ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Das stimmt, aber man sollte dann auch nicht behaupten dass man sich „der Realität“ mit seinen Modellen näher, besser, schneller, erfolgreicher annähert (was immer das heißen soll, denn wäre Übereinstimmung mit „der Realität“ das Ziel?), als mit anderen Modellen.
Kann man nämlich schlicht nicht sagen.
Man kann es annehmen und diese Annahme der Kritik aussetzen. Die Alternative dazu wären nur
willkürliche Annahmen.
Du kannst es ja nicht prüfen, weil
das Ziel nicht existiert (oder wir kennen es nicht) und unsere Teilziele höchst subjektiv sind und sein dürfen. Bestimmte klare Ziele kann man definieren, keine Frage.
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Kommt eben drauf an, was man so als Realität bezeichnet.
Richtig. Ein wesentlich Punkt dabei ist, was "real" von "irreal" unterscheidet.
Und dabei die Willkür vermeidet.
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du die meisten wegschneidest, kann ich nichts dafür, aber pauschal ist das nun nicht. Ich könnte das auch präziser erläutern, meine innere Stimme sagt mir aber, dass Dich das gar nicht sonderlich interessiert, so schenke ich mir die Mühe.
Sorry. Beschreib mal ein konkretes Beispiel, wie sie was rausgefunden haben...
Okay, gleich im Zusammenhang mit Deiner nächsten Antwort.
ujmp hat geschrieben:Es kommt sicher darauf an, was man konkret misst. Jemand der z.B. durch einen Unfall seine Kinder verloren hat, ist er möglicherweise auch nach Jahrzehnten nicht "zufrieden" damit. Er wird aber normalerweise nicht sein ganzes Leben mit Trauern verbringen, sondern nach etwa einem Jahr positive Gedanken entwickeln und mögliche Resignation überwunden haben. Das hab ich mal in einem TED-Talk gehört, ich find das Video trotz angestrengter Suche leider nicht wieder...
Das mag ja sein, aber was hat man nicht schon alles gehört?
Was hat man davon, wenn man sich
eine Meinung oder Untersuchung zu dem Thema gibt, es kommt auf den individuellen Hintergrund an.
Langbein/Ehgartner hat geschrieben:Mäßigkeit, ein festes Wertesystem, intellektuelle Neugier und ein reges Sozial- und Familienleben. Die Lebensgeschichten von Leopold, Rosina und Josef [drei zuvor beschriebene sehr alte, fitte Menschen – V.] sind beispielhaft für Menschen, die eine überdurchschnittlich hohes Lebensalter erreichen. Dazu erfüllen sie auch die „sieben Voraussetzungen für ein erfolgreiches Altern“, die kürzlich von Wissenschaftler der Havard University aus einer über des hs Jahrzehnte laufenden Langzeitstudien herzusgefiltert wurden.
Alle drei zeigen eine positiven Umgang mit Problemen.
Alle drei bewegen sich regelmäßig, sei es im Beruf oder bei Hobbies.
Alle drei trinken gern mal einen Schluck Wein oder Bier.
Leopold und Rosina haben nie Zigaretten angerührt, Josef ist seit 30 Jahren Nichtraucher.
Keiner ist extrem übergewichtig.
Keiner leidet an einer depressiven Erkrankung.
Alle drei führten stabile Ehen mit dauerhaftem Kontakt zu ihren Kindern
(Langbein/Ehgartner, Das Medizinkartell, Piper TB 2003, S.183f
Was aber, wenn man nicht zu den Glücklichen gehört? Und es ist ja auch nur
eine Statistik. Soll man heiraten und Kinder zeugen, nur damit man alt wird. Wer gibt die Garantie, dass die Ehe hält, soll man alles tolerieren, damit das so bleibt, damit man alt wird? Die Statistik, dass die unglücklichsten Menschen Frauen mit Kindern unter 10 Jahren sind, sollte man dann besser nicht lesen. Soll, kann man wirklich masterplanmäßig sein Leben designen? Ist es dann noch das eigene Leben?
Und was hilft, wenn man krank ist, noch bevor nur noch ein Wunder hilft?
Ulrich Schnabel hat geschrieben:Zwar hat die Forschung über die Jahre festgestellt, dass die Placebowirkung im Mittel 20 bis 50 Prozent beträgt – bei einezelnen kann sie allerdings auch sehr viel höher oder niedriger liegen. Was die „Placebosensitiven“ von den „Nichtsensitiven“ unterscheidet, ist weitgehend ungeklärt. Frauen reagieren nicht stärker als Männer, Ingenieure nicht anders als Hausfrauen, und selbst zwischen Alt und Jung scheint es keine signifikanten Unterschiede zu geben. Klar ist nur: Die individuellen Differenzen sind enorm. Zudem kann sich die Empfänglichkeit für Placebos von Krankheit zu Krankheit unterscheiden.“
(Ulrich Schnabel, Die Vermessung des Glaubens, Karl Blessing Verlag 2008, 3.Aufl. Pantheon 2010, S.62)
Aber kann man sich einfach dazu entschließen, an Wunder oder Placebos oder sonst etwas zu glauben, wenn man es nun einmal nicht tut? Eine Untersuchung von Spontangeheilten:
Ulrich Schnabel hat geschrieben:„Hiroshi Odas Untersuchung zeigt, dass die innere Haltung eines Menschen von großer Bedeutung ist. Sie macht aber ebenso deutlich, wie unterschiedlich diese Haltungen sein können. Vielleicht, so schreibt Faulstich, gehe es letzten Endes vor allem darum, „dass jeder Mensch das ihm Gemäße tut, im Einklang mit sich selbst, mit seinem persönlichen Bild von der Welt, mit seinen individuellen Wünschen und Hoffnungen“. Ein tief religiöser Mensch wird sich demnach ganz natürölich der Kraftquelle seines Glaubens zuwenden; doch einem lebensfrohen Atheisten im Krisenfall die Relgion ans Herz zu legen (wie es einige übereifrige Mediziner in den USA mittlerweile praktizieren), ist etwa so sinnvoll, als wollte man einen Nichtschwimmer plötzlich für das Tiefseetauchen begeistern.“
(ebd. S.68)
Ist man noch im Einklang mit sich selbst, wenn man sein Leben zielgerecht optimiert? Bzw. ist nicht, ironischerweise, die zielgerechteste Optimierung, so zu leben, wie man... ja, leben will, immer leben wollte? Wie lautet dann das Ziel, die Technik um
dies zu finden? Wie kann man das besonders effektiv herausfinden?
Ich bin überzeugt, dass das nur über innere Weg geht, wohin die einen dann führen ist, m.E. letztlich zweitrangig. Ich habe kein Zweifel, dass ein Wissenschaftler mit Leib und Seele oder eine Künstlerin oder eine zufriedene Hausfrau und Mutter ein zutiefst zufriedener Mensch sein kann. Ich halte den Glauben, wenn er aufrichtig und stark ist, aber er muss dann nicht fundamentalistisch sein, für eine gute Sache, für überzeugender halte ich die Spiritualität, vor allem, wenn man dort gut trainiert ist:
Daniel Goleman hat geschrieben:Schon die erste grobe Sortierung der Magnetresonanz-Daten, über die Davidson am nächsten Tag berichten konnte, enthielt starke Indizien dafür, dass Öser imstande gewesen war, allein durch seine Bewusstseinsprozesse seine Hirnaktivität willentlich zu steuern. Die Mehrheit der ungeübten Versuchspersonen, denen man eine Denkaufgabe stellt, ist dagegen außerstande sich ausschließlich auf die Aufgabe zu konzentrieren, und deshalb sich die Signale, in denen sich ihre willentlich mentalen Strategien äußern, von einem eheblichen Rauschen überlagert.
Daniel Goleman, Gespräche mit dem Dalai Lama, Carl Hanser Verlag 2003, dtv 2005, S.39)
Nach etwa 10.000 Meditation verändert sich das Gehirn dauerhaft,
http://www.welt.de/gesundheit/article11 ... -Ruhe.htmlpsychologische Veränderungen inklusive, wie die Tests aus „Die Psychologie der Befreiung“ zeigten.
Und wie kommt man zum Glück?
Daniel Goleman hat geschrieben:„Schon der Akt der Anteilnahme am Wohlergehen anderer erzeugt, so scheint es, eine Zustand eigenen, erhöhten Wohlbefindens. Der Befind liefert eine wissenschaftliche Bestätigung für die Beobachtung, die der Dalai Lama oft gemacht hat: dass derjenige, der über das Mitgefühl für alle Wesen meditiert, der unmittelbare Nutznießer ist. Unter den Vorteilen, die der Pflege des Mitgefühls entspringen, werden in klasscihen buddhistischen Texten außerdem genannt, dass man von Menschen und Tieren geliebt wird, dass man ein heiteres Gemüt hat, dass man friedlcih schläft und wacht und dass man angenehme Träume hat.“
(ebd., S40f)
Nur ist es hier so, wie bei anderen Wegen, Tricks klappen nicht. Man muss Mitgefühl haben, man darf kein Mitgefühl spielen, damit es einem gut geht. Man kann nicht so tun, als würde man glaube, damit man die Vorteile abschöpft. Die ewige Paradoxie, man muss loslassen, um zu bekommen.
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:ujmp hat geschrieben:Depressionen haben so eine Art Aufweicheffekt, die es ermöglichen sich von den Verlusten innerlich zu trennen und neue Vorstellungen, u.U. ganz andere Lebenskonzepte aufzubauen.
Ich weiß ja nicht wo Du das her hast, aber nach meinem Kenntnisstand ist das vollkommen falsch. „Depressionen“ sind eh ein schwammiger Begriff, es gibt da verschiedene Ausprägungen.
Jedenfalls hab ich das in einem Buch von Gerald Hüther gelesen. Es ist eine Wirkung des Hormones Cortisol. Wenn ein Mensch Konzepte erlernt und verfestigt hat, die ihm plötzlich nicht mehr weiterhelfen oder sogar schaden, müssen diese Konzepte erstmal "aufgeweicht" werden.
Cortisol ist erst mal ein Stresshormon. Stress ist eine von vielen Ursachen, die im Verdacht stehen (hier vor allem reaktive) Depressionen auszulösen.
http://www.psyheu.de/1779/depressionen- ... genetisch/ujmp hat geschrieben:Das Gehirn lernt ja, in dem "Richtiges" vertärkt wird und "Falsches" unterdrückt wird. Das sind letztlich physikalische Strukturen, die da im Gehirn entstehen. Die Evolution hat uns sozusagen eine hormonell gesteuerte Reset-Funktion eingebaut (ich hoffe ich hab es korrekt wiedergegeben). Ein Nebeneffekt soll sein, dass Depressive etwas bessere Problemlöser sind - sie sind gedanklich flexibler. Freedom is just another word for nothing left to lose.
Ich hoffe für Hüther, dass Du es nicht korrekt wiedergegeben hast, aber da man aus der Hirnforscherecke ja einiges gewohnt ist... Ich finde diese Ansätze ungeheuer primitiv und dass nun ausgerechnet Depressive die Probleme ihres Lebens besser lösen können sollten, kann ja nur ein schlechter Witz sein. Wenn Depressive irgendwas wirklich
nicht können, dann das.
ujmp hat geschrieben:So wie ich dich kenne, kommt es dir nur schwammig vor, weil du versuchst allemöglichen Definitionen unter einen Hut zu bringen, - dein Ganzheitlichkeitstick.
Ich habe ehrlich gesagt nicht den Eindruck, dass Du mich sonderlich gut kennst, jedenfalls fühle ich mich von Dir nicht sonderlich weitreichend erkannt. Aber das kann sich ja ändern.
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Warst Du eher Eso oder Christ und was kam Dir dann so dumm vor, dass Du alles hinter Dir gelassen hast?
Ich hatte einige Jahre vor der Wende esoterische Lietratur aus dem Westen bekommen, über meine christlichen Freunde und fand das alles unglaublich spannend. Diese Christen (aus meiner Abi-Klasse) waren die ersten Menschen die mir begegneten, die ernsthafte diskussionen über weltanschauliche Fragen geführt haben. Die Bibel hatte ich schon teilweise gelesen und ich erinnere mich noch an das überwältigende Gefühl, mit einem komplett anderem Weltbild konfroniert zu sein - es war ein gutes Gefühl. Ich bin atheistisch erzogen, für mich waren Adam und Eva bis dahin nur irgendwelche mythischen Gestalten auf Gemälden von Dürer usw. Ich hatte auch schon Nietzsche (der in der DDR nur mit Mühe zu beschaffen war) und Plato gelesen. Das war aber nicht so schön
einfach. Obwohl Nietsches Zarathustra ziemlich gegriffen hatte - vermutlich weil er einen Predigerstil hatte. Nach der Wende war dann alles komplett frei und ich schloss mich ein paar "freien Christen" an. Ich war offen für alles (also nicht ganz dicht;-)) Von Anfang an störte mich die Beliebigkeit oder Inkonsequenz in den Predigten. Ich rechnete das aber immer der Unzulänglichkeit der Prediger an - statt der Religion selbst. Paradoxerweise führte mich meine kritische Haltung zum Fundamentalismus. Ich habe auch heute noch mehr Respekt vor dem konsequenten Festhalten an biblischen Fundamenten als vor dem Schwammigen um den heißen Brei herumreden, etwa der modernen evangelischen Theologie nach Wellhausen.
Kann ich bis hierher alles sehr gut nachvollziehen, danke auch für Deine Bereitschaft es mitzuteilen.
ujmp hat geschrieben:Wenn einer eine falsche aber klare Vorstellung hat, kann man ihn eher davon kurrieren, als wenn seine Vorstellungen aus lauter Nebel bestehen.
Da bin ich inzwischen kuriert, Fundamentalisten sind schwer in der Lage sich zu ändern, sie tauschen höchstens die Überschriften aus, bleiben aber Fundamentalisten.
ujmp hat geschrieben:Ich las dann irgendwann mal ein Buch wie "Wissenschaft und Glaube". Da war zwar nicht von I.D. die rede, es hat mich aber auf ähnliche Gedanken gebracht. Es gab damals noch nicht das Internet von heute. Und da ich erstmal wissen musste, was man unter Wissenschaft versteht, bin ich irgendwie bei Karl Popper gelandet - usw. Parallel habe ich viele Entäuschungen meines Glaubens erlebt.
Kann ich auch nachvollziehen.
ujmp hat geschrieben:Auch von meinen persönlichen Erfahrungen abgesehen, bestimmte dann die Frage "Warum lässt Gott das zu" meine Zweifel. Ich hab eine Weile ehrenamtliche Sozialarbeit mit "Assozialen" gemacht und stellte eines Tages fest, dass diese Menschen eine berechenbare Zuverlässigkeit haben, die viel höher ist, als die meines "lieben Gottes". Mein Gott macht Verprechungen, die er praktisch nie hält und immer hat er eine Ausrede dafür, die mir dann in einer nebulösen Predigt vorgetragen wird.
Finde ich mutiger und ehrenwerter, als in diesem Sinne immer mehr den Fehler bei sich zu suchen, wohinter im Grunde nur die Angst steht, ein überlebtes Bild, was man nicht loslassen will, weil man Angst vor dem Unbekannten hat, ziehen zu lassen.
ujmp hat geschrieben:Ist Gott weniger zuverlässig, als dieser Kriminelle, der mir sofort hilft, wenn ich ihn bitte? Wer von beiden ist der größere Ganove? Solche und ähnliche Gedanken führten mich dann dazu, dass es Gott nicht geben kann - das wäre jedenfalls absurd. Um es in meiner heutigen Sprache(frei nach Richard Feynman) auszdrücken: Es gibt keine Evidenz dafür, dass es Gott gibt, aber sehr viel Evidenz dafür, dass der Glaube an Gott auf menschlicher Irrationalität beruht. Diese Einsichten waren schmerzhaft, aber heilsam!
Man muss m.E. nicht zu so einem Schluss kommen, aber man kann durchaus.
Für mich ist der vorübergehende Schluss, dass man seinen eigenen Weg finden muss, ein viel besungenes Thema, dennoch nicht falsch. Diesen findet man, wenn er einem nicht ohnehin klipp und klar ist, durch die Innenschau heraus, wenn nicht erfährt man durch die Meditation reichlich kollaterale Effekte, von denen man profitiert.
Vor allem aus der Praxis, gewinnt man jene Zuversicht, die auf die neuesten Auswertungen und Umfragen verzichten kann, weil man selbst weiß, was man erlebt hat.
Deiner Idee, das was man erfahren hat, durch immer neue Zweifel – oft genug genährt durch Fundamentalisten, nicht durch ernsthafte Wissenschaftler – das, was man erfahren hat, zu zerstören, erscheint mir wenig sinnvoll. Ich weiß, dass Du hier anderer Meinung bist, aber Deine Gründe überzeugen mich bisher nicht.
Deshalb würde ich gerne wissen, was Du an diesem grob skizzierten Ansatz kritisierst.