Dr Fraggles hat geschrieben:Allwissenheit in meinem Sinne zu interpretieren ist in der Wortverbindung ja irgendwie schon enthalten. ALL-Wissen, kann nur schlecht Teil-Wissen sein. "Alles" impliziert aber alles was war und sein wird in allen möglichen Welten (nun, darüber könnte man zugegebenermassen wohl streiten...).
Ich will mich nicht darüber streiten, ich akzeptiere Deine Definition. Von irgendwas müssen wir ja ausgehen und außerdem stehen Deine Behauptungen über 'Allwissenheit' im Zusammenhang mit Deinem Verständnis von Allwissenheit und sind nur gültig unter Zugrundelegung dessen.
Dr Fraggles hat geschrieben:Ich kann aber Aussagen...nicht-zufällige wahre Überzeugungen über die Zukunft haben nur dann wenn ich als wissende Instanz die entsprechende Zukunft umfasse (und insofern ausserhalb der Zeit stehe). Allwissenheit als Wissen von Allem ist natürlich nur denkbar wenn die Instanz jenseits aller Zeit existiert (für alle möglichen Welten auch ausserhalb allen Raumes...). Entscheidend für das Problem der Vereinbarkeit ist das Zukunftswissen. Zukunftswissen über welche bestimmte Zukunft auch immer bedingt ihre entsprechende Festgelegtheit (genau das impliziert natürlich auch Allwissen!).
An diesem Punkt habe ich meine Schwierigkeiten. Du akzeptierst zwar auf der einen Seite die Rede von möglichen Welten, (was aber impliziert, dass deren Zeitabläufe unterschiedlich sein können, oder?), aber auf der anderen Seite tust Du dennoch immer wieder so, als ob es nur einen einzigen übergeordneten Zeitablauf (und eine einzige ausgezeichnete Gegenwart) für alle Welten geben müsse. Ich finde, das passt nicht zusammen.
Dr Fraggles hat geschrieben:Beispiel: Ich habe eine Tasse Tee und Wasser vor mir stehen. Falls ich einen freien Willen habe, steht bis zum Moment meines Entscheides nicht fest wie dieser Teil der Welt...meine Handlung auf Grund meines freien Entscheides, aussieht, sprich: festgelegt ist (ja, dieser Teil der Welt existiert noch gar nicht bis zu meinem gefällten Entscheid, auch für mich nicht).
Aber auch in diesem Beispiel musst Du doch berücksichtigen, dass es nicht nur Deinen Standpunkt geben kann und dass Deine Zukunft nur etwas mit Deinem hier und jetzt zu tun hat, davon abhängig ist. Was heute Deine Zukunft ist, ist übermorgen Deine Vergangenheit. Übermorgen wirst Du sagen können: "ich habe das und das gemacht", (oder auch, allgemeiner: "das und das ist passiert") - und würdest wohl kaum daraus schließen wollen, dass es deswegen, weil Du dann diese Aussage treffen könntest, nicht 'offen' war. Und was jetzt für Dich hier und jetzt in Deinem Sinne offen sein kann, kann für andere (und eben auch für Dich) zu anderen Zeitpunkten nicht mehr offen sein. 'Offen' ist daher etwas Subjektives, (vom subjektiven 'hier-und-jetzt'-Abhängiges).
Dr Fraggles hat geschrieben:Jede davor geäusserte Überzeugung wie mein Entscheid ausfällt, kann nur zufällig wahr sein, kann kein Wissen sein. Wäre eine nicht-zufällig wahre Aussage über meinen Entscheid vor meinem faktischen Entscheid möglich, würde mein Entscheid NOTWENDIG vor dem Entscheid schon feststehen.
Aber wie könnte sich eine notwendig (und nicht nur zufällig) wahre Aussage über eine Zukunft der eigenen Welt ergeben, die noch nicht eingetreten ist?
Wie kann man unterscheiden, ob eine solche Aussage über die Zukunft zufällig oder notwendig wahr ist?
Wie könnte ein allwissendes Wesen zufällige Allwissenheit von nicht-zufälliger Allwissenheit unterscheiden? Ergibt diese Unterscheidung überhaupt einen Sinn (abseits von pragmatischen Überlegungen), d.h. ist das ein ontologisch existierender Unterschied? Wenn ja: inwiefern? (Und wenn nicht, dann gehört diese - dann nicht existierende Unterscheidung - auch nicht zur einer hypothetischen Allwissenheit.)
Bedeutet doch, dass Du hier einen irgendwie dahinterliegenden Mechanismus annimmst, der die Aussage über ein Geschehnis der Zukunft wahr macht, oder etwa nicht? Was sonst sollte die Aussage wahr machen können - falls wir ausschließen, dass der Aussagende in die Zukunft schauen kann, (er z.B. nicht in der Zeit reisen kann und auch nicht außerhalb dieser Welt steht - und auch ausschließen, dass der Aussagende die vorhergesagte Zukunft selber gezielt herbeiführt)?
Und: entsteht nicht unweigerlich ein infiniter Regress, wenn man 'absolute Wahrheit/absolutes Wissen' annimmt? "Ich weiß zu 100%, ohne Irrtumsmöglichkeit, dass A, weil B und B, weil C und C, weil D" usw. ad infinitum?
Dr Fraggles hat geschrieben:Wenn ich schreibe: Allwissen legt die Welt fest, ist das eine fehlerhafte Formulierung meinerseits. Was ich meine ist: Allwissen setzt die Festgelegtheit der Welt voraus, mehr behaupte ich nicht. Wissen ist also nur möglich insofern und inwiefern die Welt festgelegt ist. Sorry für diesbezügliche falsche Formulierungen (habe aber in einem vorhergehenden Beitrag schon explizit gemacht, was ich mit der irreführenden Formulierung meine).
Okay, kein Problem, ich habe das zur Kenntnis genommen.
Dr Fraggles hat geschrieben:Also: Insofern und insoweit es nicht-zufällig wahre Überzeugungen über die Zukunft gibt, muss diese entsprechende Zukunft festgelegt sein und schliesst (noch) nicht festgelegte (und damit noch nicht existierende) Zukunft aus. Der freie Wille (bzw. dessen Entscheid/Handlung) ist noch nicht festgelegte Zukunft. Also schliessen sich freier Wille und nicht-zufällige wahre Überzeugungen den freien Willen (bzw. dessen Entscheide/Handlungen) betreffend aus.
Aber, wie gesagt: das gilt nur, wenn man einen für alle identischen Zeitablauf (eine für alle identische Zeit) annimmt - was aber nicht plausibel ist, wenn man mögliche Welten akzeptiert.
Man muss doch hier immer fragen: "für wen ist ein Zeitpunkt X Zukunft und also: für wen kann man sinnvoll fragen, ob X zu einem bestimmten Zeitpunkt festgelegt ist oder nicht?"
Und man kann mE nicht sinnvoll sagen: "freier Wille ist, wenn für alle möglichen Wesen zu allen möglichen Zeitpunkten gilt: die Zukunft ist noch nicht festgelegt". Denn wenn wir alle möglichen Wesen zu allen möglichen Zeitpunkten betrachten, dann gilt: es gibt keinen Zeitpunkt, der für alle diese Wesen sinnvoll als 'Zukunft' bezeichnet werden könnte.