Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon stine » Fr 1. Feb 2013, 15:00

Nanna hat geschrieben:... am freien Medienmarkt entsprechende Blätter zu etablieren. Soll ich da etwa Mitleid haben?

1. Wir müssten vielleicht wirklich mal klären, was unter "rechts" landesüblich verstanden wird. Rechts und links sind Synonyme für eine bestimmte Denkweise. Die Bezeichnung kommt aber tatsächlich von der Einteilung der Sitze im Bundestag.
2. Es gibt solche Blätter, aber es sind oft Finanzblätter, die nur von Interessierten gelesen werden, weil sie sachlich bleiben und auf die übliche Polemik verzichten. Schon gar nicht findet man die Nackte auf Seite drei.
3. Es ist so, wie @Vollbreit geschrieben hat: Zum guten (gesellschaftlichen) Ton gehört die linke Rede.

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Fr 1. Feb 2013, 15:13

Und ein Problem ist natürlich der ausufernde zwangsfinanzierte öffentliche Rundfunk. In Österreich kriegst du ohne rotes Parteibuch beim ORF nicht mal ne Putzstelle.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Nanna » Fr 1. Feb 2013, 16:36

fopa hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:und darüberhinaus wundere ich mich, dass die marktfreudigen Rechtsliberalen es anscheinend (in der eigenen Wahrnehmung) nicht schaffen, am freien Medienmarkt entsprechende Blätter zu etablieren. Soll ich da etwa Mitleid haben?
Ich würde Nein sagen, wenn die Presse- und Meinungsfreiheit von allen Mitbürgern akzeptiert und zugestanden würde. Da dies leider nicht der Fall ist, sondern seitens (rechts-, aber insbesondere auch links-)extremer Gruppierungen zu anderen Mitteln gegriffen wird, liegt es eben nicht einfach nur an mangelndem Interesse seitens der Konsumenten.

Der Zusammenhang ist mir nicht ganz klar. Inwiefern werden rechte Medien durch die Extremisten am Markterfolg gehindert?

fopa hat geschrieben:Hinzu kommt, dass bei einer entsprechenden Unausgeglichenheit in der Medienlandschaft auch ein Meinungsdruck aufgebaut wird, der auch außerhalb der Medien deutlich spürbar wird. Das ist natürlich nicht gesetzeswidrig, aber nachdenklich machen sollte es schon.

Was ist denn Ausgeglichenheit? Wenn die Medienlandschaft in etwa die quantitative Verteilung der politischen Milieus abbildet? Das sollte tatsächlich der Markt regeln, indem zahlenmäßig starke Milieus hohe Auflagen und zahlenmäßig schwache Milieus geringe Auflagen bedingen. Oder ist Ausgeglichenheit, dass es für jede politische Ausrichtung eine gleichmäßige Verteilung der Medien gibt (so, als wäre das bei näherer Betrachtung ja schon verdammt schwache Modell des Rechts-Links-Schemas eine Balkenwaage, die eine Schieflage erreichen könnte)?

fopa hat geschrieben:Noch eine Frage: wo, bitte, gibt es in Deutschland überhaupt marktfreudige Rechtsliberale?

FDP?

stine hat geschrieben:1. Wir müssten vielleicht wirklich mal klären, was unter "rechts" landesüblich verstanden wird. Rechts und links sind Synonyme für eine bestimmte Denkweise. Die Bezeichnung kommt aber tatsächlich von der Einteilung der Sitze im Bundestag.

Die klassische rechte Politik wäre wirtschaftsliberal bei gleichzeitigem Wertkonservatismus (inklusive (Kultur-)Nationalismus). Die klassische linke Politik wäre sozial progressiv/permissiv und wirtschaftlich etatistisch. Mischformen gab's schon immer (der Nationalsozialismus beispielsweise, der gleichzeitig etatistisch UND wettbewerbsorientiert und auch zur selben Zeit sozial sehr progressiv und konservativ gleichermaßen war, also einerseits die moderne Rationalisierung befürwortete aber eben auch reaktionärstes, antiemanzipatorisches Sozialverhalten bejubelte), aber in sehr großer Unschärfe betrachtet hast du diese Einteilung heute noch in groben Zügen. Die Rechten setzen sich für konservative Familien- und Kulturvorstellungen ein bei gleichzeitiger Betonung der "Eigenverantwortung" (liegt meines Erachtens daran, dass die stärkeren Familienverbände in konservativen Kreisen viel von dem an sozialer Sicherung leistet, was die sozial progressivere aber damit auch atomisiertere Linke über den Staat regeln will/muss; im Grunde liegt dem ein klassischer Stadt-Land-Konflikt zugrunde, würde ich sagen), die Linken setzen auf individuelle Entfaltung der jeweils favorisierten Lebensgestaltung und betonen "Solidarität" dafür stärker (liegt eben daran, dass die primordialen Bindungen tendentiell schwächer sind und die Familie als soziales Sicherungssystem ausfällt).

stine hat geschrieben:2. Es gibt solche Blätter, aber es sind oft Finanzblätter, die nur von Interessierten gelesen werden, weil sie sachlich bleiben und auf die übliche Polemik verzichten. Schon gar nicht findet man die Nackte auf Seite drei.

Tja, so ist der Markt, nicht wahr?

stine hat geschrieben:3. Es ist so, wie @Vollbreit geschrieben hat: Zum guten (gesellschaftlichen) Ton gehört die linke Rede.

Ja... und? Sind die Rechten jetzt Opfer oder was?

provinzler hat geschrieben:Und ein Problem ist natürlich der ausufernde zwangsfinanzierte öffentliche Rundfunk. In Österreich kriegst du ohne rotes Parteibuch beim ORF nicht mal ne Putzstelle.

In der Privatisierung sehe ich nicht unbedingt eine Alternative, Sender wie Fox News tun einer Gesellschaft ja auch nicht gut. Aber die Öffentlich-Rechtlichen sind reformbedürftig, so viel ist sicher. Vielleicht wäre es ein Anfang, Werbung und die Erhebung von Einschaltsquoten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk komplett zu verbieten, so dass die mal wieder etwas mehr Freiheit erhalten, dem Zuschauer etwas zuzumuten.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Fr 1. Feb 2013, 17:36

Alles in allem liegt hier glaub ich eine interessante Gemengelage vor.

So hatte ich die letzten zwei, drei Jahren den Eindruck, dass liberal-konservative Ansichten wieder vermehrt Anklang finden. Ich halte es jedenfalls nicht für Zufall, dass ein Blättchen wie Eigentümlich Frei seit 15 Jahren zweistellige Zuwachsraten hat. Und das in einem Marktumfeld, in dem Zeitungsverkäufe stark rückläufig waren. Auch das Wahlergebnis der FDP von 2009 passt in diesen Kontext. Auch einen gewissen Trend zum Konservatismus meine ich in persönlichen Gesprächen festzustellen. Nur sind Konservative und Liberale im Normalfall nicht so gestrickt, dass sie das die Sozialisten jeglicher Coleur gern tun, als brüllende Meute durch die Gegend ziehen, und rumrandalieren. Das Ergebnis ist eine Art Neo-Biedermeier in einigen Gesellschaftsgruppen, man versucht sein eigenes Leben bestmöglich abzuschirmen, und wartet auf den großen Knall.
Ich würde auch nicht sagen, dass die Linken auf freie Lebensentfaltung pochen. Eher nach dem Motto: "Jeder darf so leben, wie die Regierung das gerne hätte". Bestes Beispiel ist die Ostblockinterpretation der Religionsfreiheit, die einen regierungsamtlich verordneten Atheismus bedeutete, und keine Freiheit in der Wahl der Weltanschauung. In eine ähnliche Richtung gehen die auf EU-Ebene immer wieder angeregten "Strafsteuern" für Fleischesser und ähnliche Bemühungen, die darauf abzielen, Menschen mit unerwünschten Lebensstilen finanziell abzustrafen. Letztlich gehts auch bei der Streiterei um Ehegattensplitting und Betreuungsgeld genau um diesen Punkt. Denn ohne Betreuungsgeld ist die öffentliche Finanzierung von Kitas nix andres als eine finanzielle Begünstigung eines aus idiologischen Gründen erwünschten Lebenstils zu Lasten unerwünschter. Und nur das Ehegattensplitting lässt Paare wirklich frei entscheiden, zu welchen Anteilen sie sich jeweils am Erwerb des Familieneinkommens beteiligen wollen, denn sonst wird eine ungleiche Verteilung durch die Steuerprogression finanziell bestraft.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich Fox News zu wenig aus erster Hand kenne, aber soweit ich weiß gibts da ja auch entsprechende politische Gegenspieler.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Gandalf » Fr 1. Feb 2013, 18:13

stine hat geschrieben:2. Es gibt solche Blätter, aber es sind oft Finanzblätter, die nur von Interessierten gelesen werden, weil sie sachlich bleiben und auf die übliche Polemik verzichten. Schon gar nicht findet man die


Ich denke das trifft es:

Zu viele deutsche Medien sind zu rot-grünen Umerziehungslagern verkommen.
Wer Fleisch isst, versaut das Weltklima, Beamte wissen besser als du selbst, was gut für dich ist. Die Steuern müssen rauf, die Kinder in die Krippe, denn Eltern schaden ihren Säuglingen wie sonst nur das Rauchen ihrer Gesundheit. Bitte nicht vergessen: Der Rhein-Tsunami bedroht deutsche Kernkraftwerke, Obama ist Gott, und wer gegen die Frauenquote ist, schändet auch Migranten am Arbeitsplatz. Viele Journalisten haben den Kontakt zur Lebenswirklichkeit verloren. Deswegen will man deren Phantasmorgasmen nicht mehr lesen.


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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon xander1 » Fr 1. Feb 2013, 18:29

Glaubt ihr wirklich, dass nur Parteien Einfluss auf unsere Medien ausüben?
Es gibt auch so Gruppen wie Attac oder Firmen die Schleichwerbung in den Medien verbreiten.
Selbst Blogs werden bezahlt für Schleichwerbung.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Nanna » Fr 1. Feb 2013, 22:25

provinzler hat geschrieben:Nur sind Konservative und Liberale im Normalfall nicht so gestrickt, dass sie das die Sozialisten jeglicher Coleur gern tun, als brüllende Meute durch die Gegend ziehen, und rumrandalieren. Das Ergebnis ist eine Art Neo-Biedermeier in einigen Gesellschaftsgruppen, man versucht sein eigenes Leben bestmöglich abzuschirmen, und wartet auf den großen Knall.

Ach, ich finde, dass Leute, die Mitte-links sind, als "Sozialisten [die als] brüllende Meute durch die Gegend ziehen und herumrandalieren" zu bezeichnen, schon ziemlich was von einer randalierenden Ausdrucksweise hat. Aber jedem das Spiegelbild, das er gern sehen möchte. ;-)
Und wer sagt denn, dass der große Knall die Befreiung der Konservativen vom "Sozialismus" bringt? Wenn occupy reloaded in zehn Jahren eine richtige Revolution anzetteln würde, könnte es genauso in eine ganz andere Richtung gehen. Das junge, urbane Milieu, das man z.B. bei den Piraten sieht, hat teilweise noch deutlich "sozialistischere" Vorstellungen als der Mainstream.

provinzler hat geschrieben:Ich würde auch nicht sagen, dass die Linken auf freie Lebensentfaltung pochen. Eher nach dem Motto: "Jeder darf so leben, wie die Regierung das gerne hätte". Bestes Beispiel ist die Ostblockinterpretation der Religionsfreiheit, die einen regierungsamtlich verordneten Atheismus bedeutete, und keine Freiheit in der Wahl der Weltanschauung.

Genau, weil man ja als Christ im Alltag von nicht vorzustellender Diskriminierung gebeutelt ist. Man darf sein Kind nicht in weltanschauliche Kindergärten stecken, wer Sonntags in die Kirche geht hat keine Chance auf eine Anstellung oberhalb von Reinigungskraft für Hafenarbeiterlatrinen und wenn als Raucher das Pech hat, ins Krankenhaus zu müssen, wird man vom BND eingesackt und in eine geschlossene Entzugsklinik gesteckt. Darf ich jetzt lachen? :crazy:

provinzler hat geschrieben:In eine ähnliche Richtung gehen die auf EU-Ebene immer wieder angeregten "Strafsteuern" für Fleischesser und ähnliche Bemühungen, die darauf abzielen, Menschen mit unerwünschten Lebensstilen finanziell abzustrafen. Letztlich gehts auch bei der Streiterei um Ehegattensplitting und Betreuungsgeld genau um diesen Punkt. Denn ohne Betreuungsgeld ist die öffentliche Finanzierung von Kitas nix andres als eine finanzielle Begünstigung eines aus idiologischen Gründen erwünschten Lebenstils zu Lasten unerwünschter. Und nur das Ehegattensplitting lässt Paare wirklich frei entscheiden, zu welchen Anteilen sie sich jeweils am Erwerb des Familieneinkommens beteiligen wollen, denn sonst wird eine ungleiche Verteilung durch die Steuerprogression finanziell bestraft.

Die "unerwünschten" Lebensstile haben halt das eingebaute Problem, reale Opportunitätskosten zu verursachen und der Staat hat - wofür du ein gewisses Verständnis aufbringen können solltest - kein übermäßiges Verständnis dafür, diese über die Maßen mitzufinanzieren (zu sozialisieren, das ist doch das, wogegen Libertäre prinzipiell auch sind). Beim Fleisch kommt hinzu, dass Fleisch kein Rohstoff wie Granit ist, sondern besondere Verantwortung mit sich bringt, weil dafür Lebewesen getötet werden, ganz abgesehen von der Tatsache, dass bisher niemand eine Möglichkeit gefunden hat, Umweltschäden durch Fleischerzeugung realistisch einzupreisen. Keiner würde mehr öfter als einmal in der Woche Fleisch kaufen können, wenn das der Fall wäre.

Die öffentliche Finanzierung der Kitas weiterhin hat auch sehr viel damit zu tun, dass der liebe Kapitalismus nach Arbeitskräften lechzt und längere Phasen des Fernbleibens von der Arbeit für Frauen die ohnehin schon weniger rosig als bei Männern gestreuten Arbeitsmöglichkeiten verringert. Und beim Ehegattensplitting reden wir über Paare, nicht über Familien, also verschleiere das nicht, indem du über ein "Familieneinkommen" sprichst. Warum muss ein Paar heiraten, um steuerliche Gleichbehandlung zu erfahren? Ich bin voll dafür, Kinder zu subventionieren (von mir aus auch, wenn einer der Partner zuhause bleibt), aber alle Leute ohne Kinder sollen bitteschön gleich behandelt werden, egal ob sie jetzt gerade verpartnert sind oder nicht. Denn in der derzeitigen Form tut das Ehegattensplitting genau das, was du beklagst, nämlich den Alleinverdienerlebensstil gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens zu subventionieren. Wenn du schon für ein lebensstilneutrales Steuersystem bist, dann müssen konsequenterweise auch die Privilegien für Konservative fallen.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Fr 1. Feb 2013, 23:08

Nanna hat geschrieben:Ach, ich finde, dass Leute, die Mitte-links sind, als "Sozialisten [die als] brüllende Meute durch die Gegend ziehen und herumrandalieren" zu bezeichnen, schon ziemlich was von einer randalierenden Ausdrucksweise hat. Aber jedem das Spiegelbild, das er gern sehen möchte. ;-)

Ja, verbal wird schon gelegentlich mal aufn Putz gehauen, stimmt schon. Aber dass Konservative oder Libertäre irgendwo Regierungsgebäude besetzt hätten, oder mit Protesten eine Behörde lahmlegen wäre mir neu.

Nanna hat geschrieben:Und wer sagt denn, dass der große Knall die Befreiung der Konservativen vom "Sozialismus" bringt? Wenn occupy reloaded in zehn Jahren eine richtige Revolution anzetteln würde, könnte es genauso in eine ganz andere Richtung gehen. Das junge, urbane Milieu, das man z.B. bei den Piraten sieht, hat teilweise noch deutlich "sozialistischere" Vorstellungen als der Mainstream.

Das ist richtig, wir wissen nicht wohin die Reise gehen wird. Da Sozialimus aber inhärent dysfunktional ist, wirds dann halt irgendwann erneut knallen. Schließlich haben wir hier keine Ölvorkommen, mit deren Einnahmen man Misswirtschafts zukleistern kann.

Nanna hat geschrieben:Genau, weil man ja als Christ im Alltag von nicht vorzustellender Diskriminierung gebeutelt ist. Man darf sein Kind nicht in weltanschauliche Kindergärten stecken, wer Sonntags in die Kirche geht hat keine Chance auf eine Anstellung oberhalb von Reinigungskraft für Hafenarbeiterlatrinen und wenn als Raucher das Pech hat, ins Krankenhaus zu müssen, wird man vom BND eingesackt und in eine geschlossene Entzugsklinik gesteckt. Darf ich jetzt lachen? :crazy:

Ich sprach von der Situation im realen Sozialismus Osteuropas. Und von ähnlichen Tendenzen heutigentags in bestimmten Bereichen.


Nanna hat geschrieben:Die "unerwünschten" Lebensstile haben halt das eingebaute Problem, reale Opportunitätskosten zu verursachen und der Staat hat - wofür du ein gewisses Verständnis aufbringen können solltest - kein übermäßiges Verständnis dafür, diese über die Maßen mitzufinanzieren (zu sozialisieren, das ist doch das, wogegen Libertäre prinzipiell auch sind). Beim Fleisch kommt hinzu, dass Fleisch kein Rohstoff wie Granit ist, sondern besondere Verantwortung mit sich bringt, weil dafür Lebewesen getötet werden, ganz abgesehen von der Tatsache, dass bisher niemand eine Möglichkeit gefunden hat, Umweltschäden durch Fleischerzeugung realistisch einzupreisen. Keiner würde mehr öfter als einmal in der Woche Fleisch kaufen können, wenn das der Fall wäre.

Wir können diese "Schäden" nicht mal seriös beziffern, also ist das Quatsch. Mit welchem Recht maßt du dir an, mir vorschreiben zu wollen, wie oft ich Fleisch esse? Findest du das nicht reichlich anmaßend.

Nanna hat geschrieben:Die öffentliche Finanzierung der Kitas weiterhin hat auch sehr viel damit zu tun, dass der liebe Kapitalismus nach Arbeitskräften lechzt und längere Phasen des Fernbleibens von der Arbeit für Frauen die ohnehin schon weniger rosig als bei Männern gestreuten Arbeitsmöglichkeiten verringert.

Will ich gar nicht bestreiten, dass auf kurze Sicht auch die Industrie meint zu profitieren.

Nanna hat geschrieben:. Denn in der derzeitigen Form tut das Ehegattensplitting genau das, was du beklagst, nämlich den Alleinverdienerlebensstil gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens zu subventionieren

Das ist nun eine völlige Verdrehung der Realität, denn jetzt zahlt ein Paar das 10.000€ im Monat verdient immer gleich viel Steuern. Im von dir präferierten Modell müsste ein Paar mit ungleicher Einkommensverteilung weit mehr zahlen, der von den pathologischen Neidhammeln protegierten progressiven Einkommenssteuer sei dank. Das ist noch nichtmal eine Steuererleichterung, sondern lediglich eine Gleichstellung. Ganz abgesehen davon, dass der Verzicht auf einen Teil des erpressten SChutzgeldes keine Subvention und kein "Geschenk" ist.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Nanna » Sa 2. Feb 2013, 03:23

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Ach, ich finde, dass Leute, die Mitte-links sind, als "Sozialisten [die als] brüllende Meute durch die Gegend ziehen und herumrandalieren" zu bezeichnen, schon ziemlich was von einer randalierenden Ausdrucksweise hat. Aber jedem das Spiegelbild, das er gern sehen möchte. ;-)

Ja, verbal wird schon gelegentlich mal aufn Putz gehauen, stimmt schon. Aber dass Konservative oder Libertäre irgendwo Regierungsgebäude besetzt hätten, oder mit Protesten eine Behörde lahmlegen wäre mir neu.

Das ist nicht deren erste Wahl, nein, aber das wäre auch verwunderlich, gerade wenn man die Grundbedeutung von "konservativ" beachtet.

provinzler hat geschrieben:Das ist richtig, wir wissen nicht wohin die Reise gehen wird. Da Sozialimus aber inhärent dysfunktional ist, wirds dann halt irgendwann erneut knallen. Schließlich haben wir hier keine Ölvorkommen, mit deren Einnahmen man Misswirtschafts zukleistern kann.

Die Frage ist, ab wann man eine Wirtschaft als Misswirtschaft bezeichnet. Es gibt ja keine objektive Skala, anhand derer man das ablesen kann. Letztlich ist das ja komplett relativ, also in dem Sinne, dass man unterschiedliche Volkswirtschaften in ihrem Erfolg vergleichen kann, aber nicht sagen kann, wo im Gesamtbild sich alle befinden. Bei dir scheinen die meisten real existierenden Wirtschaften im Bereich Misswirtschaft angesiedelt zu sein, mit graduellen Unterschieden natürlich. Was für Kriterien würdest du denn aufstellen, die eine funktionierende Wirtschaft mindestens erfüllen muss?

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Die "unerwünschten" Lebensstile haben halt das eingebaute Problem, reale Opportunitätskosten zu verursachen und der Staat hat - wofür du ein gewisses Verständnis aufbringen können solltest - kein übermäßiges Verständnis dafür, diese über die Maßen mitzufinanzieren (zu sozialisieren, das ist doch das, wogegen Libertäre prinzipiell auch sind). Beim Fleisch kommt hinzu, dass Fleisch kein Rohstoff wie Granit ist, sondern besondere Verantwortung mit sich bringt, weil dafür Lebewesen getötet werden, ganz abgesehen von der Tatsache, dass bisher niemand eine Möglichkeit gefunden hat, Umweltschäden durch Fleischerzeugung realistisch einzupreisen. Keiner würde mehr öfter als einmal in der Woche Fleisch kaufen können, wenn das der Fall wäre.

Wir können diese "Schäden" nicht mal seriös beziffern, also ist das Quatsch. Mit welchem Recht maßt du dir an, mir vorschreiben zu wollen, wie oft ich Fleisch esse? Findest du das nicht reichlich anmaßend.

Mal davon abgesehen, dass wir eine ausreichend beängstigende Vorstellung davon haben, was das ganze Methan aus Rindermägen mit der Atmosphäre macht, finde ich "Wir können nicht auf den Cent genau ausrechnen, ob es nur schlimm oder katastrophal wird" ein bisschen arg am Thema vorbei und als Gegenargument eher... dürftig, wenn ich's vorsichtig sagen soll.
Ansonsten will ich dir überhaupt nicht vorschreiben, wie oft du Fleisch essen darfst, ich will nur, dass du dein libertäres Gerede vom Verursacherprinzip ernst nimmst und für die Schäden aufkommst, die durch die Fleischerzeugung entstehen und die über die Umweltschäden auf die physisch umfassendst mögliche Weise sozialisiert werden. Wenn du mir dafür ein gangbares Modell liefern kannst (was du ja selber eher auszuschließen scheinst) darfst du anfangen, mir was von Anmaßung zu erzählen, wenn du dich darüber beschwerst, dass andere Leute sich den Kopf darüber zerbrechen, wie wir unser gemeinsames Biotop retten können.

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Die öffentliche Finanzierung der Kitas weiterhin hat auch sehr viel damit zu tun, dass der liebe Kapitalismus nach Arbeitskräften lechzt und längere Phasen des Fernbleibens von der Arbeit für Frauen die ohnehin schon weniger rosig als bei Männern gestreuten Arbeitsmöglichkeiten verringert.

Will ich gar nicht bestreiten, dass auf kurze Sicht auch die Industrie meint zu profitieren.

Aber auf die lange Sicht weißt du es besser? Rechne mal vor.

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Denn in der derzeitigen Form tut das Ehegattensplitting genau das, was du beklagst, nämlich den Alleinverdienerlebensstil gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens zu subventionieren

Das ist nun eine völlige Verdrehung der Realität, denn jetzt zahlt ein Paar das 10.000€ im Monat verdient immer gleich viel Steuern. Im von dir präferierten Modell müsste ein Paar mit ungleicher Einkommensverteilung weit mehr zahlen, der von den pathologischen Neidhammeln protegierten progressiven Einkommenssteuer sei dank. Das ist noch nichtmal eine Steuererleichterung, sondern lediglich eine Gleichstellung. Ganz abgesehen davon, dass der Verzicht auf einen Teil des erpressten Schutzgeldes keine Subvention und kein "Geschenk" ist.

Ich sehe da keine Gleichstellung. Warum sollte der Staat einem verheirateten Paar einem relativen Vorteil gegenüber einem unverheirateten Paar gewähren? Dadurch wird doch eindeutig staatlich gefördert, dass Leute heiraten und ein Partner arbeiten geht, während der andere daheim bleibt und sich, so ist es zumindest intendiert, sich um die Kinder kümmert. Nun bin ich ja absolut dafür, dass Kindererziehung erleichertert wird/bleibt, aber ich sehe keinen Grund, warum ein verheiratetes kinderloses Paar seinen Lebensstil gegenüber anderen Lebensgemeinschaften bevorzugt bekommen soll.

provinzler hat geschrieben:Konservative Privilegien wie die Subventionen für Dauer-leere Theater können dafür meinetwegen gerne fallen.

Wir können auch nie einer Meinung sein bei sowas, hm?
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon fopa » Sa 2. Feb 2013, 07:44

Nanna hat geschrieben:Inwiefern werden rechte Medien durch die Extremisten am Markterfolg gehindert?
Ich sagte es schon: Linksextreme greifen zu Mitteln der Gewalt: Sachbeschädigungen an Redaktionsgebäuden und Eigentum (Autos) der Redaktionsmitglieder, Drohungen, Hetzaufrufe mit Klarnamen etc.

Nanna hat geschrieben:Was ist denn Ausgeglichenheit? Wenn die Medienlandschaft in etwa die quantitative Verteilung der politischen Milieus abbildet? Das sollte tatsächlich der Markt regeln, indem zahlenmäßig starke Milieus hohe Auflagen und zahlenmäßig schwache Milieus geringe Auflagen bedingen.
Der Ansicht bin ich auch. Problematisch wird es eben dann, wenn zu unrechtmäßigen Mitteln gegriffen wird, was den Wettbewerb verzerrt. Ein Beispiel dafür wäre auch, dass die Deutsche Post sich geweigert hatte, Werbung für die NPD zu verteilen, die bislang noch eine Partei wie jede andere ist. Soll doch jeder mündige Bürger selbst feststellen, dass ihre Positionen nicht wählbar sind.

Nanna hat geschrieben:
fopa hat geschrieben:Noch eine Frage: wo, bitte, gibt es in Deutschland überhaupt marktfreudige Rechtsliberale?
FDP?
Du hast anscheinend eine andere Vorstellung von "rechts" als ich. :wink:
Rechtsliberale Parteien gibt es in unseren Nachbarländern Niederlande, Dänemark, Belgien, Schweiz etc.
Die FDP ist marktliberal, aber ich erkenne nicht einmal eine Tendenz nach rechts. Aber wie gesagt, es ist die Frage, wo man die Mitte definiert.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Sa 2. Feb 2013, 10:14

Nanna hat geschrieben:Die Frage ist, ab wann man eine Wirtschaft als Misswirtschaft bezeichnet. Es gibt ja keine objektive Skala, anhand derer man das ablesen kann. Letztlich ist das ja komplett relativ, also in dem Sinne, dass man unterschiedliche Volkswirtschaften in ihrem Erfolg vergleichen kann, aber nicht sagen kann, wo im Gesamtbild sich alle befinden. Bei dir scheinen die meisten real existierenden Wirtschaften im Bereich Misswirtschaft angesiedelt zu sein, mit graduellen Unterschieden natürlich. Was für Kriterien würdest du denn aufstellen, die eine funktionierende Wirtschaft mindestens erfüllen muss?

Stimmt die meisten Staaten heute sind zwar nicht sozialistisch, dafür aber stark korporatistisch organisiert, also der Allianz von big business und big government. Grob gesagt schaffen dabei die Politiker den genehmen Großgesellschaften durch Überregulierung lästige Konkurrenz vom Hals (aktuelles Beispiel: Finanzsektor) und bekommen dafür Bestechungsgelder in Form von Aufsichtsratspöstchen, Beraterverträgen oder hochbezahlten Sinnlosvorträgen. Dass auch in korporatistischen Gesellschaften extreme Fehlallokationen stattfinden, ist einleuchtend.

Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen, dass wir eine ausreichend beängstigende Vorstellung davon haben, was das ganze Methan aus Rindermägen mit der Atmosphäre macht, finde ich "Wir können nicht auf den Cent genau ausrechnen, ob es nur schlimm oder katastrophal wird" ein bisschen arg am Thema vorbei und als Gegenargument eher... dürftig, wenn ich's vorsichtig sagen soll.

Nein, wir haben keine rechte Vorstellung. Im Grunde wird eigentlich nur rumgerätselt. Vor nicht allzu langer Zeit (grad mal 30 Jahren) sprach man noch von neuer Eiszeit, heute faselt von Erwärmung, in 10 Jahren wohl wieder von Eiszeit. In einem Rechtsstaat musst du einen Schaden beziffern können, wenn du ihn vergütet haben willst. Die Nachweispflicht über die Höhe liegt bei dir, nicht bei mir.

Nanna hat geschrieben:Aber auf die lange Sicht weißt du es besser? Rechne mal vor.

Ich "weiß" gar nix besser. Ich hab nur immer stärkere Zweifel, ob der Nachwuchs in den angedachten Massendeponien wirklich so gedeiht, wie sich die Propaganda das vorstellt. Das Niveau der Staatsschulen ist im Keller. Vielfach wird das von den Elternhäusern noch aufgefangen, aber wenn das nicht mehr passiert?

Nanna hat geschrieben:Ich sehe da keine Gleichstellung. Warum sollte der Staat einem verheirateten Paar einem relativen Vorteil gegenüber einem unverheirateten Paar gewähren?

Weil ein verheiratetes Paar auch gewisse Verpflichtungen füreinander eingeht, beispielsweise eine Unterhaltspflicht, falls einer von beiden seinen Job verliert, oder gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten (soll ja auch bei jüngeren Menschen bisweilen zu Pflegebedürftigkeit kommen). Dann zahlt erstmal der Partner und dann erst der Staat.
Zuletzt geändert von provinzler am Sa 2. Feb 2013, 10:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon stine » Sa 2. Feb 2013, 10:24

Nanna hat recht: Wir haben nicht nur eine durch die Presse genährte öffentliche Meinung, sondern auch die Generation der verwestlichten Ostdeutschen und wir haben Lehranstalten, die ganz bewusst den abhängigen Zöglingen ihr Gedankengut aufs Auge drücken. Wenn ich mal an die Schullektüren meiner Kinder denke, da ist nichts dabei, was auch nur annähernd aufbauen und selbstbewusst machen würde. In den Schulen wird schon die Kultur der Betroffenheit, der Niederdrückung und der Volksstarre vermittelt. Wer nicht durch sein Elternhaus gestärkt die Schule überstehen kann, ist arm dran.

Nanna hat geschrieben:Genau, weil man ja als Christ im Alltag von nicht vorzustellender Diskriminierung gebeutelt ist. Man darf sein Kind nicht in weltanschauliche Kindergärten stecken, wer Sonntags in die Kirche geht hat keine Chance auf eine Anstellung oberhalb von Reinigungskraft für Hafenarbeiterlatrinen und wenn als Raucher das Pech hat, ins Krankenhaus zu müssen, wird man vom BND eingesackt und in eine geschlossene Entzugsklinik gesteckt. Darf ich jetzt lachen? :crazy:
Ich weiß, das sollte komisch sein, aber vielleicht bist auch du auf einem Auge blind.
Menschen(massen) zu führen wird immer notwendig sein, aber ob nun eine poltische Führung angestrebt wird, die mit starren Regeln und juristischem Vollzug hantiert oder ob man Menschen nur den Einen voranstellt, der es schon richten wird, wenn man sich nur selbst bemüht und dabei die Regeln der Selbstbestimmung gelten lässt, ist schon ein Unterschied.

Kinderkrippe oder selbstbestimmtes Elternrecht spielt dabei eine erhebliche Rolle. Der Vorwand "bildungsferne Familien" stützen zu wollen ist doch herbeigelogen, denn das könnte man auch anders erreichen. Wir haben zur Zeit, und das wird immer deutlicher, noch eine ehemalige Ostdenke zu überwinden.

Klientel-Politik, wie man sie der FDP gerne unterstellt, findet sich bei den Sozialisten noch viel ärger: Erst gibt man den Gewerkschaften Machtmittel in die Hand, die ganze Strukturen in die Knie zwingen und dann sponsert man die in die Knie gegangenen maroden Konzerne bis hin zum Staatsbetrieb. Wenn da kein System dahinter steckt, dann weiß ich auch nicht.

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Sa 2. Feb 2013, 10:42

stine hat geschrieben:Es ist so, wie @Vollbreit geschrieben hat: Zum guten (gesellschaftlichen) Ton gehört die linke Rede.


Ganz so habe ich es nicht gemeint.
Ich finde nicht, dass unsere Medienlandschaft hart links dominiert ist.
Allerdings ist es wesentlich leichter in Deutschland eine “rechten” Fehltritt zu begehen, bei dem man teilweise auch nach angestrengter Recherche nicht rausfindet, worin den der Fehltritt gelegen haben soll. Man kann das “Faszinosum Hitler” erwähnen und ist diskreditiert. Wie nach der Massenvermaktung durch 1000 Folgen Guido Knopp inklusive “Hitlers willige Darmbakterien” man der Meinung sein kann, Hitler sei kein Faszinosum ist mir weiterhin unklar.

Wenn sich die m.E. viel zu großen Anteile Linksextremer der Linkspartei sehnsüchtig offen oder hinter vorgehaltener Hand die Stasi zurückwünscht oder gar anmerken, Stalin sei nicht nur schlecht gewesen, bleibt das erschreckend folgenlos.
Es ist ja ein alter Hut, dass man sich nur “Antifa” nennen muss und schon wird gerne mal alles durchgewunken. Die Partei mit dem wendigen Gysi und den netten jungen Frauen, hat übrigens das höchste Durchschnittsalter der Wähler. Wie kann das nur kommen? Doch wohl nicht, weil es eine Partei altstalinistischer greiser Männer ist, die in Hinterzimmer die gute alte Zeit beweinen, oder doch?

Ansonsten gehören rechtsliberale Thesen seit Jahren zum guten Ton. Westerwelle war mal vor Jahren der am häufigsten gebuchte Gast in Talshows, als die Republik noch linker war, ansonsten hat sich der Wirtschaftsliberalismus längst etabliert. Man braucht sich nur mal anzuschauen, welchen Raum und Stellenwert die Börsen, ihre Entwicklungen, ihre Experten und so weiter einnehmen.
Börse, das was mal was, was im Witschaftsteil der FAZ stattfand und ansonsten unter Kleingedrucktes ein Nischendasein führe, heute finden wird es ganz normal vom “Selfmanagement” zu reden und unsere Kinder (völlig irrational) für den Markt fit machen zu wollen und für jede albernen Leitzinssenkung einen roten “breaking news” Balken einzublenden. Die Daeinsberechtigung eines alten Menschen, der nichts mehr zum Bruttosozialprodukt beisteuert liegt in ...ähhh, also … worin nochmal? Alte Menschen sind zum “Kostenfaktor” geworden.

Man muss kein Linker sein, um das reichlich pervers zu finden. Man robbt sich da demütigst an ein System heran, dass dem Menschen auf seine Funktionsfähigkeit oder Marktauglichkeit degradiert. Das Leben als Perfomance, als perfekte Eigenwerbung, neuerdings erkennt man hier und da, dass ein Upgrade in soft skills, gar nicht so hinderlich ist. Toll.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Sa 2. Feb 2013, 10:57

provinzler hat geschrieben:Alles in allem liegt hier glaub ich eine interessante Gemengelage vor.

So hatte ich die letzten zwei, drei Jahren den Eindruck, dass liberal-konservative Ansichten wieder vermehrt Anklang finden.


Ein Eindruck den ich auch habe.
Man braucht nicht nur auf die Wirtschaft zu schauen. Großereignisse wie Papstwahl dun Fußball WM haben dafür gesorgt, dass man man sich wieder trauen durfte, Deutschlang nicht nur im Zusammenhang mit ewiger Schuld zu sehen.

provinzler hat geschrieben:Auch das Wahlergebnis der FDP von 2009 passt in diesen Kontext.


Ich denke eher die Konservativen mochten “Mutti” nicht und sind deshlab zum kleineren Übel gegangen. Der freie Fall der FPD ließ ja nicht lange auf sich warten.

provinzler hat geschrieben:Das Ergebnis ist eine Art Neo-Biedermeier in einigen Gesellschaftsgruppen, man versucht sein eigenes Leben bestmöglich abzuschirmen, und wartet auf den großen Knall.


Stimmt.
http://www.rheingold-marktforschung.de/ ... eier_.html

provinzler hat geschrieben:Ich würde auch nicht sagen, dass die Linken auf freie Lebensentfaltung pochen. Eher nach dem Motto: "Jeder darf so leben, wie die Regierung das gerne hätte". Bestes Beispiel ist die Ostblockinterpretation der Religionsfreiheit, die einen regierungsamtlich verordneten Atheismus bedeutete, und keine Freiheit in der Wahl der Weltanschauung.


Sehe ich auch so: Man muss den gewachsenen Atheismus und den verordneten unterscheiden, wenngleich er überraschenderweise in beiden Fällen einen demographischen Einbruch bedeutet.

PS:
Du hast an Nanna geschrieben:
provinzler hat geschrieben:Mit welchem Recht maßt du dir an, mir vorschreiben zu wollen, wie oft ich
Fleisch esse? Findest du das nicht reichlich anmaßend.


Ja und nein. Es ist zwar verständlich, dass man sich gegen gute und manchmal gut gemeinte und manchmal einfach totalitäre Übergriffe wehrt, weil ich das liberale Gut des Rechtes auf Privatheit außerordentlich schätze, aber ich möchte schon darauf hinweisen, dass man, damit man berechtigt einfordern kann, die Regulationswut zurückzufahren, auch auf der Habenseite auf ein intakties moralisches Grundgerüst verweisen können muss. „Das tut man nicht!“, ist ja ein moralisches Gebot, das gerade von wirtschaftsliberaler Seite mit voller Breitseite attackiert wurde.

Diese ungesunde Kombination aus einer Zurückweisung des Staates und einem Abbau an Werten, bei einem moralischen Freifahrtschein für die Wirtschaft, bei der „Das tu man nicht“ allenfalls die Lachmuskeln reizt, ist der Punkt, der die FPD meines Erachtens völlig zurecht in den Niederungen von Piratenpartei und Extremisten dümpeln lässt.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Sa 2. Feb 2013, 11:30

Vollbreit hat geschrieben:Ganz so habe ich es nicht gemeint.
Ich finde nicht, dass unsere Medienlandschaft hart links dominiert ist.
Allerdings ist es wesentlich leichter in Deutschland eine “rechten” Fehltritt zu begehen, bei dem man teilweise auch nach angestrengter Recherche nicht rausfindet, worin den der Fehltritt gelegen haben soll. Man kann das “Faszinosum Hitler” erwähnen und ist diskreditiert. Wie nach der Massenvermaktung durch 1000 Folgen Guido Knopp inklusive “Hitlers willige Darmbakterien” man der Meinung sein kann, Hitler sei kein Faszinosum ist mir weiterhin unklar.

Vor allem bleibt die "Analyse", warum der Nationalsozialismus für viele Deutsche (und nicht nur solche) attraktiv war, bemerkenswert an der Oberfläche. Lieber beschäftigt man sich mit den "willigen Darmbakterien", oder der Frage ob der Hund der Schwester von Hitlers Sekretärin schwul war, als sich mit den tieferliegenderen massenpsychologischen Ursachen oder auch mal nur mit den weit interessanteren Figuren von Hitlers Kabinett als dem "ewigen Trio" Hitler, Himmler und Göbbels zu befassen. Ein gescheiterter Kunstmaler, ein gescheiterter Möchtegernoffizier und ein gescheiterter Journalist. Die weit interessanteren und weit weniger mittelmäßigen Figuren von Krogisk, Schacht und Reinhardt, bleiben bemerkenswert im Hintergrund.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Sa 2. Feb 2013, 11:44

Vollbreit hat geschrieben:Ein Eindruck den ich auch habe.
Man braucht nicht nur auf die Wirtschaft zu schauen. Großereignisse wie Papstwahl dun Fußball WM haben dafür gesorgt, dass man man sich wieder trauen durfte, Deutschlang nicht nur im Zusammenhang mit ewiger Schuld zu sehen.

Richtig. Nur in den selbsternannten "Intellektuellenkreisen" ist das noch nicht ganz eingedrungen.

Vollbreit hat geschrieben:Ich denke eher die Konservativen mochten “Mutti” nicht und sind deshlab zum kleineren Übel gegangen. Der freie Fall der FPD ließ ja nicht lange auf sich warten.

Wir reden hier ja über ein Kontinuum. Wer vor 30 Jahren den konservativen Marktwirtschaftlautsprecher Strauß wählte, fühlt sich von einer nichtkonservativen angeblichen Marktwirtschaftspartei besser vertreten, als von einer gelernten FDJ-Funktionärin.

Vollbreit hat geschrieben:Ja und nein. Es ist zwar verständlich, dass man sich gegen gute und manchmal gut gemeinte und manchmal einfach totalitäre Übergriffe wehrt, weil ich das liberale Gut des Rechtes auf Privatheit außerordentlich schätze, aber ich möchte schon darauf hinweisen, dass man, damit man berechtigt einfordern kann, die Regulationswut zurückzufahren, auch auf der Habenseite auf ein intakties moralisches Grundgerüst verweisen können muss. „Das tut man nicht!“, ist ja ein moralisches Gebot, das gerade von wirtschaftsliberaler Seite mit voller Breitseite attackiert wurde.

Diese ungesunde Kombination aus einer Zurückweisung des Staates und einem Abbau an Werten, bei einem moralischen Freifahrtschein für die Wirtschaft, bei der „Das tu man nicht“ allenfalls die Lachmuskeln reizt, ist der Punkt, der die FPD meines Erachtens völlig zurecht in den Niederungen von Piratenpartei und Extremisten dümpeln lässt.


Angesichts von historisch hohen Staatsquoten von einer Zurückweisung des Staates zu sprechen, kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Mein persönliches moralisches Grundgerüst setzt halt andre Prioritäten als das von Nanna und andre als das deine, auch wenn sich sicherlich Schnittmengen finden. Aber das ist weder Grund andren ein solches abzusprechen, oder andren das eigene aufzwingen zu wollen. Und nichts andres sind "Strafsteuern" für dem eigenen moralischen Grundgerüst widersprechende Dinge. Ich fordere ja auch keine Strafsteuern für Einkäufe beim Lebensmittel-, oder Klamottendiscounter, obwohl beide einen ganzen Rattenschwanz an Schäden verursachen.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Sa 2. Feb 2013, 11:47

Zur ersten Antwort von Dir:

Ja.

Man kann ja Fest und dergleichen lesen, nur wer tut sich so einen 1300 Seiten Schinken schon an?
Das Problem bei der hochinteressanten Massenpsychologie ist, kurz gesagt, dass die präzise Darstellen kann, wie der Mechanismus funktioniert, aber es gibt bei der Geschichte kein Happy End. Wir verstehen, können es aber nicht ändern, das liest und hört man nicht so gerne.
Ansonsten lohnt auch da immer ein Blick auf die demographischen Faktoren, der Aufstand im Altenheim Deutschland wird milde ausfallen, im nahen Osten und Nordafrika der im Schnitt 30 Jahre jünger ist, sieht das völlig anders aus, da ist Ruhe auch dann nicht zu erwarten, wenn die Situation politisch stabiler wird.

Hitlers Persönlichkeit ist (übrigens wie die Stalins) die eines malignen Narzissten, auch hochspannend, m.E. ist die grobe Kenntnis dieser psychische Deformierung insofern von Nutzen, als man besser einschätzen kann, wo wieder so ein „Charismatiker“ auftaucht und wie da die Mechanismen sind und warum sie greifen.

Fundamentalismus ist psychologisch verlockend und er wird, leider, aufgrund der zunehmend schlechteren Wirtschaftslage in den nächsten Jahren wieder Konjunktur haben. Man muss seine Mechanismen kennen.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Sa 2. Feb 2013, 13:11

Zum zweiten:

Ich denke, auf die Schnittmengen kommt es an, über den Rest kann man streiten, wenn man will.
Ich bin kein Freund von Subventionen und Strafsteuern, allerdings wird es immer Staaten geben die so agieren.

Die andere Sache ist die, dass das Durchwinken der Wirtschaft nicht mal im Ansatz zur Verwirklichung des neoliberalen Versprechens geführt hat, das heißt: Lass den Markt man in Frieden machen, dann regelt sich am Ende auch für „den kleinen Mann“ alles zum Besseren.
Und was haben wir heute? Bankensozialismus und wegbrechende Mittelschichten. Glückwunsch.

Und nun komm mir bitte nicht mit dem Märchen, man hätte den Märkten ja auch nie wirklich frei Fahrt gelassen, den Mist erzählen die Kommunisten auch, alles was schlimm war, war nicht der wahre Kommunismus, der kommt erst noch und dann wird alles gut. Danke, verzichte, auch auf die neoliberalen Wichsvorlagen.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Sa 2. Feb 2013, 14:38

Vollbreit hat geschrieben:Ansonsten lohnt auch da immer ein Blick auf die demographischen Faktoren, der Aufstand im Altenheim Deutschland wird milde ausfallen, im nahen Osten und Nordafrika der im Schnitt 30 Jahre jünger ist, sieht das völlig anders aus, da ist Ruhe auch dann nicht zu erwarten, wenn die Situation politisch stabiler wird.

Nicht nur das. Auch die Tatsache, dass es wohl kein Zufall ist, dass es eine überdurchschnittlich wohlhabende (Einkommen im Schnitt dreimal so hoch wie bei der Durchschnittsbevölkerung) und gut ausgebildete (zehnmal so oft Abitur) Bevölkerungsgruppe "erwischt" hat. Krankhafter Neid auf eine relativ gut gestellte Bevölkerungsgruppe. Und den findet man, mit ähnlich destruktiven Zügen auch heute noch. Und deswegen wäre ein solches Regime auch heute wieder problemlos möglich, nur dass es halt diejenigen Gruppen träfe, die heute relativ wohlhabend sind. Und mit der Erlös wurde dann einer "sozial gerechten Umverteilung" zugeführt. Wenn man so will war das dritte Reich der totale Sozialstaat. Man hat die "jüdischen Spekulanten" entreichert und damit das "schaffende Volk" und sich selbst "sozial gerecht" bereichert. Genauso wie es kein Zufall ist, dass die größten aggressiven Ausgriffe immer genau dann erfolgten, wenn die Kassen mal wieder leer waren.
Nur das Aggressionselement nach außen wird aktuell nicht mehr klappen. Rentner sind eben für Schützengräben nicht sonderlich zu begeistern und die wenigen Jungen braucht man um die Alten dem Ende entgegenzuwindeln.

Vollbreit hat geschrieben:Die andere Sache ist die, dass das Durchwinken der Wirtschaft nicht mal im Ansatz zur Verwirklichung des neoliberalen Versprechens geführt hat, das heißt: Lass den Markt man in Frieden machen, dann regelt sich am Ende auch für „den kleinen Mann“ alles zum Besseren.
Und was haben wir heute? Bankensozialismus und wegbrechende Mittelschichten. Glückwunsch.

Wir sagen doch im Endeffekt das Gleiche. Wenn ich von Korporatismus spreche meine ich ja damit gerade solcherart gestaltete Regulierung die darauf abzielt, großen Konzernen Wege freizuräumen und gleichzeitig kleine Betriebe in Auflagen und Bürokratie zu ersticken. Und genau das meinst du wahrscheinlich mit "durchwinken".
Finanzbereich ist ein gutes Beispiel. Allgemeine Vorschriften zu Eigenkapital ö.ä. hält man bewusst gering, Produkte sind fast alle erlaubt, aber die Dokumentions und Bürokratievorschriften sind so gigantisch, dass sie nur von großen Konzernen erfüllt werden können.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Nanna » Sa 2. Feb 2013, 16:29

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Was für Kriterien würdest du denn aufstellen, die eine funktionierende Wirtschaft mindestens erfüllen muss?

Stimmt die meisten Staaten heute sind zwar nicht sozialistisch, dafür aber stark korporatistisch organisiert, also der Allianz von big business und big government. Grob gesagt schaffen dabei die Politiker den genehmen Großgesellschaften durch Überregulierung lästige Konkurrenz vom Hals (aktuelles Beispiel: Finanzsektor) und bekommen dafür Bestechungsgelder in Form von Aufsichtsratspöstchen, Beraterverträgen oder hochbezahlten Sinnlosvorträgen. Dass auch in korporatistischen Gesellschaften extreme Fehlallokationen stattfinden, ist einleuchtend.

Ja, aber du hast meine Frage nicht beantwortet.

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen, dass wir eine ausreichend beängstigende Vorstellung davon haben, was das ganze Methan aus Rindermägen mit der Atmosphäre macht, finde ich "Wir können nicht auf den Cent genau ausrechnen, ob es nur schlimm oder katastrophal wird" ein bisschen arg am Thema vorbei und als Gegenargument eher... dürftig, wenn ich's vorsichtig sagen soll.

Nein, wir haben keine rechte Vorstellung. Im Grunde wird eigentlich nur rumgerätselt. Vor nicht allzu langer Zeit (grad mal 30 Jahren) sprach man noch von neuer Eiszeit, heute faselt von Erwärmung, in 10 Jahren wohl wieder von Eiszeit. In einem Rechtsstaat musst du einen Schaden beziffern können, wenn du ihn vergütet haben willst. Die Nachweispflicht über die Höhe liegt bei dir, nicht bei mir.

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass du kein Klimawandelleugner bist, auch wenn's traurigerweise stark danach klingt. Ich kann dir keine genauen Zahlen geben, niemand kann das. Ich kann dir allerdings sagen, dass wir derzeit allen wissenschaftlichen (!) Daten nach viel zu viel klimaverändernde Gase in die Atmosphäre entlassen und dass die Fleischerzeugung davon einen ansehnlichen Anteil hat. Von den 15-20% ernährungsbedingter Emissionen macht der Fleischkonsum eines Durchschnittsdeutschen etwa 40% aus, wogegen pflanzliche Nahrungsmittel nur 8% verursachen (Quelle: WWF: Fleisch und Klima). Wir können nicht genau sagen, auf welchen Wert wir die Emissionen senken müssten, damit wir einigermaßen ungeschoren davon kommen, aber wir wissen, dass es deutlich weniger werden muss. Und da Geld leider besser zieht als Moral, auch wenn es andersherum sein sollte, sind Fleischsteuern eigentlich eine sehr gute Idee. Und sorry, wenn's um die Zukunft der gesamten Lebensbedingungen geht, sind Klagen, dass einen das in der persönlichen Freiheit einschränken würde (es ist ja noch nichtmal verboten), ziemlich fehl am Platze und in der Größenordnung der Güter, die hier kollidieren, auch ziemlich verschoben.

provinzler hat geschrieben:Das Niveau der Staatsschulen ist im Keller. Vielfach wird das von den Elternhäusern noch aufgefangen, aber wenn das nicht mehr passiert?

Das Niveau der Staatsschulen wird für dich wahrscheinlich immer im Keller sein und das hat mit Fakten nicht viel zu tun. Was du beispielsweise vollkommen übersiehst, ist, dass die Schulen klagen, dass sie immer mehr Erziehungsaufgaben übernehmen müssen, d.h. es ist häufig umgekehrt und die Schulen fangen ab, was die Eltern nicht mehr schaffen, nicht umgekehrt. Klar, bei den Besserverdienenden mit genug Ressourcen für anspruchsvolle Nachhilfe sieht es wieder andersherum aus. Übrigens schneidet Deutschland im internationalen Vergleich nicht so ab, dass man von "im Keller" sprechen könnte.
Was die psychische Konstitution von Kitakindern angeht, kann ich nur meine wenig bedeutenden persönlichen Erfahrungen zu Rate ziehen, und da kommen alle meine ostdeutschen Freunde und Bekannten in Fragen von psychischer Gesundheit, intellektueller Leistungsfähigkeit und sozialen Umgangsformen ziemlich gut weg.

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Ich sehe da keine Gleichstellung. Warum sollte der Staat einem verheirateten Paar einem relativen Vorteil gegenüber einem unverheirateten Paar gewähren?

Weil ein verheiratetes Paar auch gewisse Verpflichtungen füreinander eingeht, beispielsweise eine Unterhaltspflicht, falls einer von beiden seinen Job verliert, oder gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten (soll ja auch bei jüngeren Menschen bisweilen zu Pflegebedürftigkeit kommen). Dann zahlt erstmal der Partner und dann erst der Staat.

Das mit der Unterhaltspflicht finde ich jetzt relativ an den Haaren herbeigezogen, da wir ja über einen (de facto) Alleinverdienerhaushalt sprechen. In dem Fall hat dieses Modell sogar den eklatanten Nachteil, dass die dann für das Einkommen verantwortliche Person am Arbeitsmarkt dank langjähriger Teilzeit- oder gar keiner Beschäftigung miese Chancen auf ein nur annähernd vergleichbares Gehalt hat. Davon abgesehen ist eine Ehe schnell geschieden und unverheiratete Paare sind einander auch häufig sehr loyal. Die Ehe ist eben, ganz im Gegensatz zu einer staatlichen Sozialleistung, keine verlässlich einklagbare Versorung im Notfall.
Wenn es aber wirklich um den Versorgungsaspekt ginge (und nicht um eine versteckte wertkonservative Agenda mit dem Ziel, die traditionelle Familie zu schützen, was ein Verdacht ist, gegen den ich mich hier schwer erwehren kann), dann fragt sich, warum nicht alle Formen quasifamiliärer Verantwortung steuerliche Begünstigung erfahren. Es müssten dann auch homosexuelle Paare, langjährige Wohngemeinschaften oder Mehrgenerationenhaushalte bis hin zu Kommunen steuerlich entlastet werden, wenn sie dafür bereit wären, in der Gruppe gegenseitige Unterhaltspflichten zu akzeptieren. So wie es jetzt gestaltet ist, ist das Ehegattensplitting eindeutig eine relative Bevorteilung der traditionellen Ehe - und damit eines bestimmten Lebensstils! - gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens, die in relativer Weise benachteiligt werden.
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