Dr Fraggles hat geschrieben:Wie gesagt: ich glaube nicht an den freien Willen weil er logisch nicht zu denken ist. Warum mich dann wieder darauf festnageln? Natürlich entscheidet der Wille nicht, sowenig es eine abstrakte Willensentität gibt. Aber wenn man hypothetisch etwas Unsinniges gelten lässt dann muss man auch daraus folgende unsinnige Ausdrücke gelten lassen...auch wenn man wörtlich nicht daran glaubt (man redet als ob).
Also bitte lass das Thema...dass die Annahme einer solchen Entität nur Probleme erzeugt ist uns beiden klar.
Mein Einwand an der Stelle ist aber nun folgender:
wenn Dein Konzept eines freien Willens inkohärent ist, wenn es logisch unmöglich ist, dann ist damit schon alles gesagt. Dann spielt alles Weitere keine Rolle mehr, logische Unmöglichkeit ist die 'stärkste' Unmöglichkeit, die denkbar ist. Nichts kann etwas logisch Unmögliches möglich machen. Und also braucht man absolut nichts mehr zusätzlich dazu zu betrachten, weder Kausalität, noch Determinismus, noch Allwissenheit oder was auch immer, all das ist dann völlig Banane, absolut irrelevant. Das sind dann alles nur red herrings.
Nochmal: wenn man ein logisch unmögliches Konzept X (hier: freier Wille) betrachtet, dann ergibt es keinen Sinn, zu sagen: "zusätzlich macht Y (hier: Allwissenheit) X unmöglich". Unmöglicher als 'logisch unmöglich' geht nicht, daher ist damit keine weitere Erkenntnis gewonnen.
Dr Fraggles hat geschrieben:Du kannst dir zwar ein Wesen denken das zufällig immer wahre Prognosen macht (ja?), aber das ist nicht der Punkt. Zufällige wahre Aussagen über die Zukunft (auch wenn der Zufall nie irren sollte) bleiben kontingent (der Zufall KÖNNTE sich definitionsgemäss irren und damit könnte die Zukunft auch anders sein als er behauptet). Allwissenheit ist notwendig wahr (womit die gewusste Zukunft eben sicher feststeht). Ein Wesen welches nur zufällig die Zukunft (immer) richtig vorhersagen könnte sich aber nicht doch einmal irren könnte, ist nicht denkbar und das ist der entscheidende Unterschied! (Oder meinst du dass Paul sich nie irren könnte...).
Woher kommt aber diese Notwendigkeit? Wie unterscheidet man eine notwendigen von einem zufälligen, aber exakt identischem Ablauf? Wenn das möglich, aber prinzipiell nicht unterscheidbar ist, welchen Sinn ergibt dann diese Unterscheidung?
Dazu mal diesen Link: Regularity - Necessitarinism
(Ich bin nun zufällig ein Regularist und halte also die Ansicht einer irgendwie unerkennbaren dahinterliegenden Notwendigkeit des Geschehens für unsinnig und unnötig, für nicht hilfreich.)
Dr Fraggles hat geschrieben:Die meisten Menschen erfahren ihr Leben als ontologisch offen (weil sie epistemisch indeterminiert ist): als nicht festgelegt, man ist frei aus verschiedenen imaginierten Zukunftsszenarios auszuwählen etc.
Nö, ich bin fest davon überzeugt, dass die meisten Menschen mit dem Konzept 'ontologische Offenheit' nichts anfangen können, (damit meine ich nicht die Begriffe, sondern das dahinterliegende Konzept). Ich kann damit auch nichts anfangen.
Dr Fraggles hat geschrieben:Falls es Allwissenheit gibt, gibt es keinen freien Willen, jedermanns Zukunft ist dann festgelegt (ob man darum weiss oder nicht).
Jetzt mal abgesehen von meinem Einwand ganz oben: wenn es Allwissenheit tatsächlich gibt oder wenn es Allwissenheit geben könnte? Ist festgelegt durch die Allwissenheit oder durch was anderes? Falls Letzteres: durch was? Falls Ersteres: was aber, wenn es bis gestern ein allwissendes Wesen gab, das aber heute morgen gestorben ist? Kann deswegen die Zukunft wieder 'ontologisch offen' sein? Oder spielt es zusätzlich irgendwie eine Rolle, ob das nun verschiedene Wesen bisher mal einen Blick in die weitere Zukunft riskiert hat oder nicht? Aber wieso?
Dr Fraggles hat geschrieben:Veränderliche Zukunft bedeutet, dass ganz real die Zukunft offen ist: es in meiner Macht steht durch meine freien Entscheidungen dem Lauf meines Lebens (und damit auch der Welt) einen nicht vorgängig festgelegte Richtung zu geben. Veränderlich bedeutet lediglich diese Faktizität des ontologisch nicht Festgestelltseins. Es ist notwendiger Bestandteil einer Definition des freien Willens.
Was Du mit "ganz real" meinst, ist mir zwar nicht klar, aber es steht doch in meiner Macht, die Zukunft (in einem gewissen Rahmen) zu ändern - und zwar im Vergleich zu der hypothetischen Situation, dass ich nicht existierte. Oder? Aber dass ich sie nicht insofern ändern kann, als dass sie anders sein wird, als sie sein wird, ist ja auch klar.
Von wem oder was festgestellt/festgelegt? Von Gegebenheiten ausschließlich meiner Wenigkeit oder auch von mir?
Dr Fraggles hat geschrieben:Wissen determiniert weitgehend meine "Entscheidungen". Zu sagen Wissen habe keinen kausalen Einfluss auf Handlungen und damit den Lauf der Welt ist absurd.
Dazu verweise ich einfach nochmal auf mein Gedankenexperiment. Die beiden Welten sind getrennt, es gibt keinen Zugang von unserer Welt zur Welt des Computer-Freaks, ist eine Einbahnstraße. Er weiß also Dinge über unsere Welt, die aber dennoch keinen kausalen Einfluss auf unsere Welt haben.