf zu bestehen, damit Du es möglichst gut hast im Leben?
Der ganze Arbeitsmarkt, auf den die Schule vorbereitet ist doch purer Sozialdarwinismus, da geht es nur um das Recht des Stärkeren (also dessen mit den besten formalen Qualifikationen). Und darauf wird man in der Schule vorbereitet. Das ist sogar explizit der Auftrag der Schule in unserem Schulsystem.
Da man ja, wenn man nicht besteht, selbst daran Schuld ist (denn wer sich anstrengt, der kann es ja auch schaffen, so wird es einem gesagt), muss man eben auf andere Art und Weise klarstellen, dass man der Boss ist und es verdient hat, eine hohe Position zu bekommen. Dies über die eigene Körperkraft zu demonstrieren ist dann nunmal für Kinder und Jugendliche naheliegend (und wer nicht stark genug ist, ist da genauso selbst schuld). Es wird genau das Ideal, was einem beigebracht wird ausgelebt, nur nicht mehr in dem Rahmen, wie es einem zugedacht wurde und deswegen ist es auf einmal schlecht. Aber das Ideal des Konkurrenzkampfes, zu dem alle Menschen hinerzogen werden sollen, wird nicht in Frage gestellt und das ist das eigentliche Problem.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, gibt es und ist ein Problem, was man gesellschaftlich angehen muss.
Darum ist es in meinen Augen wichtig, so ein Vorgehen moralisch zu ächten, wo es strafrechtlich nicht erreicht werden kann.
Man muss aber weitergehen und es auch auf der Ebene moralisch ächten, wo es als Legitim gilt. Wir müssen den kapitalistischen Arbeitsmarkt ächten, wir müssen Gewaltmonopole ächten usw.
Vollbreit hat geschrieben:Dieses gesellschaftspolitische und –moralische Thema sollten wir aber in einem gesonderten Thread behandeln.
Ach, Mist, das hatte ich jetzt vergessen, dass Du das vorgeschlagen hattest und habe jetzt schon auf das Zeug geantwortet. Wir können das aber gerne ab jetzt woanders fortsetzen, ich habe nur gerade keine Idee, wie ich so ein Thema nennen soll.