laie hat geschrieben:"Sind wir uns denn einig darüber, dass dieses "größer" etwas Diesseitiges sein kann?" Nein, es ist nichts diesseitiges, ich glaube nicht. Eher wie ein Bild, welches zwar aus diesseitigen Materialien besteht wie Holz und Leinwand und Farbe und Pinselstruktur, gleichzeitig aber als Bild von etwas Abgebildetem nicht diesseitig oder besser materiell ist.
Auch wenn du dich bemühst, meinen Kommentar zu ignorieren, werde ich mal mitmischen. Ich habe schon verstanden, dass du nicht ohne dieses Konstrukt denken kannst, trotzdem versuche ich dir mal die Nutzlosigkeit dieser "Jenseits"-Vorstellungen aufzuzeigen. Erstens dein Beispiel: Ein Bild ist oft ein Abbild von etwas durchaus Reellem, ein Foto ist nicht das Abbild irgendeiner metaphysischen Welt, sondern das Ergebnis von Photonen und lichtempfindlichen Materialien. Ein Ölgemälde kann genauso eine Auftragung des Gedächtnisses des Malers sein, seiner Vorstellung, die auch nicht aus einer blauen Wolke rauskommt, sondern aus seinem Gehirn, das über Hormone und elektrische Signale funktioniert. Auch bei einem USB-Stick hast du eine Information abstrahiert, sei es ein Text oder ein Bild, die Abstraktion ist gewiss keine metaphysische.
laie hat geschrieben:"Können diese Fragen von einer naturalistischen Philosophie beantwortet werden?" Hmm. Ich meine, daß der Seinsbegriff umfassender ist als physische Realität ...
Empfundene eigene Existenz, fertig.
Nichts Metaphysisches.
laie hat geschrieben:persönliche Beziehung zu Gott. Ja. Gott fällt mit dem Seinsbegriff zusammen. Das Sein als umfassende metaphysische Kategorie schließt das Nichtsein aus.
Nö, die persönliche Beziehung will ich sehen. Ist das eine WG? Das Sein ist keine metaphyische Kategorie, die Begründung für deine Kategorisierung bist du noch schuldig.
laie hat geschrieben:Deshalb ist es ungeteilt. Geteilt und viele sind die einzelnen Seienden und Existenzen. Jedes Seiende, so sagt die Scholastik, hat das Sein nicht, das jedes andere Seiende hat.
Welche "Seiende" meinst du da überhaupt? Was sagst du und nicht die Scholastik dazu? Autoritätsargumente (mögen sie sich auch auf eine abstrakte Methodik beziehen) sind nicht überzeugend. Wenn du diese Position nicht überzeugend wirdegeben kannst, hast du sie entweder nicht verstanden, oder die Scholastik hat einen Fehler.
laie hat geschrieben:Hier kommt die Vorstellung vom Menschen als "freiem" ins Spiel: Weil jedes Seiende einzigartig ist, kann es vom Menschen nur unter bestimmten einschränkenden Rücksichten (technische Verwertbarkeit, Nutzen für die Gesundheit, gut für mich) angestrebt werden.
Aha, hier wird Hokus Pokus mit Fidibus gemischt. Erstmal musst du auf das Seiende eingehen, dann kannst du mir erklären, warum zur Hölle der Mensch das zum einen anstrebt und dann auch doch unter "Rücksichten" kann.
laie hat geschrieben:Diese Rücksicht aber stellt die Seienden in eine feste Wertordnung. Wertordnungen verhindern aber Freiheit: denn entweder wählt man, dann muss man sich aus Vernunftsgründen für das "bessere" oder "höhere" entscheiden, ist also nicht frei.
Definiere "das Bessere/Höhere". Was zur Hölle hast du in deinem Kopf?
laie hat geschrieben: Oder man wählt unvernünftig, also blind, dann wählt man auch nicht frei, denn blindes Herausgreifen ist kein Wählen.
Doch natürlich, wenn die entsprechenden Bewegungen ausgeführt wurden, kann das nur über das zentrale Nervensystem geschehen, dass alle Macht hat, die Impulse der einzelnen Hirnteile zu übertrumpfen (also anders: Der Neokortex ist gegenüber fast allem Trupf, das bedeutet, jede Entscheidung ist bewusst genug, weil sie den Neokortex passieren muss und hier noch am ehesten ein "Bewusstsein" gesucht werden darf). Das ist dieses ziemlich deutsche Argument der Unzurechnungsfähigkeit, sei es beim Alkohol am Steuer, sei es bei der Verfolgung verschiedener ethnischer Gruppen verwendet.
laie hat geschrieben:Nur, wenn das Sein ("Gott") selbst angezielt wird, können wir echte Freiheit realisieren. Denn das Sein hat keine Teile, die wir uns erst in eine Wertordnung bringen müssten.
"Atomos", du suchst das Unteilbare, existiert nicht. Man kann jeden Metazoa zerlegen, sein "Sein" zerlegen: Zum einen die einzelnen Organe, dann die einzelnen Zellen (die auch in sich "sind", leben) und schließlich die Molekule, dann die ehemals "Unteilbaren", die Atome usw.. Klar, irgendwann ist da nichts mehr lebendig, aber das Atom existiert zumindest genauso wie du, eine Wahrnehmung ist nach unserem Verständnis wohl nicht mehr vorhanden. Aber was ist denn Wahrnehmung? Sie zeigt sich doch am ehesten durch eine Interaktion mit der Umgebung, die als "intelligent" bezeichnet werden kann. Diese "Intelligenz" lässt sich aber weit fassen, ein Atom könnte ich auch als "intelligent" bezeichnen, weil es "weiss", wieviele Elektronen es braucht. Das kann auf höhere Gebilde beliebig extrapoliert werden, ein Einzeller weist auch eine gewisse Intelligenz auf, ein Mensch auch (durch seine Interaktion mit der Umgebung) und schließlich auch ein Staat.
laie hat geschrieben:In der islamischen Mystik heisst ein ähnlicher Gedanke: freedom is the absence of choice. Das Englische gefällt mir hier besser, weil griffiger.
Das ist ein Freiheitsbegriff, der dem entgegensteht, was ich an anderer Stelle zum Freiheitsbegriff schrieb, nämlich daß Freiheit ganz wesentlich daran gebunden ist, daß man überlegt und abwägt
Was denn nun, hälst du an deinem Gedanken oder diesen von dir Zittierten fest? Gewiss kann man sagen, man ist frei von Wahl, aber ich könnte auch sagen, man ist unfrei, weil man nicht wählen kann, und umgekehrt. Alles ignoriert den Determinismus, die Kausalität.
Schockierend, dieses Geständnis von dir zu hören, dem Administrator.Nanna hat geschrieben:Ja natürlich. Wie ich schonmal gesagt habe ist auch dieses Forum hier voll von Metaphysik.
Nanna hat geschrieben:Wo ist denn der Beitrag, den du da geschrieben hast? In der Datenbank etwa? Ja, die kann dir auch nicht erklären, was ein "Gottesbegriff" ist, obwohl das (oder zumindest Meinungen darüber) in den Beiträgen durchaus enthalten ist. Natürlich geht es nicht ohne die empirisch nachweisbare Datenbank, das ist doch trivial, aber der Beitrag kommt als solcher erst zu Sinn und Geltung, indem er in einem quantitativ nicht mehr vollständig beschreibbaren Prozess interpretiert wird.
Nein, Interpretationen von diesen Informationen, die in irgendeiner Datenbank sind, lassen sich nachvollziehen, verstehen. Der Mechanismus des Denkens fällt in viele wissenschaftliche Gebiete, sie sind den Meinungen in metaphysischen Positionen weit voraus, weil die Interpretationen ihre Gültigkeit schon oft durch Manipulationen zeigen. Wenn ich die Funktion eines Gens beweisen will, kann ich es ausschalten und den Phänotyp betrachten (weswegen viele Gene den Namen der Mutante, in dem sie fehlen, besitzen; z.Bsp.: "Dickkopf", "Yoda", "Cerberus", stell dir vor, was für Monster das sind! Aber trotzdem ist das Usus.) so kann man auch mit beliebigen Experimenten gewiss das Bewusstsein und das Denken manipulieren. Alles ist zerlegbar.
Nanna hat geschrieben:Im Prinzip ist auch das Fließenmuster in der Küche schon Metaphysik, insofern, als dass Muster nichts Materielles sind. Das heißt noch lange nicht, dass da irgendetwas spukhaftes, übernatürliches im Spiel wäre.
Nein, es ist eine Information, diese sind abstrahierte Ursachen für unsere Handlungen, Signale, Reize, die in uns die Reaktion "Muster" als Interpretation hervorrufen. Informationen sind in beliebigen Signalen gespeichert, alles Mögliche kann ein Signal sein. Aber immer wird das Signal eine Handlung hervorrufen, die determiniert ist. Auch in dem Gehirn gilt das "Schlüssel-Schloss"-Prinzip.
Nanna hat geschrieben:Ich könnte mir in meinem beklagenswerten Laienwissen über Physik vorstellen, dass solche Interpretationen oder metaphysischen Merkmale Eigenschaften einer vierdimensionalen Welt sind, da Interpretation immer im zeitlichen Ablauf stattfindet und empirisch festgestellte Fakten, sofern sie sich auf materielle Gegenstände beziehen, immer nur maximal dreidimensionale Objekte erfassen können.
Eine Maschine, die nunmal jedes Lebewesen ist, braucht zur Interaktion mit der Umwelt die Fähigkeit zu interpretieren. Das bedeutet, ein Signal wird eine beschränkte Bandbreite an Reaktionen auslösen. Betrachte die primitven Staubsaugerroboter: Wenn der gegen die Wand fährt, wird er nicht weiter gegen sie fahren, sondern die Wand umfahren. Durch eine Reaktion auf ein Signal ist eine Interpretation abgelaufen, der Roboter hat interpretiert. Das hat nicht vordergründig etwas mit Physik zu tun. Und die Interpretationen von Gegenständen lässt sich keineswegs auf "maximal dreidimensionale Gegenstände" beziehen, eine Interpretation kann auch einen Menschen, eine Simulation oder sonstwas ebenso 4-dimensionales betreffen, Signale können unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, sie müssen nur eine Reaktion festlegen.
Nanna hat geschrieben:Es geht nicht um ein unbestimmtes "mehr da draußen", sondern darum, dass letztlich alle Denkprozesse metaphysisch sind (mit "metaphysisch" meine ich ausdrücklich nicht "aphysisch" oder "übernatürlich"). Sie brauchen natürlich die materiellen Träger und können auch nur im Rahmen dessen Agieren, was physisch möglich ist, aber sie sind nicht im engen Sinne physisch.
Gewiss sind sie physisch, du verstrickst dich immer wieder in deine eigenen Entkörperungen des Denkens. Das sind alles materielle Mechanismen, die Information ist nur die Bezeichnung für den Mechanismus, den es betrifft und die Reaktion, die ein bestimmtes Signal hervorruft. Alles lässt sich auf körperliche Signale, körperliche Rezeptoren und körperliche Reaktionen zurückbrechen. Was wir als Interpretation bezeichnen, ist nur der durch das Signal determinierte Weg von diesem bis zu unserer Reaktion.
Nanna hat geschrieben:Ich meine damit aber keinen Dualismus, das ganze bildet schon eine systemische Einheit, aber die Konstruktion von Gedankenwelten ist tatsächlich "mehr" bzw. "anders" (und zwar qualitativ, nicht quantitativ) als das uninterpretierte Aufeinanderstoßen zweiter Objekte.
Nein, es ist nichts anderes als das Aufeinanderstoßen zweier Objekte, wenn man es runterbricht. Meist sind es natürlich mehrere Objekte und dann sind diese Signalkaskaden, sowie der Effekt, die Reaktion, spezifisch, aber nicht mehr. Es ist keine übernatürliche, körperlose Interpretation, wenn ein abstraktes Signal auf einen abstrakten Rezeptor stößt und eine abstrakte Reaktion verursacht (sie mögen alle abstrakt sein, sind aber immer an einen Körper gebunden, der Körper kann verschieden gestaltet sein, insofern "abstrakt"). Dieses "mehr"/"anders" drückt nur Unkenntnis aus.
Nanna hat geschrieben:Mit Wunschdenken hat das nichts zu tun, im Gegenteil, ein übertriebener Reduktionismus ist das, was Gefahr läuft, sich die Welt einfacher zu machen, als sie ist.
Ja und wieder kommen wir an den Punkt, in dem zu fragen ist:"Wer ist der größere Ignorant? Der, der nichts erklären kann, oder der nicht sagt, dass das "mehr" ist?" Etwas reduktionistisch aufzudröseln bedeutet nicht, dass man die Welt einfacher macht, sondern dass man seine Wahrnehmung einschränkt, aber gleichzeitig präzisiert (wie eine Lupe).