Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 2. Jan 2013, 12:19

Nanna hat geschrieben:Und wenn ihn das nicht interessiert, was dann? Wenn er König in seinem Land ist und keine Ächtung befürchten muss?

Dann wird entweder ein Putsch oder eine Revolution wahrscheinlich und er landet in der Guilliotine. Ist das etwa so abwägig? Mir fallen da viele Beispiele ein.
Vollbreit hat geschrieben:Worum es geht und auch Dir geht, ist, dass das nicht ein sehr elitäres Spiel ist, sondern eines, dass jedes Lebewesen spielt. Das was es, was Du immer wieder betont hast und nicht nur Du....

Wenn du mir mit Weicheiegoismus kommst, kannst du keine ernsthafte Antwort erwarten. Wenn du also erkannt hast, dass dies ein Egoismus aller Lebewesen ist, dann brauchst du nicht unseriös zu werden, oder? Wenn ich dir also in gleichem Ernst antworte, machst du dich lächerlich, wenn du mir daraus einen Strick ziehen willst. Bist du so verzweifelt?
xander1 hat geschrieben:Dann könnte ich darauf hinauskommen und sagen: Was wenn man ein System entwickelt, andere so zu manipulieren, wie es einem gefällt. ( Dazu gibts sogar Bücher ) Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem quasi eine Anleitung steht wie man seine eigene Sekte gründet.

Teilweise basieren die Methoden von Religionen andere zu manipulieren auf Jahrhunderte lange Erfahrung. Zum Beispiel, wenn immer vom Weltuntergang die Rede ist, soll das was soziales zwischenmenschliches bei den Menschen bewirken, wenn sie daran glauben. Aber das ist nur ein Beispiel.

Ach, dafür bracht man kein Buch. Ein Analphabet kann eine Weltreligion gründen. Joa, wünschenswert nicht unbedingt, aber manchmal sehr nützlich, dass viele Menschen einem alles abkaufen können.
Einen Denkfehler habe ich diesbezüglich nicht, das wäre euch klar, wenn ihr nicht permanent ignorieren würdet, was ich schreibe. Ich gehe keineswegs naiv von einer intelligenten Umgebung aus, die alles hinbekommt und gutmütig wie ein Koala ist. Ich gehe von einer triebhaften Umgebung aus, die auf der Basis ihrer Triebe es zu Ordnung bringen kann.
Mich wundert auch sehr, dass ihr bei eurem Starrsinn bleibt, obwohl ich euch nochmal auf meine Vorstellung von Bildung und Empathie hingewiesen habe und jeder von euch in einer Diskussion darüber beteiligt war. War das nicht das letzte Argument? Dass Egoismus allein nicht reicht? Was ist jetzt?
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon xander1 » Mi 2. Jan 2013, 14:05

Ich sehe die Brights nicht als ein Gegenstück zu Religionen, denn das Weltbild eines Brights beinhaltet nicht gesellschaftliche Dinge und deshalb finde ich dieses Thema so interessant.

Wenn dieses Forum usw. besonders intelligente Menschen anziehen soll oder intelligenzinteressierte Menschen, dann ist doch interessant zu wissen, was diese Menschen für ein Gesellschaftliches Wunschbild haben. Dieses müsste doch recht weit Fortgeschritten sein und vielleicht Dinge einbeziehen, die Klassische Denkströmungen wie Humanismus nicht beinhalten.

Ja vielleicht ist es sogar hier möglich eine Neue Denkströmung in der Art wie der des Humanismusses innerhalb des Naturalismusses zu begründen z.B. als Gesellschaftliche Wunschvorstellung. Das soll sich kein Philosoph in seinem Kopf ausdenken, sondern darüber könnte man sich einigen, demokratisch.

Nützlich wäre es, wenn wir einen Akademiker hätten, der sowas in der Richtung studiert hat, Soziologie etc., damit man systematischer Vorgehen kann.

Also das Ganze ist eben nur so eine Idee. Ich denke im Übrigen, dass man mit sowas wie gesellschaftliches Wunschdenken viel eher Menschen erreicht, als mit einer trockenen Naturalismustheorie.

Christen sind nämlich auch u.a. eine Interessengruppe, um in Ihrer Gruppe ein gesellschaftliches Wunschbild durchzusetzen.

Darth kann mir nicht erzählen, dass er keine Vorstellung hat für ein gesellschaftliches Wunschbild.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Nanna » Mi 2. Jan 2013, 15:06

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Und wenn ihn das nicht interessiert, was dann? Wenn er König in seinem Land ist und keine Ächtung befürchten muss?

Dann wird entweder ein Putsch oder eine Revolution wahrscheinlich und er landet in der Guilliotine. Ist das etwa so abwägig? Mir fallen da viele Beispiele ein.

Und mir fallen genug Gegenbeispiele ein, wo Menschen, sowohl in offiziellen Positionen als auch im privaten Umfeld, jahrelang andere Menschen zu ihrem eigenen Vergnügen und Vorteil schlecht behandeln, in Saus und Braus leben und NIE zur Rechenschaft gezogen wurden. Wo hat da der Egoismus zur Kooperation geführt?

Übrigens, schon aus der Mathematik bekannt, EIN Gegenbeispiel, EIN schwarzer Schwan reicht, um eine Theorie zu widerlegen. Ich muss nicht jedes deiner Beispiele widerlegen, um die Nichtallgemeingültigkeit deiner Aussagen zu zeigen.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Mi 2. Jan 2013, 15:32

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Worum es geht und auch Dir geht, ist, dass das nicht ein sehr elitäres Spiel ist, sondern eines, dass jedes Lebewesen spielt. Das was es, was Du immer wieder betont hast und nicht nur Du....

Wenn du mir mit Weicheiegoismus kommst, kannst du keine ernsthafte Antwort erwarten. Wenn du also erkannt hast, dass dies ein Egoismus aller Lebewesen ist, dann brauchst du nicht unseriös zu werden, oder?


Der Weicheiegoismus ist eigentlich eine klar erkennbare Aussage einer Karikatur gewesen.
Einer Karikatur (wobei, es gibt solche Menschen und gar nicht mal wenige), die behauptet, ein Egoist zu sein, ein nicht kooperierender Egoist zu sein, einer, der einfach radikal auf seinen Vorteil schielt.

So ein Mensch muss sich, wie Nanna erwähnte keinesfalls um irgendwelche anderen kümmern.
Er kann Spaß am Quälen haben, es kann ihm vollkommen egal sein, ob er keine oder 100 Kinder in die Welt setzt und er kann auch einfach aus Lust heraus andere unterdrücken, drangasileren, vergewaltigen. Vielleicht nur ein Westentaschentyrann, vielleicht ein Stalin. Vielleicht einer der vielen die nie populär und auch nie erwischt werden.

Wie schon von Nanna erwähnt: Einer würde reichen, um die Theorie zu Fall zu bringen, aber es gibt Millionen.

Doch von diesem Spiel mal abgesehen, weiterhin bist Du im Selbstwiderspruch.
Ist das egoistische Spiel der cleveren, kooperativen Art und eines der schlauen Elite, der Strategen hinter denen, die Du Fußvolk nennst oder ist es das Verhalten von allem was lebt?
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Mi 2. Jan 2013, 15:35

xander1 hat geschrieben:Wenn dieses Forum usw. besonders intelligente Menschen anziehen soll oder intelligenzinteressierte Menschen, dann ist doch interessant zu wissen, was diese Menschen für ein Gesellschaftliches Wunschbild haben.


Vielleicht ist es ja ein Anzeichen von Intelligenz, wenn man sich von gesellschaftlichen Wunschbildern zunehmend verabschiedet?
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon fopa » Do 3. Jan 2013, 08:29

Vollbreit hat geschrieben:Der Weicheiegoismus ist eigentlich eine klar erkennbare Aussage einer Karikatur gewesen.
[...]
Wie schon von Nanna erwähnt: Einer würde reichen, um die Theorie zu Fall zu bringen, aber es gibt Millionen.
Wie ich im Thread "Moralische Grenzen des Marktes" geschrieben habe, ist das Wort "Egoismus" missverständlich bzw. inadäquat. Es ist vielmehr "vermeintlicher Eigennutz", meist sogar unbewusst, was dann als altruistische oder nutzenneutrale Absicht wahrgenommen wird. Ob aus dem "Streben nach Eigennutz" letztendlich auch Eigennutz wird, ist noch eine ganz andere Sache und lässt sich vom Individuum in seiner Kurzsichtigkeit (Zitat Darth) nur abschätzen.

xander1 hat geschrieben:Ich sehe die Brights nicht als ein Gegenstück zu Religionen, denn das Weltbild eines Brights beinhaltet nicht gesellschaftliche Dinge und deshalb finde ich dieses Thema so interessant.

Wenn dieses Forum usw. besonders intelligente Menschen anziehen soll oder intelligenzinteressierte Menschen, dann ist doch interessant zu wissen, was diese Menschen für ein Gesellschaftliches Wunschbild haben. Dieses müsste doch recht weit Fortgeschritten sein und vielleicht Dinge einbeziehen, die Klassische Denkströmungen wie Humanismus nicht beinhalten.
Ich meine auch, dass man Weltbild (Erklärungsmodell) und Gesellschaftliches Wunschbild nicht in einen Topf werden sollte. Letzteres kann gesetzmäßig nicht über ersterem stehen, aber ein Erklärungsmodell ist wertungsfrei, während Gesellschaft auf Werten basieren muss. (Bitte nicht wieder von vorne! :mg: )
In Sachen Humanismus und seiner Verträglichkeit mit einem naturalistischen Weltbild gibt es einen passenden Text von Michael Schmidt-Salomon: http://www.schmidt-salomon.de/entzaub.htm
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Nanna » Do 3. Jan 2013, 14:40

fopa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Der Weicheiegoismus ist eigentlich eine klar erkennbare Aussage einer Karikatur gewesen.
[...]
Wie schon von Nanna erwähnt: Einer würde reichen, um die Theorie zu Fall zu bringen, aber es gibt Millionen.
Wie ich im Thread "Moralische Grenzen des Marktes" geschrieben habe, ist das Wort "Egoismus" missverständlich bzw. inadäquat. Es ist vielmehr "vermeintlicher Eigennutz", meist sogar unbewusst, was dann als altruistische oder nutzenneutrale Absicht wahrgenommen wird. Ob aus dem "Streben nach Eigennutz" letztendlich auch Eigennutz wird, ist noch eine ganz andere Sache und lässt sich vom Individuum in seiner Kurzsichtigkeit (Zitat Darth) nur abschätzen.

Warum beim Nutzen aufhören, lass es uns doch noch weiter totreduzieren. Dann können wir auch sagen, dass Wasser, das einen Hang hinunterfließt, eigennützig handelt, weil es ein niedrigeres Energieniveau einzunehmen versucht. Alles im Universum "versucht" das ja letztlich früher oder später. Lass es uns so lange reduzieren, bis wir bei der Aussage "Dinge passieren" angekommen sind. Klingt unsinnig? Ist auch so.

Natürlich tun Menschen Dinge aus Gründen, sie tun Dinge, weil sie sich zu etwas veranlasst fühlen, natürlich werden Akteure, die ihre eigenen Bedürfnisse nicht ausreichend durchsetzen, irgendwann evolutionär aussortiert, natürlich läuft im Hintergrund (vermutlich) alles irgendwie deterministisch, aber wie ihr da immer brachial den "Nutzen" als grob subjektive, wertende Kategorie reinpressen müsst, ist mir schleierhaft. Manchmal frage ich mich, sorry, ob das nicht mehr ein persönliches Bedürfnis nach Zynismus als echter Dekonstruktivismus ist. Was bringt uns das denn analytisch? Es gibt trotzdem einen Unterschied zwischen einem narzisstischen Sadisten (Egoist) und einem engagierten Mitglied einer Gemeinschaft (Altruist), sowohl was die Handlungsmotive als auch die Erklärung des jeweiligen Verhaltens angeht. Dass beide Präferenzen haben, die auf persönlichen Vorlieben und Überzeugungen beruhen, bedeutet NUR, dass beide aus Gründen (also nicht zufällig) handeln, aber es lässt nicht die Tatsache verschwinden, dass der eine den Eigennutz und der andere den Gruppen- bzw. Fremdnutzen zum Ziel hat. Natürlich kann ein Altruist emotional von seinem Tun profitieren, es war nie Kriterium für Altruismus, dass man bei seinem Tun leiden muss, aber es ist doch unleugbar, dass der Altruist aktiv auf persönliche Gewinnmaximierung verzichtet, also eben NICHT "nach Eigennutz strebt" und auch nach externer Evaluation auf sich selbst bezogen (gesundheitlich, fortpflanzungstechnisch, sicherheitstechnisch etc.) nicht nutzenoptimal arbeitet (höchstens in einer Gruppe mit anderen Altruisten, wo die Gruppe zusammen vielleicht sogar erfolgreicher ist als eine zahlenmäßig identische Gruppe von Egoisten, die massive Koordinationsprobleme haben wird).
Dieses Egoismuskonzept, das ihr euch da zusammenfabuliert, funktioniert nur unter genau einer Bedingung, nämlich unter der, dass den Handlungsgründe eines Individuums a priori (und nicht a posteriori) das Ziel beidefiniert wird, Eigennutz zum Ziel zu haben, und zwar EGAL, was die Handlungsgründe sind, worauf sie abzielen und ob sie dem Individuum irgendeine Form von tatsächlichem Vorteil verschaffen. Meines Erachtens ist das eine fürchterliche Verballhornung der Evolutionstheorie, indem man jedem Individuum unterstellt, dass es zeitlebens nichts anderes tut, als maximalen evolutionären Erfolg zu suchen, obwohl sich immer erst NACH dem Tod eines Individuums entscheidet, ob es evolutionär erfolgreich war. Aber ist ja egal, man extrapoliert die anschließende Definition einfach rückwärts auf das Leben des Individuums und oktroyiert ihm ein allerklärendes Modell, das leider überhaupt nichts erklärt, weil ja jede physisch mögliche Handlung per definitionem zu einer Handlung mit dem Ziel des Eigennutzes erklärt wird. Das ist im Grunde eine philosophisch derart dilettantische, logisch inkonsistente Rationalisierungs- und Immunisierungsstrategie, dass es einem die Schuhe auszieht.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Do 3. Jan 2013, 16:39

@ fopa:

Wenn Nanna es nicht schon gesagt hätte...

Aber Du bist da sozusagen ins offene Messer gelaufen, denn Du kennst die Vorgeschichte(nnnnnnnnnnnnnnn) nicht. Deshalb ein Update, aus meiner Sicht:

Wenn man über Dinge redet, sei es Egoismus oder Nutzen oder sonst was, dann kann man das meinetwegen in jedem beliebigen Kontext tun. Man muss einfach nur sagen, wie man einen Begriff – wenn das nicht ohnehin klar ersichtlich ist – verstanden wissen möchte.

Niemand hat eine Definitionshoheit über einen Begriff, was es allerdings gibt ist ein common sense, im Alltag und in der Wissenschaft. Aber daran muss sich niemand halten, Begriffe sind ja nicht starr, die einzige Frage ist, ob einem die jeweiligen Adressaten folgen.

Was man aber definitiv nicht machen kann, ist, sich auf der einen Seite lautstark auf die Seite von Wissenschaft und Logik zu stellen und dann zur gleichen Zeit alle Regeln der Wissenschaft und Logik in den Wind zu schießen. Das ist ein grober Selbstwiderspruch.

Ein Kriterium der Wissenschaftlichkeit, auf das sich immer wieder berufen wird, ist eben der Falsifikationismus. Sprich: Man stellt eine x-beliebige Theorie auf und diese muss falsifizierbar sein. Das heißt, es muss angegeben werden, was eintreten muss, damit diese Theorie nicht gilt. Kann man das nicht angeben, ist es – wenn man an den Falsifikationismus glaubt – keine wissenschaftliche Theorie.

Sie kann richtig sein, ist aber nicht wissenschaftlich.
(So streng würde ich es aber nicht sehen, denn in der Form von Popper, kommt der Falsifikationismus in der praktischen Wissenschaft nicht vor, er spielte und spielt überhaupt keine Rolle, nur wissen das viele Wissenschaftler nicht, es interessiert sie auch nicht und es muss sie auch nicht interessieren. Praktisch läuft es so, dass man so lange an Theorie und Praxis rumschraubt, bis es passt oder die Theorie wirklich nicht mehr zu retten ist.)

Philosophisch, also logisch, denn die Logik ist ein Teilgebiet der Philosophie, ist das mit dem Egoismus aber auch unsinnig, weil zirkulär, genauer eine petitio principii, das ist ein logischer Fehlschluss.
Zirkulär bedeutet dass so eine Aussage wie „Alles Leben ist egoistisch“ von den eigenen Voraussetzungen lebt. Tut nun irgendein Mensch etwas Altrustisches so wird, gemäß der Aussage, dass ja jeder im Kern ein Egoist ist, gesucht, bis man etwas vermeintlich Egoistisches gefunden hat.
Die Begründung dafür, dass alles Leben egoistisch motiviert ist, müsste eigentlich aber erst noch gefunden werden.

Die Aussage ist als Allaussage sogar doppelt problematisch. 1) ist sie nicht falsifizierbar und 2) lebt ihre Begründung von der eigenen Behauptung. Das ist genau der Fehlschluss der petitio principii.
Wer also selbstlos handelt, dem wird dann im Notfall unterstellt, er sei unbewusst egoistisch oder er würde ja schon etwas davon haben, wenn er ein Kind aus einem See rettet, dann strebt er eben nach Ruhm oder kann das Elend nicht ertragen oder was auch immer … irgendeine Begründung findet man stets.


Wer also sagt, hey ich bin so superwissenschaftlich und mich interessiert nur Logik, naja, der muss sich halt an der Aussage messen lassen.

Das ist keine Kritik an Dir, sondern es ist vor allem Darth, der hier regelmäßig das hohe Lied der Wissenschaft zu singen meint und eine petitio principii nicht mal erkennt, wenn man sie mit fluoreszierender Farbe unterlegt.


@ Nanna:

Nanna hat geschrieben:Meines Erachtens ist das eine fürchterliche Verballhornung der Evolutionstheorie, indem man jedem Individuum unterstellt, dass es zeitlebens nichts anderes tut, als maximalen evolutionären Erfolg zu suchen, obwohl sich immer erst NACH dem Tod eines Individuums entscheidet, ob es evolutionär erfolgreich war. Aber ist ja egal, man extrapoliert die anschließende Definition einfach rückwärts auf das Leben des Individuums und oktroyiert ihm ein allerklärendes Modell, das leider überhaupt nichts erklärt, weil ja jede physisch mögliche Handlung per definitionem zu einer Handlung mit dem Ziel des Eigennutzes erklärt wird. Das ist im Grunde eine philosophisch derart dilettantische, logisch inkonsistente Rationalisierungs- und Immunisierungsstrategie, dass es einem die Schuhe auszieht.


Dazu kommt ja auch noch Folgendes: Wer sagt denn, dass das Kriterium evolutionär erfolgreich in irgendeiner Weise bedeutsam ist, außer eben aus der Sicht des Biologen? Nehmen wir an, jemand setzt kein Kind in die Welt, erfindet oder leistet nichts, was die Nachwelt beeindruckt und schreibt keinen Bestseller... führt aber ein ruhiges glückliches Leben. Das ist doch toll, aber evolutionär gesehen ein völliges Versagen.

Aber muss einen glücklichen Menschen das wirklich interessieren?
Und der erfolgreiche Bestsellerautor, der kinderlos ist, aber Millionen Menschenleben erfreut, verändert oder was auch immer, ist ja biologisch eine Pfeife, unfit. Nur verändert er die Welt in einigen Fällen sicher mehr, als der Vater von 18 Kindern. Daraus resultierte ja die Idee mit den Memen.

Die Idee des ubiquitären Egoismus ist ja nirgends überzeugend. Gut, Darth kann das nicht erkennen, aber viele andere sehen durchaus, dass ein radikaler Egoist, der eben nicht die Bohne kooperiert (wenn das Wort Kooperation eine Bedeutung haben soll, die über „aufpassen, dass man nicht erwischt wird“ hinausgeht) durchaus Vorteile haben kann und hat.

Diese Idee, dass sich das Böse am Ende nicht lohnt klingt leider nur wie eine Mischung aus deutscher Krimiserie und Katholizismus. Als normativer Glaubenssatz, super Sache, aber in der Realität leider nicht der richtig – kommt auch hier auf die Kritierien an, aber biologisch sicher großer Quatsch.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Do 3. Jan 2013, 19:08

Dann ist es ja einfach nur ein Treppenwitz festzustellen, dass die Evolutionstheorie so prima zur Idee des Kapitalismus passt und daraus dann abzuleiten, der Kapitalismus sei die „natürlichste“ Form der Wirtschaft, da sie ja der allgültigen Evolution und ihrem Egoismus folgt.

Klar passt das prima zusammen, aber hier wurden Ursache und Wirkung vertauscht.
Adam Smith ist als Ökonom und Moralist der ältere und seine (und die anderer) Idee der klassischen Nationalökonomie benennt Hans Albert so:

Wikipedia hat geschrieben:1. durch die Annahme von Gesetzmäßigkeiten, mit denen soziale Tatsachen erklärt werden können
2. diese Tatsachen werden durch das Zusammenwirken von individuellen Handlungen erklärt
3. wesentliche Handlungsbedingung ist die Knappheit der Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse
4. das Selbstinteresse ist wichtige Orientierungsbasis für rationales Handeln
5. das Handeln wird mitbestimmt durch das institutionelle Umfeld.
http://de.wikipedia.org/wiki/Klassische ... Grundlagen


Punkt 4 dürfte manchem bekannt vorkommen.


Pete Landry hat geschrieben:This proposition, that it was his reading of Adam Smith which led to Darwin's theories in evolutionary biology, has provoked more than one of my readers to write and question me. First, one has to understand the theories of Smith; they are evolutionary. (That Darwin read Adam Smith, there can be little doubt.) "The study of spontaneous orders has long been the peculiar task of economic theory, although, of course, biology has from its beginning been concerned with that special kind of spontaneous order which we call an organism. Only recently [1973] has there arisen within the physical sciences under the name of cybernetics a special discipline which is also concerned with what are called self-organizing or self-generating systems." [Hayek, Law, Legislation and Liberty (University of Chicago Press, 1973), pp. 36-7. Hayek (a Nobel Prize winner) cites, in a footnote, work done by H. von Foerster & Zopf and more particularly, in regards to the anticipation of the main conceptions of cybernetics by Adam Smith.] Further, at p. 23, ibid., Hayek wrote: "It was in the discussion of such social formations as language and morals, law and money, that in the eighteenth century the twin conceptions of evolution and the spontaneous formation of an order were at last clearly formulated, and provided the intellectual tools which Darwin and his eighteenth-century moral philosophers and the historical schools of law and language might well be described, as some of the theorists of language of the nineteenth century indeed described themselves, as Darwinians before Darwin." In support, Hayek cites, in his footnote, numerous studies, and interestingly, for me as a lawyer, the eminent jurist, Sir Frederick Pollock who in turn makes reference to Edmund Burke and Montesquieu as being 'Darwinians before Darwin'."
http://www.blupete.com/Literature/Biogr ... Darwin.htm



Wikipedia hat geschrieben:Philosophisch war Darwin vor allem geprägt durch den englisch-schottischen Empirismus in der Tradition David Humes, aber auch durch Adam Smith, etwa dessen Theorie der moralischen Gefühle.
http://de.wikipedia.org/wiki/Darwin#Zur ... onstheorie



Das soll an dieser Stelle weder antikapitalistisch noch antievolutionstheoretisch verstanden werden, ich will nur zeigen, wie diese Ähnlichkeiten wohl auch interpretiert werden könnten.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon xander1 » Do 3. Jan 2013, 23:41

Vollbreit hat geschrieben:Vielleicht ist es ja ein Anzeichen von Intelligenz, wenn man sich von gesellschaftlichen Wunschbildern zunehmend verabschiedet?


Ja das kann sein, aber es gilt auch, dass der Mensch sich nicht nur an seine Umwelt anpasst, sondern die Umwelt an ihn anpassen lässt. Ein Beispiel sind Ideologien und Religionen und auch der Humanismus.

Deshalb ist es vielleicht doch nicht so dumm, gesellschaftliche Wunschbilder durchzudrücken.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Fr 4. Jan 2013, 11:00

Ja, da ist was dran.
Mein favorisierter Ansatz ist der integrale Ansatz, der sich bei richtigem Verständnis aber nicht in ein Weltbild gießen lässt.

Ich will versuchen ihn zu erklären, so gut es mir in der notwendigen Kürze möglich ist.
Er gleicht an einigen markanten Schnittstellen dem Ansatz der Brights, aber es gibt auch gewichtige Unterschiede.

Der integrale Ansatz geht von einem hierarchischen Weltbild aus, hierin gleicht er den Brights, nur formulieren die Integralen (wissend, dass es ein Reizthema ist), das offensiver und sind sich des Schattens und der Gefahr bewusst. Die meisten Anhänger der Brights werden denken, dass Wissenschaft besser sei als Religion und diese Einstellung hat der integrale Ansatz auch.

Wobei „besser“ hier zum einen heißt, besser angepasst an die aktuell herrschenden Bedingungen, aber auch, so zumindest empfinde ich das, besser im Sinne von mehr Komplexität und Bedeutung.
Wilber hat eine recht griffige Formel gefunden, für das Verhältnis von Spanne (Ausdehnung, Menge) und Bedeutung (Tiefe, Komplexität), nämlich die dynamische Relation von weniger Spanne hin zu mehr Tiefe:
Je größer die Tiefe/Bedeutung, desto geringer die Spanne/Ausdehnung und umgekehrt.
Man kann das auch als bessere Anpassung lesen, nach dem Motto, dass mehr individuellere Komplexität die Antwort auf eine immer komplexere Umwelt ist, ich verstehe darunter aber auch mehr Qualität. Für mich sind Militärdrohnen nicht im Prinzip nichts anderes als eine Keule und Philosophie ist für mich nicht nichts anderes als sich effektiv sein Mittagessen zu besorgen.

Also, der integrale Ansatz ist ein hierarchischer Ansatz und in gewisser Weise auch ein elitärer Ansatz. Das mit der Elite muss aber dringend erklärt werden, speziell in Deutschland.
Elitär bedeutet hier nicht, ein naserümpfendes Herabblicken auf „die Masse“, die doofe, verführbare Herde, sondern immer auch mehr Teamfähigkeit, da man sich auf immer mehr Situationen einstellen kann.

Der integrale Ansatz geht davon aus, dass Menschen schwerpunktmäßig aktuell auf einer bestimmten (individuell sehr unterschiedlichen) Entwicklungsstufe leben. Hier muss man vereinfachend davon ausgehen, dass es sich sozusagen um einen statistischen Mittelwert verschiedener Bereiche handelt, wie kognitive Intelligenz, Körperintelligenz, emotionale Intelligenz, ästhetisches Bewusstseins, Stufen der Moralentwicklung, Empathiefähigkeit und noch etwa 20 weitere sogenannte Entwicklungslinien.

Erster Rang und zweiter Rang
Ein wesentlicher Punkt ist nun die Schnittstelle, die alle Entwicklungsebenen des ersten Ranges (first tier memes – bis inklusive grün) von jenen des zweiten Ranges (second tier memes – ab gelb) trennt.
http://integralesleben.org/il-home/il-i ... -dynamics/
Warum soll diese Unterscheidung bedeutsam sein?

Alle Memes/Ebenen des ersten Ranges, können einander auf die eine oder andere Art nicht leiden.
Typisch hier z.B. der Kampf von orange (Wissenschaft und Wirtschaft – die Welt als gut geölte Maschine, deren Rädchen selbstorganiserend ineinandergreifen) gegen blau (Mythen und Religion – die Welt als Ort von Sinn, Wert und Orientierung, mit einer autoritären Struktur).
Das heißt, die Mitglieder die sich mit den Werten und Einstellungen einer bestimmten Bewusstseinsstufe am besten identifizieren können, finden die Mitglieder der anderen Stufen, ziemlich unmöglich.

Ziel all der unterschiedlichen Denkweisen des ersten Ranges ist immer die Überzeugung, die Welt sei dann ein besserer Ort, wenn nur alle die Werte und Ideen der jeweiligen Gruppe, mit der man identifiziert ist, übernehmen würden. Wenn also alle religiös würden oder man die Religion kollektiv abschaffen würde und nur noch der Wissenschaft nachleben würde, also das „brighte“ Dauerthema.

Und auch das relativistische Grün, was uns jede Menge Ökobewusstsein, Systemdenken und Gleichberechtigungsideen gebracht hat, hat diese imperialistischen Tendenzen und verachtet im Grunde seines Herzens die anderen Meme.

Integral soll nun fundamental anders sein, aber gar nicht unbedingt in dem Sinne, dass etwas großartig Neues ins Spiel kommt, sondern die Einstellung gegenüber den Vorläuferebenen ist eine andere. Integral (oder gelb) ist nicht mehr imperialistisch. D.h. Integral kann die Berechtigung aller Ebenen anerkennen und verzichtet auf die Idee, alle Welt möge nun integral werden sollen, zugunsten des Wohls der ganzen Spirale (der Entwicklung).

Alle haben ihre Berechtigung zu ihrer Zeit, an ihrem Ort.
Dennoch verfolgt Integral die Idee der evolutionären Prinzipien und auch die Idee, dass Evolution weitgehend eine Evolution zum Besseren meint. Ziel ist es deshalb Entwicklung und das meint in erster Linie Bewusstseinsentwicklung zu pushen, zu forcieren, zu ermöglichen, zu schützen, zu stabilisieren. Dynamisch, an jedem Ort, bei jedem Menschen etwas anders.
Das bedeutet, dass man versuchen würde, einen religiösen Menschen zu ermuntern, sich mal mit den Prinzipien der Aufklärung und der Wissenschaft auseinanderzusetzen.
Einem naturwissenschaftlich orientierten Menschen könnte man zeigen, wo die Schwachstellen dieser Einstellung liegen, z.B. im fehlenden Wertegerüst.
Einem grünen Relativisten könnte man zeigen, dass die streng antihierarchische Einstellung die hier meist herrscht, auf einem Selbstwiderspruch beruht und natürlich hat auch integral/gelb selbst einen Schatten und eine Limitierung.

Bleibt nicht ewig stehen, es geht weiter, ist so eine Grundbotschaft. (Durchaus konträr zur kollektiven Einstellung die meint, Entwicklung sei so ein Kindheits- und Jugendthema, spätestens nach der Uni sei dann damit Schluss.)
Man muss nur aufpassen, dass es nicht in hektischen Aktionismus ausartet, eine Gefahr in meinen Augen.

Integral vs. integral informiert
Wer ist denn nun eigentlich integral? Integral im engen Sinne ist man dann, wenn die Mehrzahl der Entwicklungslinien im Bereich des Integralen liegen und um das zu prüfen, braucht man gute Tests, die für die höheren Stufen noch Mangelware sind.

Integral informiert sind aber sehr viele und auf die integrale Stufe selbst ist nicht sonderlich abgehoben. Wenn man sich die Ideen durchliest und versteht, ist das im Grunde ein gutes Zeichen, dass man mindestens kognitiv auf der integralen Stufe ist. Ob man sie verstanden hat, kann man im Diskurs überprüfen.

Das Individuum
Kern der integralen Idee ist aus meiner Sicht (aber meine Kollegen setzen da mitunter vollkommen andere Akzente, das ist also eher meine Interpretation von Integral) die Bedeutung des Individuums.
Jeder ist an seinem Ort wichtig. (Meine Kollegen leiten daraus eher die Bedeutung des Wir-Komponente ab und betonen das soziale Zusammenspiel, was ich unmittelbar einsehe, ich stehe nur gefühlsmäßig eher auf der Seite des Individuums und kann kompetenter darüber schreiben.)
Der entscheidende Ort ist aber so oder so das Bewusstsein des Menschen. Meiner Meinung nach bedeutet das aus der notwendigen starren Fixierung des Anfangs hin zu einer immer offeneren (aber nicht wertfreien) und individuelleren (aber nicht egozentrischen) und reflexivenren Einstellung.

Ich denke, da das Individuum und die Möglichkeit seiner freien Entfaltung auch ein primäres Ziel des Humanismus ist, gibt es auch hier Überschneidungen mit den Grundideen der Brights.

Gefahren oder der Schatten des Integralen
Hier sehe ich im Wesentlichen zwei Gefahren:
Erstens die Verwechslung von gelb und blau, auch wenn das eher für Insider ist.
Übersetzt bedeutet es ungefähr: Da Integral eine explizit hierarchische Ausrichtung hat, ist es auch für solche Menschen attraktiv, die darauf gewartet haben, dass endlich mal wieder jemand sagt, wo es lang geht. Das ist zwar eine Missinterpretation, aber eine die nicht zu vermeiden ist, da jemand mit einem blauen/mythischen/konventionellen Bewusstsein Texte so liest, wie er sie eben versteht.

Zweitens und vielleicht wichtiger ist Integral auch ein Magnet für Narzissmus.
Diese Idee, immer besser und toller zu werden ist extrem attraktiv für ein narzisstisches Bewusstsein und diese Menschen überschlagen sich geradezu in ihrem Eifer, noch mehr zu üben und noch „toller“ und erleuchteter zu werden, das muss man versuchen einzugrenzen, es liegt aber auch in der Natur der Sache.

Die Strategie der Multiplikatoren
Aus der Idee das jeder wichtig ist, folgt die Strategie der Multiplikatoren, eine dynamische und in meine Augen überaus intelligente Strategie. Kurz und gut geht es eben nicht darum, Massen in Richtung integral zu bewegen sondern das Individuum möglichst zur nächsten Stufe zu bringen.

Der integrale Imperativ geht so in die Richtung Bewusstseinsentwicklung (zum Höheren) zu ermöglichen, zu begleiten, zu stabilisieren und zu schützen. Dafür ist es u.a. nötig die Ideen klug zu verbreiten. Man muss die Sprache der anderen sprechen und wissen, wo man sie abholen muss und das macht jeder auf seine Art.
Auch an den gesellschaftlich wichtigen Positionen kann man versuchen Akzente zu setzen und in den Dialog zu kommen. Deshalb finde ich das Modell des Brückenbauens sympathisch, das muss nicht in windelweicher Anpassung geschehen, aber es darf die Türe nicht zuschlagen.
In meinen Augen der kardinale Fehler der Brightsbewegung, dass sie – ausgehend von einer im Kern sehr fundamentalistischen Spitze – zum Diskurs oft nicht mehr in der Lage ist. Hier stinkt der Fisch wirklich vom Kopf her und es ist sehr schwer – aber möglich – diese Frontstellung aufzugeben.
Etliche hier scheinen dazu geradezu vorbildlich gewillt und in der Lage zu sein.

Unterschiede: Spiritualität und Mystik
Überhaupt nicht zu den Brights passt die klare Ausrichtung hin zu Spiritualität und Mystik. Das Ziel für das Individuum bedeutet hier recht klar Erleuchtung. Dabei geht es nicht um eine Kollektivbewegung, es ist klar, dass ein mystisches Bewusstsein immer sehr vereinzelt auftreten wird. Ich habe die Idee dahinter hier ein wenig auszubuchstabieren versucht, wer Bedarf hat, kann sich da informieren:
viewtopic.php?f=13&t=3653&p=93877#p93877

Was für Integrale Ziel ist, ist für Brights schon in den Statuten nicht im Programm und gilt als komplette Verirrung.

Für die Masse der Rezipienten die nur „Fans“ des einen oder anderen (gesellschaftlich völlig unbedeutenden) Lagers sind, sind der integrale Ansatz und die Brightsideen weitgehend inkompatibel. Für diejenigen für die Bright sein mehr ist als nur gegen Religion zu sein (also vermutlich die Minderheit der Brights) wird der Ansatz der Integralen und der Brights sicherlich Möglichkeiten aufzeigen.

Das war meine Interpretation von Integral, wer das noch mal in allgemeinerer Weise nachlesen will, kann das hier tun:
http://integralesleben.org/home/il-inte ... -integral/

Mit der Idee, hin zu mehr Bewusstseinsentwicklung zum Höheren kann ich mich identifizieren und das würde ich als mein Wunschbild bezeichnen. Dass das für den Einzelnen keine Festlegungen im Konkreten bedeutet, sollte sich aus der Idee selbst ergeben, den je weiter die Entwicklung fortschreitet um so kreativer, spontaner und individueller werden Menschen, meiner Meinung nach.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon fopa » Fr 4. Jan 2013, 11:24

Nanna hat geschrieben:Meines Erachtens ist das eine fürchterliche Verballhornung der Evolutionstheorie, indem man jedem Individuum unterstellt, dass es zeitlebens nichts anderes tut, als maximalen evolutionären Erfolg zu suchen, obwohl sich immer erst NACH dem Tod eines Individuums entscheidet, ob es evolutionär erfolgreich war.
Das habe ich auch nicht getan, sondern ich habe dafür plädiert, sich von dem Verständnis des "Individuums" als Entität im Evolutionsgefüge zu lösen und statt dessen andere Aspekte zu betrachten, nämlich diejenigen, die in der Evolution fortbestehen oder verschwinden: Gene, Meme, Verhaltensmuster, Populationen. Die Handlungsweise eines Individuums kann tatsächlich altruistisch im Sinne eines nicht vorhandenen (bzw. nicht angestrebten) Eigennutzes sein, und dennoch steckt hinter der Handlungsweise meist (wenn auch nicht unbedingt) ein "Streben nach Eigennutz", nämlich seitens der Quellen der Handlung (z.B. Gene).

Nanna hat geschrieben:Natürlich tun Menschen Dinge aus Gründen, sie tun Dinge, weil sie sich zu etwas veranlasst fühlen, natürlich werden Akteure, die ihre eigenen Bedürfnisse nicht ausreichend durchsetzen, irgendwann evolutionär aussortiert, natürlich läuft im Hintergrund (vermutlich) alles irgendwie deterministisch, aber wie ihr da immer brachial den "Nutzen" als grob subjektive, wertende Kategorie reinpressen müsst, ist mir schleierhaft.
Ob "Nutzen" als wertende Kategorie aufgefasst wird, liegt im Auge des Betrachters. Du hast ja selbst ausgeführt, dass "Dinge passieren", also wertungsfrei (möglicherweise) deterministischen Gesetzmäßigkeiten folgen. Diese Betrachtungsweise finde ich keineswegs unsinnig - man muss aber erkennen, wozu sie gut ist und wozu nicht.
Auf (vermeintlichen) mikroskopischen Gesetzmäßigkeiten lässt sich keine Gesellschaftsform gründen, denn dafür muss man die makroskopischen Gesetzmäßigkeiten des Sozialverhaltens berücksichtigen. Und hier kann man Altruismus (auf ein Individuum bezogen) durchaus so definieren, wie du es getan hast. Es steht auch in keinem Widerspruch zu dem wertungsfreien, reduktionistischen Erklärungsmodell.
Hier liegt wohl auch die Quelle der vielen Missverständnisse: Ein Modell zur mikroskopischen Erklärung von Geschehnissen muss nicht leisten, daraus makroskopische Gesetzmäßigkeiten ableiten zu können, auch wenn es wünschenswert wäre. Ein makroskopisches Modell darf aber nicht im Widerspruch zu einem mikroskopischen Modell stehen, denn dann wäre eines der beiden falsch.

Nanna hat geschrieben:Dieses Egoismuskonzept, das ihr euch da zusammenfabuliert, funktioniert nur unter genau einer Bedingung, nämlich unter der, dass den Handlungsgründe eines Individuums a priori (und nicht a posteriori) das Ziel beidefiniert wird, Eigennutz zum Ziel zu haben, und zwar EGAL, was die Handlungsgründe sind, worauf sie abzielen und ob sie dem Individuum irgendeine Form von tatsächlichem Vorteil verschaffen.
Nein, woher sollte denn das "Ziel, Eigennutz zum Ziel zu haben", kommen? Eigennutz für was? Das Individuum? In Bezug worauf?
Die Beweggründe (und "Ziele"), die einem Individuum innewohnen, sind ja nicht aus ihm selbst heraus entstanden. Vielmehr kann man ein Individuum als "Gefäß" der oben genannten (ich nenne sie mal) überindividuellen Muster auffassen (Gene, Meme etc.). Aber diese Muster haben keine "Ziele", sondern sie sind bzw. passieren einfach. Und wenn sie "zufällig" so geartet sind, dass sie über die Zeit (und Generationen) fortbestehen, bezeichnet der Evolutionsbiologie sie als "erfolgreich", womit er keine Bewertung meint, sondern ein Charakteristikum. Deswegen ist das "Streben nach Eigennutz" nicht als Ziel eines Individuums zu sehen, sondern schlicht als Mechanismus, den die überindividuellen Muster mit sich bringen, und der nur deswegen existiert, weil er sich als "erfolgreich" herausgestellt hat. Der evolutionäre "Nutzen" besteht also nur darin, dass die Muster weiterbestehen. Der individuelle "Nutzen" kann davon durchaus verschieden sein, wie man an der "Nach mit die Sintflut"-Mentalität sieht. (Siehe auch Vollbreits Beispiel).

Man kann also evolutionären "Erfolg" erst in der Rückschau erkennen - nicht Erfolg eines Individuums, sondern Erfolg von Mustern. Das ist keine Verballhornung der Evolutionstheorie, sondern das IST die Evolutionstheorie. Giraffen haben einen langen Hals, nicht damit, sondern weil sie damit die hohen Zweige besser erreichen.

Vollbreit hat geschrieben:Ein Kriterium der Wissenschaftlichkeit, auf das sich immer wieder berufen wird, ist eben der Falsifikationismus. Sprich: Man stellt eine x-beliebige Theorie auf und diese muss falsifizierbar sein. Das heißt, es muss angegeben werden, was eintreten muss, damit diese Theorie nicht gilt. Kann man das nicht angeben, ist es – wenn man an den Falsifikationismus glaubt – keine wissenschaftliche Theorie.
Sicher ist auch die systemische Evolutionstheorie falsifizierbar. Dazu müsste man lediglich Geschehnisse beobachten, die ihr widersprechen. Sich solche hypothetsichen Geschehnisse auszudenken, empfinde ich allerdings als sehr schwierig (wenn man erstmal einer solchen Denkweise verhaftet ist :mg: ). Ein Beispiel wäre vielleicht die dauerhafte Existenz einer Art Lebewesen, die sich nicht selbst reproduzieren kann, sondern deren Vertreter stets an unterschiedlichen Stellen neu hervorgebracht werden. Ein solcher Mechanismus wäre nicht selbsterhaltend und müsste folglich schnell wieder verschwinden. Täte er das nicht, wäre die systemische Evolutionstheorie widerlegt.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Fr 4. Jan 2013, 12:04

fopa hat geschrieben:Sicher ist auch die systemische Evolutionstheorie falsifizierbar. Dazu müsste man lediglich Geschehnisse beobachten, die ihr widersprechen.


Jein.
Es ist die Aufgabe der Wissenschaft selbst Geschehnisse zu formulieren, die, wenn sie eintreten, die Idee widerlegen. Und daran hapert es bei allen Allaussagen oder allgemeiner, Existenzaussagen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Existenzaussage

fopa hat geschrieben:Sich solche hypothetsichen Geschehnisse auszudenken, empfinde ich allerdings als sehr schwierig (wenn man erstmal einer solchen Denkweise verhaftet ist :mg: ).


Schon klar, das ist das Symptom der Krankheit. ;-)

fopa hat geschrieben:Ein Beispiel wäre vielleicht die dauerhafte Existenz einer Art Lebewesen, die sich nicht selbst reproduzieren kann, sondern deren Vertreter stets an unterschiedlichen Stellen neu hervorgebracht werden. Ein solcher Mechanismus wäre nicht selbsterhaltend und müsste folglich schnell wieder verschwinden. Täte er das nicht, wäre die systemische Evolutionstheorie widerlegt.


Es geht mir darum, aufzuzeigen, dass man buchstäblich jedem, buchstäbliche jede Motivation aufs Auge drücken kann, die immer nach dem dargestellten Strickmuster funktioniert. Das kann noch so absurd sein.

Man braucht nur irgendein letztes oder übergeordnetes Prinzip zu unterstellen und als Bonus noch die Idee des unbewussten Prinzips einzuführen, dann hat man alles im Sack.

Was soll ich Dir nachweisen? Dass Du am liebsten Seiltänzer werden möchtest oder dass Du nach Gott strebst oder den ganzen Tag nur Essen willst?

Wenn Du sagst, Seiltänzer zu werden sei Dir nie in den Sinn gekommen, kann ich immer kontern: Da siehst Du mal wie unbewusst Dir das noch ist. Aber natürlich ist es so: Radfahren tust Du nur, weil es schon in die Richtung geht, auch da muss man Balance halten können, ein Anfang ist gemacht. Vielleicht wirst Du nie den Potential entfalten, aber Du bist ganz klar auf dem Weg dahin.

Es soll nicht geleugnet werden das Konkurrenz, Egoismus und so weiter auch zu den Prinzipien des Lebens gehört. Aber warum sollte das die einzige Motivation sein?
Es ist, wie AgentProvocateur (früher schon) und Nanna darstellten auch in meinen Augen ein fließendes Kontinuum von krassem Egoismus – den es auch bei Menschen tatsächlich gibt – bis hin zu krassem Altruismus.

Wer will sich denn allen Ernstes anmaßen, die Motivation eines Individuums besser zu kennen, als der Betreffende selbst? Im Grunde geht das, seit Freud wissen wir das, aber man braucht ganz einfach sehr gute Gründe dafür, die sich auch im Praktischen manifestieren müssen.

Im Praktischen heißt dabei, dass das alternative Erklärungsmodell die empirischen Befunde besser beschreibt und vor allem, dass es bessere Prognosen ermöglicht.
Prognosen sind bezogen auf die breite Zahl immer leichter möglich, als bezogen auf das Individuum, dass sich vor allem wenn es ein interessantes Individuum ist, vor allem auch durch Brüche und Widersprüche auszeichnet, die den Menschen individuell werden lassen.

Systemische Ansätze sind eine schöne Ergänzung zu individualistischen Ansätzen und bringen Licht in manches Dunkel, aber sie sind nicht mehr als eine weitere Brille, die man aufsetzen kann, wenn die Sicht durch andere Brillen keinen klareren Blick ermöglicht.

Warum sie über alles dominieren soll, ist mir vollkommen schleierhaft, zumal alle systemischen Ansätze dazu neigen, das Individuum zu verlieren.
Warum das gerade für so viele Brights attraktiv ist, die sich ja, wenn sie ethisch nicht völlig indifferent sind, gerne zum Humanismus bekennen, kann ich nicht nachvollziehen:

Wikipedia hat geschrieben:Der Humanismus beruht auf folgenden Grundüberzeugungen:[1]
1. Das Glück und Wohlergehen des einzelnen Menschen und der Gesellschaft bilden den höchsten Wert, an dem sich jedes Handeln orientieren soll.
2. Die Würde des Menschen, seine Persönlichkeit und sein Leben müssen respektiert werden.
3. Der Mensch hat die Fähigkeit, sich zu bilden und weiterzuentwickeln.
4. Die schöpferischen Kräfte des Menschen sollen sich entfalten können.
5. Die menschliche Gesellschaft soll in einer fortschreitenden Höherentwicklung die Würde und Freiheit des einzelnen Menschen gewährleisten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Humanismus


Könnte ich alles unterschreiben, wie elegant die Brücke zu den biologisierenden Prinzipien geschlagen werden kann, das kann ich allerdings weniger gut sehen.

Hinter der systemischen Evolutionstheorie steht ja erkennbar die Spieltheorie, die ja den Biologen Dawkins überhaupt erst nach oben gespült hat, auch wenn sich da aktuell wieder etwas in die Gegenrichtung bewegt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Evolution% ... ieltheorie
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Fr 4. Jan 2013, 12:50

pluspedia hat geschrieben:Der Ausdruck "Interesse" darf nicht missverstanden werden. Er wird in der Soziobiologie in einem sehr allgemeinen Sinn verwendet. Niemand denkt dabei daran, dass ein Elefant oder gar eine Auster bewusste Interessen entwickeln und ihre Fortpflanzungsstrategien bewusst anwenden. Das gilt im Übrigen auch für andere Ausdrücke, wie etwa "Egoismus" oder "egoistisch", die vielfach als Metaphern verwendet werden. In der Natur folgt nichts, auch keine Verhaltensweise, einer bestimmten Absicht. Wichtig ist nur, dass die Reproduktion gewährleistet wird. Es ist aber nicht möglich, dafür Begriffe außerhalb unserer Sprachkonvention zu finden.
(Hervorhebung von mir)
http://de.pluspedia.org/wiki/Systemisch ... pulationen


Ist denn der Mensch nicht auch Teil der Natur?
Und was bedeutet das nun? Folgt er seinen Genen? Oder Memen? (Oder Temen?) Oder vielleicht doch auch seinen eigenen Vorstellungen?

Ich halte dabei alles für wahr.
Wenn ich Auto fahre und aus einem bestimmten Grund ein bestimmtes Ziel erreichen will, dann halte ich es für groben Unfug da etwas primär Biologisierendes reinzuinterpretieren.
Wenn ich einen Freund besuche, mit dem ich Billard spiele, klar, dann kann ich das aus biologischer Sicht tun, um meinem Spieltrieb zu folgen, der den Nutzen hat meine motorischen und taktischen Fähigkeiten zu trainieren, ich könnte auch meine Beziehungen pflegen zum Zwecke der Kooperation (vielleicht brauche ich den Freund ja mal zum Umzug), gleichzeitig kann ich mich am fröhlichen Kräftemessen berauschen und so weiter. Das und 50 weitere Begründungen, bei denen man nie entscheiden kann, welche denn jetzt die eine oder die drei oder 13 dominanten sind, findet man immer.

Und dennoch kann ich eine Entscheidung aus freien und bewussten Stücken treffen, doch die Fahrt zum Freund und die Regeln des Spiels sind ganz einfach kulturelle Spiele. Ich muss die spielen, um heil anzukommen und den gebührenden Genuss beim Spiel zu erfahren. Also Meme.

Vielleicht hat mich aber auch mein Auto gezwungen mal wieder einen Grund zu suchen, um zu fahren, also Teme. Und klar, besteht meine Fahrerei zu 80% aus unbewussten, halbautomatischen Abläufen, die sich als irgendwelche automatisierten Schleifen im Gehirn und Bewusstsein niederschlagen.

Aber wem oder was folge ich denn nun, wenn ich mit dem Freund Billard spielen will?

Es lassen sich doch wirklich locker 50 gute Gründe finden und wer die nicht findet, dem fehlt es einfach an Phantasie. Die Frage wann eine Entscheidung als eine bewusste zu bezeichnen ist ist dabei sehr spannend und auch hier gibt es graduelle Abstufungen.

Die erste Hürde ist sicher die, dass man Gründe für sein Tun angeben muss.
Das kann der Pinguin nicht, der Mensch kann es immer.

Die zweite Hürde ist die, dass die Gründe die man sich zuschreibt, nicht unbedingt wahr sein müssen, auch dann nicht wenn man aufrichtig davon überzeugt ist.
Hier geht es eben darum, ob der Betreffende oder seine Beobachter die besseren Gründe (die von der Mehrzahl der im Diskurs Kompetenten anerkannt werden) vorlegen.

Die nächste Hürde ist, zu erkennen, wer, aus welchen Grund in der jeweiligen Diskussion als kompetent gelten darf. Hier wird es schon ziemlich kompliziert und die Reduktion auf Balzverhalten ist in diesem Kontext einfach nur noch lächerlich.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon fopa » Fr 4. Jan 2013, 13:56

Vollbreit hat geschrieben:Es ist die Aufgabe der Wissenschaft selbst Geschehnisse zu formulieren, die, wenn sie eintreten, die Idee widerlegen. Und daran hapert es bei allen Allaussagen oder allgemeiner, Existenzaussagen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Existenzaussage
Eine Existenzaussage zu widerlegen, ist aber meistens aufwendiger, als eine Allaussage zu widerlegen. Bei einer Allaussage brauchst du bloß ein Gegenbeispiel zu nennen. Um eine Existenzaussage zu widerlegen, bietet sich meistens eine Allaussage an, die zu beweisen schwierig sein kann. Handelt es sich bei dieser Allaussage um eine wissenschaftliche Theorie, lässt sie sich kaum beweisen, sondern, wie du gesagt hast, höchstens widerlegen (wiederum mit einem widersprechenden Existenzbeweis).
Bezogen auf die Allaussage der systemischen Evolutionstheorie habe ich eine hypothetische, widerlegende Existenzaussage formuliert. Die Menge solcher hypothetischen, widerlegenden Existenzaussagen ist unendlich - die Frage ist doch bloß, ob es Überschneidungen mit tatsächlichen (beobachtbaren) Geschehnissen gibt, denn nur mit solchen lässt sich die Allaussage widerlegen. Das Problem ist nicht die Formulierung der Falsifikation, sondern ihre Beobachtung.

Vollbreit hat geschrieben:Es geht mir darum, aufzuzeigen, dass man buchstäblich jedem, buchstäbliche jede Motivation aufs Auge drücken kann, die immer nach dem dargestellten Strickmuster funktioniert. Das kann noch so absurd sein.
[...]
Wenn Du sagst, Seiltänzer zu werden sei Dir nie in den Sinn gekommen, kann ich immer kontern: Da siehst Du mal wie unbewusst Dir das noch ist. Aber natürlich ist es so: Radfahren tust Du nur, weil es schon in die Richtung geht, auch da muss man Balance halten können, ein Anfang ist gemacht. Vielleicht wirst Du nie den Potential entfalten, aber Du bist ganz klar auf dem Weg dahin.
Wenn du mir sagst, ich wolle Seiltänzer werden, dann hast du in dem Moment ein Muster in meinem Gehirn erzeugt, das mich möglicherweise ein Seiltänzer werden wollen lässt - ob bewusst oder unbewusst. Es ist damit ein weiteres Muster, das Handlungen hervorrufen kann.
Vor deinem Ausspruch war dieses Muster aber noch nicht vorhanden und kann demnach auch kein Motivator für irgendwas gewesen sein.

Vollbreit hat geschrieben:Es lassen sich doch wirklich locker 50 gute Gründe finden und wer die nicht findet, dem fehlt es einfach an Phantasie.
Es geht nicht darum, irgendjemandem irgendeine Motivation "aufzudrücken". Es geht auch nicht darum, für eine konkrete Handlung konkrete Ursachen oder Gründe angeben zu können. Es geht um das Prinzip, den Mechanismus, der dem Ganzen zugrunde liegt.
Konrete Motivationen herauszufiltern, wäre wohl eher das Aufgabengebiet der Psychologie oder der Verhaltensforschung. Dabei muss man sich aber anderer Modelle bedienen als der systemischen Evolutionstheorie. Du wirst das (psychologische) Handwerkszeug sicher besser kennen als ich. Problematisch wird es, wie gesagt, erst dann, wenn Modelle miteinander unvereinbar sind, weil dann mindestens eines falsch sein muss.

Vollbreit hat geschrieben:Wenn ich Auto fahre und aus einem bestimmten Grund ein bestimmtes Ziel erreichen will, dann halte ich es für groben Unfug da etwas primär Biologisierendes reinzuinterpretieren.
Sehe ich auch so. Biologie ist schließlich bloß eine Erklärungsebene, die längst nicht alles erklären kann.

Vollbreit hat geschrieben:
pluspedia hat geschrieben:In der Natur folgt nichts, auch keine Verhaltensweise, einer bestimmten Absicht. Wichtig ist nur, dass die Reproduktion gewährleistet wird.
Ist denn der Mensch nicht auch Teil der Natur?
Und was bedeutet das nun? Folgt er seinen Genen? Oder Memen? (Oder Temen?) Oder vielleicht doch auch seinen eigenen Vorstellungen?
Natürlich ist der Mensch Teil der Natur. Aber was meinst du mit "eigenen Vorstellungen"?
Mit dem Satz "Und dennoch kann ich eine Entscheidung aus freien und bewussten Stücken treffen" implizierst du erstens einen freien Willen und zweitens eine Absicht oder ein Ziel. Es mag einem als Individuum so vorkommen, als gäbe es beides, und es mag für unser Zusammenleben sinnvoll sein, auf Basis eines solchen Modells miteinander umzugehen. Nimmt man es als Bestandteil eines Erklärungsmodell an, stößt man aber schnell auf Widersprüche zu naturwissenschaftlichen "Erkenntnissen" bzw. Erklärungsmodellen. Ich nehme an, diese Diskussion stand hier mehr als einmal auf der Tagesordnung. :)

Was ich noch einmal festhalten möchte: Ich glaube, für unser individuelles Empfinden und unsere sozialen Interaktionen ist ein Modell wie die systemische Evolutionstheorie ziemlich irrelevant, weil sie zu reduktionistisch ist, um derart komplexe Sachverhalte konkret beschreiben zu können. Das ändert aber nichts daran, dass die Mechanismen auf niederer Ebene (möglicherweise) sehr gut und wirklichkeitsnah beschreibt.
Meiner persönlichen Ansicht nach sollten Modelle für komplexere Ebenen (z.B. Psychologie) den grundlegenderen Modellen nicht widersprechen. Gleichwohl können sie trotzdem funktionieren, zumindest in einem gewissen Rahmen. Beispielsweise Esoterik, Astrologie, alternativmedizinische Behandlungsmethoden oder Mystik. Jeder muss sich selber fragen, ob er mit solchen Widersprüchen leben möchte.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Fr 4. Jan 2013, 16:44

fopa hat geschrieben:Eine Existenzaussage zu widerlegen, ist aber meistens aufwendiger, als eine Allaussage zu widerlegen. Bei einer Allaussage brauchst du bloß ein Gegenbeispiel zu nennen.


Hier reden wir etwas aneinander vorbei.
Die Allaussage ist sozusagen ein Untergebiet der Existenzaussage.
Prinzipiell sind Allaussagen zwar leicht zu widerlegen, eben durch das erste Individuum oder Element, was der Aussage nicht entspricht, aber es ja nicht möglich zu formulieren, woran man erkennen kann, dass ein Individuum nicht nach Nutzen strebt oder egoistisch handelt.
Denn buchstäblich immer kann man einem Individuum Egoismus unterstellen und man wird immer irgendwas finden.

Man muss also dieses ganze sich selbst immunisierende System hinterfragen und den Zirkel erkennen. Ein Abstraktionsschritt.



fopa hat geschrieben:Bezogen auf die Allaussage der systemischen Evolutionstheorie habe ich eine hypothetische, widerlegende Existenzaussage formuliert. Die Menge solcher hypothetischen, widerlegenden Existenzaussagen ist unendlich - die Frage ist doch bloß, ob es Überschneidungen mit tatsächlichen (beobachtbaren) Geschehnissen gibt, denn nur mit solchen lässt sich die Allaussage widerlegen. Das Problem ist nicht die Formulierung der Falsifikation, sondern ihre Beobachtung.



Du hattest geschrieben:
fopa hat geschrieben:Ein Beispiel wäre vielleicht die dauerhafte Existenz einer Art Lebewesen, die sich nicht selbst reproduzieren kann, sondern deren Vertreter stets an unterschiedlichen Stellen neu hervorgebracht werden.


Das geht nicht, da zum Begriff des Lebens schon die Reproduktion gezählt wird.
Ein Lebewesen, was sich nicht reproduzieren kann, wäre keines. Die kleinste Einheit des Lebens ist gewöhnlich die Zelle und für die gelten 5 bis 8 Faktoren, desjenigen was Leben definiert, Fortpflanzung gehört zwingend dazu und ist im Begriff leben analystisch enthalten.

fopa hat geschrieben:Wenn du mir sagst, ich wolle Seiltänzer werden, dann hast du in dem Moment ein Muster in meinem Gehirn erzeugt, das mich möglicherweise ein Seiltänzer werden wollen lässt - ob bewusst oder unbewusst. Es ist damit ein weiteres Muster, das Handlungen hervorrufen kann.
Vor deinem Ausspruch war dieses Muster aber noch nicht vorhanden und kann demnach auch kein Motivator für irgendwas gewesen sein.


Ja, aber Du wirst Dich ja abgrenzen können und wollen. Das Beispiel ist harmlos und absurd, aber Du würdest Dich sicher berechtigt zur Wehr setzen, wenn ich Dir willkürlich Einstellungen unterstellen würde, die Dich verärgern (weil sie beleidigend, ehrverletzend oder diskreditierende sind) von denen Du behaupten würdest, sie seien nicht Deine.


fopa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Es lassen sich doch wirklich locker 50 gute Gründe finden und wer die nicht findet, dem fehlt es einfach an Phantasie.
Es geht nicht darum, irgendjemandem irgendeine Motivation "aufzudrücken". Es geht auch nicht darum, für eine konkrete Handlung konkrete Ursachen oder Gründe angeben zu können. Es geht um das Prinzip, den Mechanismus, der dem Ganzen zugrunde liegt.


Ich finde 50, garantiert.
Es wird behauptet das Motiv allen Lebens sei der Egoismus. Dieser führt teilweise zum Altruismus, aber dieser Altruismus ist ein berechnender. Nett sein, um mehr für sich zu bekommen. Andere Motive für Altruismus währen unmittelbare Verwandtschaft, je näher, desto netter ist man und sich als Gönner zu sonnen, sonst gibt es da nichts.

Aber mal im Ernst: Sind die Ärzte ohne Grenzen, Lawinensuchmannschaften, Rettungssanis oder stille ehrenamtlich Tätige nur auf Ruhm und Ehre aus? Die meisten werden garantiert kein Bundesverdienstkreuz kriegen und tun es dennoch.

fopa hat geschrieben:Konrete Motivationen herauszufiltern, wäre wohl eher das Aufgabengebiet der Psychologie oder der Verhaltensforschung. Dabei muss man sich aber anderer Modelle bedienen als der systemischen Evolutionstheorie. Du wirst das (psychologische) Handwerkszeug sicher besser kennen als ich. Problematisch wird es, wie gesagt, erst dann, wenn Modelle miteinander unvereinbar sind, weil dann mindestens eines falsch sein muss.


Nicht unbedingt falsch, nur unangemessen.
Warum muss für einen Intellektuellendiskurs unbedingt dieselbe Gesetzmäßigkeit gelten, wie für das Balzverhalten der Seegurke? Die Idee ist doch schon völlig absurd. Warum will ein Massenmörder in Wirklichkeit dasselbe wie ein Chirurg? Warum sollte es nicht Menschen geben, die durchaus helfen wollen und wer möchte ihnen, die vielleicht große Opfer im Leben bringen erklären, sie seien in Wirklichkeit so egoistisch, wie jeder Kleinkriminelle, der nur auf seinen Vorteil bedacht ist?

Warum kann man nicht anerkennen, dass biologische Forschung zu sozialem Verhalten wirklich spannend ist und das Verhalten vieler Lebewesen erklärt, aber das des Menschen nur bedingt.
Es ist ja nicht so, dass es keinerlei Parallelen gäbe, die gibt es und bei Tanzen signalisieren wir sicher unsere Fitness, ebenso wenn wir im Überschwang der Verliebtheit die Partnerin hochheben und ihr zeigen, wie stark wir sind und vermutlich spielen auch die berühmten passenden Immunsysteme derentwegen man sich gut riechen kann eine Rolle (komisch nur, da die sich ja auch nicht ändern, wenn die Liebe aus ist, aber egal), alles ganz nett, nur eben reichlich reduktionistisch.

Das Wesen den Reduktionismus ist nicht, dass er falsch wäre oder nicht passt, sondern, dass er einfach immer passt. Er passt nie nicht. Wenn man eine Sinfonie schreibt, ist das eben Balzverhalten, sehr unökonomisch wo's doch ein Strauß Rosen auch täte.

Wenn man sieht, dass da irgendwo Grenzen sind, warum dann nicht einfach sagen, gut, bis hierhin ist die Biologie super, ab da, müssen wir nach anderem gucken. Was Dawkins beschreibt ist die Moral der „Büffel und Madenhacker, rote Röhrenblüten und Kolibris, Zackenbarsche und Putzerfische, Kühe und Mikroorganismen in ihrem Darm.“ (Dawkins)
Alles schön und gut, dass die gute Gründe für ihr Tun haben glaube ich nicht, dass gute Gründe gar nichts anderes als Rationalisierungen von etwas wären, was auch bei der Fäkalienproduktion 1 zu1 vorkommt, glaube ich noch viel weniger.

Meines Erachtens gibt es Überlappungen und Durchdringungen, Kultur und Natur motivieren uns beide, Freud hat es lang und breit beschrieben, der kompetente Umgang mit Sprache ändern noch einmal viel und so ist es in der Praxis eben so, dass die Biologie immer auch Motiv bleibt, aber mehr und mehr überformt wird, ohne je ganz zu verstummen, nur bekommen andere Impulse mehr und mehr Bedeutung, wie man z.B. bei Maslows Pyramide lesen kann:

Bild
(Quelle)
Aber das ist nur ein Modell von vielen, die in die gleiche Richtung weisen.

fopa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn ich Auto fahre und aus einem bestimmten Grund ein bestimmtes Ziel erreichen will, dann halte ich es für groben Unfug da etwas primär Biologisierendes reinzuinterpretieren.
Sehe ich auch so. Biologie ist schließlich bloß eine Erklärungsebene, die längst nicht alles erklären kann.


Ja und mehr will ich eigentlich auch gar nicht sagen.

fopa hat geschrieben:Natürlich ist der Mensch Teil der Natur. Aber was meinst du mit "eigenen Vorstellungen"?
Mit dem Satz "Und dennoch kann ich eine Entscheidung aus freien und bewussten Stücken treffen" implizierst du erstens einen freien Willen und zweitens eine Absicht oder ein Ziel.


Klar. Ich bin klar der Auffassung, dass der Mensch eine freien Willen hat.
Frei im Sinne des Kompatibilismus, d.h. der Mensch ist in der Lage, seine Vorgaben (über die er nicht bestimmen kann, wenn wir im Naturalismus bleiben) zu kennen und reflexiv zu steuern.
Jeder hat spontane Wünsche, bei entsprechend dargebotenen Reizen, aber er kann sich auch beherrschen, Impulskontrolle nennen die Psychos das.
Fällt die Impulskontrolle weitgehend (oder total) weg, nennt man das schwere Persönlichkeitsstörung ist die Impulskontrolle zu dominierend ist das oft eine Neurose.
Liegt sie so, dass man sich zwar aktuell beherrschen kann, aber sich den Wunsch später lustvoll erfüllen kann, wird das als gesund bezeichnet.

Wenn Du Zweifel am freien Willen hast, ist Agent Dein bester Partner, er wird Dich (vermutlich) von Gegenteil überzeugen.

fopa hat geschrieben:Es mag einem als Individuum so vorkommen, als gäbe es beides, und es mag für unser Zusammenleben sinnvoll sein, auf Basis eines solchen Modells miteinander umzugehen. Nimmt man es als Bestandteil eines Erklärungsmodell an, stößt man aber schnell auf Widersprüche zu naturwissenschaftlichen "Erkenntnissen" bzw. Erklärungsmodellen. Ich nehme an, diese Diskussion stand hier mehr als einmal auf der Tagesordnung. :)


In der Tat und ich glaube, dass in Wirklichkeit die Aussagen der Neurologen grauenhaft selbstwidersprüchlich sind.

fopa hat geschrieben:Was ich noch einmal festhalten möchte: Ich glaube, für unser individuelles Empfinden und unsere sozialen Interaktionen ist ein Modell wie die systemische Evolutionstheorie ziemlich irrelevant, weil sie zu reduktionistisch ist, um derart komplexe Sachverhalte konkret beschreiben zu können. Das ändert aber nichts daran, dass die Mechanismen auf niederer Ebene (möglicherweise) sehr gut und wirklichkeitsnah beschreibt.


So weit finde ich das ganz okay, solange man nicht den abermals reduktionistischen Fehler macht, zu behaupten, die biologische Ebene sei irgendwie richtiger, wahrer oder näher dran. Keinesfalls, sie ist einfach primitiver und kann genau deshalb gar nicht falsch gehen.
Vielleicht funktioniert all unser Verhalten auf einer noch grundlegenderen Ebene nach den Energieerhaltungssätzen der Thermodynamik, aber das sagt doch erst Recht nichts mehr aus.

Und anders herum ist es mindestens so richtig zu behaupten, dass das Bewusstsein die Basis von allem ist. Nicht im Sinne des Solipsismus, der Idee, dass die Welt auch ausgedacht sein könnte – ich halte das für vollkommen falsch – aber sehr wohl in dem Sinne, dass der Wunsch systematisch zu forschen, sich zu verorten, wo bin ich, wer bin ich, wie funktioniert das alles und so weiter immer schon und unhintergehbar genau jenes Ichbewusstseins voraussetzt, was dann im MRT angeblich in Streifen geschnitten und nie gefunden wird.
Rein logisch muss immer ein jemand forschen wollen, Affen betreiben keine Wissenschaft oder Philosophie.

fopa hat geschrieben:Meiner persönlichen Ansicht nach sollten Modelle für komplexere Ebenen (z.B. Psychologie) den grundlegenderen Modellen nicht widersprechen. Gleichwohl können sie trotzdem funktionieren, zumindest in einem gewissen Rahmen. Beispielsweise Esoterik, Astrologie, alternativmedizinische Behandlungsmethoden oder Mystik. Jeder muss sich selber fragen, ob er mit solchen Widersprüchen leben möchte.


Die Idee gerade von Systemtheorien ist ja, dass die einzelnen Systeme fundamental verschiedenen sind und sich ihre Sprachen gerade nicht übersetzen lassen. Die Sprache der sozialen Systeme ist gerade nicht die der Biologie.

Es ist auch hoch umstritten, dass Wissenschaft so fundamental anders ist.
Bei einer näheren Analyse dessen, was Wissenschaft angeblich ausmacht, wird man sehen können, dass die Wissenschaft selbst ziemlich unwissenschaftlich ist.

Da wäre einiges zu klären. Quine, einer großer Philosoph und Logiker hat geschrieben, der zwischen Philosophie und Naturwissenschaft keinen Unterschied sieht, hat auch geschrieben:
W.V.O. Qunie hat geschrieben:As an empiricist I continue to think of the conceptual scheme of science as a tool, ultimately, for predicting future experience in the light of past experience. Physical objects are conceptually imported into the situation as convenient intermediaries-not by definition in terms of experience, but simply as irreducible posits comparable, epistemologically, to the gods of Homer. For my part I do, qua lay physicist, believe in physical objects and not in Homer's gods; and I consider it a scientific error to believe otherwise. But in point of epistemological footing the physical objects and the gods differ only in degree and not in kind. Both sorts of entities enter our conception only as cultural posits. The myth of physical objects is epistemologically superior to most in that it has proved more efficacious than other myths as a device for working a manageable structure into the flux of experience.
From A Logical Point of View (1953), 44.


Der Punkt ist einfach - und Sellars ein anderer großer Philosoph und Naturalist, hat ihn ebenfalls skizziert - der, dass man von der Theorie des Empirismus ausgehend, selbst überhaupt nicht in Theorien reinkommt.
Zwei Stöcke nebeneinander zu halten und sie zu vergleichen, bringt mich nicht zum Begriff des Vergleichens. Auch die Einzeilteile des Ichs bringen mich nicht zum Ich, das stimmt schon, aber dass der Emprisimus nicht fähig ist, das zu fassen, was er immer schon selbst voraussetzt, sollte man eher diskret behandeln und still sterben lassen, anstatt damit hausieren zu gehen.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 4. Jan 2013, 18:38

xander1 hat geschrieben:Ich denke im Übrigen, dass man mit sowas wie gesellschaftliches Wunschdenken viel eher Menschen erreicht, als mit einer trockenen Naturalismustheorie.

Christen sind nämlich auch u.a. eine Interessengruppe, um in Ihrer Gruppe ein gesellschaftliches Wunschbild durchzusetzen.

Darth kann mir nicht erzählen, dass er keine Vorstellung hat für ein gesellschaftliches Wunschbild.

Gesellschaftliches Wunschdenken hat seinen Preis, oft einen sehr unmenschlichen, wenn sie zur Ideologie wird (und so ihr Wunschbild durchsetzt, ist es das wert?). Dass ich keine Vorstellung über die die idealste Gesellschaft hätte, habe ich nie erzählt. Ich hingegen habe aber erkannt, das die Bedingungen momentan nicht erfüllbar sind und es auch zugegeben. Diese wären nicht, dass alle Menschen egoistisch und empathisch werden (was sie zum Großteil ja schon sind). Es mangelt offensichtlich an Bildung, an Mut, sich alten Normen zu widersetzen, an Selbstreflexion. Macchiavellis Ausspruch, dass der Mensch grundsätzlich Böse (im damaligen moralischen Sinne) ist, verstehen die Leute bis heute nicht, weil sie es nicht wollen.
Nanna hat geschrieben:Und mir fallen genug Gegenbeispiele ein, wo Menschen, sowohl in offiziellen Positionen als auch im privaten Umfeld, jahrelang andere Menschen zu ihrem eigenen Vergnügen und Vorteil schlecht behandeln, in Saus und Braus leben und NIE zur Rechenschaft gezogen wurden. Wo hat da der Egoismus zur Kooperation geführt?

In diesen Fällen wohl gar nicht, aber ich bin auch niemand, der von einer himmlischen Gerechtigkeit redet oder an sie glaubt. Ich rede von Fällen, die überproportional sind (was Machtposition und Missbrauch dieser betrifft). Wenn dein Nachbar mit deiner Frau schläft und die es nicht zugeben, ist das eher ein persönliches Drama als eine Staatskrise oder ein Problem einer ganzen Spezies, die halbwegs geordnet miteinander leben will.
Nanna hat geschrieben:Übrigens, schon aus der Mathematik bekannt, EIN Gegenbeispiel, EIN schwarzer Schwan reicht, um eine Theorie zu widerlegen. Ich muss nicht jedes deiner Beispiele widerlegen, um die Nichtallgemeingültigkeit deiner Aussagen zu zeigen.

Das ist ja toll, wären meine Aussagen so formuliert, dass sie von 100 %ier Trefferquote, was Gerechtigkeit betrifft, handeln. Mir reicht die Trefferqoute einer DNA-Polymerase mit Proofreading-Funktion. Ich habe nicht den Aanspruch eines Messias, der alles gut und gerecht macht, sondern erkläre, was man besser tun könnte.
Vollbreit hat geschrieben:Der Weicheiegoismus ist eigentlich eine klar erkennbare Aussage einer Karikatur gewesen.

Und deswegen habe ich ebenso unseriös geantwortet. Daraus kannst du mir keinen Strick ziehen, weil ich mir selbst widerspräche, wenn ich dir ebenso antworte.
Vollbreit hat geschrieben:So ein Mensch muss sich, wie Nanna erwähnte keinesfalls um irgendwelche anderen kümmern.
Er kann Spaß am Quälen haben, es kann ihm vollkommen egal sein, ob er keine oder 100 Kinder in die Welt setzt und er kann auch einfach aus Lust heraus andere unterdrücken, drangasileren, vergewaltigen. Vielleicht nur ein Westentaschentyrann, vielleicht ein Stalin. Vielleicht einer der vielen die nie populär und auch nie erwischt werden.

Der Mensch an sich ist rachsüchtig genug, um solche Probleme oft selbst zu lösen. Wir müssen nicht so tun, als wäre jedes Handeln ohne Konsequenzen und solches ohne Strafe oder Ächtung in so vielen Fällen wahrscheinlich oder überhaupt möglich. Abgesehen davon will ich wissen, welche Moral der Welt so einen Menschen unter Kontrolle hätte? Es geht mir darum zu formulieren, was dem Durchschnitt genügt, und nicht den unlösbaren Fällen. Was würdest du denn ergänzend vorschlagen? Jeden zu kastrieren? Ehebrecher zu steinigen? Damit würdest du eventuell einige deiner überproportional triebgesteuerten erwischen, aber der Masse an Menschen unrecht tun und grausam handeln.
Vollbreit hat geschrieben:Wie schon von Nanna erwähnt: Einer würde reichen, um die Theorie zu Fall zu bringen, aber es gibt Millionen.

Es ist keine abstruse Theorie, dass der Egoismus, Empathie und Verstand zum handeln reichen. Davon auszugehen, dass jeder Mensch ein potentieller Vergewaltiger ist, sobald man ihm nicht immer sagt, was er tun soll, ist hingegen irrsinnig.
Vollbreit hat geschrieben:Doch von diesem Spiel mal abgesehen, weiterhin bist Du im Selbstwiderspruch.
Ist das egoistische Spiel der cleveren, kooperativen Art und eines der schlauen Elite, der Strategen hinter denen, die Du Fußvolk nennst oder ist es das Verhalten von allem was lebt?

Der Egoismus hat unterschiedliche Ausprägungen, erkennbar an unterschiedlichen Lebensstilen von unterschiedlichen Spezies. Manche sind Einzelgänger, andere wie der Mensch sind soziale Wesen. Die sozialen Wesen müssen intuitiv und auch bewusst viel mehr beachten, was Verhalten betrifft als die Einzelgänger. Somit ist der Mensch grundsätzlich ein Stratege. Du siehst, ich habe den vermeindlichen Widerspruch überwunden: Wir sind Strategen, da wir als Spezies in Gruppen leben (oder evolutionsbiologisch ausgedrückt: Wir mussten Strategen werden, um die Vorteile der Gruppe genießebn zu können).
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Fr 4. Jan 2013, 19:30

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Doch von diesem Spiel mal abgesehen, weiterhin bist Du im Selbstwiderspruch.
Ist das egoistische Spiel der cleveren, kooperativen Art und eines der schlauen Elite, der Strategen hinter denen, die Du Fußvolk nennst oder ist es das Verhalten von allem was lebt?

Der Egoismus hat unterschiedliche Ausprägungen, erkennbar an unterschiedlichen Lebensstilen von unterschiedlichen Spezies. Manche sind Einzelgänger, andere wie der Mensch sind soziale Wesen.


Okay.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die sozialen Wesen müssen intuitiv und auch bewusst viel mehr beachten, was Verhalten betrifft als die Einzelgänger. Somit ist der Mensch grundsätzlich ein Stratege. Du siehst, ich habe den vermeindlichen Widerspruch überwunden: Wir sind Strategen, da wir als Spezies in Gruppen leben (oder evolutionsbiologisch ausgedrückt: Wir mussten Strategen werden, um die Vorteile der Gruppe genießebn zu können).


Der Widerspruch ist durch eine weitere lose Behauptung ergänzt.
Es ging aber nicht um die Frage, ob Menschen Strategen sind – was auch immer das heißen soll – sondern, ob das egoistische Spiel nun ein elitäres ist oder eines von Zackenbarsch und Darmbakterien und überhaupt allem was lebt.

Deine Aussagen dazu sind, es sei ein Spiel allen Lebens und gleichzeitig das elitärer Strategen hinter dem Fußvolk und jetzt ist auf einmal jeder Mensch(?) ein Stratege?
Wer ist dann das Fußvolk?
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 5. Jan 2013, 10:39

Vollbreit hat geschrieben:Der Widerspruch ist durch eine weitere lose Behauptung ergänzt.

Für jemanden, der im Biologieunterricht nicht aufgepasst hat, sind es wohl lose Behauptungen. Ich kanns mir schon vorstellen:"Der Mensch lebt in Gruppen? Klar, und Schweine fliegen."
Es ging aber nicht um die Frage, ob Menschen Strategen sind – was auch immer das heißen soll – sondern, ob das egoistische Spiel nun ein elitäres ist oder eines von Zackenbarsch und Darmbakterien und überhaupt allem was lebt.

Das habe ich schon genügend beantwortet:
Darth Nefarius hat geschrieben:Der Egoismus hat unterschiedliche Ausprägungen, erkennbar an unterschiedlichen Lebensstilen von unterschiedlichen Spezies.

Soll heißen, dass sowohl Einzelgänger (also Krokodile und in extrem auch viele Einzeller) als auch soziale Tiere, die im Verband leben, ihre Strategie haben, um zu überleben, um zu wachsen, sich zu vermehren. Viele Wege führen nach Rom, aber dass sie alle nach Rom wollen, ist erkennbar (also, dass sie ale bestrebt sind, ihr Überleben zu sichern, was sich als Egoismus bezeichnen lässt). Falls dich das immer noch verwirrt: Ja, auch Darmbakterien sind Egoisten, Zackenbarsche ebenso. Was den Egoismus für uns interessant macht bei all seinen Ausprägungen ist diejenige, die der Mensch für sich entdeckt hat: der kooperative Egoismus.
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Re: Welche Charaktere von Mitmenschen wünschst du dir?

Beitragvon Vollbreit » Sa 5. Jan 2013, 11:44

Darth Nefarius hat geschrieben:Soll heißen, dass sowohl Einzelgänger (also Krokodile und in extrem auch viele Einzeller) als auch soziale Tiere, die im Verband leben, ihre Strategie haben, um zu überleben, um zu wachsen, sich zu vermehren.
Viele Wege führen nach Rom, aber dass sie alle nach Rom wollen, ist erkennbar (also, dass sie ale bestrebt sind, ihr Überleben zu sichern, was sich als Egoismus bezeichnen lässt).


Der Begriff des Egoismus wird von Dir so wachsweich und austauschbar benutzt, dass er am Ende keinerlei Bedeutung mehr hat, da er alle beliebigen annehmen kann.

Frisst der Löwe das Gnu, klar Egoismus.
Kooperieren Tiere, die das sonst nicht tun, in harten Wintern, Egoismus.
Quäl ich einen anderen aus Spaß an der Freude, Egoismus.
Befreie ich einen Gequälten aus den Händen des Sadisten, Egoismus.
Wenn ich mich als Bulimikerin zu Tode kotze, dann aus Egoismus.
Setz' ich als Feuerwehrmann täglich mein Leben aufs Spiel, Egoismus.
Bin ich Mutter Theresa, dann ist meine Motivation Egoismus.
Bin ich Märtyrer, dann aus Egoismus.
Bin ich ein anonymer Spender, dann spende ich aus Egoismus
(Obwohl dieses Verhalten in keine der vorgesehenen Kategorien passt: Man sonnt sich nicht öffentlich als Gönner, es muss kein Verwandter sein, dem man spendet und Ruhm und Gegengefallen bekommt man auch nicht – würde mich mal interessieren, wie man da auch noch den Egoismus reinpresst. Denn wir erinnern uns, dass es lediglich vier Gründe für Kooperation gibt:
Richard Dawkins hat geschrieben:Damit haben wir nun vier stichhaltige darwinistische Gründe, warum Individuen untereinander altruistisch, großzügig oder „moralisch“ handeln. Der erste betrifft den Sonderfall der Verwandtschaft. Der zweite ist die Gegenseitigkeit: Gefälligkeiten werden vergolten und in „Erwartung“ eines solchen Gegengefallens erwiesen. Darauf folgt sofort der dritte: der darwinistische Vorteil, den es bedeutet, wenn man sich de Rufe der Großzügigkeit und Freundlichkeit erwirbt. Und wenn Zahavi recht hat, gibt es viertens den speziellen, unmittelbaren Nutzen der zur Schau gestellten Großzügigkeit als Mittel, um für sich selbst authentische, unverfälschte Reklame zu machen.
(Dawkins, Der Gotteswahn, 2006, dt. Ullstein-TB, 2008, S.304)

Und ich kann ehrlich gesagt nicht erkennen, in welche der vier Kategorien der anonyme Spender fällt.
Du? Damit wäre das wohl widerlegt, oder?)

Mal ist Egoismus einfach nur Selbsterhalt (warum ist das Egoismus?), mal die kluge, gerissene Strategie der Strategen, mal ist es das Verhalten von allem was lebt, mal ist es egoistischer (unkooperativer) Egoismus mal kooperativer. Ja, was fällt denn nicht Egoismus unter Egoismus?

Warum muss auch ganz offenkundig altruistisches Verhalten unter den Begriff „Egoismus“ gebracht werden, ohne Not? Es zwingt die Biologen doch keiner genau einen Urtrieb zu finden, es könnte zwei, drei oder fünf geben.

Dann: Warum gibt man sich nicht mit biologisch Triebhaftem zufrieden, sondern weitet das Modell soziobiologisch dann noch auf den Menschen aus, ohne sich um die offenkundige Relevanz der Kultur zu kümmern?

Darth Nefarius hat geschrieben:Falls dich das immer noch verwirrt: Ja, auch Darmbakterien sind Egoisten, Zackenbarsche ebenso. Was den Egoismus für uns interessant macht bei all seinen Ausprägungen ist diejenige, die der Mensch für sich entdeckt hat: der kooperative Egoismus.


Nein, Darth, hättest Du im Biounterricht besser aufgepasst, dann wüsstest Du, dass nicht erst der Mensch den kooperierenden Egoismus für sich entdeckt hat (und auch, dass es um egoistische Gene und nicht egoistische Individuen geht und Du wüsstest ebenfalls welche Bedeutung die Spieltheorie in der Biologie hat. Mittlerweile habe ich tatsächlich den Eindruck gewonnen, dass Du das Konzept der egoistischen Gene überhaupt nicht verstanden hast. So sagenhaft schlecht und widersprüchlich wie Du kann man sich eigentlich nicht ausdrücken, wenn man es tatsächlich kapiert hat):
Richard Dawkins hat geschrieben:Die Reiche des Lebendigen sind voll von solchen Beziehungen auf Gegenseitigkeit: Büffel und Madenhacker, rote Röhrenblüten und Kolibris, Zackenbarsche und Putzerfische, Kühe und Mikroorganismen in ihrem Darm.
(Dawkins, Der Gotteswahn, 2006, dt. Ullstein-TB, 2008, S.300)
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