Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Di 11. Dez 2012, 15:51

Darth Nefarius hat geschrieben:Krank ist, was das Leben behindert, was dem betroffenen schadet und von der Norm abweicht.
Und wer bestimmt, was die Norm ist?
Wer bestimmt, was es für den Einzelnen heißt, zu leben?

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Vollbreit » Di 11. Dez 2012, 16:37

Es gibt ja ein paar Leute die die fröhliche Kombination von schwerer Persönlichkeitsstörung und Krebs haben. Von einer habe ich gehört, dass ihre ganze Krebserkrankung mit allem drum und dran ein Witz für sie war, verglichen mit der Angst – frei flottierende Angst, heißt das technisch – die sie im Verlauf ihrer Borderline-Störung erdulden musste.

Frei flottierende Angst, das heißt ausbuchstabiert, die Angst ist überall. Nicht an irgendeinem spezifischen Ereignis festzumachen, das wäre Furcht: vor Zahnarzt, Prüfung, nein sie ist einfach immer da, mal stärker, mal schwächer, mal extrem. Und extrem heißt extrem, dann verdichtet sich die Angst zu Panikattacken. Das Gefühl zu sterben, jetzt und hier. Das Herz rast, die Knie zittern, der Atem keucht. Du schwitzt und Dir ist eiskalt. Es ist kein Grund vorhanden, zumindest nicht immer, vielleicht steht man einfach vor einer Schaufensterscheibe. Nichts hilft gegen diese unbezwingbare Panik, Du kannst auch nicht weglaufen, denn vor was? Wohin? Die Angst ist überall… wie der Hase und der Igel: „Ich bin schon da.“

Manchmal, wenn die Angst sich nur zur unerträglichen Spannung verdichtet , so dass man vielleicht aus dem Körper aussteigt, nichts mehr fühlt, ganz taub wird, psychotischen Episoden während der Borderline-Störung, Depersonalisationen, dann hilft was. Kräftig wie Birne gegen die Wand donnern, bis das Blut spritzt, das überlagert das Gefühl der Watte, der Ohnmacht des Nichtfühlens, man fühlt sich wieder ein bisschen, weiß, dass man da ist, spürt sich. Manche ritzen sich in diesen Situationen, anderen hauen sich eine Tube Löwensenf oder eine Flasche Tabasco in den Kopf, damit sie merken, dass sie noch da sind. Lieber diese Schmerzen, als diese Leere.

Und wenn Du Dir das nicht mal vorstellen kannst, dann danke dem Herrn, dass Du es Dir nicht mal vorstellen kannst. Und es geht noch schlimmer.


Aber natürlich, um mal vom anderen Ende des Spektrum zu berichten, gibt es auch diese Opferinszenierung, bei der jeder wohlmeinende Hinweis, doch mal das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, schon als gewalttätiger Übergriff gedeutet wird, bei dem man in beispiellos unempathischer Weise einfach nicht würdigt, wie schlecht es dem Betreffenden doch geht und sich einfach niemand vorstellen kann, wie unsäglich das Leid ist und das gefälligst alle immer nur Rücksicht nehmen sollten und was hätte nicht alles aus mir werden können, wenn nicht schon die Mutter, die alte Sau, so kläglich versagt hätte…
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Di 11. Dez 2012, 17:03

stine hat geschrieben:Und wer bestimmt, was die Norm ist?
Wer bestimmt, was es für den Einzelnen heißt, zu leben?

Das hast du schon gefragt und ich habe schon einmal geantwortet, dass statistische, empirische Werte bestimmen, was Norm ist. Wir brauchen gewiss nicht darüber zu diskutieren, dass die Mehrheit der Menschen nicht depressiv ist.
Vielleicht willst du dein Dulden der Krankheit deiner Freundin nur vor dir selbst rechtfertigen und verneinst schlichtweg deshalb eine grausame Krankheit.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Di 11. Dez 2012, 17:12

Ich verneine gar nichts. Im Gegenteil, sie selbst ist nicht der Meinung Hilfe zu brauchen. Aber jetzt mal Privates beiseite.

Panikattacken und Borderline-Erkrankung sind selbstverständlich behandlungsbedürftig, aber das war ja nicht mein Thema. Mein Thema, weshalb ich mich eigentlich dazu geschaltet habe war die Frage, ob die Depression nicht auch eine Wesensart sein kann. Ob es einfach Menschen gibt, die so gestrickt sind und nicht "krank" im Sinne der Medizin.
Zum Beispiel ist ein Kind, das mit einem Down-Syndrom geboren wird, ja auch nicht krank, im Sinne der Medizin und doch ist es nicht "normal" im Sinne von @Darth.
Aber vielleicht ist das ja prinzipiell ein anderes Thema.

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Zappa » Di 11. Dez 2012, 20:10

Vollbreit hat geschrieben: Nur mal als Anmerkung: Dass es dieses – inzwischen wieder abnehmende Phänomen – gibt, ist m.E. nicht den Psychotherapeuten anzulasten, es ist einfach das Resultat einer jahrzehntelangen grundvermurksten Politik, die vorwiegend unmündige Menschen ins Land geholt hat und viel dafür und wenig dagegen getan hat, dass sie je dem Status der Unmündigkeit entkommen konnten.

Nun gut, dann sind wir uns halt im Wesentlichen einig :hallo:

Wäre halt nur schön, wenn all die, deren Berufsbezeichnung mit "Psych" anfangen, ähnlich denken würden.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Vollbreit » Di 11. Dez 2012, 22:09

@ stine:

Auch bei Depris gibt es das ganze Spektrum.
Recht hast Du insofern, als der Melancholiker auch einfach eine eigene Typenbezeichnung ist, also wirklich eine Art Verarbeitungscharakter. Alle Typen haben immer auch eine Tendenz zum Pathologischen, wenn sie ins Extrem gehen.

Depressionen sind mit Leiden verbunden, die man leider nicht so schön plastisch darstellen kann, weil sie eben nach innen gehen, still und immer stiller werden. Viele reaktive Depressionen sind z.B. einfach Trauer, mit der wir heute kaum noch umgehen können oder einfach auch mal ein schlechter Tag. Aber es gibt Grenzen und wahnhafte Depressionen, bei denen man sich wirklich die Schuld für alles inklusive Griechenlandpleite gibt, sind kein Spass.

Aber auch leichtere Fälle. Ein Kumpel von mir, war mal in so einer Situation jahrelanger chronischer Überforderung und überhaupt nicht der Typ, der sich hängen lässt. Zu seinem Selbstbild gehörte es zu funktionieren, immer. Und dann… peng. EinHäufchen Elend, nur noch Tränen, alles hat keinen Sinn mehr und ich hatte Sorge, dass er sich das Leben nimmt. Selbstmord ist bei Depressiven eine große Gefahr. Bei Borderlinern oder Narzissten ist das eher ein Betriebsunfall, die inszenieren schon mal „gerne“ hochdramatische und theatralische Szenarien, die eher die Funktion der Erpressung haben. Depressive Menschen gehen ganz still aus dem Haus und liegen dann 80 Meter tiefer unter einer Brücke.

Richtig mies ist auch die Nummer mit dem Verhungern bei lebendigem Leibe. Man kann das Bett nicht mehr verlassen. Sich waschen, anziehen, überhaupt aufstehen… wofür? Alles was „normal“ ist, ist eine Zenterlast. Den Mittag zu erreichen, quälende Stunden und dann muss man noch den Nachtmittag rumkriegen, irgendwie, durch das ewig gleiche graue Einerlei des Tages. Keine Freude, keine Energie, nur das Ticken der Uhr, der Zeiger, der sich so unglaublich langsam vorwärtsbewegt, wieder 3 Minuten überstanden und dann kommt das schlimmste, die schlaflose Nacht.

Selbst unsere Besten sind daran vor die Hunde gegangen. Ein Lehrstück in den Gedankenwindungen die eine Depressiver haben kann, hat das Amerikanische Genie David Foster Wallace in Kurze Interviews mit fiesen Männern beschrieben. Wallace‘ Innenwelt muss märchenhaft komplex gewesen sein, genützt hat es ihm nichts, er nahm sich das Leben aufgrund seiner Depressionen.


@ Zappa:

Das ist zwar in Foren nicht an der Tagesordnung, dass man auch mal der gleichen Meinung ist, aber ich finde das nicht weiter schlimm. In diesem Sinne, auf bald.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 12. Dez 2012, 12:43

stine hat geschrieben:Ich verneine gar nichts. Im Gegenteil, sie selbst ist nicht der Meinung Hilfe zu brauchen. Aber jetzt mal Privates beiseite.

Wir drehen uns im Kreis. Nicht jeder, der krank ist, beansprucht Hilfe, auch wenn er sie bräuchte. Gerade bei Depressionen ist es so.
stine hat geschrieben:Panikattacken und Borderline-Erkrankung sind selbstverständlich behandlungsbedürftig, aber das war ja nicht mein Thema. Mein Thema, weshalb ich mich eigentlich dazu geschaltet habe war die Frage, ob die Depression nicht auch eine Wesensart sein kann.

Wieso ist das eine für dich eine Erkrankung und das andere nicht? Ich kann genausogut mit deiner Argumentation behaupten, dass das Borderline-Syndrom eine "Wesensart" ist.
stine hat geschrieben: Ob es einfach Menschen gibt, die so gestrickt sind und nicht "krank" im Sinne der Medizin.
Zum Beispiel ist ein Kind, das mit einem Down-Syndrom geboren wird, ja auch nicht krank, im Sinne der Medizin und doch ist es nicht "normal" im Sinne von @Darth.

Ist dir das Wort Erbkrankheit ein Begriff? Trisomie 21 IST eine Erbkrankheit, das Down-Syndrom ist nach naturwissenschftlicher Definition eine Krankheit.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Lumen » Mi 12. Dez 2012, 14:27

Wenn jemand zeitweilig durch eine Krankheit niedergeschlagen ist, geht es vornehmlich darum, die nötige Zeit zur Heilung zu Verkürzen und die Genesung so angenehm wie möglich zu gestalten. Das beste, was Freunde dann tun können, ist dabei zu helfen. Ist es aber eine dauerhafte Angelegenheit, muss der Betroffene letzlich damit leben lernen. In dem Fall muss es auch darum gehen, demjenigen zu helfen, sich selbst zu helfen. Das bedeutet dann eben manchmal auch ein kräftiger Tritt in den Hintern. Ich kann mir vorstellen, dass das eine Gratwanderung ist. Schon völlig gesunde Menschen können antriebslos sein, und mit einer Krankheit auf den Schultern gibt es noch mehr (teils auch gute) Gründe, sich hängen zu lassen.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 12. Dez 2012, 15:21

Antriebslosigkeit kann ich schon verstehen. Letztlich halten meine Ziele mich bei Laune und lassen mich sehr aktiv aussehen. Aber ich wundere mich schon sehr häufig über die Menschen, die nicht diese Ziele haben und nur Belanglosigkeit leisten, aber trotzdem glücklich zu sein scheinen. Kann die scheinbare Gesundheit des Geistes nur von bewusst getroffenen Zielen abhängen?
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Mi 12. Dez 2012, 15:27

Darth Nefarius hat geschrieben:Kann die scheinbare Gesundheit des Geistes nur von bewusst getroffenen Zielen abhängen?
Nein, weil die Ziele unterschiedlich sein können. Ein "kranker" Geist kann auch Ziele haben.

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 12. Dez 2012, 17:34

Ja, aber die Krankheiten von denen wir gerade sprechen, haben u.a. als Symptom Antriebslosigkeit. Für manche gibt es nur ein Ziel im Leben, worauf sie alles ausrichten. Was wären sie ohne ihr Ziel? Ich will nur darauf hinaus, dass ich mir vorstellen kann, dass ein depressiver Mensch nicht unbedingt Psychopharmaka, sondern ein Ziel im Leben braucht, um sich normal zu verhalten, soetwas wie Glück zu verspüren. Ich selbst bin manchmal vielleicht etwas melancholisch, aber mein Antrieb motiviert mich sehr, ich habe viel geleistet und tue es immer noch. Ich frage mich, ob mich nicht nur meine Konzentriertheit, meine Disziplin und meine Ziele von anderen unterscheiden, die mit ihrem Leben nichts anfangen können. Denn eigentlich ist es nicht unbegründet, dahinzusiechen in einer sinnlosen Welt, solange man sich nichts vorgenommen hat. Man kann genausogut alles wie nichts mit seiner Zeit anfangen. Dekadenz wie Depression sind grundsätzlich begründbar aus philosophischer Sicht. Vielleicht reicht nur ein Ziel, um mit dem Leben etwas anzufangen.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Do 13. Dez 2012, 07:48

Irgendjemand hat einmal gesagt: Wer aufhört zu wünschen, ist tot. (Vielleicht war der Wortlaut etwas anders, aber die Quintessenz daraus war genau das) Insofern hast du recht: Es hat damit zu tun etwas haben oder erreichen zu wollen.

Bedürfnis, Bedarfsdeckung - ganz wichtige Inhalte. Wir streben danach, ohne zu wissen, welches Glück es überhaupt ist, noch danach Streben zu können. Es gibt ja einige berühmte Beispiele dafür, dass, alle Bedürfnisse erfüllt zu haben, nicht immer der Gipfel der Glückseligkeit ist. Meistens kommen dann Alkohol oder Drogen ins Spiel, wechselnde Partner, die nur noch konsumiert, aber nicht mehr geliebt werden, Machtansprüche steigen ins uferllose, usw. - neue, erfundene Ziele eben, wenn alle Bedürfnisse erfüllt sind.
Ziele haben, verstehe ich im Sinne von Wünsche haben, die man sich gerne erfüllt oder erfüllen lassen kann. Es gibt übrigens auch schon Kinderdepressionen. Auch hier wäre die Frage nach der Hoffnungslosigkeit eines Kinderlebens in unserer Gesellschaft mal notwendig. Offensichtlich blüht das Krankheitsbild nur in hochzivilisierten Staaten. Der Langzeitkinderwunsch ist offensichtlich weder das Abitur, noch das Studium; das sind Elternwünsche und Wünsche des Staates. Und warum überhaupt noch das Ganze, wenn eh schon alles Lebensnotwendige im Überfluss da ist?

Ein ganz großes Thema auch der Philosophen, denn viele alte Philosophen haben das schon erkannt: Sie sagen, dass ein erfüllter Wunsch gleichsam ein Stillstand ist und jeder erfüllte Wunsch deswegen sofort nach dem nächsten ruft, ja sogar rufen muss.
Vielleicht gibt es Menschen, die das Wünschen und Hoffen nicht kennen? Vielleicht ist das auch ein Thema, ob das angeboren oder anerzogen ist? Vielleicht ist die vollkommene Hoffnungslosigkeit der Depression in Wahrheit, die vollkommene Wunschlosigkeit?
Selbst die großen Meister der Askese haben einen Wunsch: Nämlich das Erlangen, der vollkommenen Wunschlosigkeit, aber ohne Depression :mg: .

Also ich weiß jedenfalls noch, was ich mir zu Weihnachten wünsche :santagrin: .

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Do 13. Dez 2012, 11:01

stine hat geschrieben:Es gibt übrigens auch schon Kinderdepressionen. Auch hier wäre die Frage nach der Hoffnungslosigkeit eines Kinderlebens in unserer Gesellschaft mal notwendig. Offensichtlich blüht das Krankheitsbild nur in hochzivilisierten Staaten. Der Langzeitkinderwunsch ist offensichtlich weder das Abitur, noch das Studium; das sind Elternwünsche und Wünsche des Staates. Und warum überhaupt noch das Ganze, wenn eh schon alles Lebensnotwendige im Überfluss da ist?

Das stimmt doch nicht! Gerade bei den unangenehmsten Studiengängen sind diejenigen, die wirklich Interesse an der Materie haben. Klar, bei den Mediziner, und Jurastudenten könnten ein zwei Muttersöhnchen dabei sein, aber die meisten sind nicht des Prestiges wegen Studenten. Ich sehe an den meisten Mitstudenten, dass sie im Schnitt glücklicher sind als meine ehemaligen Mitschüler, aus unterschiedlichen Beweggründen. In der Schule waren noch viele, die des Ansehens wegen das Abi machen wollten und deswegen nur das Minimum taten (vielleicht waren sie auch nicht zu mehr in der Lage), im Studium haben die Leute ein wirkliches Interesse, was man in jedem Prakttikum, in den meisten Vorlesungen und Übungen sieht. Selbst wenn die Hälfte überfordert ist, beschwehrt sich niemand, da sie es freiwillig wählten und lernen wollen.
Woher nimmst du nur solche Ideen? Hast du denn studiert?
stine hat geschrieben:Ein ganz großes Thema auch der Philosophen, denn viele alte Philosophen haben das schon erkannt: Sie sagen, dass ein erfüllter Wunsch gleichsam ein Stillstand ist und jeder erfüllte Wunsch deswegen sofort nach dem nächsten ruft, ja sogar rufen muss.
Vielleicht gibt es Menschen, die das Wünschen und Hoffen nicht kennen? Vielleicht ist das auch ein Thema, ob das angeboren oder anerzogen ist? Vielleicht ist die vollkommene Hoffnungslosigkeit der Depression in Wahrheit, die vollkommene Wunschlosigkeit?
Selbst die großen Meister der Askese haben einen Wunsch: Nämlich das Erlangen, der vollkommenen Wunschlosigkeit, aber ohne Depression :mg: .

Ich denke nicht, dass Ziele und Wünsche grundsätzlich anerzogen werden können. Selbst wenn man die Laufbahn der Eltern einschlägt ist nicht das der Wunsch, sondern die Eltern zufrieden zu stellen. Andere können sich wiederum eiskalt den Erwartungen widersetzen. Nochwas zur Wortwahl: Ich bleibe bei Ziel anstatt Wunsch, da Zielstrebige darauf hinarbeiten, diese selbst zu erreichen; Wünschende sind in ihrer Aktivität in einem Kindesstadium steckengeblieben und hoffen darauf, dass ihnen etwas in den Schoß fällt, ohne viel (wenn überhaupt) Leistung. Aber im Kern stimmen wir überein.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Do 13. Dez 2012, 15:24

Die Kinderdepression betrifft Kinder und nicht Studenten. Das hast du vielleicht falsch verstanden.
Wer bereits mit Hingabe zielorientiert studiert gehört sicher nicht mehr dazu und hat vielleicht auch nie dazugehört.

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Do 13. Dez 2012, 19:44

Das Missverständnis beruht eher darauf, dass ein Kind nicht das Abitur macht und auch nicht studiert, von daher auch von soetwas keine Depressionen bekommen kann. Ein Kind wir dann depressiv, wenn es ein Spielzeug nicht bekommt, was aber auch nur einige Minuten hält. Und was meinst du überhaupt mit "Langzeitkinderwunsch"? Meinst du Feuerwehrmann? Polizist? Astronaut? Meiner war zunächst Paläonthologe oder Archäologe, da mich Dinosaurier und antike Zivilisationen faszinierten, sich mir aber schon die Frage nach der Sterblichkeit stellte und mich wunderte, wie diese Wesen und Zivilisationen aussterben konnten. Diese Frage wurde aber schließlich nebensächlich in Anbetracht der Erkenntnis, dass das Wissen um deren Tod meinen oder den von anderen nicht verhindert und nur die modernen Wissenschaften dies können (oder dass sich die Frage nach dem Tod auch in den Zivilisationen extrem präsent war, allerdings die beste religiöse Phantasie, das größte Grab oder die beste Balsamierung nur eine Illusion von Untserblichkeit waren). Insofern ist mein Kindheitswunsch modifiziert noch im Gange. Aber das ist wohl eher ein Einzelfall.
Dein Link führt eher zu einer Jugenddepression, da sind die Fraagen nach Abi und Studium eher anders zu behandeln. Ich sage nur Teenageralter. Manche erwischt es schlimmer als andere. Rückblickend betrachtet war ich wohl ein kleiner Cesare Borgia. Aber die Kraft der Jugend sollte man sich erhalten, auch nach dem Abflauen der Hormone.
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Fr 14. Dez 2012, 07:58

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Missverständnis beruht eher darauf, dass ein Kind nicht das Abitur macht und auch nicht studiert, von daher auch von soetwas keine Depressionen bekommen kann. Ein Kind wir dann depressiv, wenn es ein Spielzeug nicht bekommt, was aber auch nur einige Minuten hält. Und was meinst du überhaupt mit "Langzeitkinderwunsch"? Meinst du Feuerwehrmann? Polizist? Astronaut?
So ungefähr.
Du kannst dir nicht vorstellen, welcher Druck heute schon in den Grundschulen auf den Kindern lastet. Der Übertritt in die höhere Schule ist quasi Vorraussetzung, um von den Eltern nicht aufgegeben zu werden. Wir haben es heute mit einer Elterngeneration zu tun, die selbst meist einen akademischen Grad haben und von ihren Kindern mindestens das gleiche erwarten.
Prinzipiell ist das aber ein anderes Thema.
http://www.teachsam.de/pro/pro_selbsttt ... _jug_2.htm

Eine Zurücksetzung und Vernachlässigung der Eltern oder Bezugspersonen, ist ja mE schon dadurch gegeben, dass die Eltern ihrer eigenen Berufstätigkeit heute mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen müssen, als noch zu Zeiten der verminderten Erreichbarkeit. Feste Dienstzeiten und kein Handy wären heute wieder ein Segen.
Ständige Kritik (hab ich dir doch schon dreimal gesagt...) , Erziehung die Ängste fördert (wenn du nicht, dann...) und zu hohe Leistungserwartungen geben das Ihre. Unsere Kleinsten sind ganz schön gefordert. (schau mal genau hin, wenn du Zeit hast)

Aber wie gesagt, vielleicht ein anderes Thema.

Ein Bericht über Dackelwelpen, die in einer Auslage angeboten werden, rief übrigens die Tierschützer auf den Plan. Die Welpen wären noch in der "Prägephase", hieß es, und es gäbe irreparable Verhaltensprobleme, wenn man sie der reizarmen Umwelt mit den begrenzten Räumlichkeiten aussetzte. Da die Welpen aber nicht alleine, sondern im Verband Gleichaltriger gehalten werden und durchaus auch Spielzeug angeboten bekommen, wundert mich der Aufschrei. Nichts anderes erleben unsere Krippenkinder: Versorgung und Spielzeug, das sie sich mit Gleichaltrigen teilen dürfen.
http://www.tierschutzbund.de/4805.html
OHO!

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 14. Dez 2012, 16:03

stine hat geschrieben:Du kannst dir nicht vorstellen, welcher Druck heute schon in den Grundschulen auf den Kindern lastet.

Ich denke, dass meine Grundschulzeit nicht so lange zurückliegt wie deine. Ja, Druck habe ich gemerkt. ich hatte es sogar etwas schwieriger als andere, da ich als "Nicht-Deutscher" galt und so alles mögliche machen konnte, aber auch mit diversen Einsern keine Gymnasialempfehlung bekam. Dann sollte ich noch eine "6" in Religion bekommen, weil ich offiziell katholisch wurde, weil wir ausm Osten kamen, als ehemaliger Sowjet man aber nicht weiß, dass ein Land, dass sich als Demokratie bezeichnet, noch soetwas wie der Propagandaunterricht in religiöser Version hat und ich deswegen nie hingegangen bin (was auf meine Eltern zutraf, ich wusste diesbezüglich gar nichts, weil ich noch Kind war). Entgültig als Farce hat sich das ganze herausgestellt, als ich schlichtweg die Kirche wechselte und plötzlich eine "3" bekam. :desperate: ? So lernt man, dass nicht nur Leistung zählt, sondern der Nepotismus auch wichtig ist. Von der Grundschule habe ich viel gelernt. Nur gut, dass die Empfehlungen und alle Bekundungen von Deppen, die sich Lehrer nennen, dass man nichtmal das Abi schaffen würde, nichts zählen. Es ist überhaupt nicht schwierig für mich gewesen, von einem Gymnasium aufgenommen zu werden. Das Abi ist auch eine Hürde gewesen. Jetzt studiere ich etwas, das diese Hinterweltler nicht mal aussprechen könnten.
stine hat geschrieben:Der Übertritt in die höhere Schule ist quasi Vorraussetzung, um von den Eltern nicht aufgegeben zu werden. Wir haben es heute mit einer Elterngeneration zu tun, die selbst meist einen akademischen Grad haben und von ihren Kindern mindestens das gleiche erwarten.

Ist auch richtig so. Um dies sicherzustellen, werde ich nur wenige Kinder (im Idealfall 1) anstreben, um absolute Aufmerksamkeit walten zu lassen, sollte es sich irgendwann ergeben.
stine hat geschrieben:Eine Zurücksetzung und Vernachlässigung der Eltern oder Bezugspersonen, ist ja mE schon dadurch gegeben, dass die Eltern ihrer eigenen Berufstätigkeit heute mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen müssen, als noch zu Zeiten der verminderten Erreichbarkeit. Feste Dienstzeiten und kein Handy wären heute wieder ein Segen.
Ständige Kritik (hab ich dir doch schon dreimal gesagt...) , Erziehung die Ängste fördert (wenn du nicht, dann...) und zu hohe Leistungserwartungen geben das Ihre. Unsere Kleinsten sind ganz schön gefordert. (schau mal genau hin, wenn du Zeit hast)

DAS macht einen doch nicht depressiv! Meine Probleme waren definitv ein anderes Kaliber. Hast du dich ständig mit mindestens 3 Mitschülern prügeln müssen? Haben deine Lehrer fremdenfeindliche Äußerungen losgelassen oder offen ausgedrückt, dass sie gegenüber deinem Nichtglauben intolerant sind? Haben sie deine Noten sabotiert, weil du ihnen unsympathisch warst und tags darauf ist jede Note im Zeugnis besser (war bei mir in der Grundschule so, nachdem meine Eltern mit ihnen diskutierten und auch offene, dreiste Antworten bekamen. Es sei "zu meinem Besten, nicht aufs Gymnasium zu gehen"! Und ich hatte es wiederum leicht verglichen zu meinen Eltern und deren Eltern! Die nächste Generation soll sich nicht so anstellen! Mein Großvater musste zum einen den Tod eines Geschwisters und des Vaters verkraften, selbst alle Papiere besorgen, um auf die Schule gehen zu können, gleichzeitig der Mutter helfen, die weder lesen noch schreiben konnte, während beide selbst einer gewissen Säuberung nur knapp entkamen, aber dennoch im Exil in einer widerlichen Wüste/Steppe landeten. Und jetzt soll etwas mehr Schule die Leute depressiv machen?????
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Fr 14. Dez 2012, 16:45

Dann bist du das beste Beispiel dafür, dass schlechte Behandlung auch mal ein Ansporn sein kann, wenn die Veranlagung stimmt.
Ein anderer wäre daran zerbrochen. Das würde aber meine Theorie bekräftigen, dass Depression als Krankheit nur auftritt, wenn auch eine Veranlagung dazu da ist.
Aber das hat, glaub ich, ohnehin niemand bezweifelt.

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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 14. Dez 2012, 18:48

Ach? Und wer hat denn bitte darüber diskutiert, was eine Krankhiet ist und was nicht? Immerhin siehst du ein, dass es eine Krankheit ist. Aber eines will ich auch noch konkret wissen, wie war das nochmal mit dem Down-Syndrom? Siehst du auch ein, dass Erbkrankheiten Krankheiten sind?
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Re: Psychoanalyse und aufdeckende Therapien

Beitragvon stine » Fr 14. Dez 2012, 20:54

Das Down-Syndrom ist prinzipiell keine Erbkrankheit, obwohl dieser Gen-Defekt in direkter Linie weitergegeben kann. Es kann auch vorkommen, dass es innerhalb einer Familie zu einer Häufung dieser Störung kommt, trotzdem zählt die Trisomie 21 nicht zu den Erbkrankheiten.

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