Wie viele diskutieren noch mit?

Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 28. Jan 2012, 17:42

stine hat geschrieben:Ohne Richtlinien geht es ja offenbar auch nicht und staatliche Gesetze machen erst Sinn, wenn sie dem Volk sozusagen in den Kinderschuhen mitgegeben werden. Das kann aber öffentlich niemand tun, ohne der Manipulation im Sinne der jeweiligen Regierung bezichtigt zu werden. Da kommt die Religion als überliefertes Kulturgut mit ihren Benimmregeln gerade recht.

Du willst also Konstrukte mit Konstrukten bekämpfen? Dem ist nicht viel zuzufügen, oder erkennst du nicht, dass die religion selbst ein Konstrukt ist, das damals wie heute seine Macht missbraucht? Was soll mich dieses Konstrukt eher überzeugen als ein anderes? Kinder haben nicht die Verantwortung oder Verpflichtungen wie vermeindlich Mündige Erwachsene. Die Regierung oder der Staat sind wesentlich besser geeignet, als ein uraltes, starres System und Konstrukt, das für viel Schaden verantwortlich ist. Regeln hanben keinen Eigenwert, sie gewinnen durch ihre Logik, ihre Begründungen, ihren Nutzen an Sinn, davon hat die Kirche keine. Man sollte den Menschen nicht jedesmal beibringen die Regel zu schätzen und zu befolgen, weil sie eine Regel ist, sondern zum Denken erziehen, gerade das tut die Religion nicht.
Ethik und Moral sind feste Regelwerke, die aus bestimmten Situationen und Anschauungen entstehen, sie sind folglich nicht allgemeingültig. Der Utilitarismus und der Egoismus sind es allerdings schon. Sie machen den Menschen erst zu einem Wesen, mit dem man reden kann, dass nicht um jeden Preis für seine starre Illusion kämpft, wenn man im die Gelegenheit gibt. Wenn der Mensch zum Egoismus und zum Utilitarismus erzogen würde, wäre er wesentlich harmloser.
stine hat geschrieben:Im Endeffekt geht es doch darum, dass wir, egal ob politisch oder religiös, keinen Fundamentalismus möchten, oder?
In religiöser Hinsicht, sehe ich das ziemlich gelassen, weil sich die Kirchen bestimmt noch öfter verbiegen müssen, um nicht unterzugehen. Letztlich geht es nur darum den eisernen Kern, also das Gottesargument, zu hüten.

Fundamentalismus ergibt sich gerade aus starren Regeln, einem Dogma. Allerdings erkennen wir, oder zumindest manche von uns Fundametalismus nicht, wenn wir mit dem Gesicht da reingrdrückt werden. Vor 2 Jahren hätte kein Politiker Gadaffi als Fundamentalisten bezeichnet, weil er nicht aufgefallen ist, keiner, oder zumindest nicht genug, haben sich beschwert. Religion ist Fundamentalismus. Wäre es so, wie du es beschreibst, gäbe es keine Konfessionen, überhaupt unterschiedliche Religionen, denn gerade das bietet der Fundamentalismus: Regeln, Wahrheiten, die schön einfach sind. Das Gottesargument- das noch nicht mal eines ist, sondern nur ein Glaube, ist wertlos.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » So 29. Jan 2012, 18:48

Inwiefern sollen Egoismus und Utilitarismus allgemeingültig sein? Hast du jeden Menschen dieser Welt und aller vergangenen und künftigen Welten nach seinen Überzeugungen gefragt? Warum sollten konkurrierende ethische Theorien keiner Logik folgen? Warum sollte eine Begründungslogik nur Versatzstücke des Utilitarismus verwenden dürfen? Warum sollte eine solche "Logik" nur Begriffe wie Nutzen, Ziel, Mittel verwenden dürfen? Wer hat das so bestimmt? Warum unterstellst Du dann, die Religion würde per se nicht zum Denken erziehen?
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 30. Jan 2012, 16:18

laie hat geschrieben:Inwiefern sollen Egoismus und Utilitarismus allgemeingültig sein?

Diese Prinzipien sind allgemeingültig bei Lebewesen, oder ihnen ähnlichen Strukturen, weil das die Basis der Evolution, der Reproduktion, der Selbstschutzmechanismen ist. Hierbei wurden verschiedene Mittel eingesetzt, um den größten Nutzen für sich selbst rauszuschlagen und zu überleben. Auch beim Menschen hat sich das fortgesetzt, genutzt wird, was für einen gut ist, somit nützlich. Es gibt auch mal Derivate, aber die haben keine Fitness, folglich setzt sich das auch nicht durch. Wenn du ein emotionales Problem mit dieser Tatsache hast, dann hilft dir vielleicht die Erfgänzung, dass Egoismus und Utilitarismus Kooperation und Hilfe nicht ausschließt, wenn es einem Vorteile bringt. Diese Prinzipien sind den meisten natürlich nicht bewusst, dennoch in jeder einzelnen Zelle (manche sagen sogar im Genom) per Evolution "einprogrammiert".
laie hat geschrieben:Hast du jeden Menschen dieser Welt und aller vergangenen und künftigen Welten nach seinen Überzeugungen gefragt?

Nein, aber der Darwinismus war bis jetzt mit einigen Ergänzungen immer eine gute oder zumindest die beste Erklärung. Man muss sich nicht selbst für einen Egoisten halten, um trotzdem einer zu sein. Wenn du jeden Tag in die Suppenküche gehst, und den Obdachlosen was ehrenamtlich einschenkst, dann tust du das, weil es dich glücklich macht, dein Gehrin kann dabei Endorphine und Dopamine freisetzen. Wenn du kein Bedrüfnis danach hättest, würdest du es nicht tun, somit haben wir ein absolut egoistisches Verhalten: Triebbefriedigung. Evolutionär kann sich soetwas durchsetzen, wenn die Obdachlosen dir dann wiederum helfen. Vereinfacht: Du erhöhst die Kooperationsbereitschaft deiner Umgebung durch kooperatives Verhalten. Derartige biologische Mechanismen oder Prinzipien müssen dir nicht bewusst sein, um zu stimmen, die Zelle kann (solange sie nicht seneszent ist) Mitose betreiben, ohne zu "wissen", was Mitose ist.
laie hat geschrieben:Warum sollten konkurrierende ethische Theorien keiner Logik folgen?

Ich konkretisiere: Sie folgen keiner konsequenten, fehlerlosen, allgemein anwendbaren Logik, die des Egoismus und des Utilitarismus sind da wesentlich häufiger zutreffend als sonstwelche Moralvorstellungen (auch bei der Mitose können Fehler passieren, meistens klappt sie aber und ändert sich über Spezies hinweg in ihrem Mechanismus kaum/gar nicht). Wenn wir uns besipielsweise Originaltexte von dem ach so beliebten Kant genau durchlesen, dann setzt er dem kategorischen Imperativ einen nicht näher definierten "guten Willen" voraus, der sich vom "bösen Willen" unterscheiden solle, wobei der auch nicht näher definiert wurde. Wenn man aber genau bleiben will, dann muss man ihm doch eine Definition zugestehen, bei der Kants Hirn aber nicht sonderlich gut wegkommt: Im Originaltext (verlangt von mir keine genauen Angaben, aber ich habe das noch sehr gut in Erinnerung) meint er, dass der Gute Wille durch das "Wollen" definiert ist. Abgesehen davon, dass das eine Tautologie ist, schreibt er einen Absatz weiter dann vom bösen Willen, der dieser Definition auch noch widerspricht. Selbst seine goldene Regel ist zum einen sehr menschfixiert, zum anderen kann man nicht sicher stellen, dass ein Wirrkopf bestimmte Menschen nicht als Menschen definiert.
Wir sehen nicht nur logische Fehler in deser Ethik, sondern auch noch Unvollständigkeit.
laie hat geschrieben:Warum sollte eine solche "Logik" nur Begriffe wie Nutzen, Ziel, Mittel verwenden dürfen?

Man darf alle möglichen begriffe verwenden, aber letztlich wird es auf diese Begriffe hinauslaufen.
laie hat geschrieben:Wer hat das so bestimmt?

Wenn du Atheist bist, dann weisst du, dass niemand soetwas bestimmt, allerdings ist das soetwas wie ein Naturgesetz der Lebewesen, was nicht darunter fällt, stirbt aus. Niemand hat einfach so bestimmt, dass "s(t)=1/2gt²" und dann war es so, sondern man hat beobachtet und diesen Satz formuliert, gestimmt hat er schon vorher.
laie hat geschrieben:Warum unterstellst Du dann, die Religion würde per se nicht zum Denken erziehen?

Das ist eine Feststellung, was gefordert wird, ist Glaube. Bei den 10 Geboten hast du kaum eine Begründung (die wenigen sind auch schlecht genug), sondern nur Imperative. In jeder "heiligen" Schrift wird Gehorsam und das Gute verlangt, hierbei wurden aber oft grausame Dinge gefordert oder durchgeführt. Ein Leben mit Selbstaufopferung wird gefordert, oft genug hat man eine Erbsünde und ist quasi Gott etwas schuldig, es wird eine Konzentration auf das Paradies gefordert, das echte Leben (das einzige) ist dort nur eine Aneinanderreihung an Prüfungen und Leid, das Nichts wert zu sein scheint (weswegen Märtyrer da auch Helden, nicht Wahnsinnige sind). Denken bedeutet bedründen, zweifeln. Zweifel an Gott oder der Religion war selten beliebt, die Begründungen waren noch viel öfter falsch, wenn die Wissenschaft mit ihr kollidiert ist (es hieß mal, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums ist, weil die Menschen Gottes Ebenbild sind und etwas besonderes- soviel dazu. Dies mag eine Begründung sein, aber eine miserable, unempirische).
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Mo 30. Jan 2012, 17:53

Mir scheint, die Sache mit dem Egoismus ist überhaupt keine Theorie, sondern eine pseudowissenschaftliche Blase wie Freuds Unbewußtes. Denn wenn ich Dich richtig verstehe, habe ich zu diesem Prinzip keine Wahl: ich bin egoistisch, egal, ob ich das will oder nicht. Damit sind alle Aussagen, die mit Hilfe dieses Prinzips generiert werden können, trivial richtig. Es kann nicht falsifiziert werden.

Ich habe auch nicht verstanden, was genau Utilitarismus bedeutet: jeder Mensch tut ausschließlich das, was ihm nutzt? Und wenn ich etwas getan habe, dann kommst Du und sagst mir, daß ich das so getan habe, weil ich am Ergebnis einen Nutzen habe? Auch hier habe ich ein Problem mit der universalen Reichweite dieses Prinzips. Auch hier gilt wohl: Der Utilitarismus kann nicht falsifiziert werden.

Dann kommst Du schließlich mit dem Überleben des Fittesten an. "Fitness" bedeutet in der Evolutionstheorie die Anzahl der Nachkommen. Nicht anderes. Du aber bringst in das ohnehin schon recht kritikimmune System von Egoismus und Utilitarismus jetzt auch noch eine gute Portion von Herbert Spencer, der mit Darwin überhaupt nichts zu tun hat.

Kurz: mir scheint das, was du anbietest, blosse Ideologie. Eine utilitaristisch-spenceristische Ideologie.

Schließlich: Wie kommst Du darauf, daß theologische Systeme keiner "anwendbaren Logik" folgen? Thomas von Aquins Summa Theologiae mag für unsere Ohren phantastisch, klingen, aber ist sie deshalb gleich unlogisch? Im Mittelalter hatte die Logik einen festen Platz im Fächerkanon der Klosterschulen und später in den Universitäten und ich persönlich würde es mir zweimal überlegen, mit einem dieser Geistesriesen auf einen logischen, scholastischen Disput einzulassen.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 30. Jan 2012, 19:17

laie hat geschrieben:Mir scheint, die Sache mit dem Egoismus ist überhaupt keine Theorie, sondern eine pseudowissenschaftliche Blase wie Freuds Unbewußtes. Denn wenn ich Dich richtig verstehe, habe ich zu diesem Prinzip keine Wahl: ich bin egoistisch, egal, ob ich das will oder nicht. Damit sind alle Aussagen, die mit Hilfe dieses Prinzips generiert werden können, trivial richtig. Es kann nicht falsifiziert werden.

Unfug, daran ist Nichts Pseudowissenschaft. Du konntest mit keinem Wort begründen, warum du diesen Gedanken ablehnst, dass du diese Theorie nicht falsifizieren kannst, bedeutet, dass sie erstmal von dir nicht begründet in Frage gestellt werden konnte. Jeder seriöse Evolutionsbiologe erkennt das Prinzip des Egoismus an. Hier habe ich einen einfachen Text, der dir das nahelegen könnte (er ist nicht sehr allgemein, aber logisch argumentiert und empirisch begründet):
"Die netten Jungs haben es immer schon gewusst, nun haben es zwei wissenschaftliche Studien bestätigt: Böse Jungs kriegen die meisten Frauen. Das würde erklären, warum sich der sogenannte „dunkle Dreiklang“ aus leichtem Narzissmus, leichter Psychopathie und Machiavellismus in der Evolution durchgesetzt hat, berichtet das Wissenschaftsmagazin „New Scientist“. Denn die extreme Ausprägung dieser Eigenschaften könnte auch zum Ausschluss aus der Gesellschaft führen.

Forscher um Peter Jonason von der New Mexico State University in Las Cruces führten bei 200 Studenten Persönlichkeitstests durch. Sie wollten dabei herausfinden, wie stark bei ihnen Selbstverliebtheit, Gefühllosigkeit sowie Herrschsucht ausgeprägt sind. Außerdem befragten die Forscher die Studenten nach deren Sexualleben und der Dauer der Beziehungen. Egoistische und draufgängerische Studenten hatten mehr Partner und auch kürzere Beziehungen. Das galt allerdings nur für Männer.

Strategie funktioniert in vielen Kulturen

Bei dem „dunklen Dreiklang“ könnte es sich also um eine erfolgreiche evolutionäre Strategie handeln, denkt Jonason. Auch wenn sie nicht in einer langfristigen Beziehung bleiben, können sie ihre Gene weitergeben. Musterbeispiel ist die Filmfigur James Bond, die selbstverliebt stets neue Frauen erobert und Gegner kaltblütig niederstreckt.

Der Erfolg solcher eigentlich negativen Charakterzüge gilt sogar über viele Kulturen hinweg. David Schmitt von der Bradley Universität in Peoria/Illinois präsentierte vorab Ergebnisse einer Studie mit 35 000 Menschen aus 57 Ländern. Auch hier war ein Zusammenhang zwischen den dunklen Charaktereigenschaften und dem evolutionären Erfolg von Männern zu erkennen.
...
Evolution: Egoisten setzen sich durch - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/wissen/wissenschaft ... 12078.html
"
(Aus Fokus-online)
Hier noch ein Text, der genau das aussagt, was ich dir geschildert habe (die Quelle ist aus der Überschrift zu entnehmen, es ist eine Rezeption, allerdings ist der Verfasser des Buches ein berühmter Atheist und Wissenschaftler):
"Das egoistische Gen

Können egoistische Gene altruistische Menschen hervorbringen?



Menschen verhalten sich, wie alle Lebewesen, eigennützig. Es geht um Fortpflanzungserfolg.

Aber kooperatives und helfendes Verhalten ist beim Menschen und anderen sozial lebenden Tieren ebenso nicht zu übersehen – weil es sich im Interesse des Überlebens auszahlt.



1976 erschien The Selfish Gene („Das egoistische Gen“) des britischen Biologen Richard Dawkins. Das Buch war ein wesentlicher Beitrag zur Soziobiologie, dem Studium des sozialen Verhaltens der Lebewesen (einschließlich des Menschen) auf genetischer und evolutionsbiologischer Grundlage. Es hat auch viele Kontroversen ausgelöst.



Insbesondere hat es den Eindruck erweckt, dass Lebewesen bloß Überlebensmaschinen seinen, deren Verhalten von ihren Genen determiniert wird. Außerdem war – und ist – natürlich die Frage berechtigt, wie sich denn Gene egoistisch verhalten könnten. Dawkins hatte bewusst pointiert und plakativ formuliert, um eine – eigentlich triviale, aber unbeliebte – Erkenntnis in den Vordergrund zu rücken: Alle Lebewesen, einschließlich des Menschen, verhalten sich eigennützig und verfolgen nur ihr individuelles Überlebensinteresse (= erfolgreiche Fortpflanzung)."
Somit verstehe ich dein Problem nicht, diese Aussage nicht hinnehmen zu können, sie ist (wenn auch unbeliebt, aufgrund von dummen Vorurteilen) eine Tatsache und die aktuell beste Theorie zur Erklärung des Verhaltens von Lebewesen, dass sie nicht falsifiziert wurde, spircht für, nicht gegen sie.
laie hat geschrieben:Ich habe auch nicht verstanden, was genau Utilitarismus bedeutet: jeder Mensch tut ausschließlich das, was ihm nutzt? Und wenn ich etwas getan habe, dann kommst Du und sagst mir, daß ich das so getan habe, weil ich am Ergebnis einen Nutzen habe? Auch hier habe ich ein Problem mit der universalen Reichweite dieses Prinzips. Auch hier gilt wohl: Der Utilitarismus kann nicht falsifiziert werden.

Nein, er tut ausschließlich das, wovon er unbewusst oder bewusst am meisten meint, profitieren zu können. Das muss in der Realität nicht zutreffen, aber dieser Impuls ist vorhanden, unsere Triebe, unser Denken ist darauf ausgerichtet. Ich würde dann zu deinen Taten sagen, dass deine Triebe oder Gedanken, deine Hormone dich dazu verleitet haben, der Zweck ist dein Überleben, dein Vorteil, dein Nutzen, auch wenn du es nicht wahrnimmst. Auch für den Utilitarismus gilt: Wenn er nicht falsifiziert wurde, spricht das für ihn, es gibt keinen Grund, ihn nicht anzunehmen, wenn man keine nennen kann.
laie hat geschrieben:Schließlich: Wie kommst Du darauf, daß theologische Systeme keiner "anwendbaren Logik" folgen? Thomas von Aquins Summa Theologiae mag für unsere Ohren phantastisch, klingen, aber ist sie deshalb gleich unlogisch? Im Mittelalter hatte die Logik einen festen Platz im Fächerkanon der Klosterschulen und später in den Universitäten und ich persönlich würde es mir zweimal überlegen, mit einem dieser Geistesriesen auf einen logischen, scholastischen Disput einzulassen.

Sie, ich habe es konkreter formuliert, folgen einer primitiven, falschen und extrem kruzsichtigen, widersprüchlichen Logik, die Nichts wert ist. Du kannst mir einige Thesen dieses Mannes nennen, ich werde sie analysieren und ggf. widerlegen. Mönche oder grundsätzlich Männer (und die wenigen Frauen in hohen Positionen) des Glaubens werden nur soweit die Logik nutzen, um das Denken zu vermeiden, den Glauben zu begründen, auf das sie gut Menschen fischen können (=indoktrineiren, inhen Geld aus der Tasche ziehen, sie manipulieren können). Das Mittelalter ist keine Glanzzeit der Wissenschaft gewesen, wahre Wissenschaftler und Logiker wie Kopernikus wurden verfolgt, weil ihre Logik, obwohl bestechend, nicht in die Doktrin reinpasste. Fernöstliches medizinisches, astronomisches Wissen wurde verbannt, verfolgt und als Ketzerei betrachtet. Nennst du das Logik, oder die Liebe zu ihr oder zur Wissenschaft?! Wenn du einen dieser "Geistesriesen" vertreten kannst, dann versuch es, ich maße mir alles an, was ich will. Bis jetzt war mir kein Gläubiger gewachsen, was Logik oder Argumentation betrifft, du kannst mich nicht mit diesem Anmaßungsargument beeindrucken. Es ist im Übrigen nicht so, dass ich mit dieser Haltung alleine darstehe: Der vorhin zittierte Dawkins, z.T.Darwin und auf jeden Fall Nietzsche sind quasi die Männer, die hinter meinen Ansichten stehen. Ich kann da auch sagen, dass du dich nicht mit denen anlegen kannst. Also lassen wir solche Geplänklel und argumentieren so, wie wir es können. Ich habe das jedenfalls getan, wenn du deine Vorbilder so gut kennst, dass schreibe hier ihre Argumente auf.
In diesen Klosterschulen gab es ein ganz einfaches Argument, um jemanden in Veruf zu bringen, es hieß "Blasphemie", alles, was dem Gehorsam, der Unterwürfigkeit, dem nichtzweifelnden Verhalten widerspricht, ist ihnen nach schlecht und zu vermeiden. Dieses Fach kann heißen, wie es will, es ist nur eine Lehre zur Indoktrination mit mittelmäßigen Mitteln, die einen echten Logiker nicht überzeugen können und sich eben leicht als falsch herausstellen lassen.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon stine » Di 31. Jan 2012, 07:58

Ich sehe im Reallife, dass die wenigsten Egoisten ihre Zufriedenheit aus der Hilfe an anderen beziehen.
Das mag ein Buch rechtfertigen, das danach fragt, ob egoistische Gene altruistische Menschen hervorbringen können.

Oder hat ein gelebter Egoist am Ende gar keine egoistischen Gene, weil er sich damit selbst zum Aussterben bringt? :idea:

LG stine
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Di 31. Jan 2012, 08:09

"Unfug, daran ist Nichts Pseudowissenschaft. Du konntest mit keinem Wort begründen, warum du diesen Gedanken ablehnst, dass du diese Theorie nicht falsifizieren kannst, bedeutet, dass sie erstmal von dir nicht begründet in Frage gestellt werden konnte. Jeder seriöse Evolutionsbiologe erkennt das Prinzip des Egoismus an. Hier habe ich einen einfachen Text, der dir das nahelegen könnte (er ist nicht sehr allgemein, aber logisch argumentiert und empirisch begründet):"


Nein, das war kein Unfug, sondern du kennst den Unterschied zwischen Ideologie und Wissenschaft nicht. Ich sage an keiner Stelle, daß die Evolutionstheorie von Darwin, Mayr, Dawkins Pseudowissenschaft ist. Aber es bleibt eine empirische Theorie. Daraus folgt weder, wie wir leben sollten noch wie wir tatsächlich leben. Du aber verklärst sie.

Du hast schlicht nicht verstanden, warum ich die axiomatische Annahme von Utilitarismus und Egoismus als pseudowissenschaftlich bezeichnet habe. Eine Theorie, die alles erklärt, erklärt nichts. Oder nenn mir doch mal ein Beispiel, wo Du mit deinem Latein am Ende bist.

Utilitarismus als normative "Theorie" sagt, daß jeder Mensch seines Glückes Schmied sein soll. Deskriptiv sagt sie, daß jeder die Folgen seines Handelns verdient, weil er ja einen Nutzen in seinen Handlungen sah. Man muss also nichts tun. Alles ist jederzeit gut, weil so gewollt. Wo ist das Leid? Gibt es kein Leid mehr? Das ist Ethik von Einfaltspinseln für Einfaltspinsel.

Daß Du am Ende behauptest, man könne Dir einen beliebigen Satz von z.B. Thomas von Aquin vorlegen und du würdest ihn dann widerlegen, wundert mich nicht. Dem Verbohrten bereitet es nie Schwierigkeiten, andere Überzeugungen zu widerlegen, weil er sie nicht versteht. Was meint Thomas (als Thomas, nicht als Dawkins) mit "Sein", was meint Augustin mit "Gnade"? Ist es wahr, was Thomas zu Boethius schreibt? Was bedeutet Trinität, was ist die Implikation dieses Gedankens? Belehre uns doch!
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Nanna » Di 31. Jan 2012, 10:26

Als kleine Diskussionshilfe:
Auszug aus der Definition "Altruismus/Egoismus" laut "Lexikon Philosophie - 100 Grundbegriffe" (Hrsg. Stefan Jordan & Christian Nimtz):

Christoph Lumer hat geschrieben:Ein Ziel einer Person ist altruistisch wenn es darin besteht, das Wohl eines anderen Lebewesens zu befördern. [...] Man kann ein altruistisches Ziel verfolgen, ohne altruistische Motive zu haben [...] >Egoistisches Ziel< bzw. >egoistisches Motiv< lassen sich nicht analog als Beförderung des eigenen Wohls definieren, da nach gängiger Nutzentheorie gilt: Wenn eine Person eine Handlugnsfolge p der Folge q vorzieht (und kohärent ist), dann hat p für diese Person einen höheren Nutzen als q - völlig unabhängig vom Inhalt von p oder q, also selbst dann, wenn es bei p um das Wohl anderer (>Mein Kind ist zufrieden>) und bei q um das eigene Wohl (>Ich genieße meine Ruhe<) geht. Demnach wäre jedes kohärente Entscheiden egoistisch (Christoph Lumer, Rationaler Altruismus, 2000). Ein Ziel einer Person ist vielmehr egoistisch, wenn es subjektzentrisch ist, d.h. die Gefühle des Subjekts selbst oder sein Ansehen bei anderen oder seine Macht usw. betrifft. [...] Alltagssprachlich wird "Egoismus" allerdings enger verstanden, nämlich als rücksichtsloses Verfolgen egoistischer Ziele.
[...]
Der Psychologische Altruismus ist die empirische Theorie, dass normal entwickelte erwachsene Menschen altruistische Motive haben und gelegentlich aus diesen handeln.
[...]
Ethischer Altruismus ist jede normativ-ethische Theorie, nach der in bestimmten Situationen das Verfolgen altruistischer Ziele geboten ist oder es zum moralischen Ideal gehört, altruistische Motive oder Ziele zu haben. Der ethische Egoismus hingegen fordert, immer nur egoistische Ziele und Motive zu haben.
Rationaler oder prudentieller Altruismus ist eine Theorie, nach der es rational oder klug ist, altruistische Ziele zu verfolgen (-> Vernunft). Der rationale oder prudentielle Egoismus hingegen hält allein die Verfolgung egoistischer Ziele für rational oder klug.

Aus urheberrechtlichen Gründen habe ich nicht den kompletten Paragraphen angeführt, sondern nur zentrale Aussagen. Es ist natürlich besser, wenn man das im Zusammenhang liest und ich kann das Büchlein nur zum Kauf empfehlen. Man merkt dann, wie sehr man häufig gewohnheitsmäßig vor sich hinplappert, ohne seine Begriffe geklärt zu haben. Zumindest mir geht es so.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 31. Jan 2012, 10:53

stine hat geschrieben:Ich sehe im Reallife, dass die wenigsten Egoisten ihre Zufriedenheit aus der Hilfe an anderen beziehen.
Das mag ein Buch rechtfertigen, das danach fragt, ob egoistische Gene altruistische Menschen hervorbringen können.

Oder hat ein gelebter Egoist am Ende gar keine egoistischen Gene, weil er sich damit selbst zum Aussterben bringt? :idea:

Jeder ist ein Egoist, aber nicht bewusst, ich plädiere nicht für bereits existentes, sondern für Bewusstheit. In der Wissenschaft wird Altruismus anders definiert:
"In der Evolutionsbiologie wird mit dem Begriff Altruismus oder Selbstlosigkeit zunächst kein absichtliches Handeln verbunden. Vielmehr versteht man darin unter Altruismus Verhaltensweisen eines Individuums, von denen überwiegend andere Individuen im Sinne eines im Vergleich zum Altruisten relativ höheren Fortpflanzungserfolgs profitieren. Der Begriff definiert sich hier also über seine Konsequenzen hinsichtlich des relativen individuellen Fortpflanzungserfolges der Beteiligten und nicht über eine „Absicht“ (die jedoch zusätzlich vorliegen kann, vor allem beim Menschen).

Altruismus scheint auf den ersten Blick dem Darwinschen Prinzip zu widersprechen. Es besteht jedoch ein Zusammenhang zwischen so genannten egoistischen Verhaltensweisen und altruistischen Handlungen. Aus Sicht der Evolutionsbiologie kann es keinen echten Altruismus geben, da dieser sich selbst ausrotten würde, denn echte Altruisten verzichten letztendlich auf Fortpflanzungserfolg zugunsten anderer (unverwandter) Individuen."


Auch du beziehst nicht direkt Freude aus der des anderen, sondern über deine Endorphine, deren Ausschüttung durch Selektion begünstigt wurde bei bestimmten Beobachtungen, damit du auch Motivation zur Kooperation hast, also nochmal diese Freude suchst, die dir diese Freude bringt. Logisch betrachtet wird deine Kooperation deine Umwelt dazu motivieren, dir später zu helfen, worauf sich der Selektionsvorteil zeigt. Diese emotionale Motivation ist einfacher zu selektieren, als das bewusste Verständnis, das Denken, Reflektieren. Dennoch werden wohl Individuen, denen dieses System bewusst ist, direkt in dese Kette eingreifen, sie lenken können, worauf sich ihr Gewinn maximiert.
laie hat geschrieben:Nein, das war kein Unfug, sondern du kennst den Unterschied zwischen Ideologie und Wissenschaft nicht. Ich sage an keiner Stelle, daß die Evolutionstheorie von Darwin, Mayr, Dawkins Pseudowissenschaft ist. Aber es bleibt eine empirische Theorie. Daraus folgt weder, wie wir leben sollten noch wie wir tatsächlich leben. Du aber verklärst sie.

Ich verkläre niemanden, ich sage nicht "ach, sind die toll" :applaus: , sondern "hmm, sie haben wohl recht" :student: .
Evolution ist genauso nur ein Erklärungsmodell, Selektion ist nicht "zielgerichtet", sondern nur ein Sieb. "Anpassung" ist niemals Absicht, sondern durch Mutationen, Variationen entstanden, die sich durchgesetzt haben. Ebenso ist der Egoismus, der Bestandteil der Evolutionstheorie ist, eine Formel zur Erklärung einer Beobachtung, die ebenso nicht widerlegt wurde. Du könntest, was im übrigen schon viele Wissenschaftler, die ein ideologisches Problem wie du damit haben, versuchen, den Egoismus als Selektionsvorteil zu widerlegen. Es wird durchaus versucht, die Versuchsanordnungen können aber immer bemängelt oder die Deutung als falsch entlarvt werden, das Ergebnis ist durch den Egoismus besser erklärbar. Dein Problem ist, dass du in der Ideologie feststeckst, dass der Mensch wohl frei und selbstlos ist, alles widerspricht dem. Ich habe nie behauptet, dass wir alle Egoisten sein sollten, sondern, dass wir schon alle welche sind. Ich plädiere für bewussten Egoismus, sodass wir kooperativer werden, unsere Schritte besser durchdenken, weitsichtiger werden. Sobald es um das eigene Ich geht, sind die Menschen viel aufmerksamer und vorsichtiger, sie haben durch das bewusste Verständnis, dass sie Egoisten sind, mehr Motivation, ihre Handlungen zu durchdenken, also eigenen möglichen Schaden zu vermeiden, was durch Kooperativität gedeckt ist.
Wenn du mit Ideolgie "Weltanschauung" meinst, dann unterliegt ebenso jeder einer bestimmten Weltanschauung, du kannst mir wieder Nichts vorwerfen. Wissenschaftler haben eine empirische Weltanschauung, Gläubige haben eine spirituelle Weltanschauung, du hast eine unbegründete Weltanschauung, da du mir nicht begründet widersprechen kannst. Oder willst du behaupten, dass due die Welt nicht mit deinen subjektiven Gedanken und Vorstellungen "anschaust"?!
Bist du objektiv?!
laie hat geschrieben:Du hast schlicht nicht verstanden, warum ich die axiomatische Annahme von Utilitarismus und Egoismus als pseudowissenschaftlich bezeichnet habe. Eine Theorie, die alles erklärt, erklärt nichts. Oder nenn mir doch mal ein Beispiel, wo Du mit deinem Latein am Ende bist.

Ich habe verstanden, was dein Problem ist, deine Hormone. Diese Annahmen sind nicht widersprüchlich. Sie erklären eben nicht alles, sondern das Verhalten von Lebewesen. Sie erklären nicht das fallende Glas, sondern nur, warum es sich durchgesetzt hat, dass Information sich selbst quasi "bevorzugt", ohne es zu verstehen, sich reproduziert. Egoismus ist ein universales Prinzip von lebensfähigen, fitten Lebewesen. Es gibt durchaus, wie aber immer, Derivate im Genpool. Wenn sie kein Problem damit haben, für Ideologie zu leben und zu sterben, haben wir einen Selbstmordattentäter, der keine Angst vor dem Tod hat und die Fitness 0.
laie hat geschrieben:Utilitarismus als normative "Theorie" sagt, daß jeder Mensch seines Glückes Schmied sein soll. Deskriptiv sagt sie, daß jeder die Folgen seines Handelns verdient, weil er ja einen Nutzen in seinen Handlungen sah. Man muss also nichts tun. Alles ist jederzeit gut, weil so gewollt. Wo ist das Leid? Gibt es kein Leid mehr? Das ist Ethik von Einfaltspinseln für Einfaltspinsel.

Ich betrachte Utilitarismus nicht unter ethischem Vorwurf, ich kann niemandem etwas vorwerfen, also gibt es das "verdient" als "Schuld" bei mir nicht. Niemand hat an irgendetwas Schuld, er hat Verantwortung, höchstens. Normativ sagt sie das nicht aus, das sagt nur die Idee der Freiheit aus. Der Utilitarismus erklärt, was ein Mensch denkt, was seine Motivation ist, was Effizienz bedeutet. Deine Schlussolgerung ist falsch, der Utilitarismus erklärt, dass du es für das Nützlichste hälst, Nichts zu machen, was genaugenommen auch eine Tat ist. Gut ist Nichts, auch nicht böse, sondern nur verständlich. Leid gibt es da auch noch, wenn der Zufall einem schlecht mitspielt, oder man schlichtweg zu dumm war, um zu erkennen, was die bessere, nützlichere Handlungsweise für einen selbst hätte sein können. Der letzte Satz ist nur ein Kommentar, eine Behauptung, ich habe hier klar gestellt, warum dem nicht so ist.
laie hat geschrieben:Daß Du am Ende behauptest, man könne Dir einen beliebigen Satz von z.B. Thomas von Aquin vorlegen und du würdest ihn dann widerlegen, wundert mich nicht. Dem Verbohrten bereitet es nie Schwierigkeiten, andere Überzeugungen zu widerlegen, weil er sie nicht versteht. Was meint Thomas (als Thomas, nicht als Dawkins) mit "Sein", was meint Augustin mit "Gnade"? Ist es wahr, was Thomas zu Boethius schreibt? Was bedeutet Trinität, was ist die Implikation dieses Gedankens? Belehre uns doch!

Ich habe dich aufgefordert, seine Thesen zu nennen, kein Quiz zu veranstalten. Ich kann mich nicht gleichzeitig mit einem Geistlichen aus dem Mittelalter beschäftigen und mich um mein Studium kümmern. Wenn du meine Position hören willst, dann nenne seine Thesen, seine Argumente. Nebenbei hast du auch hier ignoriert, was ich gesagt habe: Es gibt Philosophen, die deinem tollen Thomas widersprechen, sie sind wesentlich bekannter, begründen besser. Wenn du seine Ansichten widerspiegelst, kannst du dir sicher sein, dass ich Nietzsches/Hobbes/Humes Sicht widerspiegele, somit bist du auch vermessen, diesen Leuten zu widersprechen. Jedesmal, wenn wir einen Disput anfangen, hat ihn schonmal jemand geführt, es bringt Nichts, sich darüber zu streiten, wer von denen den besser ist, mit jeder Stellungnahme "maßen" wir uns an, jemandem vor uns zu widersprechen. So what? Wenn wir es begründen können, dann kann auch der tollste Kleriker falsch liegen, das liegt in deren Natur.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Vollbreit » Di 31. Jan 2012, 11:53

Darth Nefarius hat geschrieben:Du könntest, was im übrigen schon viele Wissenschaftler, die ein ideologisches Problem wie du damit haben, versuchen, den Egoismus als Selektionsvorteil zu widerlegen. Es wird durchaus versucht, die Versuchsanordnungen können aber immer bemängelt oder die Deutung als falsch entlarvt werden, das Ergebnis ist durch den Egoismus besser erklärbar. Dein Problem ist, dass du in der Ideologie feststeckst, dass der Mensch wohl frei und selbstlos ist, alles widerspricht dem.


Eine alternative Deutung könnte allerdings sein, dass Du die zentrale Kritik von laie nicht ausreichend verstanden hast. Eine alles umfassende Theorie/Aussage wie „Alle Menschen sind Egoisten“ „Alles ist von Gott gewollt“ „Die Partei, die Partei, die hat immer Recht“ ist prinzipiell unwiderlegbar (nicht falsifizierbar) und damit nichtssagend und damit wissenschaftlich wertlos.
Am Ende mündet eine Erklärung dieser Art immer in einer petitio principii:

Alle Menschen sind Egoisten.
A hat B einen Gefallen getan.
Dieser Gefallen muss egoistisch motiviert gewesen sein, da alle Menschen Egoisten sind.

Damit „beweist“ man, dass was noch zu beweisen gewesen wäre, mit der eigenen Prämisse oder Grundannahme.

Ich hatte nicht den Eindruck, dass es laies Ansicht gewesen sei, der Mensch sei prinzipiell und ausschließlich selbstlos.
Warum hast Du diesen Eindruck?

Dawkins Idee wird reichhaltig diskutiert.
Die meisten Argumente zur Verteidigung von Dawkins, gehen in die Richtung, Dawkins „egoistische Gene“ sollten eben gerade nicht aussagen, der Mensch sei selbstsüchtig, dies sei ein grobes Missverständnis und so argumentiert Dawkins auch immer wieder gerne selbst.
Gemeint sei, so Dawkins oder sein Anhänger, dass sich unabhängig vom Wohlergehen des Genträgers, die Gene „selfish“ fortpflanzen, hier wird der Blick von der Krone der Schöpfung weg und zu recht anonymen biologischen Mustern hingewendet.

Dieses Grad an Abstraktionsvermögen erreicht Dein Beitrag allerdings erst gar nicht.
Für die, die diesen Einwand kennen, an mehreren Stellen im Buch spricht Dawkins durchaus eine andere Sprache, nämlich die, vom angeborenen menschlichen Egoismus:

Richard Dawkins hat geschrieben: „Wenn er – wie ich – eine Gesellschaft
aufbauen möchte, in der die einzelnen großzügig und selbstlos
zugunsten eines gemeinsamen Wohlergehens zusammenarbeiten,
kann er wenig Hilfe von der biologischen Natur erwarten.
Laßt uns versuchen, Großzügigkeit und Selbstlosigkeit zu
lehren, denn wir sind egoistisch geboren. Laßt uns verstehen
lernen, was unsere eigenen egoistischen Gene vorhaben, denn
dann haben wir vielleicht die Chance, ihre Pläne zu durchkreuzen
– etwas, das keine andere Art bisher jemals angestrebt
hat.“ (S.23)
Quelle: (Richard Dawkins, Das egoistische Gen, 1989,1994 by Richard Dawkins, dt. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Mai 1996, S.23)


Er wechselt zwischen diesen beiden Positionen hin und her.
Der Biologe Frans de Waal kritisiert Dawkins u.a. hierfür und kann selber in Experimenten emipirisch nachweisen, dass auch Altruismus angeboren ist.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Di 31. Jan 2012, 14:08

@Vollbreit Danke

@Darth Nefarius

Ich weiss nicht, wo ich bei dir anfangen soll. Ich greife wahllos heraus:

Niemand hat an irgendetwas Schuld, er hat Verantwortung, höchstens.


Wie bitte? Hat Schuld mit Verantwortung nichts zu tun?

Leid gibt es da auch noch, wenn der Zufall einem schlecht mitspielt, oder man schlichtweg zu dumm war, um zu erkennen, was die bessere, nützlichere Handlungsweise für einen selbst hätte sein können.


Leid ist ja nicht nur das, was ich durch meine Taten für mich erfahre, sondern was mir von anderen angetan wird und was ich anderen antue. Du dringst nicht zum Kern des Problems vor. Soll man Eltern, deren Kind beim Spielen auf eine Mine getreten ist, sagen: Jetzt geht mal ein Bier trinken, ist halt schlecht gelaufen, das nächste Mal halt woanders spielen lassen?

Ich habe verstanden, was dein Problem ist, deine Hormone.


Was soll das?

Auch meine letzte Bemerkung hast du eher nicht verstanden. Ich sagte, daß es nie Schwierigkeiten bereitet, etwas zu widerlegen, was man nicht verstanden hat. Daraus folgt Man kann schwerer das widerlegen, was man verstanden hat. Alles andere ist im Grunde nur Verneinen. Angenommen, ich wäre ein absolut fundamentalistischer Christ. Hätte ich Schwierigkeiten, die Evolutionstheorie für mich abzulehnen? Ich denke nicht. Und ich könnte das vermutlich auch gut begründen. Nur: Aus meinem Glauben könnte ich die Evolutionstheorie nicht verstehen. Sie wäre einfach nicht da für mich, sie wäre bloss Nichtglaube. Ich kann mir ihre Welt nicht erschliessen, weil ich bisher alles im Lichte meiner Überzeugungen sehe. Das ändert sich, sobald ich mich ihr direkt zuwende. Ich würde dann etwas von Anpassung, Selektion, Vererbung lernen, und würde den Biologen besser verstehen. Meine konkurrierenden Überzeugungen helfen mir jetzt nicht mehr, diese neue Welt einfach zu verneinen. Statt den anderen besiegen zu können, musste Ich lernen, dass es nicht nur eine Sicht auf die Welt gibt. Vielleicht lernst du das auch noch.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 1. Feb 2012, 11:47

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Du könntest, was im übrigen schon viele Wissenschaftler, die ein ideologisches Problem wie du damit haben, versuchen, den Egoismus als Selektionsvorteil zu widerlegen. Es wird durchaus versucht, die Versuchsanordnungen können aber immer bemängelt oder die Deutung als falsch entlarvt werden, das Ergebnis ist durch den Egoismus besser erklärbar. Dein Problem ist, dass du in der Ideologie feststeckst, dass der Mensch wohl frei und selbstlos ist, alles widerspricht dem.


Eine alternative Deutung könnte allerdings sein, dass Du die zentrale Kritik von laie nicht ausreichend verstanden hast. Eine alles umfassende Theorie/Aussage wie „Alle Menschen sind Egoisten“ „Alles ist von Gott gewollt“ „Die Partei, die Partei, die hat immer Recht“ ist prinzipiell unwiderlegbar (nicht falsifizierbar) und damit nichtssagend und damit wissenschaftlich wertlos.

Nein, dass der Egoismus eine zentrale Aussage ist, bedeutet nicht, dass sie mit den andern 2 gleichgesetzt werden kann. Ich habe schon gesagt, dass diese Aussage nicht allumfassend ist, weil sie sich nur auf Lebewesen bezieht, nicht auf totes Material. Warum sollen London-Kräfte nichtsaussagend sein, nur, weil sie so ubiquitär sind? Warum soll der Elektromagnetismsu Nichts aussagen? "Alles ist von Gott gewollt" ist hingegen durchaus Unfug, die Voraussetztungen für diese Aussage sind ünbegründet, nicht empirisch, noch viel falscher ist die dritte Aussage. Egal auf welche Partei bezogen, gab es nie einen Konsens über das Recht-haben einer Partei. Der Egoismus ist allerdings bei fitten Lebewesen immer zu beobachten, er ist empirisch. der Egosimus sagt sehr viel aus, er macht das VErhalten berechenbar, verständlich, begründbar. Wenn nicht jedes Lebewesen quasi diese Programmierung intus hätte und wir nicht vom Egosimus wüssten, würden wir in der Tat das Verhalten, das wir nicht verstehen, einem göttlichen Willen zuschreiben (einige von uns), das Modell des Egoismus lässt uns Vorhersagen treffen und die "Absicht" des Lebewesens erkennen, das sagt sehr viel aus.
Alle Menschen sind Egoisten.
A hat B einen Gefallen getan.
Dieser Gefallen muss egoistisch motiviert gewesen sein, da alle Menschen Egoisten sind.

Damit „beweist“ man, dass was noch zu beweisen gewesen wäre, mit der eigenen Prämisse oder Grundannahme.

Ich hatte nicht den Eindruck, dass es laies Ansicht gewesen sei, der Mensch sei prinzipiell und ausschließlich selbstlos.
Warum hast Du diesen Eindruck?

Der Egosimus beweist sich durch das natürliche Verlangen des sozialen Tieres Mensch, dem Gegenüber zu helfen. Ein Verlangen welcher Form auch immer ist subjektiv, somit wird das letzte Stück in der Kausalkette die Endorphinproduktion bei dem Gedanken, jemandem zu helfen, sein. Wie lässt sich nun dieser vermeindliche und oberflächliche Altruismus begründen? Absoluter Altruismus würde den Verzicht auf Fortpflanzung bedeuten, das zugunsten anderer Individuen. Wie konnte also dieser Mechanismus einen Selektionsvorteil bringen, der in letzter Konsequenz auf das Individuum bezogen ist? Antwort: Der Altruismus ist ein inkonsequenter, er ermöglicht dem Individuum einen Selektionsvorteil, also ist dieses Verhalten dem Individuum nützlich, folglich wird diese Eigenschaft auch weitergegeben. Der Knackpunkt ist aber der Vorteil des ausführenden Subjekts, also ist die (unbewusste) Absicht, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Wenn ein Evolutionsbiologe das Verhalten analysiert, wird er sich fragen, ob dies eine "Neuerfindung" ist, oder nur eine Homologie. Er wird feststellen, dass er den Egoismus auf jedes fitte Tier übertragen kann, weil sich nur weitergibt, was dem Individuum, nicht einem anderen, einen Vorteil gebracht hat. Eine Maschine ist definitiv erfolgreicher, wenn sie in erster Priorität auf sich aufpasst, in zweiter auf seine genet. Kopien. Ein solches Verhalten setzt sich gegenüber der Selbstlosigkeit durch, die nicht derartig auf das Fortbestehen fixiert ist.
Was laies Absicht war, ist mir klar, ich gehe vom Egosimus aus, weil er zutreffend ist und ihr mich nicht widerlegt noch eine bessere Theorie auf die Beine stellen konntet. Ich hingegen habe sie nicht nur logisch, sondern quasi auch empirisch belegt, mit Zitaten. Diese Theorie hat nicht die Absicht alles zu erklären, sondern nur das VErhalten von Lebewesen, das ist sehr speziell, somit könnt ihr mir den Vorwurf, dass sich der Egoismus auf alles bezieht, nicht machen. Ich habe dir geschildert, wie Wissenschaftler an dein Beispiel rangehen: Sie fragen nach dem Selektionsvorteil eines solchen Verhaltens, wenn es denn typisch ist. Selektives Verhalten muss eine Prämisse haben: Es muss die Fitness des Individuums steigern. Der Altruismus scheidet folglich aus, da jede reproduktive Handlung alles andere als selbstlos ist, der Faktor "ich" ist aus dem Verhalten niemals zu streichen. Durch die Prämisse, dass die Fitness des Individuums gesteigert werden soll (in dem sich die Gene für dieses Verhalten befinden, die folglich ebenso der Selektion unterworfen sind und sich nicht durchsetzten, wenn sie keinen Vorteil bringen.), erkennt man, dass dieser Faktor sogar der zentrale ist.
Vollbreit hat geschrieben:Dawkins Idee wird reichhaltig diskutiert.
Die meisten Argumente zur Verteidigung von Dawkins, gehen in die Richtung, Dawkins „egoistische Gene“ sollten eben gerade nicht aussagen, der Mensch sei selbstsüchtig, dies sei ein grobes Missverständnis und so argumentiert Dawkins auch immer wieder gerne selbst.
Gemeint sei, so Dawkins oder sein Anhänger, dass sich unabhängig vom Wohlergehen des Genträgers, die Gene „selfish“ fortpflanzen, hier wird der Blick von der Krone der Schöpfung weg und zu recht anonymen biologischen Mustern hingewendet.

Ja, ich kenne seine Aussagen, die Konsequenz aus ihnen ist nicht minder umstritten: Wir sind Überlebensmaschinen. Das hast du unterschlagen, sie ist sogar wesentlich umstrittener als die Aussage, die schon uralt in der Biologie ist, dass die Lebewesen Egoisten sind. Wenn Gene egoistisch sind, muss es die Maschine, die sie trägt, auch sein, um sie zu erhalten, dadurch, dass sie sich erhält. Allerdings ist gerade beim Menschen, der die Gentechnik beherrscht, aufgefallen, dass ihm Gene egal sind und nur das Ergebnis zählt. Wenn nicht die Furcht vor den Konsequenzen wäre, würde der Mensch sich selbst schon längst modifiziert haben, somit hätten diese Gene nicht sich, sondern ihrer Maschine einen Vorteil verschafft. Mit diesem Egoismus meint er repetitive Sequenzen und springende Gene (Transpositions-/Insertionselemente). Die Krone dieses reduzierten Egosimus sind Viren, die fast nur noch aus ihrer Erbinformation bestehen. Aber auch Gene gehen einen "Kompromiss" ein: Sie dulden ihre Mutation, sie fallen ggf. weg, wenn sie keinen Vorteil bringen. Somit sind Gene eine Art Kooperator für das ebenso egositische Individuum, da sie ebenso ihren Nutzen haben müssen, um einen Vorteil zu erhalten.
Wie du es selbst gesagt hast: Er wechselt seine Position, sagt selber aus, dass wir "egoistisch geboren sind", also stimmt er mir in diesem Punkt zu, allerdings nicht, dass man seiner Natur nicht zuwiderhandeln, sondern das Beste daraus machen sollte. Ich denke, genau da macht er seinen Fehler: Er will der Natur zuwiderhandeln, der menschlichen Natur, damit begeht er einen ideologischen Fehler. In diesem Punkt ist ihm sein Ideal das selbstlosen Menschen, der nicht existiert, oder nur in einer durch den Genpool tolerierten, geringen Menge, wichtiger, als der reale Mensch. Diesen Fehler begeht und beging jede Ideologie. Sein Metier ist die Wissenschaft, nicht die Politik, also ist seine Aussage wertlos.
[quote"Vollbreit"]Der Biologe Frans de Waal kritisiert Dawkins u.a. hierfür und kann selber in Experimenten emipirisch nachweisen, dass auch Altruismus angeboren ist.[/quote]
Es gibt immer Abweichler, ich habe auch mal ein Buch mit dem Titel "Das altruistische Gen" gelesen, unfug, aber von einem Biologen geschrieben. Zudem habe ich schon in einem vorigen Kommentar geschrieben, dass Altruismus in der Biologie anders definiert wirde als in der Philosophie. De Waal Fehler besteht in seinen kurzsichtigen Deutungen: Er stellt fest, dass kooperatives Verhalten einen Selektionsvorteil bringt, ebenso wie Empathie. Daraus folgert er, dass sein fittes Individuum altruistisch sei, aber das ist falsch. Kooperatives Vehalten ist nur solange von Vorteil wie daraus ein Gewinn für das kooperierende Individuum entsteht. Der Altrusimus definiert sich darüber, dass der Eigenvorteil nicht vorhanden ist, das trifft somit nicht zu. Beides wäre im übrigen nicht bewusst: Es ist nur der Mechanismus von Hormonen, die bei bestimmter Betrachtung und Spiegelneureonen, die entsprechend stimuliert werden, der diese Handlung begründet. Er hat sich durchgesetzt, weil er einen Eigenvorteil brachte, dieser wurde durch den Vorteil eines anderen ermöglicht. Solange dieser Eigenvorteil nicht draußen ist, kannst du nicht von echtem Altruismus sprechen. Wenn du dir die Debatte antun willst, wirst du feststellen, dass das bisschen Altruismus, das man diesen Idealisten zugesteht, nur das Wort ist und immer von einem Egoismus abgeleitet wird, Stichwort: reziproker Altruismus, was Egoismus par excellence ist.
Ihr streubt euch gegen diesen Gedanken, weil ihr Angst vor ihm habt und ihn flasch definiert: Egoismus hat die Priorität, dass man sich selbst einen Vorteil verschafft, nicht den anderen primär schadet. Daraus folgt, dass der effizienteste Egoismus ein kooperierender ist. Auf den Schaden der anderen zu bestehen wäre schon eher altruistisch, weil es einem selbst keinen Vorteil brächte.
laie hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Niemand hat an irgendetwas Schuld, er hat Verantwortung, höchstens.


Wie bitte? Hat Schuld mit Verantwortung nichts zu tun?

Nein, Schuld ist eine moralische Größe, Verantwortung eine kausale. In einer determinierten Welt ist quasi jeder, der vor unserer Geburt gelebt und gewaltet hat, kausal an unserer Entstehung beteiligt, also daran mitverantwortlich. Schuld wurde seit jeher als morlaische Größe betrachtet, das gerade so grausame am frühen Christentum war, Krankheit und Not als Konsequenz aus einer Schuld/Sünde zu betrachten.
laie hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Leid gibt es da auch noch, wenn der Zufall einem schlecht mitspielt, oder man schlichtweg zu dumm war, um zu erkennen, was die bessere, nützlichere Handlungsweise für einen selbst hätte sein können.


Leid ist ja nicht nur das, was ich durch meine Taten für mich erfahre, sondern was mir von anderen angetan wird und was ich anderen antue. Du dringst nicht zum Kern des Problems vor. Soll man Eltern, deren Kind beim Spielen auf eine Mine getreten ist, sagen: Jetzt geht mal ein Bier trinken, ist halt schlecht gelaufen, das nächste Mal halt woanders spielen lassen?

Das habe ich auch nicht geasgt, ich habe nur gesagt, dass das Leid grundsätzlich vorhanden ist, ob nun verschuldet oder nicht. Diese Komponente, an der man nicht beteiligt ist, habe ich "Zufall" genannt, besser lesen. Dein Beispiel ist unfug, das hat Nichts mit unserem Problem zu tun, sondern ist der von mir erwähnte, von dir überlesene "Zufall".
laie hat geschrieben:Auch meine letzte Bemerkung hast du eher nicht verstanden. Ich sagte, daß es nie Schwierigkeiten bereitet, etwas zu widerlegen, was man nicht verstanden hat.

Natürlich bereitet es Probleme, sonst hättest du den Egoismus schon längst widerlegt. Ein Priester wird niemals astrophysische Theorien widerlegen können, ihnen nur widersprechen (allerdings unbegründet), das ist ein Unterschied. Dass man etwas widerlegen kann, bedeutet, dass man Beweise (sowohl logische als auch empirische) hat, die eine Theorie widerlegen. Gerade dann muss man eine Theorie sehr gut verstehen, das tust du nicht, sondern widersprichst mir nur, ohne mich widerlegen zu können.
laie hat geschrieben:Angenommen, ich wäre ein absolut fundamentalistischer Christ. Hätte ich Schwierigkeiten, die Evolutionstheorie für mich abzulehnen? Ich denke nicht. Und ich könnte das vermutlich auch gut begründen. Nur: Aus meinem Glauben könnte ich die Evolutionstheorie nicht verstehen. Sie wäre einfach nicht da für mich, sie wäre bloss Nichtglaube. Ich kann mir ihre Welt nicht erschliessen, weil ich bisher alles im Lichte meiner Überzeugungen sehe.

Wie gesagt, das bedeutet nur, dass du die Evolutionstherie ablehnst, nicht, dass du sie widerlegt hast. DAS IST EIN UNTERSCHIED.
laie hat geschrieben:Statt den anderen besiegen zu können, musste Ich lernen, dass es nicht nur eine Sicht auf die Welt gibt. Vielleicht lernst du das auch noch.

Hast du darüber nachgedacht, deine Worte zu beherzigen? Ich habe niemals beabsichtigt, jemanden zu besiegen. Evolution bedeutet nicht "Survival of the strongest", sondern "Survival of the fittest". Meine Sicht ist nur eine andere, allerdings besser begründete. Nochmal für dich: Egoismus bedeutet nicht, dass man alle vernichten will, sondern, dass man den maximalen Vorteil für sich haben will. Daraus folgt, dass man auch kooperieren muss, woraus sich soziales Verhalten entwickelt.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Mi 1. Feb 2012, 17:25

Was ist Egoismus? Ich versuche, es aus deinen Worten zu rekonstruieren:(Anmerkungen im Zitat in eckigen Klammern sind von mir)

Darth Nefarius hat geschrieben:[1] Selektives Verhalten muss eine Prämisse haben: Es muss die Fitness des Individuums steigern. Der Altruismus scheidet folglich aus, da jede reproduktive Handlung alles andere als selbstlos ist, der Faktor "ich" ist aus dem Verhalten niemals zu streichen.

[2] Absoluter Altruismus würde den Verzicht auf Fortpflanzung bedeuten, das zugunsten anderer Individuen. ...

[3] Eine Maschine ist definitiv erfolgreicher, wenn sie in erster Priorität auf sich aufpasst, in zweiter auf seine genet. Kopien. Ein solches Verhalten setzt sich gegenüber der Selbstlosigkeit durch, die nicht derartig auf das Fortbestehen fixiert ist.


ad 1: Ich wußte nicht, dass es in der Evolution um die Nachkommen eines bestimmten Individuums geht. Ich dachte, es geht darum, daß die Art überhaupt Nachkommen hat. Ob das durch das Individuum geschieht oder dadurch, dass man fremde Kinder adoptiert und diesen zur Geschlechtsreife verhilft, sei egal.

ad 2: Absoluter Altruismus bedeutet demnach nicht zwangsläufig den Verzicht auf Fortpflanzung, jedenfalls nicht bei höheren Säugetieren.

ad 3: Es geht darum, griffig formuliert, die Fruchtbarkeit der Art zu erhalten. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann sich solange um seinen Nachwuchs kümmern, bis dieser selbst geschlechtsreif ist. Das nennt man Brutpflege. Und wo solche sozialen Fähigkeiten nicht ausgeprägt sind, kann man die Fruchtbarkeit durch Millionen Nachkommen zu realisieren.

Man kann den Gedanken, daß Evolution als Veränderung im Genpool einer Spezies definieren. Insofern finde ich Begriffe wie Egoismus und Altruismus ein wenig unglücklich. Daß das Leben danach drängt, sich fortzupflanzen, liegt nicht im Egoismus des Individuums begründet. Nicht das Ego ist das Ziel der Evolution. Evolution ist ein teleomatischer Vorgang, um Ernst Mayr zu sprechen, scheinbar zielgerichtet, kein teleologischer.

Das Paradigma, wonach Lebewesen zu blossen Trägern ihrer Erbmasse degenerieren (sog. "[Überlebens]Maschinen"), kann ich als empirische Theorie nachvollziehen. Begriffe wie Egoismus und Altruismus sind da aber fehl am Platz. Ich habe Dawkins Buch "The Selfish Gene" nicht gelesen, aber ich könnte mir vorstellen, daß er lediglich einen reisserischen Titel für sein Buch haben wollte.

P.S.

Ein Priester wird niemals astrophysische Theorien widerlegen können, ihnen nur widersprechen (allerdings unbegründet), das ist ein Unterschied.


Ein Pauschalurteil. Muß das sein? Der Jesuit Georges Lemaître war Astrophysiker, während man Richard Dawkins nicht behaupten kann, er sei Fachmann für neutestamentliche Exegese.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Mi 1. Feb 2012, 20:32

Darth Nefarius hat geschrieben:[...] Schuld ist eine moralische Größe, Verantwortung eine kausale.


Aha. Also tun wir mal so, du hast die Mine gelegt, das Kind ist beim Spielen draufgetreten, und es ist tot. Klar, da willst du nicht schuld sein, da kommst du den Eltern und klärst sie auf (bist ja ein Kind der Aufklärung), ja Schuld ist nur eine moralische Grösse; du seist höchstens der Grund dafür, daß die Mine dort lag, wo sie lag, aber mit Schuld habe deine Handlung nichts zu tun, mithin übernimmst du keine Verantwortung?

Und weil du so toll aufklärst, sagen die Eltern, "Oh. Kein Problem. Haben wir verstanden. Schuld hat niemand, es gibt nur Verursacher. Menschliche Verursacher sind ein physikalisches Phänomen, irgendwie determiniert halt (oder auch nicht, da brauchen wir noch ein wenig Nachhilfe), auf jeden Fall aber ein Teil des MERZ. Das haben wir verstanden. Noch einen Kaffee?"

Darauf Du: "Nein, danke. Aber lassen Sie uns doch kooperieren. Wenn Sie mich jetzt ihre Tochter schwängern lassen, haben wir alle was davon!"

:lachtot:
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Vollbreit » Do 2. Feb 2012, 10:08

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, dass der Egoismus eine zentrale Aussage ist, bedeutet nicht, dass sie mit den andern 2 gleichgesetzt werden kann. Ich habe schon gesagt, dass diese Aussage nicht allumfassend ist, weil sie sich nur auf Lebewesen bezieht, nicht auf totes Material. Warum sollen London-Kräfte nichtsaussagend sein, nur, weil sie so ubiquitär sind? Warum soll der Elektromagnetismsu Nichts aussagen?


Wenn sich herausstellt, dass etwas überall vorkommt, ist das eine Sache.
Davon in einer Theorie auszugehen und nur danach zu suchen, eine andere. Problematisch im geschilderten Sinn ist die Nichtfalsifizierbarkeit. Auf gut Deutsch: Was muss der Fall sein, wenn diese Theorie nicht stimmt?
Allumfassend ist etwas nicht nur dann, wenn es sich auf alles was ist bezieht, sondern einen Erklärungsansatz für alle Phänomene einer Art liefern soll.

Darth Nefarius hat geschrieben:"Alles ist von Gott gewollt" ist hingegen durchaus Unfug, die Voraussetztungen für diese Aussage sind ünbegründet, nicht empirisch, noch viel falscher ist die dritte Aussage.


Tja, wenn’s mal so einfach wäre. Ziehen wir es doch mal durch. Ich behaupte, dass alles von Gott gewollt ist, widerlegt das mal durch Argumente, nicht durch Behauptungen. Empirisch kannst Du es nicht widerlegen, wie denn? Und unbegründet? Wieso? Gott hat es so gewollt, das ist die Begründung. Nun sag mir mal, warum ich das nicht annehmen darf.

Darth Nefarius hat geschrieben:Egal auf welche Partei bezogen, gab es nie einen Konsens über das Recht-haben einer Partei. Der Egoismus ist allerdings bei fitten Lebewesen immer zu beobachten, er ist empirisch.


Nein, Du deutest damit ein Verhalten gleich welcher Art aus der Perspektive: „Was könnte der egoistische Nutzen sein, den das Biest davon hat?“ Jetzt sucht man so lange, bis man irgendwas findet und wenn man nichts findet, schraubt man an den Erklärungen so lange, bis es passt:
Mutter Theresa hat dann einen Schub von Glückhormonen, darum handelt sie egoistisch.
Wer Juden vor KZ gerettet hat, sieht sich vielleicht insgeheim als guter Kerl – bumms, wieder Egoismus. Teile ich, erwarte ich stillschweigend, dass man auch mit mir teilt – Egoismus!
Man kann das auch anspruchsvoller drechseln, etwa, wie Spitzer das macht, es bleibt unterm Strich immer dasselbe.

Darth Nefarius hat geschrieben: der Egosimus sagt sehr viel aus, er macht das Verhalten berechenbar, verständlich, begründbar.


Genau – und befriedigt damit genau die Bedürfnisse jener, die das brauchen, simple Erklärungen in einer komplexen Welt. Hast Du nun etwa Dawkins‘ Geheimnis entzaubert?

Darth Nefarius hat geschrieben: Wenn nicht jedes Lebewesen quasi diese Programmierung intus hätte und wir nicht vom Egosimus wüssten, würden wir in der Tat das Verhalten, das wir nicht verstehen, einem göttlichen Willen zuschreiben (einige von uns), das Modell des Egoismus lässt uns Vorhersagen treffen und die "Absicht" des Lebewesens erkennen, das sagt sehr viel aus.


Echt? Es gibt nur die Alternative Egoismus oder Gott?
Das ist natürlich eine Erklärung dafür, warum so viele, die Religionen unsympathisch finden, sich alsbald der nächsten quasireligiösen Struktur an den Hals werfen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Egosimus beweist sich durch das natürliche Verlangen des sozialen Tieres Mensch, dem Gegenüber zu helfen.


Der Egoismus?
Grün beweist sich dadurch, dass es roten Ampeln gibt?

Darth Nefarius hat geschrieben: Ein Verlangen welcher Form auch immer ist subjektiv, somit wird das letzte Stück in der Kausalkette die Endorphinproduktion bei dem Gedanken, jemandem zu helfen, sein.


„Verlangen“ ist vielleicht sogar noch ein Begriff der schwierig ist, weil man ihn philosophisch und biologisch auffassen kann. Generell ist es ein Fehler, ein Begriff aus dem Bereich der Geisteswissenschaften naturalistisch zu erklären und umgekehrt.
(Ich verweise dazu auf laies Ausführungen, die sind viel besser als meine geraten, die ich darum kassiert habe.)

Darth Nefarius hat geschrieben: Wie lässt sich nun dieser vermeindliche und oberflächliche Altruismus begründen? Absoluter Altruismus würde den Verzicht auf Fortpflanzung bedeuten, das zugunsten anderer Individuen. Wie konnte also dieser Mechanismus einen Selektionsvorteil bringen, der in letzter Konsequenz auf das Individuum bezogen ist? Antwort: Der Altruismus ist ein inkonsequenter, er ermöglicht dem Individuum einen Selektionsvorteil, also ist dieses Verhalten dem Individuum nützlich, folglich wird diese Eigenschaft auch weitergegeben. Der Knackpunkt ist aber der Vorteil des ausführenden Subjekts, also ist die (unbewusste) Absicht, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.


Jetzt ist die Absicht schon unbewusst, damit man eine Erklärung dafür hat, dass etwas gemacht wird, das eigentlich gar nicht egoistisch aussieht, aber trotzdem egoistisch sein soll.
Auf diese Weise, ist die Einführung des Unbewussten in der Tat eine Nullnummer, besser gesagt ein Totschlagargument. Man kann nur bewusster Egoist sein oder unbewusster. Man kann nie kein Egoist sein. Das ist die unwissenschaftliche Komponente, weil es keine andere Erklärung gibt.
Ich kann Dir unterstellen, was immer ich will, z.B. dass all Dein Verhalten darauf abzielt Sahnetorte essen zu wollen. Wenn Du nun sagst, das sei Blödsinn, kann ich behaupten, dies sei dann eben ein unbewusster Wunsch von Dir.

Darth Nefarius hat geschrieben: Wenn ein Evolutionsbiologe das Verhalten analysiert, wird er sich fragen, ob dies eine "Neuerfindung" ist, oder nur eine Homologie. Er wird feststellen, dass er den Egoismus auf jedes fitte Tier übertragen kann, weil sich nur weitergibt, was dem Individuum, nicht einem anderen, einen Vorteil gebracht hat. Eine Maschine ist definitiv erfolgreicher, wenn sie in erster Priorität auf sich aufpasst, in zweiter auf seine genet. Kopien.


Das ist schon längst nicht mehr die Argumentation der meisten Biologen, auch nicht von Dawkins.

Darth Nefarius hat geschrieben: Ein solches Verhalten setzt sich gegenüber der Selbstlosigkeit durch, die nicht derartig auf das Fortbestehen fixiert ist.
Was laies Absicht war, ist mir klar, ich gehe vom Egosimus aus, weil er zutreffend ist und ihr mich nicht widerlegt noch eine bessere Theorie auf die Beine stellen konntet. Ich hingegen habe sie nicht nur logisch, sondern quasi auch empirisch belegt, mit Zitaten.


Nein, Du erkennst einfach nur logische Fehler nicht und Dir ist da schlicht gar nichts klar, wie jeder erkennen kann, dem das tatsächlich klar ist.

Darth Nefarius hat geschrieben: Diese Theorie hat nicht die Absicht alles zu erklären, sondern nur das VErhalten von Lebewesen, das ist sehr speziell, somit könnt ihr mir den Vorwurf, dass sich der Egoismus auf alles bezieht, nicht machen.


Doch es bezieht sich auf alle soziale Interaktion, das reicht um die Idee unwissenschaftlich werden zu lassen. Lies Popper. http://de.wikipedia.org/wiki/Falsifikationismus

Darth Nefarius hat geschrieben: Ich habe dir geschildert, wie Wissenschaftler an dein Beispiel rangehen: Sie fragen nach dem Selektionsvorteil eines solchen Verhaltens, wenn es denn typisch ist. Selektives Verhalten muss eine Prämisse haben: Es muss die Fitness des Individuums steigern. Der Altruismus scheidet folglich aus, da jede reproduktive Handlung alles andere als selbstlos ist, der Faktor "ich" ist aus dem Verhalten niemals zu streichen. Durch die Prämisse, dass die Fitness des Individuums gesteigert werden soll (in dem sich die Gene für dieses Verhalten befinden, die folglich ebenso der Selektion unterworfen sind und sich nicht durchsetzten, wenn sie keinen Vorteil bringen.), erkennt man, dass dieser Faktor sogar der zentrale ist.


Ich glaube sofort, dass es auch Wissenschaftler gibt, die von Wissenschaftstheorie nicht viel verstehen. Man kann das auch pragmatisch sehen und sagen, dass die Methode sich schon irgendwie bewährt hat und einfach nicht groß drüber nachdenken, was man tut.
Problematisch wird es nur in dem Bereich, in dem Brights sich tummeln.
Wenn man sich gegen Religionen aufstellt und dann auf die Überlegenheit der Wissenschaft rekurriert, aber eigentlich überhaupt nicht weiß, worin die besteht, wird es einerseits peinlich, andererseits ist jeder der so argumentiert letztlich auch nur ein Gläubiger. Man macht etwas, ohne zu wissen, was genau. Denn Empirie ist nicht das auschlaggebende Kriterium.

Darth Nefarius hat geschrieben: Ja, ich kenne seine Aussagen, die Konsequenz aus ihnen ist nicht minder umstritten: Wir sind Überlebensmaschinen. Das hast du unterschlagen, sie ist sogar wesentlich umstrittener als die Aussage, die schon uralt in der Biologie ist, dass die Lebewesen Egoisten sind. Wenn Gene egoistisch sind, muss es die Maschine, die sie trägt, auch sein, um sie zu erhalten, dadurch, dass sie sich erhält.


Genau das ist nicht der Fall. Der Mensch ist dieser Theorie nach, nur ein Merkmalsträger und eben gerade nicht im Fokus des Interesses. D.h. er selbst muss von seiner Eigenschaft überhaupt keinen Vorteil haben, allein die Gene, die egoistischen, haben Vorteile davon.
Das ist Dawkins‘ eigentliche Idee (die man in Varianten schon bei Heidegger und anderen findet).

Darth Nefarius hat geschrieben: Allerdings ist gerade beim Menschen, der die Gentechnik beherrscht, aufgefallen, dass ihm Gene egal sind und nur das Ergebnis zählt. Wenn nicht die Furcht vor den Konsequenzen wäre, würde der Mensch sich selbst schon längst modifiziert haben, somit hätten diese Gene nicht sich, sondern ihrer Maschine einen Vorteil verschafft. Mit diesem Egoismus meint er repetitive Sequenzen und springende Gene (Transpositions-/Insertionselemente). Die Krone dieses reduzierten Egosimus sind Viren, die fast nur noch aus ihrer Erbinformation bestehen. Aber auch Gene gehen einen "Kompromiss" ein: Sie dulden ihre Mutation, sie fallen ggf. weg, wenn sie keinen Vorteil bringen. Somit sind Gene eine Art Kooperator für das ebenso egositische Individuum, da sie ebenso ihren Nutzen haben müssen, um einen Vorteil zu erhalten.
Wie du es selbst gesagt hast: Er wechselt seine Position, sagt selber aus, dass wir "egoistisch geboren sind", also stimmt er mir in diesem Punkt zu, allerdings nicht, dass man seiner Natur nicht zuwiderhandeln, sondern das Beste daraus machen sollte. Ich denke, genau da macht er seinen Fehler: Er will der Natur zuwiderhandeln, der menschlichen Natur, damit begeht er einen ideologischen Fehler. In diesem Punkt ist ihm sein Ideal das selbstlosen Menschen, der nicht existiert, oder nur in einer durch den Genpool tolerierten, geringen Menge, wichtiger, als der reale Mensch. Diesen Fehler begeht und beging jede Ideologie. Sein Metier ist die Wissenschaft, nicht die Politik, also ist seine Aussage wertlos.


Da hast Du einiges verstanden, einiges durcheinander geworfen.
Richtig ist, dass Dawkins Dir zustimmen würde, dass wir egoistisch geboren seien, aber damit widerspricht er sich im Grunde selbst, wenn er sagt, nicht der Merkmalsträger, sondern die Gene seien egoistisch – das kann dem Individuum zum Vorteil gereichen, muss aber nicht.
Im Grunde die aus biologischer Sicht nicht unbekannte Idee, nicht das Individuum sei wichtig, sondern die Art.
Und ja, man kann seine Natur manipulieren, die Frage ob man das sollte, wird breit diskutieren, hier seid ihr verschiedener Ansicht, das stimmt. Eine bestimmte Position zu haben ist aber kein ideologischer Fehler. Im Grunde sagt Dawkins da das, was er heute auch öfter sagt, dass das was einen biologischen Vorteil bringt, nicht immer gut sein muss. Inzwischen ist Dawkins und Co, nämlich aufgegangen, dass die These, religiös zu sein, sei ein evolutionärer Nachteil, sich nicht wirklich halten lässt. Aber auch von Religionsthema weg, muss man ihm zugestehen, dass er sagt, nicht alles was evolutionärer Vorteil ist, ist gesellschaftlich wünschenswert. Nur ist das dann sein Problem, wie er das naturalistisch begründen möchte.

[quote"Vollbreit"] Zudem habe ich schon in einem vorigen Kommentar geschrieben, dass Altruismus in der Biologie anders definiert wirde als in der Philosophie. De Waal Fehler besteht in seinen kurzsichtigen Deutungen: Er stellt fest, dass kooperatives Verhalten einen Selektionsvorteil bringt, ebenso wie Empathie. Daraus folgert er, dass sein fittes Individuum altruistisch sei, aber das ist falsch. Kooperatives Vehalten ist nur solange von Vorteil wie daraus ein Gewinn für das kooperierende Individuum entsteht. Der Altrusimus definiert sich darüber, dass der Eigenvorteil nicht vorhanden ist, das trifft somit nicht zu.[/quote]

Warum sollte man Altruismus so definieren, dass ein eigener Vorteil nicht vorhanden ist?
Warum sollte man unbegründet Situationen in denen beide profitieren als Egoismus definieren, das erscheint mir eine schlechte Definition zu sein, falls die Biologen die wirklich so verwenden.

Darth Nefarius hat geschrieben: Beides wäre im übrigen nicht bewusst: Es ist nur der Mechanismus von Hormonen, die bei bestimmter Betrachtung und Spiegelneureonen, die entsprechend stimuliert werden, der diese Handlung begründet.


Also, philosophisch und psychologisch gesehen, ist nur das eine Handlung, was man begründen kann, alles andere ist Verhalten oder Reflex. Handeln heißt Gründe angeben zu können, für sein Tun.
Und warum sollte mir eine egoistische oder altruistische Handlung unbewusst sein?
Ich könnte ein Versicherungsmakler sein und sagen: „Der Opa braucht die Versicherung zwar nicht, aber ich die Provision.“ Das ist egoistisch und bewusst.
Es könnte auch sein, dass ich eine Landstraße entlang fahre, es regnet, meine Lieblingsendung kommt, ich bin müde und am Straßenrand steht jemand mit einer Reifenpanne. Eigentlich habe ich keine Lust dem zu helfen, halte aber dennoch an. Es wäre leicht durchzufahren und sich zu sagen, dass schon einer halten wird, aber manche halten an. Warum? Das steht nicht in der Zeitung, dafür bekommt man keinen Orden. Vielleicht einfach das Gefühl, dass man dazu beitragen sollte, dass die Welt so wird, wie man meint, dass sie sein sollte.

Darth Nefarius hat geschrieben: Er hat sich durchgesetzt, weil er einen Eigenvorteil brachte, dieser wurde durch den Vorteil eines anderen ermöglicht. Solange dieser Eigenvorteil nicht draußen ist, kannst du nicht von echtem Altruismus sprechen.


Was sollte denn dann überhaupt eine altruistische Handlung sein?
Ich glaube auch nicht, dass Biologen das so definieren, hast Du eine Definition aus einem Standardlehrbuch zur Hand? (Ich habe jetzt bei wiki geschaut und gesehen, dass das deren Definition, der Evolutionsbiologie ist, die Du bemühst. Das Problem scheint in der Tat zu sein, dass der Begriff unterschiedlich verwendet wird. Ganz nett fand ich das hier, da werden wir uns vielleicht einigen können? http://www.unperfekthaus.de/altruismus/ )

Darth Nefarius hat geschrieben: Wenn du dir die Debatte antun willst, wirst du feststellen, dass das bisschen Altruismus, das man diesen Idealisten zugesteht, nur das Wort ist und immer von einem Egoismus abgeleitet wird, Stichwort: reziproker Altruismus, was Egoismus par excellence ist.
Ihr streubt euch gegen diesen Gedanken, weil ihr Angst vor ihm habt und ihn flasch definiert: Egoismus hat die Priorität, dass man sich selbst einen Vorteil verschafft, nicht den anderen primär schadet. Daraus folgt, dass der effizienteste Egoismus ein kooperierender ist. Auf den Schaden der anderen zu bestehen wäre schon eher altruistisch, weil es einem selbst keinen Vorteil brächte.


Das ist nun wirklich verquer, anderen zu schaden als Altruismus zu bezeichnen.
Dass es verschiedene Arten oder Grade von Egoismus gibt, das gestehe ich gerne zu, aber meine Frage ist schlicht, warum man Weiß als Abwesenheit von Schwarz definieren muss, wenn doch die Möglichkeit besteht beides zu benennen?
Ich denke es gibt da fließende Übergänge und extreme Enden, wobei ich verstehen kann, inwieweit man meinen könnte, dass es keinen reinen Altruismus gibt.
Es ist aber ein leichtes Spiel zu behaupten, dass es auch keinen reinen Egoismus gibt, denn jede noch so egoistische Haltung könnte einem anderen noch Spaß machen, als klammheimliches Vorbild dienen oder sich als erfolgreich genetisch oder memetisch vererben und wäre damit schon wieder altruistisch.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Do 2. Feb 2012, 14:03

erinnere ich mich recht, dann hat das allgemeine Schema einer Erklärung nach Hempel und Offenheim die Struktur eines logischen Schlusses. In einem logischen Schluss C erschliesse ich etwas aus gegebenen Prämissen P und Definitionen D mit Hilfe einer Gesetzesaussage G. Diese Gesetzesaussage hat dabei syntaktisch die Gestalt eines Allsatzes A.

Beispiel:

P = "X ist aus Kupfer"
D = "Kupfer ist ein Metall"
A = "Alle Dinge aus Metall leiten Strom"
C = "X leitet Strom"

Du schreibst gegen Darth Nefarius (habe das Zitat ein wenig umgestellt):

Vollbreit hat geschrieben:
[P] A hat B einen Gefallen getan.

[A] Alle Menschen sind Egoisten.

[C] Dieser Gefallen muss egoistisch motiviert gewesen sein, da alle Menschen Egoisten sind.


Um ehrlich zu sein, ist mir der Unterschied zwischen den beiden Erklärungen nicht ganz klar. Strukturell sind doch beide bis auf D identisch. Und das fehlende D in der zweiten Erklärung könnte man ergänzen durch

[D] Gefallen = eine Tätigkeit, die jemand ohne Rücksicht auf seinen eigenen Vorteil vornimmt.

so dass man erhält:

[P] A hat B einen Gefallen g getan
[D] ein Gefallen ist eine Tätigkeit, die jemand ohne Rücksicht auf seinen eigenen Vorteil vornimmt
[A] Alle Menschen sind Egoisten. [oder: Alle Menschen tuen nur etwas, wenn es für sie von Vorteil ist.]

Ich schliesse daraus

[C] g ist kein Gefallen.

Oder darf ich schließen:

[C'] A ist ein Egoist

P --> Q, P: Wenn A B einen Gefallen tut (P), dann ist A ein Egoist (Q)
P gelte: A tut B einen Gefallen
Q: A ist ein Egoist

Ist P eine hinreichende Bedingung für Q? Ich denke nicht. Ein Gefallen bezeichnet nämlich eine non-egoistische Handlung, mithin ist der Schluß "A ist ein Egoist" falsch. Es wäre etwa so, wie wenn man schließt:

Wenn x aus Nicht-Metall ist, dann leitet x Strom. In längerer, falscher Fassung:

[P] x ist aus Knochen
[D] X ist kein Metall
[A] Metall leitet Strom
[C] x leitet Strom
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Darth Nefarius » Do 2. Feb 2012, 15:28

laie hat geschrieben:ad 1: Ich wußte nicht, dass es in der Evolution um die Nachkommen eines bestimmten Individuums geht. Ich dachte, es geht darum, daß die Art überhaupt Nachkommen hat. Ob das durch das Individuum geschieht oder dadurch, dass man fremde Kinder adoptiert und diesen zur Geschlechtsreife verhilft, sei egal.

Jedes Individuum unterliegt einer Selektion, das ist klar berechenbar. Evolution fängt folglich bei dem Individuum an und seiner Anzahl an Nachkommen. Denkst du, dass eine Population plötzlich eine bestimmte Mutation in sich trägt, alle Vorfahren von ihnen diese gleichzeitig hatten, und sich diese als begünstigend herausgestellt hat? Nein, das Wahrscheinlichste ist, dass 1 Individuum 1 begünstigende Mutation hatte, worauf es einen Selektionsvorteil erworben hatte, also mehr Nachkommen. Das bedeutet, dass diese Mutation in der darauffolgenden Generation schon mehrfach vertreten ist und die ohne langsam verdrängt. Evolution fängt beim Individuum an, du wurdest eines Besseren belehrt. Adoption ist kein selektionsvorteil bringenes Verhalten, wenn man auf leibliche Nachkommenschaft verzichtet, oder steril ist. Die eigenen Eigenschaften werden schließlich nicht vererbt, also auch das altruistische Verhalten, quasi ein Kuckuckskind zu versorgen, weil eben die gene dafür nicht weitergegeben werden. Wenn diese gene nicht vererbt werden, hat sich das daraus resultierende verhalten als unwirtschaftlich herausgestellt.
laie hat geschrieben:ad 2: Absoluter Altruismus bedeutet demnach nicht zwangsläufig den Verzicht auf Fortpflanzung, jedenfalls nicht bei höheren Säugetieren.

Da ich deine erste Annahme als falsch entlarvt habe, ist folglich auch diese falsch. Absoluter Altruismus bedeutet genau das: Man nimmt niemandem die Nahrung weg, isst selbst Nichts, nimmt ihnen keinen Platz weg, keine Fortpflanzungspartner. Das bedeutet: Nicht existieren ist die Konsequenz des absoluten Altruismus.
Kooperation ist etwas anderes.
laie hat geschrieben:ad 3: Es geht darum, griffig formuliert, die Fruchtbarkeit der Art zu erhalten. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann sich solange um seinen Nachwuchs kümmern, bis dieser selbst geschlechtsreif ist. Das nennt man Brutpflege. Und wo solche sozialen Fähigkeiten nicht ausgeprägt sind, kann man die Fruchtbarkeit durch Millionen Nachkommen zu realisieren.

Unfug, ich habe schon zu Anfang klargestellt, dass Evolution beim Individuum anfängt, weil eben da auch Mutationen anfangen, die einen Selektionsvor- oder -nachteil bedeuten. Dies wirkt sich auf die Anzahl der Nachkömmlinge aus. Brutpflege ist eine Eigeninvestition in die eigenen Erbinformationen, also wieder ein egoistisches Motiv. In der Tat werden beide Formen beobachtet, beide sind jedoch auf den eigenen Selektionsvorteil bedacht, sind im Ziel gleich, in der Ausführung nicht. Soziale Fähigkeiten sind ein Ergebnis des Kooperationszwangs, der sich als vorteilhaft für jedes kooperative Individuum herausgestellt hat. Der Eigenvorteil ist folglich geblieben.
laie hat geschrieben:Man kann den Gedanken, daß Evolution als Veränderung im Genpool einer Spezies definieren. Insofern finde ich Begriffe wie Egoismus und Altruismus ein wenig unglücklich. Daß das Leben danach drängt, sich fortzupflanzen, liegt nicht im Egoismus des Individuums begründet. Nicht das Ego ist das Ziel der Evolution. Evolution ist ein teleomatischer Vorgang, um Ernst Mayr zu sprechen, scheinbar zielgerichtet, kein teleologischer.

Diese Veränderung fängt beim Individuum an, Mutationen entstehen nicht gleichzeitig, sondern setzen sich durch die Nachkommen einer Quelle, eines Individuums, durch. In der Evolutionsbiologie wird oft und gerne teleologisch argumentiert, auf ein einzelnes Individuum kann eine solche Argumentation in der Form, wie ich es dir geschildert habe, zutreffen: Der Egoist wird auf sich und seine Nachkommen aufpassen (weil es seine sind), gegenüber dem Altruisten, der weder auf seine Existenz wwert legt, noch auf die seiner Nachkommen. Wer wird wohl mehr nachkommen in der nächsten Generation haben? Wer wird dieses genetisch manifestierte Verhalten ebenso dadurch weitergeben? Das Ego ist das Ziel des Individuums, denn seine Vorfahren haben auf sich und auf ihre Nachkommenschaft aufgepasst, ein egoistisches Motiv. Das ist Nicht finales Denken, sondern ein kausaler Zusammenhang. Das Ego ist nicht das Ziel der Evolution, es hat sich nur durchgesetzt. Die Evolution hat kein Ziel, sie ist eine Art Sieb mit gelegentlich neuen Zutaten (Mutationen).
laie hat geschrieben:Ein Pauschalurteil. Muß das sein? Der Jesuit Georges Lemaître war Astrophysiker, während man Richard Dawkins nicht behaupten kann, er sei Fachmann für neutestamentliche Exegese.

Dieser Astrophysiker wird seine Wissenschaft nicht widerlegen, ebenso die Phänomene, die er beobachtet und versucht zu erklären. Wissenschaftliches Denken setzt Zweifel und das Erkennen von Rationalität und der Fähigkeit zum logischen Denken voraus. Dieser Jesuit wird immer im Widerspruch stehen. Dawkins ist im übrigen nicht der einzige Atheist, Hawkins hat klar gesagt, dass in unserer Welt (die Gesamtheit der Multiversen) kein Platz für einen Gott ist.
laie hat geschrieben:Aha. Also tun wir mal so, du hast die Mine gelegt, das Kind ist beim Spielen draufgetreten, und es ist tot. Klar, da willst du nicht schuld sein, da kommst du den Eltern und klärst sie auf (bist ja ein Kind der Aufklärung), ja Schuld ist nur eine moralische Grösse; du seist höchstens der Grund dafür, daß die Mine dort lag, wo sie lag, aber mit Schuld habe deine Handlung nichts zu tun, mithin übernimmst du keine Verantwortung?

Und weil du so toll aufklärst, sagen die Eltern, "Oh. Kein Problem. Haben wir verstanden. Schuld hat niemand, es gibt nur Verursacher. Menschliche Verursacher sind ein physikalisches Phänomen, irgendwie determiniert halt (oder auch nicht, da brauchen wir noch ein wenig Nachhilfe), auf jeden Fall aber ein Teil des MERZ. Das haben wir verstanden. Noch einen Kaffee?"

Darauf Du: "Nein, danke. Aber lassen Sie uns doch kooperieren. Wenn Sie mich jetzt ihre Tochter schwängern lassen, haben wir alle was davon!"

Hätte ich die Mine gelegt, wäre meine moralische Schuld ein Ergebnis der Einstufung jedes einzelnen Individuums, es gäbe also nicht das eine Urteil. Die Eltern wären reichlich angepisst, schließlich ist ihre genetische Information flöten gegangen, um diese Situation zu meiden, ist das Gefühl der Trauer selektiert worden, auf das die Eltern bei den restlichen/künftigen Kindern besser aufpassen, was ihre Fitness wieder steigert (alles mit dem Egoismus erklärbar).(kausal) Verantwortlich wäre ich, Wiedergutmachung mit Strafe ist ein kooperatives Verhalten, oder zumindest auf der Reziprozität entfernt basierend. Der Rest ist Unfug, der auf Unfug basiert, den ich gerade als solchen herausgestellt habe.
Kausale verantwortung für deine oder meine Existenz haben sämtliche Ereignisse und Personen, die deine Eltern und meine Eltern zusammengebracht haben. So hat die leidliche Vergangenheit der Familie meines deutschen Vaters, dessen Familie ins Exil innerhalb der Sowjetunion geschickt wurde (was aufgrund der berechtigten Unbeliebtheit der Deutschen bei den Osteuropäern stattfand, allerdings auch auf eben völlig unbeteiligte Deutsche, die seit Jahrunderten Bauern in Gemeinden gelebt haben, die von Katarina der großen und ihren Angeboten auf Land, angelockt wurden und nicht mehr in Deutschland lebten, angewandt wurde.) und die leidliche Familie meiner russischen Mutter (die ebenso im selben Exilland gelandet ist) dafür gesorgt, dass sie sich gefunden haben, ich entstanden bin. Der Sturz der Zaren, der darauffolgende Klassenkampf, der gebildete und reiche Russen verfolgte und der zweite Weltkrieg, der viele deutsche Familien innerhalb der Sowjetunion, die Nichts mit Hitler zu tun hatten, belastete, führten letztlich zu meinem Leben. Ich kann mir folglich aufgrund dieser kausalen Verkettungen, aus denen subjektives Glück entstanden sind, weder als absolut schlecht, noch als absolut gut bewerten, sondern nur als unausweichlich und kausal.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn sich herausstellt, dass etwas überall vorkommt, ist das eine Sache.
Davon in einer Theorie auszugehen und nur danach zu suchen, eine andere. Problematisch im geschilderten Sinn ist die Nichtfalsifizierbarkeit. Auf gut Deutsch: Was muss der Fall sein, wenn diese Theorie nicht stimmt?
Allumfassend ist etwas nicht nur dann, wenn es sich auf alles was ist bezieht, sondern einen Erklärungsansatz für alle Phänomene einer Art liefern soll.

Du zitierst einen Satz und liest ihn nicht richtig: Der Egoismus nicht nicht allgegenwärtig, bezieht sich nur auf Lebewesen. Ebenso ist die Fallbeschleunigung nicht allgegenwärtig, sie ist trotzdem für uns als Konstante sehr bedeutsam und korrekt. Die Frage ist Unsinn. Was willst du tun, wenn sich die Evolutionstheorie als falsch herausstellt? SIe ist nicht falsch, weil sie niemand als falsch entlarven konnte und erklärt in ihrem Bereich bestimmte Phänomene, so ist es auch mit dem Egoismus. Der Egoismus ist in seinem Bereich allumfassend. Bei Ionen in Lösungen sagt man auch, dass ihre Ladung ubiquitär ist, ebenso wie bei Ubiquitin (ein Protein im Körper), sie sind natürlich dann nicht auch auf dem Mond zu finden, totipotente Stammtzellen können auch nicht zu Computerchips aus Silicium ausdifferenzieren. dieses Allumfassend ist ein wissenschaftliches, ein absolutes. Es bezieht sich nur auf einen bestimmten Bereich. Der Egoismus bezieht sich auf das Verhalten von Lebewesen.
Vollbreit hat geschrieben:Ziehen wir es doch mal durch. Ich behaupte, dass alles von Gott gewollt ist, widerlegt das mal durch Argumente, nicht durch Behauptungen. Empirisch kannst Du es nicht widerlegen, wie denn? Und unbegründet? Wieso? Gott hat es so gewollt, das ist die Begründung. Nun sag mir mal, warum ich das nicht annehmen darf.

Dann kann man diese Theorie rational falsifizieren: Was soll denn die Absicht sein? Wie erklärst du die Existenz eines Gottes? Wie erklärst du seine Motivation? Wenn du zu viel vorraussetzt und es nicht begründen kannst, ist die Theorie unsinnig. Du darfst es schon, es wäre nur absolut unlogisch, würde einen unendlichen Regress vorraussetzen und vielen anderen Unsinn. Eine Theorie ist besser, je weniger sie vorraussetzt. Wenn in unserem Universum kein Gott notwendig ist, müssen wir auch nicht von ihm ausgehen.
Hoer mache ich erstmal Schluss, diese Antworten werden euch reichen, um nachzudenken.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Do 2. Feb 2012, 15:44

Darth Nefarius hat geschrieben:Hätte ich die Mine gelegt, wäre meine moralische Schuld ein Ergebnis der Einstufung jedes einzelnen Individuums, es gäbe also nicht das eine Urteil. Die Eltern wären reichlich angepisst, schließlich ist ihre genetische Information flöten gegangen, um diese Situation zu meiden, ist das Gefühl der Trauer selektiert worden, auf das die Eltern bei den restlichen/künftigen Kindern besser aufpassen, was ihre Fitness wieder steigert (alles mit dem Egoismus erklärbar).(kausal) Verantwortlich wäre ich, Wiedergutmachung mit Strafe ist ein kooperatives Verhalten, oder zumindest auf der Reziprozität entfernt basierend. Der Rest ist Unfug, der auf Unfug basiert, den ich gerade als solchen herausgestellt habe.


So oder ähnlich habe ich deine Replik erwartet. Du lebst in einer Traumwelt. Aber das hat Vollbreit ja schon gezeigt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wissenschaftliches Denken setzt Zweifel und das Erkennen von Rationalität und der Fähigkeit zum logischen Denken voraus. Dieser Jesuit wird immer im Widerspruch stehen.


Daß es sich bei diesem Jesuiten um den Begründer der Urknalltheorie und den späteren Präsidenten der Päpstlichen Akademie der Wissenschaft handelt, ist Dir in der Eile wohl entgangen. Der jetzige Präsident dieser Universität ist übrigens der Nobelpreisträger Werner Arber.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon Darth Nefarius » Do 2. Feb 2012, 16:06

laie hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Hätte ich die Mine gelegt, wäre meine moralische Schuld ein Ergebnis der Einstufung jedes einzelnen Individuums, es gäbe also nicht das eine Urteil. Die Eltern wären reichlich angepisst, schließlich ist ihre genetische Information flöten gegangen, um diese Situation zu meiden, ist das Gefühl der Trauer selektiert worden, auf das die Eltern bei den restlichen/künftigen Kindern besser aufpassen, was ihre Fitness wieder steigert (alles mit dem Egoismus erklärbar).(kausal) Verantwortlich wäre ich, Wiedergutmachung mit Strafe ist ein kooperatives Verhalten, oder zumindest auf der Reziprozität entfernt basierend. Der Rest ist Unfug, der auf Unfug basiert, den ich gerade als solchen herausgestellt habe.


So oder ähnlich habe ich deine Replik erwartet. Du lebst in einer Traumwelt. Aber das hat Vollbreit ja schon gezeigt.

Ich lebe in keiner Traumwelt, diese Ausführungen sind absolut logisch, wenn du es kannst, dann widerlege sie doch, argumentiere, wie ich es die ganze Zeit tue. Ich habe meine persönliche Geschichte als klares Argument genannt, warum eine moralische Bewertung von Kausalität unsinnig ist, da es immer vom Blickwinkel des Betrachters abhängt, wenn etwas stribt und dafür etwas anderes entsteht. Das ist keine Traumwelt, sondern Alltag. Ein Vulkanausbruch kann für eine Stadt wie Pompeii furchtbar sein, die Asche ist jedoch guter Nährboden für Pflanzen. Vollbreit hat gezeigt, dass er so gut denken kann, wie du.
laie hat geschrieben:Daß es sich bei diesem Jesuiten um den Begründer der Urknalltheorie und den späteren Präsidenten der Päpstlichen Akademie der Wissenschaft handelt, ist Dir in der Eile wohl entgangen. Der jetzige Präsident dieser Universität ist übrigens der Nobelpreisträger Werner Arber.

Er mag sein, was er will, er wird sich immer in logischem Widerspruch zwischen seiner Fähigkeit, Theorien anzuzweifeln, fehlerhafte Theorien zu erkennen und sie zu optimieren und seiner Unfähigkeit oder seinem Unwillen, dies auch bei der Religion zu tun. das nennt man Inkonsequenz und wird ihm sein Leben lang Bauchschmerzen bereiten. Hawkins ist im übrigen der definitiv bedeutendere Kopf in diesem Bereich, also brauchst du nicht schonwieder mit deinem Schirmherren zu argumenieren, Hawkins hat merh zu sagen und ist sogar Laien ein Begriff. Eben seine Aussage, dass für einen Gott kein Platz in dieser logischen Welt ist, zeigt, dass er konsequent ist, seine Fähigkeit zum Denken auch auf Ideologien anwendet, sie prüft, als inkorrekt erkennt. Glaube und Denken sind und werden weiterhin ein Wiederspruch bleiben. Widersprüche innerhalb von Personen sind Nichts unübliches.
Vollbreit hat geschrieben:Genau – und befriedigt damit genau die Bedürfnisse jener, die das brauchen, simple Erklärungen in einer komplexen Welt. Hast Du nun etwa Dawkins‘ Geheimnis entzaubert?

Am Egoismus ist die Theorie leicht, allerdings geht es den meisten wie dir, für sie kann nicht sein, was nicht sein darf. Eine solche desillusionierte Erkenntnis ist nicht das, was die Leute wollen, sie wollen Sinn, Moral, Regeln, Richtlinien, ein schönes Leben, wo Schaden moralisch verschuldet ist. Der Zufall ist für die meisten grausamer als der "Wille Gottes", genauso es grausamer ist, den Menschen, einschließlich sich selbst, als Egoisten zu erkennen.
Vollbreit hat geschrieben:Echt? Es gibt nur die Alternative Egoismus oder Gott?
Das ist natürlich eine Erklärung dafür, warum so viele, die Religionen unsympathisch finden, sich alsbald der nächsten quasireligiösen Struktur an den Hals werfen.

Ich habe überspitzt formuliert, dennoch ergeben sich aus den einen Gedanken die anderen. tatsächlich finden Diktaturanhänger religion meist sehr faszinierend, schließlich haben beide viele Gemeinsamkeiten. Philosophie ist nicht Quasireligiösität, Egoismus auch nicht. Der Egoismus ist eine Beobachtung, kein Dogma, er erfüllt niemandes Wünsche, oder täuscht es vor, sondern ist nur eine Tatsache.
Vollbreit hat geschrieben:Der Egoismus?
Grün beweist sich dadurch, dass es roten Ampeln gibt?

Ja, der Egoismus, lies den ganzen Text. Allein, dass wir etwas wollen, bedeutet, dass in jedem Willen unser Willen steckt. Alles, was wir tun, wollen wir in einem gewissen Maße auch. Folglich muss uns etwas zu unserem Willen motivieren. Selbst wenn es nur ein Glücksgefühl ist, so ist dieses Motiv immer noch rein egositisch, da wir diesen Dopaminschub wollen.
Vollbreit hat geschrieben:„Verlangen“ ist vielleicht sogar noch ein Begriff der schwierig ist, weil man ihn philosophisch und biologisch auffassen kann. Generell ist es ein Fehler, ein Begriff aus dem Bereich der Geisteswissenschaften naturalistisch zu erklären und umgekehrt.
(Ich verweise dazu auf laies Ausführungen, die sind viel besser als meine geraten, die ich darum kassiert habe.)

Logisches, naturwissenachaftliches Denken sollte nicht vor Geisteswissenschaften halt machen. Die beobachteten Gesetzte der Natur sind auch im Hörsaal der Theologen gegenwärtig, ihr Gott nicht. Die Religion hingegen versucht permanent, sich in Bereiche einzumischen, in denen sie Nichts verloren hat, sei es Forschung, Politik, Rechtswesen. Naturwissenschaft ist keine Frage von Glaube. Selbst wenn jemand im bekifften Zustand mein, er könne fliegen, er wird trotzdem wie ein Stein fallen.
Vollbreit hat geschrieben:Jetzt ist die Absicht schon unbewusst, damit man eine Erklärung dafür hat, dass etwas gemacht wird, das eigentlich gar nicht egoistisch aussieht, aber trotzdem egoistisch sein soll.
Auf diese Weise, ist die Einführung des Unbewussten in der Tat eine Nullnummer, besser gesagt ein Totschlagargument. Man kann nur bewusster Egoist sein oder unbewusster. Man kann nie kein Egoist sein. Das ist die unwissenschaftliche Komponente, weil es keine andere Erklärung gibt.
Ich kann Dir unterstellen, was immer ich will, z.B. dass all Dein Verhalten darauf abzielt Sahnetorte essen zu wollen. Wenn Du nun sagst, das sei Blödsinn, kann ich behaupten, dies sei dann eben ein unbewusster Wunsch von Dir.

Deine Feststellung, dass man immer Egoist ist, ist korrekt. Das Argument, dass dies ein Totschlagargument ist, ist für mich kein Problem. Es gibt durchaus andere Erklärungen, die sind allerdings niemals derartig gut durchdacht. Lamarckismus ist eine alternative Erklärung zum Darwinismus, allerdings sehr falsch. Wenn du behaupten würdest, dass ich immer Sahnetorte essen wollte, dann müsstest du mir schon erklären, warum, ich habe dir jedenfalls erklärt, warum jeder ein Egoist ist. Sahnetortenessen müsste dann selektiv begünstigt worden sein, dass seit langer Zeit. So lange existieren Sahnetorten alledings nicht, als dass sie die Entwicklung zum Menschen beeinflussen könnten, abgesehen davon hasse ich Sahnetorten, was mir keinen Selektionsnachteil verschafft, also wird sich dieses Verlangen nicht durchsetzten.
Vollbreit hat geschrieben:Das ist schon längst nicht mehr die Argumentation der meisten Biologen, auch nicht von Dawkins.

Natürlich ist es das. Selbsterhaltungstrieb, Vortpflanzungstrieb sind Fachbegriffe aus diesem Metier.
So, das wird dir fürs Nächste reichen, ich habe keine Lust, mich zu wiederholen, und den Rest auch zu kommentieren.
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Re: Wie viele diskutieren noch mit?

Beitragvon laie » Do 2. Feb 2012, 17:05

Darth Nefarius hat geschrieben:Eine Theorie ist besser, je weniger sie vorraussetzt. Wenn in unserem Universum kein Gott notwendig ist, müssen wir auch nicht von ihm ausgehen.


Es gibt Leute, die genau das Gegenteil sagen. Siehe Dateianhang.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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