Das neue Männerbild

Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Di 20. Nov 2012, 17:31

Julia hat geschrieben:Solltest du deine Meinung geändert haben, freut mich das natürlich. Allerdings vermittelst du einen anderen Eindruck und scheinst bis heute nicht glauben zu können, dass Homosexuelle Eltern die Entwicklung der Kinder nicht gefährden.
Ich finde immer noch in Ordnung, was ich damals geschrieben habe. Ich verstehe auch nicht, weshalb ich meine Meinung "anpassen" müsste. Für mich bleibt Homosexualität eine Spielart der Natur, nichts weiter.
Und ja, ich habe sicherlich auch eine ganz andere politische Einstellung als du, das haben Trittin und Merkel auch, aber wieso ist das ein Fehler?

Julia hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Und sollten Jungs in der Grundschule auf dem Pausenhof raufen dürfen oder nicht?

Gegenfrage: Sollten Mädchen in der Grundschule auf dem Pausenhof raufen dürfen?
Eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten ist nicht lauter. Aber wenn du schon so fragst: Warum nicht! Ist immer noch besser als suptiles Mobbing, was ja eher dem weiblichen Gebaren zugeschrieben wird.

Julia hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Was hältst du zB von den zitierten Genderkindergärten?

Viel Interessanter als die Kindergärten finde ich die Reaktionen darauf.
Na klar, warum sollte so etwas keine Reaktionen hervorrufen. Man muss sich doch nicht sofort mit jedem Modell anfreunden müssen. Menschen sind nun mal auch das Produkt ihrer Sozialisation. Wer möchte schon ständig sein Weltbild auf den Kopf gestellt haben, nur weil ein paar Experimentierfreudige ihren Spielraum ausweiten. Meine Frage an dich hast du damit aber nicht beantwortet.

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Julia » Di 20. Nov 2012, 17:52

stine hat geschrieben:Für mich bleibt Homosexualität eine Spielart der Natur, nichts weiter.

Da sind wir uns glaube ich einig:
duden hat geschrieben:Spiel­art, die
(neben anderen existierende und von ihnen sich [leicht] unterscheidende) Form, Ausprägung von etwas; Variante

Trotzdem scheint Homosexualität für dich auch etwas zu sein, dessen Verbreitung eingedämmt werden sollte und vor dem man Kinder schützen muss. Dahin folge ich dir nicht mehr.

stine hat geschrieben:Ich finde immer noch in Ordnung, was ich damals geschrieben habe.

Mein Problem mit deinen Aussagen ist zum einen, dass sie jeglicher Grundlage entbehren, also schlicht Unsinn sind und darüber hinaus aber verwendet werden und wurden um Menschen in ihren Rechten zu beschneiden.

stine hat geschrieben:Wer möchte schon ständig sein Weltbild auf den Kopf gestellt haben, nur weil ein paar Experimentierfreudige ihren Spielraum ausweiten.

Sollte man jetzt die Freiheit einschränken, damit ewig Gestrige ihr Weltbild nicht hinterfragt bekommen? :selbstmord:

„Nicht, was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,
Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz
Gemeine ist‘s, das ewig Gestrige,
Was immer war und immer wiederkehrt
Und morgen gilt, weil‘s heute hat gegolten!“
(Friedrich Schiller - Wallensteins Tod)
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Di 20. Nov 2012, 17:55

Julia hat geschrieben:http://forum.brights-deutschland.de/viewtopic.php?f=29&t=3593&p=71736&#p71736
In dem Thread beantwortest du die Frage, wie du dein homosexuelles Kind behandeln würdest dann mit: "Wahrscheinlich würde ich es mitfühlend behandeln, wie einen Kranken"
(Hervorhebung durch mich)

Interessanter Thread, habe mich gerade nochmal durchgelesen und der volle Wortlaut meines Posts war:
stine hat geschrieben:Ich wäre nicht froh, aber natürlich würde ich versuchen das zu verstehen.
Wahrscheinlich würde ich es mitfühlend behandeln, wie einen Kranken ( :ka: ) und hoffen, dass es nicht ausgenutzt wird oder darunter leiden muss.
Ich weiß es nicht.

LG stine

Hervorhebung durch mich.

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Julia » Di 20. Nov 2012, 17:58

Ich weiß, dass ich mein homosexuelles Kind nicht wie einen Kranken behandeln würde. Ja, das weiß ich.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Di 20. Nov 2012, 18:02

Julia hat geschrieben:„Nicht, was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,
Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz
Gemeine ist‘s, das ewig Gestrige,
Was immer war und immer wiederkehrt
Und morgen gilt, weil‘s heute hat gegolten!“
(Friedrich Schiller - Wallensteins Tod)
Ja, ich habe schon verstanden. Ich werde auch genau deswegen die Welt eher verlassen als du, weil nur im Generationenwechsel eine Veränderung vorbehaltlos vollzogen werden kann. Meine Großmutter hat auch ihrerseits schon Platz geschaffen für die nächste Generation, die sie nicht mehr verstanden hat. Vielleicht vollzieht sich Evolution schon anhand einer Generation. Du kannst dir das ja noch anschauen und ein paar Jahrzehnte später dein eigenes Weltbild wieder auf den Kopf stellen lassen, wenn deine Enkelkinder mit was weiß ich welcher Neuerung daherkommen.
Die Frage nach dem Männerbild hat sich dann ja geklärt: Wir steuern auf eine gewollt geschlechterlose Zeit zu.

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Lumen » Di 20. Nov 2012, 18:21

Das Flamboyante der Homosexuellen wird derzeit hofiert. Einerseits ist es noch leicht gewagt, eignet sich also gut, um sich als Sender/Medium ein modernes oder jüngeres Image zu verpassen. Dann sind flamboyante Personen eben unterhaltsam und dann steckt für viele Zuschauer wahrscheinlich auch ein bisschen Freakshow mit drin. Das wird sich alles geben, und der Archetypus des flamboyanten Schwulen wird sich neben die anderen Archetypen, herrische Schwiegermutter, Tussi, Okotante und so weiter gesellen. Gesamtgesellschaft müssen sich viele noch dran gewöhnen. Zum Beispiel hat die Anwesenheit von vielen Homosexuellen auf die heterosexuelle Gesellschaft natürlich einen Effekt auf das Balzverhalten. Männer und Frauen verhalten sich da nunmal unterschiedlich und ich kann schon verstehen, dass es für Männer sehr gewöhnungsbedürftig ist, sich gegen männliche Anwerbungsversuche zu "wehren". Das sind sie ja doppelt nicht gewohnt. Es werden sich da neue Spielregeln und Erkennungszeichen herausbilden und vor allem Männer müssen lernen, wie sie vielleicht schon körpersprachlich signalisieren was sie (nicht) wollen. Für Frauen ist es gleichermaßen irritierend, denn manche Flirt und kalte Schulter Spielchen laufen komplett ins leere oder sorgen für zusätzliche Verwirrung (neben anderen Verwirrungen, auf die ich jetzt mal nicht eingehe). Bei Frau-Frau liegt die Hürde mE eher darin, dass sie sich komplett neu arrangieren müssen um überhaupt zueinander zu finden, was aber lösbar ist. Entsprechend sind Erkennungszeichen (sei es ortsbedingt) genauso wichtig, aber die werden sich ebenfalls eventuell auflösen. Interessant wird die Frage, ob sich die Subkulturen am Ende dann doch eher verstärken genau weil es ohne Trennung oder Erkennungszeichen in vielen Dingen echt umständlich wird, und dadurch homosexuelle / heterosexuelle Cliquenbildung eher begünstig wird. Eine bestimmte sichtbare "Männerolle" (im Fall von Schwulen), Auftreten und so weiter kann ja als Erkennungszeichen und Identität gewertet werden. Ich würde das Pferd mal so herum aufzäumen.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Mi 21. Nov 2012, 08:52

Es stört mich eigentlich, dass das ganze Thema nun auf das Wesen der Homosexualität reduziert wird.
Mir geht es darum, wie wir unsere Gesellschaft verändern, indem wir "natürliche" Verhaltensweisen schon im Keim ersticken und nur noch Verhaltensweisen zulassen, die in unseren Augen sozialverträglich sind. Ich denke, das Thema ist viel komplexer, als es zuerst scheinen mag.

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Mi 21. Nov 2012, 10:47

Julia hat geschrieben:Sollte man jetzt die Freiheit einschränken, damit ewig Gestrige ihr Weltbild nicht hinterfragt bekommen? :selbstmord:

Über deine Wortmeldung habe ich nochmal nachgedacht, @Julia.
Welche Freiheit meinst du? Die so viel zitierte und herbeigesehnte Freiheit, die unsere Dichter und Denker herbei geschrieben haben, stammt aus einer Zeit, in der die Menschen viel unfreier, teilweise in Knechtschaft lebend, dem Adel und dem Klerus verpflichtet waren. Das ist aber Vergangenheit. Wir sind heute so frei, wie es sich Schiller und seine Mitschreiber nie hätten vorstellen können. Wir sind so frei, dass sich unsere Politiker schon wieder Gesetze für Unfreiheit ausdenken müssen. Wir sind so frei, dass viele mit ihrer Freiheit gar nichts mehr anzufangen wissen. Und das verdanken wir gerade den verstaubten Generationen vor uns. Denn trotz aller gestrigen Denkweise, haben sie es dennoch geschafft, dass wir heute in Freiheit leben können.

Dazulernen heißt also nicht zwanghaft sich jedes Mal neu erfinden zu müssen.
Jede Generation baut sich aufgrund ihrer ganz speziellen, der jeweiligen Zeit angepassten Erziehung, Bildung und gesellschaftlichen Umgebung ihr ganz eigenes Weltbild auf. Und selbst du bist heute schon nicht bereit deines in Frage zu stellen, weil du dich für modern, der Zeit angepasst und vernünftig hältst. Jede Generation ist der Profiteur ihrer vorherigen. Ich würde sagen, deine Generation profitiert nochmal ganz besonders von der Verantwortlichkeit ihrer Vorgänger, von den langen Friedenszeiten, von der Aufklärung durch die angebotenen Bildungseinrichtungen und vor allem durch die ewig gestrige Lebensgestaltung der vergangenen Elterngeneration. Sie wussten noch, dass die Freiheit im Denken nicht die totale Handlungsfreiheit impliziert.

Die Diskussion über das Selbst, die gerade in einem anderen Thread läuft, finde ich in diesem Zusammenhang sehr interessant. Wer bin ich, was macht mein Selbst aus? Ich bin mit Sicherheit das Ergebnis meines bisherigen Lebens und du bist das Ergebnis deines vorherigen Lebens. Warum sollten wir also einer Meinung sein, wenn wir bis hierher völlig unterschiedliche Leben gelebt haben und ganz unterschiedliche Erfahrungen machen durften? Das wäre schon ein großer Zufall und überhaupt nur möglich, wenn sich einer von uns beiden aufgibt und sich dem anderen total anpasst. Man kann sich aber auch irgendwo entgegen kommen und versuchen die Sichtweise des anderen zu verstehen, aber das wiederrum braucht ein offenes Gemüt. Besonders dann, wenn man die Sichtweise des anderen zwar nicht mag, aber bereit ist, sie zu tolerieren. Die Scheuklappen die du an mir zu sehen glaubst, trägst du vielleicht selber, nur dass du dahinter ein anderes Weltbild verbirgst.

Sollte man jetzt also die Freiheit einschränken, damit ewig Gestrige ihr Weltbild nicht hinterfragt bekommen?

Du kannst dich darauf verlassen, dass die ewig Gestrigen aussterben werden und die Freiheit im Denken immer bleiben wird. Was aber die persönliche Freiheit jedes einzelnen angeht, so ist sie dort zu begrenzen, wo sie die Freiheit des anderen einschränkt und das wird in einer Welt der Übervölkerung immer mehr der Fall sein. Wo siehst du die Freiheit des Einzelnen denn noch, in einem Ameisenhaufen der sich beständig am Leben halten muss? Wo ist die Freiheit unserer Kinder, ihr Leben zu gestalten? Wo ist die Freiheit des einzelnen, sich den wirtschaftlichen Erfordernissen zu entziehen?
Die Menschen denken lassen, dass sie das alles freiwillig auf sich nehmen ist der schönste Weg, die Menschen in Unfreiheit zu halten.

Um dann mal wieder auf das Männerbild zu kommen: Wir sind dabei unsere Gesellschaft langfristig zu verändern und das beginnt bereits im Kindergarten, geht weiter in der Grundschule und hört nicht auf, bis sie erwachsen sind. Wir verzärteln unsere Kinder, erziehen Buben zu braven Mädchen und tun so, als wären unangepasste Migranten eine Erscheinung aus dem Mittelalter. Was interessieren mich ein paar Homosexuelle? Überhaupt nicht. Mich interessiert, wieso niemand mehr Männer braucht, die zu Widerspruch fähig sind. Die größten Widersprecher sind heute die Frauen und Männer werden zu den die Losern der Nation.
Dass es typisch männliche und weibliche Attribute gibt, wird hoffentlich niemand mehr leugnen wollen, die Frage ist deswegen: müssen wir, die wir in einem ausgehenden Patriachat leben, unseren männlichen Kinder auch ihre männlichen Eigenschaften aberziehen? Ist Erziehung und Bildung heute an einem Punkt angelangt, wo sie geschlechtertrennend ungesund wird?

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Vollbreit » Mi 21. Nov 2012, 10:58

@ stine:
Ich sehe gerade, dass Du zum Thema bereits eine weitere lange Antwort verfasst hast, die in meinem Beitrag noch nicht berücksichtigt ist.

stine hat geschrieben:Es stört mich eigentlich, dass das ganze Thema nun auf das Wesen der Homosexualität reduziert wird.
Mir geht es darum, wie wir unsere Gesellschaft verändern, indem wir "natürliche" Verhaltensweisen schon im Keim ersticken und nur noch Verhaltensweisen zulassen, die in unseren Augen sozialverträglich sind. Ich denke, das Thema ist viel komplexer, als es zuerst scheinen mag.


stine, ich finde Dich ja nett und darum will ich offen zu Dir sein.
Du merkst Doch selbst wo es hakt, sonst hättest Du „natürliche“ nicht in Gänsefüßchen gesetzt.
Du magst keine Homosexualität und das musst Du ja auch nicht, aber Deine Argumente sind blöde.
Homosexualität ist, wie Du sehr gut weißt, nicht unnatürlich und jeder der so argumentiert, schießt ein Eigentor.
Du bist eine Traditionalistin und diese Position steht allgemeine ein Stück weit unter Beschuss und wird, schlimmer noch, von der Lebenswirklichkeit eingeholt und überholt. Und das macht Angst.

Aber ich würde mich da nicht in albernen Begründungsversuchen, à la, irgendwie müssen die doch krank sein, verstricken, denn es ist wirklich nachgewiesen, dass Homosexualität keine Krankheit ist.
Ausformuliert heißt das, dass ein homosexueller Mensch das gesamte Spektrum von psychischer Normalität bis zu schwerer Pathologie aufweisen kann, wie ein heterosexueller Mensch eben auch. Und wenn ein homosexueller Mensch psychisch krank ist, dann ist seine Homosexualität dafür nicht die Ursache, auch wenn Homosexuelle die verfolgt werden, sicher nicht die besten Voraussetzungen haben. Einzig eine geringe Gruppe des Narzissmus ist homosexuell aus einer pathologischen Motivation heraus.

M.E. entwickeln sich aber einige Folgeprobleme, wenn zu viele Mitglieder einer Gesellschaft homosexuell sind. Heute ist ein bspw. so, dass Kinder bei homosexuellen Paaren sicher in guten bis sehr guten Händen sind, schon weil die Gesellschaft mit Argwohn schaut, ob das wohl gut geht.
Ist die Adoption der Normalfall und das müsste sie bei schwulen Paaren ja werden, sieht das sicher anders aus.

Die Kinder für die Adoption müssen auch gezeugt und geboren werden.
Klar, einmal kriegen homosexuelle Menschen sicher auch einen heterosexuellen Geschlechtsakt hin und zur Not gibt es ja noch die künstliche Befruchtung. Aber sind diese Formen der Fortpflanzung wünschenswert? Man kann es als reinen Geschäftsakt sehen, die Frage ist dann jedoch, ob man wollen kann, dass menschliches Miteinander noch mehr, als ohnehin schon, zu einer Mischung aus Nützlichkeitserwägungen und Befriedigung eigener Bedürfnisse wird. In einer Gesellschaft, die sich gerade dazu umdressiert, dass menschliches Miteinanders ohnehin nicht mehr als Egoismus plus Nutzen, ist das natürlich nichts mehr was erschrecken kann.

Ich will das jetzt nur anreißen, weil ich mit dieser Mischung aus Verklärung, echtem Pluralismus und als Pluralismus verkaufter Gleichgültigkeit wenig anfangen kann und die Probleme m.E. gerade dann zutage treten, wenn homosexuelle Beziehungen die Norm werden.

Das bedeutet nicht, dass man homosexuelle Menschen diskriminieren darf, aber wie man mit dem Problem, so es überhaupt je eines wird (momentan haben wir nach meiner Einschätzung überhaupt kein Problem in dieser Hinsicht), umgeht, muss dann diskutiert werden.

Kurz und gut, würde ich meine, in dieser Frage tendenziell konservative Einstellung daran festmachen, dass eine große Anzahl Homosexueller ein gesellschaftliches Problem darstellen, worüber man reden muss , aber dennoch hat das nichts damit zu tun, dass der einzelne Homosexuelle krank oder minderwertig wäre. Nein, es sind Menschen wie Du und ich, deren Würde unantastbar ist, was man bei dem ganzen Diskurs über das Thema niemals vergessen darf.

Und psychologisch ist es so, dass, wenn sich jeder darum kümmern würde, seine eigenen homosexuellen Anteile zu erkennen und zu integrieren, das Problem der Verachtung sehr stark sinken würde. Es ist kein Zufall, dass in Tests diejenigen, die sich besonders lautstark über Homosexuelle ereiferten, sich über pornographische Filme mit homosexuellen Handlungen ebenfalls besonders erregen konnte.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Vollbreit » Mi 21. Nov 2012, 11:45

stine hat geschrieben:Wir sind so frei, dass viele mit ihrer Freiheit gar nichts mehr anzufangen wissen.


Da ist was dran, das sollte aber bitte nicht das Problem des Staates sein oder werden.
Da bin ich schon eher für eine Wiederbelebung der mitunter guten alten Werte, sofern sie in unsere Zeit passen.

stine hat geschrieben:Und das verdanken wir gerade den verstaubten Generationen vor uns. Denn trotz aller gestrigen Denkweise, haben sie es dennoch geschafft, dass wir heute in Freiheit leben können.


Das aber auch nur, weil genügend dagegen opponiert haben.
In einer Nation von konventionellen Prinzipienreitern ist das auch nötig, nur ist es inzwischen so, dass die konventionelle Ebene in zu vielen Fällen gar nicht mehr erreicht wird und dann wird präkonventionelles „Niemand hat mir zu sagen, was ich tun und lassen soll“ mit einer postkonventionellen Einstellung verwechselt, die begründet selbstbestimmt ist und die Verantwortung für ein Ausbrechen aus der Norm übernimmt.

stine hat geschrieben:Ich würde sagen, deine Generation profitiert nochmal ganz besonders von der Verantwortlichkeit ihrer Vorgänger, von den langen Friedenszeiten, von der Aufklärung durch die angebotenen Bildungseinrichtungen und vor allem durch die ewig gestrige Lebensgestaltung der vergangenen Elterngeneration. Sie wussten noch, dass die Freiheit im Denken nicht die totale Handlungsfreiheit impliziert.


Das stimmt zwar, ist aber ein anderes Thema.
Entweder man traut dem Menschen zu selbstbewusst, frei und eigenverantwortlich zu agieren oder eben nicht. Wenn man meint, die Rechnung geht nicht auf, weil es zu viele Deppen gibt, muss man stärker regulieren, aber nach meinem Ideal, immer mit dem Ziel, die Regulierung sofort wieder zu lockern und auf die Eigenverantwortung und Kreativität der Individuen zu setzen.

stine hat geschrieben:Die Diskussion über das Selbst, die gerade in einem anderen Thread läuft, finde ich in diesem Zusammenhang sehr interessant. Wer bin ich, was macht mein Selbst aus? Ich bin mit Sicherheit das Ergebnis meines bisherigen Lebens und du bist das Ergebnis deines vorherigen Lebens.


Ausschließlich? Ich hoffe nicht.

stine hat geschrieben:Warum sollten wir also einer Meinung sein, wenn wir bis hierher völlig unterschiedliche Leben gelebt haben und ganz unterschiedliche Erfahrungen machen durften? Das wäre schon ein großer Zufall und überhaupt nur möglich, wenn sich einer von uns beiden aufgibt und sich dem anderen total anpasst. Man kann sich aber auch irgendwo entgegen kommen und versuchen die Sichtweise des anderen zu verstehen, aber das wiederrum braucht ein offenes Gemüt. Besonders dann, wenn man die Sichtweise des anderen zwar nicht mag, aber bereit ist, sie zu tolerieren. Die Scheuklappen die du an mir zu sehen glaubst, trägst du vielleicht selber, nur dass du dahinter ein anderes Weltbild verbirgst.


Kann ja, sein, aber wenn jeder zunächst vor der eigenen Türe kehren soll, dann Du doch wohl auch, oder?

stine hat geschrieben:Du kannst dich darauf verlassen, dass die ewig Gestrigen aussterben werden und die Freiheit im Denken immer bleiben wird.


Warum? Das ist sehr optimistisch, aber was, wenn die Evolution eben gerade keinen Masterplan kennt und hat? Dann muss man selbst lenken und leiten und es ist keinesfalls gesichert, dass alles immer nur besser wird. (Ich habe Sympathien für die Einstellung, dass der Kosmos gar nicht so doof und tot und ungerichtet ist, wie wir glauben, aber das ist ein anderes Thema.)

stine hat geschrieben:Was aber die persönliche Freiheit jedes einzelnen angeht, so ist sie dort zu begrenzen, wo sie die Freiheit des anderen einschränkt und das wird in einer Welt der Übervölkerung immer mehr der Fall sein.


Da wäre dann Homosexualität eine geniale Lösung.
Statistisch ist zu erwarten, dass eine offen homosexuellere Gesellschaft sich weniger fortpflanzen wird, aber das ist ganz sicher nicht unser Problem in Deutschland, Europa oder der westlichen Wertegemeinschaft.

stine hat geschrieben:Wo siehst du die Freiheit des Einzelnen denn noch, in einem Ameisenhaufen der sich beständig am Leben halten muss? Wo ist die Freiheit unserer Kinder, ihr Leben zu gestalten? Wo ist die Freiheit des einzelnen, sich den wirtschaftlichen Erfordernissen zu entziehen?
Die Menschen denken lassen, dass sie das alles freiwillig auf sich nehmen ist der schönste Weg, die Menschen in Unfreiheit zu halten.


Gute Argumente gegen den Traditionalismus und Konventionalismus.
Aber das ist doch eher Deine Position?

stine hat geschrieben:Mich interessiert, wieso niemand mehr Männer braucht, die zu Widerspruch fähig sind. Die größten Widersprecher sind heute die Frauen und Männer werden zu den die Losern der Nation.


Was genau erwartest Du denn genau, wenn Du es mal positiv formulierst.
Wie soll ein Mann sein?

stine hat geschrieben:Dass es typisch männliche und weibliche Attribute gibt, wird hoffentlich niemand mehr leugnen wollen, die Frage ist deswegen: müssen wir, die wir in einem ausgehenden Patriachat leben, unseren männlichen Kinder auch ihre männlichen Eigenschaften aberziehen? Ist Erziehung und Bildung heute an einem Punkt angelangt, wo sie geschlechtertrennend ungesund wird?


Wenn es wirklich naturgegebene Unterschiede gibt, kann man die dann überhaupt aberziehen?
„Hör jetzt endlich auf, mit dem Bartwachstum.“? Hast Du Dich mal gefragt, warum für Dich das traditionelle Rollenbild attraktiv ist und das neue eben nicht? Gewohnheit ist ein starkes Argument, hat sich aber wirklich mit der Generation erledigt, die diese Gewohnheit hat. Aber was sollte über den Gewohnheitswert hinaus erhalten bleiben und warum. Die konservative Grundhaltung ist ja, das Gute und Bewährte zu bewahren, was wäre das für Dich?
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Mi 21. Nov 2012, 13:22

Vollbreit hat geschrieben:Kann ja, sein, aber wenn jeder zunächst vor der eigenen Türe kehren soll, dann Du doch wohl auch, oder?
Ich mache das regelmäßig und deswegen bin ich auch mit mir im Reinen. :mg:

Aber im Ernst: Wie kommt ihr nur alle darauf, mich der Homophobie zu bezichtigen? Zwischen Hass und Vorliebe steckt noch die Toleranz und genau das ist mein Standpunkt. Ich muss es nicht mögen und kann mich trotzdem damit abfinden. Also was soll das denn jetzt alles?
Was muss ich tun? :gott:

Vollbreit hat geschrieben:In einer Nation von konventionellen Prinzipienreitern ist das auch nötig, nur ist es inzwischen so, dass die konventionelle Ebene in zu vielen Fällen gar nicht mehr erreicht wird und dann wird präkonventionelles „Niemand hat mir zu sagen, was ich tun und lassen soll“ mit einer postkonventionellen Einstellung verwechselt, die begründet selbstbestimmt ist und die Verantwortung für ein Ausbrechen aus der Norm übernimmt.
Noch schlimmer, wenn sich diese Verwechslung, vermeintlich wissenschaftlich begründet, Bahn bricht und zum Credo wird.
Wir leben in einer Zeit, wo Wissen mit Bildung verwechselt wird und überlieferte Werte erst neu erfunden werden müssen, um sie zu respektieren.

Vollbreit hat geschrieben:Wenn es wirklich naturgegebene Unterschiede gibt, kann man die dann überhaupt aberziehen?
„Hör jetzt endlich auf, mit dem Bartwachstum.“?
Das kommt als nächstes. Das lässt sich sicher mit Pillen neutralisieren. Und alle Männer werden es gut finden, weil das lästige Rasieren entfällt und Frauen werden es gut finden, weil keine Bartstoppeln mehr im Zahnputzbecher liegen. :mg:

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Zuletzt geändert von stine am Mi 21. Nov 2012, 13:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Mi 21. Nov 2012, 13:35

Vollbreit hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Wo siehst du die Freiheit des Einzelnen denn noch, in einem Ameisenhaufen der sich beständig am Leben halten muss? Wo ist die Freiheit unserer Kinder, ihr Leben zu gestalten? Wo ist die Freiheit des einzelnen, sich den wirtschaftlichen Erfordernissen zu entziehen?
Die Menschen denken lassen, dass sie das alles freiwillig auf sich nehmen ist der schönste Weg, die Menschen in Unfreiheit zu halten.


Gute Argumente gegen den Traditionalismus und Konventionalismus.
Aber das ist doch eher Deine Position?
Und wie kommst du darauf?
Weil ich manche Veränderungen in Frage stelle, heißt das nicht, dass ich dafür bin, dass alles so bleiben muss, wie es ist.

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Vollbreit » Mi 21. Nov 2012, 14:20

stine hat geschrieben:Aber im Ernst: Wie kommt ihr nur alle darauf, mich der Homophobie zu bezichtigen?


Bei mir ist das rein gefühlsmäßig, Du kommst da recht unentspannt rüber, während Deine sonstigen Beiträge alles in allem souverän wirken.

stine hat geschrieben:Noch schlimmer, wenn sich diese Verwechslung, vermeintlich wissenschaftlich begründet, Bahn bricht und zum Credo wird.


Ja, der lange Schatten der Brights.

stine hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Gute Argumente gegen den Traditionalismus und Konventionalismus.
Aber das ist doch eher Deine Position?
Und wie kommst du darauf?
Weil ich manche Veränderungen in Frage stelle, heißt das nicht, dass ich dafür bin, dass alles so bleiben muss, wie es ist.


Habe ich kapiert, ich will Dich da auch gar nicht in eine Ecke drängen, in die Du nicht gehörst.
Im Grunde ist es schade, dass man sich für konservative Positionen fast entschuldigen muss, da hängt noch viel schief. Ich kriege schon zum Teil mit, wo Du überall Brücken baust und auch zwischen Stühlen sitzt und jeder hat auch ein Recht auf „seine“ Themen an denen man noch arbeiten muss/darf.
Zuletzt geändert von Vollbreit am Mi 21. Nov 2012, 14:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Mi 21. Nov 2012, 14:26

Vollbreit hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Aber im Ernst: Wie kommt ihr nur alle darauf, mich der Homophobie zu bezichtigen?


Bei mir ist das rein gefühlsmäßig, Du kommst da recht unentspannt rüber, während Deine sonstigen Beiträge alles in allem souverän wirken.

Das Gefühl entsteht dadurch, dass ich mich ständig verteidigen muss. Ich bin es langsam leid, gegen Unterstellungen anzukämpfen, die einzig dazu dienen, der anderen Aufgeschlossenheit zu beweisen. Ich bin nicht der Baum, an dem andere ihren Rücken kratzen können.

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Vollbreit » Mi 21. Nov 2012, 14:49

Musst Du doch nicht.
Ich bin auch nicht jedem und allem gegenüber aufgeschlossen, ist wohl keiner.
Ich finde es übrigens auch normal, dass man Vorurteiel hat und (zu "unserer" Zeit) auch Vorurteile gegen Schwule.
Als ich meinem ersten Schwulen, damals eine Rarität, begegnet bin, der sich mir gegenüber geoutet hat, war ich völlig perplex und überfordert.
1000 Ängste und Fragen, bei mir.

Dann erlebte ich immer mehr Schwule (seltener Lesben), fand die eigentlich alles in allem recht normal und nett, nur das Getucke, das aber nicht alle drauf haben, finde ich unangenehm. Einige Jahren habe ich in einer Spielhalle zugebracht, in deren unmittelbarer Nähe gleich drei Schwulenkneipen von moderat bis hardcore waren, so dass man an manchen Tagen irgendwie schon ein komisches Gefühl hatte, wenn man nicht schwul war.

Mittlerweile erlebe ich so viele schwule Arbeitskollegen, dass mir ihr Schwulsein gar nicht mehr auffällt, außer bei extremem Rumtucken.
Wichtig scheint mir nicht die Frage zu sein, ob man Vorurteile hat, die hat m.E. jeder, sondern ob es einem im Einzelfall gelingt, sie hinter sich zu lassen. Dazu auch:
http://www.psyheu.de/5239/warum-mensche ... ile-haben/
Naja, das mal so als Einwurf und Schwank aus meiner Jugend.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Mi 21. Nov 2012, 17:12

Das alles klärt aber noch nicht die Frage, wohin wir als Gesellschaft zielen möchten und ob wir "Männer" überhaupt noch brauchen, außer für das Grobe und zum Samenspenden.

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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Vollbreit » Mi 21. Nov 2012, 19:58

Es gibt da den etwas bösen Spruch, dass man Männer schon deshalb braucht, weil ein Dildo nicht den Rasen mähen kann...
Aber ernsthaft gesagt, mache ich mir weder um die Männer, noch die Männlichkeit große Sorgen.
Der harte Mann ist auch nur ein Klischee, das vielleicht mehr mit Marlboro udn Hollywood zu tun hat, als mit dem echten Leben.
Denk mal an das Zeitalter der Romantik. Männer im Weltschmerz, alle Nase lang brachte sich jemand um, man küsste sich auch unter Männern, weinte bitterlich, hat's alles schon gegeben.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Lumen » Mi 21. Nov 2012, 21:21

Außerdem lief mann in alter Zeit in albernen Strumpfhosen herum, trug Perrücke und Make-Up oder verkleidete sich als Frau auf der Theaterbühne. Das war immer schon ein bisschen toll.
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon stine » Mi 21. Nov 2012, 21:31

Es waren die verschiedenen Hinweise, als ich diesen Thread eröffnete, die man eben so unbewusst wahrnimmt, ohne hinzuhören oder explizit darüber lesen zu müssen, Fundstücke, Strömungen, Richtungsweiser, Beobachtungen, die alle darauf abzielten, dass wir in eine von Frauen dominierte Welt steuern. Zusätzlich die Beobachtung in der Musik-Szene, dass männliche Jugendliche ihre äußere Erscheinung immer mehr geschlechtslos wirken lassen, feminine Männer in der Modebranche und bunte Kasper in Werbung und Filmindustrie.
Frauenquote in Führungsetagen und öffentlichen Einrichtungen, Mädchen werden in der Schule besser benotet, männliche Kinder werden mit Tabletten ruhiggestellt, überwiegend Frauen in Erzieherberufen, Umgangsrecht der Väter muss neu geregelt werden, Frauenbeauftragte, Genderkindergarten usw.
Ich denke, dass die Gleichstellung der Frauen gerade ein Maß annimmt, wo wir darauf achten müssen, dass unsere Söhne nicht übervorteilt werden. Gleichstellung ist Gleichstellung. Von Überholen war doch nie die Rede, oder?


Der Thread kann aber auch geschlossen werden, wenn ihr alle dieser Meinung nicht seid und die Welt für euch und eure Söhne noch in Ordnung ist. Hab ich mich halt geirrt!

:wink: stine
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Re: Das neue Männerbild

Beitragvon Nanna » Mi 21. Nov 2012, 22:57

stine hat geschrieben:Der Thread kann aber auch geschlossen werden, wenn ihr alle dieser Meinung nicht seid und die Welt für euch und eure Söhne noch in Ordnung ist. Hab ich mich halt geirrt!

Jetzt behandel uns nicht, als wären wir schon abgewrackt. ;-)

Ich finde es gut, das zu diskutieren, weil das Geschlechterverhältnis tatsächlich nach wie vor eines der zentralen Themen ist, das unsere Gesellschaft verhandeln muss. Und du hast mit einigen Dingen, die du ansprichst, auch durchaus Recht. Nur stimmt eben andersherum auch das, was Vollbreit anspricht, nämlich dass wir (wahrscheinlich) in vielerlei Hinsicht nicht gerade eine völlige Zeitenwende durchmachen. Solche Veränderungen sehen aus der Binnenperspektive manchmal viel schlimmer aus, als sie es am Ende sind. Ein Durchschnittsbürger der 50er Jahre hätte wahrscheinlich rasende Panik vor der Vorstellung einer Gesellschaft, in der wir heute leben, aber so richtig schlecht geht es uns ja nicht wirklich, wir empfinden unsere Existenz in diesen Verhältnissen als relativ normal. Angst macht uns, aus unterschiedlichen Gründen, eher die Zukunft als die Gegenwart (weil wir verdammte Besitzstandswahrer sind ;-) ). Also von daher: Wichtiges Thema, aber auch eines, das man mit einer gewissen Gelassenheit betrachten sollte. Die Gesellschaft bricht schon nicht komplett auseinander, dafür sind wir immer noch viel zu konformistisch.

In einem Punkt "muss" ich dir allerdings irgendwo zustimmen: Die Frauen scheinen mir, und das ist natürlich vollkommen subjektiv und parteiisch, derzeit ein bisschen mehr in der Pflicht zu sein, das Geschlechterverhältnis gerade zu rücken. Wenn ich mir die entsprechende Debatte im Feuilleton und in Medienkommentaren ansehe, der ich natürlich auch interessiert folge, habe ich ein wenig das Gefühl, mixed signals zu empfangen (z.B. hier, wenn auch mit wunderbarer Selbstironie geschrieben: SZ: "In einer Beziehung bin ich wie ein Mädchen"). Einerseits wissen "die" Frauen ganz genau, dass sie es selber waren, die den modernen Mann gefordert haben, andererseits können sie sich eines sentimentalen Zurücksehnens der einfachen Machowelt nicht so ganz erwehren. Der männliche Idealpartner scheint jemand zu sein, der mit einem sehr breiten Repertoire an sozialen Rollen vom Draufgänger bis zum sensiblen Beste-Freundin-Ersatz gesegnet ist, das er treffsicher einsetzen kann. Das klingt für mich manchmal danach, als ob manche Leute (und natürlich nicht nur Frauen) so eine Art Eierlegende Wollmilchsau suchen, die am besten noch zur Farbe des Sofas passt. Ich habe das Gefühl, dass da zu viel an Ansprüchen auf den Traumpartner projiziert wird, und ich denke - das wirst du wahrscheinlich gern hören, stine - dass das auch damit zu tun hat, dass die sozialen Bindungen loser und die sozialen Verbände kleiner geworden sind, mit dem Ergebnis, das immer mehr Aufgaben, die früher in größeren Gruppen verteilt wurden ("der Beschützer", "der Tröster", "der Verehrer", "der Diskussionspartner" usw.), nun in einzelnen Personen zusammenfallen, die das alles auf einmal können sollen. Ich glaube, dass das viele überfordert, und, wie gesagt, mein Eindruck ist, dass die weiblichen Erwartungen da etwas höher sind als die männlichen. Vielleicht täuscht es mich, aber ich habe den Eindruck, dass Männer da im statistischen Mittel (!) einen etwas einfacheren Anforderungskatalog besitzen, der im Kern erstmal auf "ist hübsch und pflegeleicht (kann den männlichen Ausführungen zur Weltpolitik ausreichend folgen und zickt nicht allzusehr rum)" hinausläuft - was vielleicht auch nicht nett ist, aber zumindest eine klarere, verlässlichere Ansage. Kann mich aber auch täuschen, wie gesagt, das Thema ist höchst subjektiv.

Ich weiß nicht, wie viel man da subjektiv überhaupt am eigenen Anforderungsprofil beeinflussen kann, aber beide Geschlechter werden etwas realistischer miteinander umgehen müssen. Die Männer werden akzeptieren müssen, dass gewisse "weibliche" Anforderungen wie das verstärkte Achten auf das eigene Äußere, Einfühlsamkeit zeigen oder Haushaltsarbeiten und Kinderpflege ernster zu nehmen zu ihrem Normalverhalten gehören (und da klafft zwischen behauptetem Willen und tatsächlichem Handeln noch eine sehr große Lücke, wie fast jede Studie zum Thema zeigt) und die Frauen werden etwas an ihrem männlichen Idealbild zurechtzimmern müssen. Einerseits im Job gleichberechtigt oder gar an der Spitze sein und andererseits daheim trotzdem den starken Krieger mit noch höherem gesellschaftlichen Status sitzen zu haben, das funktioniert halt nicht. Irgendwo muss man Kompromisse machen und zwar bei vollem Bewusstsein und nicht mit einer unterschwelligen Ja-aber-ich-hätt-doch-lieber-...-Haltung, die, wenn auch durch viel Selbstironie gebrochen, wie im verlinkten Artikel aus der SZ, halt dann doch irgendwie Unzufriedenheit kommuniziert.
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