Ein neuer stiller Mitleser

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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon stine » Sa 13. Dez 2008, 20:38

stoooopp!
Nicht streiten!

Ich hatte leider keine Zeit ausführlich zu schreiben und deswegen war ich "still".

Ich bin leider kein Vorzeigekatholik und Ostfriese hat recht, wenn er schreibt, dass ich mir meinen Glauben "bastle". Aber ich bin der Überzeugung, dass Glaube eben ist was er ist, nämlich Glaube. Das heißt wir wissen nichts, wir ahnen nur oder wir ergründen oder wir vermuten.

Warum macht Glaube selig?
Das hat etwas mit Urvertrauen zu tun. Wer glaubt, dass er in Gott geborgen ist, kann sich fallen lassen. Kann die Dinge als gegeben nehmen und kann darauf hoffen, dass das was er daraus macht gelingen mag. Man gibt seiner selbst praktisch eine dritte Dimension.
Ich bin nicht der Meinung, dass die Bibel Gottes Wort ist, sondern vielmehr, dass Menschen sie mit der Intention, Gottes Wort zu verbreiten geschrieben haben. Wie ich schon mehrmals erwähnte, nehme ich an, dass die vier Evangelisten die ersten Propagandisten waren, die den Menschen beibringen wollten, dass alles was sie bis dahin von Gott glaubten, menschgemachte Fantasterei ist.
In der damaligen Zeit gemäßen, bildhaften Sprache hat man versucht, das Bild Gottes anzupassen, hat von Gottes Sohn erzählt und die Aussage unter die Menschen gebracht, dass kein Bild Gottes das wahre sein kann. Jedes menschgemachte Bild kann nur ein Bild sein, das der jeweiligen Vorstellung des Menschen bekannt ist.
So hat sich bis in unsere Zeit nur das Bewußtsein erhalten, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, als der Mensch erfassen kann. Sich ohne ein festes Bild zu haben, getragen und geborgen zu fühlen, ist das, was die meisten Christen suchen.

Warum christliche Erziehung?
Kinder brauchen Halt und eine Vision. Kinder brauchen Ideale und Kinder brauchen Liebe. Ein Kind das von Gott gehört hat, darf bitten und seine Sorgen abladen, ohne dass es sich fürchten muß. Kinder werden automatisch später ihre Zweifel anmelden und sie werden ganz von selbst drauf kommen, dass der liebe Gott nicht im Himmel sitzt und seinen Bart krault, aber selbst als Zweifler werden sie in schweren Zeiten das in der Kindheit erworbene Urvertrauen nützen können.

Klar, ein Ratonalist kann jetzt sagen, das klingt nach einer ausgewachsene Psychose, aber ist es nicht ganau das, was die Menschen brauchen? Ein Fundament? Ein Urvertrauen?

Mit Gott bezeichne ich alles, was mich stark macht, was mir meine Leere nimmt, was mich tröstet, was ich in Menschen nicht finden kann, aber dringend brauche. Meine Ausgeglichenheit und meine Zufriedenheit habe ich nur, weil ich im Gebet, in der Meditation auftanken kann.

Religion ist leider immer wieder missbraucht worden und hat deshalb leider immer noch einen bitteren Geschmack.
Aber im Idealfall, kann eine Religionsgemeinschaft eine nicht zu unterschätzende Stütze im menschlichen Leben sein.

Das, auf die Schnelle. :wink:

LG stine
Zuletzt geändert von stine am Sa 13. Dez 2008, 21:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ganimed » Sa 13. Dez 2008, 20:47

Gerade wollte ich den Streit fortführen, de-eskalierend wie ich hoffe, aber immerhin :^^: Und hatte schon auf Vorschau gedrückt, als das Neueste von stine reinflatterte, im letzten Moment. Also nehme ich alles zurück. Tschuldigung.

Schön geschrieben, stine, und das meiste davon sehe ich auch so.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ostfriese » Sa 13. Dez 2008, 22:18

stine hat geschrieben:Ostfriese hat recht, wenn er schreibt, dass ich mir meinen Glauben "bastle".

Und damit ist es eigentlich kein religiöser Glaube im eigentlichen Sinne mehr. Denn Du formst Deine Gottesvorstellung aus Deinen Überzeugungen und Werten, aus Deinen Bauchgefühlen und Deinen ererbten oder anerzogenen Verhaltensmustern. Du würdest Deine Überzeugungen nicht einer Religion opfern, die ihnen widerspräche, nicht einer wörtlichen Bibelauslegung, nicht dem Christentum der Inquisition.

Das Thema hatten wir schon mal: Die meisten Deiner Werte entstammen unserer biologischen Stammesgeschichte und der Aufklärung, das europäische Christentum war gezwungen, sich dem "shifting moral Zeitgeist" (Dawkins) anzupassen.

Ich selbst konnte mit dieser Art des "Glaubens" nie etwas anfangen. Entweder gibt es da oben eine Instanz, die Lebenssinn und moralische Letztgültigkeit garantiert, dann kann ich mir meine Glaubensinhalte nicht aussuchen, sondern lebe unter der Fuchtel eines himmlischen Tyrannen. Oder ich kann sie mir aussuchen, dann gehen jeder moralische Gültigkeitsanspruch und jede unbezweifelbare Sinnzuschreibung koppheister, und das Theodizee-Problem müsste meine Geborgenheit eigentlich ununterbrochen zerschreien.

stine hat geschrieben:Sich ohne ein festes Bild zu haben, getragen und geborgen zu fühlen, ist das, was die meisten Christen suchen.

Aber nur finden können, wenn sie alle Widersprüche systematisch ausblenden.

stine hat geschrieben:Warum christliche Erziehung?
Kinder brauchen Halt und eine Vision. Kinder brauchen Ideale und Kinder brauchen Liebe. Ein Kind das von Gott gehört hat, darf bitten und seine Sorgen abladen, ohne dass es sich fürchten muß. Kinder werden automatisch später ihre Zweifel anmelden und sie werden ganz von selbst drauf kommen, dass der liebe Gott nicht im Himmel sitzt und seinen Bart krault, aber selbst als Zweifler werden sie in schweren Zeiten das in der Kindheit erworbene Urvertrauen nützen können.

So dachten (und irrten) meine (Groß-)Eltern auch, deshalb kann ich ihnen nicht böse sein.

Da ich über offensichtliche Widersprüche schon sehr früh nicht mehr hinweg sehen konnte, hatte sich für mich der unausweichliche Schluss ergeben, dass der Allmächtige angesichts des Leidens in der Welt keinesfalls gütig sein konnte (meine Eltern und Großeltern mussten sich diesbezüglich irren), sondern einzig danach trachtete, die Lebenspläne von Menschen auf höllische Weise zu durchkreuzen, sobald sie gegen irgendeinen himmlischen Paragraphen verstießen.

In einer intakten Familie sollte jedes Kind bitten und seine Sorgen bei den Eltern abladen können, ohne dass es sich fürchten muss. Und wenn sie beginnen, sich von ihnen zu emanzipieren, dann sind sie nicht als vertrauensselige Autoritätssuchende, sondern als selbstbewusste, kritische Denker für das Leben am besten aufgestellt. Kinder brauchen Werte, ja. Und die fallen nicht vom Himmel, sondern sind teilweise angeboren, zum anderen Teil müssen sie von Eltern und Erziehern vermittelt oder im Umgang mit Geschwistern, Gleichaltrigen und Haustieren erlernt werden.

Märchen können im Kleinkindalter ethische Erziehung anbahnen, aber es sollte perspektivisch klar sein, dass man sie irgendwann als das entlarvt, was sie sind: zweckhaft erfundene Geschichten. Kindern im Falle des Gottglaubens weiszumachen, dass es sich mit dieser Geschichte ganz anders verhalte, dient gerade nicht der moralischen Erziehung, sondern zeichnet einen Weg dauerhafter ethischer Entmündigung vor. Das braucht kein Mensch, das ist in jedem Falle schädlich.

stine hat geschrieben:Klar, ein Ratonalist kann jetzt sagen, das klingt nach einer ausgewachsene Psychose, aber ist es nicht ganau das, was die Menschen brauchen? Ein Fundament? Ein Urvertrauen?

Nein. Sie brauchen eine realistische Weltsicht, um Probleme lösen zu können, anstatt sich auf ein an den Haaren herbei gezogenes Jenseits zu vertrösten.

stine hat geschrieben:Mit Gott bezeichne ich alles, was mich stark macht, was mir meine Leere nimmt, was mich tröstet, was ich in Menschen nicht finden kann, aber dringend brauche. Meine Ausgeglichenheit und meine Zufriedenheit habe ich nur, weil ich im Gebet, in der Meditation auftanken kann.

Nimm nur mal an, es hätte all die Jahre, in denen Du hierdurch Aufrichtung erfahren hast, nie einen Zuhörer gegeben als Dich selbst. Ist es nicht viel stärkender zu erkennen, dass es immer nur Deine eigenen seelischen Heilkräfte waren, die Dir in solchen Situationen geholfen haben? Es bedurfte gar keines stärkenden Gottes, denn alle Kraft lag allein in Deiner Natur. Nicht "Glaube" war Dein Heilmittel, sondern das prickelnde Gebräu sich immer wieder neu regender Lebenstriebe (zu deren "Instrumenten" auch Illusionen zählen!).

Wenn es Gott nicht gibt (wofür eigentlich alles spricht), dann gibt es auch niemanden, für dessen Lebenserfolg und Wohlbefinden "er" verantwortlich wäre. Also braucht ihn auch niemand.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ganimed » Sa 13. Dez 2008, 23:05

Sorry, wenn ich mich aus lauter Langeweile heute abend schon wieder ungefragt einmische. Und diesmal sogar soweit gehe, stines Ansichten zu verteidigen, obwohl sie das selbst vermutlich viel zielsicherer machen könnte. Aber ostfriese, deine Gegenargumente fordern irgendwie ein wenig meinen Widerspruchsgeist heraus. Da gelingt mir das mit der gebotenen Zurückhaltung irgendwie nicht.

ostfriese hat geschrieben:Und damit ist es eigentlich kein religiöser Glaube im eigentlichen Sinne mehr.

Was ist denn ein religiöser Glaube im eigentlichen Sinne? Meinst du damit, in deinem Sinne? Wenn stine trotz Bastelei an einen Gott glaubt, was sonst als ein religiöser Glaube sollte das sein?
Aber ich glaube, hier ist bereits der Hase im Pfeffer begraben. Ich habe den Eindruck, der Rest deiner Argumente passt gar nicht auf stines Auslegung sondern ist nur auf allgemeine Religionen bzw. das Christentum gemünzt. Geht also irgendwie an der Sache hier vorbei. Und in diesem deinen ersten Gegenargument wirfst du stine sozusagen vor, sich nicht ganz in dein Zielgebiet gestellt zu haben. Danach nimmst du das übliche Zielgebiet unter Feuer und verfehlst für mein Gefühl damit stines Ausführungen um mehrere Meilen.

das europäische Christentum war gezwungen, sich dem "shifting moral Zeitgeist" (Dawkins) anzupassen

Jeder ist gezwungen, sich mit der Zeit anzupasssen. Die Wissenschaftler verfeinern dazu ihre Modelle. Wieso darf das Christentum das nicht? Ist doch eigentlich gut, wenn sie flexibel bleiben und sich zu verbessern trachten. Dadurch nimmt ihre Glaubwürdigkeit im Grunde ja zu. Natürlich nur, wenn man nicht einer jener Vertreter ist, die irgendwelche ewigen Wahrheiten verkünden und jedes Dazulernen ablehnen (was zugegebenermaßen die überwiegende Mehrheit so macht). Aber genau das zwingt stine ja auch, ihre eigene Richtung zu basteln, um eben nicht zu jenen zu gehören. (Deshalb musste sie sozusagen raus aus deinem Zielgebiet).

hatte sich für mich der unausweichliche Schluss ergeben, dass der Allmächtige angesichts des Leidens in der Welt keinesfalls gütig sein konnte (meine Eltern und Großeltern mussten sich diesbezüglich irren), sondern einzig danach trachtete, die Lebenspläne von Menschen auf höllische Weise zu durchkreuzen, sobald sie gegen irgendeinen himmlischen Paragraphen verstießen.

Wirfst du stine im Grunde genommen also vor, dass du ein sehr ungünstiges Gottesbild entwickelt hast, das genau jenes Urvertrauen vermissen lässt von dem stine aber redet? Ich verstehe an dieser Stelle nicht die Stoßrichtung deiner Kritik. Stine hat eben ein anderes Gottesbild auf das deine Kritik gar nicht passt.

Kinder brauchen Werte, ja. Und die fallen nicht vom Himmel, sondern sind teilweise angeboren, zum anderen Teil müssen sie von Eltern und Erziehern vermittelt oder im Umgang mit Geschwistern, Gleichaltrigen und Haustieren erlernt werden.

Genau. Die Werte fielen ja auch bei stine nicht vom Himmel. Ich vermute jedenfalls, dass sie sich genau deshalb eine eigene Glaubensvariation basteln musste, um genau ihre eigenen angeborenen oder erlernten Werte perfekt unterbringen zu können. Insofern trifft also auch dieses Gegenargument gegen stine nicht so ganz.

Ist es nicht viel stärkender zu erkennen, dass es immer nur Deine eigenen seelischen Heilkräfte waren, die Dir in solchen Situationen geholfen haben?

Diesen Punkt muss ich zur Abwechslung mal unterschreiben. Mir kommt es auch so vor, als wenn stine und ähnliche Religionsbastler eigentlich nur das Etikett "Gott" auf ihre eigenen humanistischen Werte und Stärken kleben. In Wirklichkeit, so glaube ich, ist es unsere eigene mentale Stärke, die manche durch ein Gebet an Gott aktivieren. Aber möglicherweise ist dieser psychologische Trick, sich einen imaginären Freund zu erschaffen, mit dem man reden kann, für manche eben doch die erfolgreichere Strategie. Vielleicht mögen manche eben doch nicht so recht an sich selbst glauben, mit sich selbst reden. Wenn man "Gott" so versteht, einfach nur als psychologisches Hilfskonstrukt, hätte ich eigentlich nichts gegen stines Vorgehensweise einzuwenden. Nur wenn man so weit geht, an Wunder zu glauben und an ein ewiges Leben nach dem Tod, da steige ich dann spätestens aus. Da wird es auch mir zu gefährlich bzw. zu irreal.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon pinkwoolf » So 14. Dez 2008, 01:30

ganimed hat geschrieben:Jeder ist gezwungen, sich mit der Zeit anzupasssen. Die Wissenschaftler verfeinern dazu ihre Modelle. Wieso darf das Christentum das nicht? Ist doch eigentlich gut, wenn sie flexibel bleiben und sich zu verbessern trachten. ... Natürlich nur, wenn man nicht einer jener Vertreter ist, die irgendwelche ewigen Wahrheiten verkünden und jedes Dazulernen ablehnen (was zugegebenermaßen die überwiegende Mehrheit so macht).

Wenn ich mich mal so einmischen darf: Hut ab für deine Verteidigung von Stine. Obgleich der Ostfriese sie durchaus nicht ungebührlich ins Gebet nimmt, wenn ich das mal so ausdrücken darf.
Stine vertritt eine sehr aufgeklärte Lesart des Christentums, weit entfernt vom Mainstream. Ich fürchte, wenn man sich mit der Religion im allgemein-gesellschaftlichen Zusammenhang auseinandersetzt, hat man es eher mit frommen Betonköpfen zu tun
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ostfriese » So 14. Dez 2008, 02:52

ganimed hat geschrieben:Wenn stine trotz Bastelei an einen Gott glaubt, was sonst als ein religiöser Glaube sollte das sein?

Hoffen und Wünschen!

ganimed hat geschrieben:Ich habe den Eindruck, der Rest deiner Argumente passt gar nicht auf stines Auslegung sondern ist nur auf allgemeine Religionen bzw. das Christentum gemünzt.

Hast Du überhaupt gelesen, was ich geschrieben habe??

Es geht in meiner Diskussion mit stine einzig und allein darum, dass sie exakt jene Glaubensvermittlung für segensreich hält, unter der ich lange Jahre gelitten habe, ihre Auffassungen kenne ich Wort für Wort von meiner Mutter! Auch sie hat es gut gemeint und dachte, ein flexibel gestaltbares Gottesbild könne nicht schaden. Ich habe begründet, warum es eben doch schaden kann und warum sein angestrebter Nutzen letztlich nichts als eine Illusion ist, die wir billiger und mit weniger Nebenwirkungen haben können.

ganimed hat geschrieben:Und in diesem deinen ersten Gegenargument wirfst du stine sozusagen vor, sich nicht ganz in dein Zielgebiet gestellt zu haben. Danach nimmst du das übliche Zielgebiet unter Feuer und verfehlst für mein Gefühl damit stines Ausführungen um mehrere Meilen.

Tut mir leid, das feststellen zu müssen, aber das ist selbstgefällige, jeder Substanz entbehrende Polemik.

ganimed hat geschrieben:Jeder ist gezwungen, sich mit der Zeit anzupasssen. Die Wissenschaftler verfeinern dazu ihre Modelle. Wieso darf das Christentum das nicht?

??? Wie Du auf dem Brightsblog nachlesen kannst, bin ich sogar heilfroh, dass das Christentum sich dem Zeitgeist "mit vernachlässigbarer Verzögerung" anpasst. Du hast meinen letzten Beitrag entweder nicht aufmerksam gelesen oder möchtest ihn unbedingt missverstehen. Mit der Feststellung, dass sich die christliche Moral dem Zeitgeist fügt, wollte ich stine lediglich daran erinnern, dass sie ihre Werte gewiss nicht von Gott bezogen hat, so wenig wie irgendjemand sonst.

ganimed hat geschrieben:Wirfst du stine im Grunde genommen also vor, dass du ein sehr ungünstiges Gottesbild entwickelt hast, das genau jenes Urvertrauen vermissen lässt von dem stine aber redet? Ich verstehe an dieser Stelle nicht die Stoßrichtung deiner Kritik. Stine hat eben ein anderes Gottesbild auf das deine Kritik gar nicht passt.

Ich werfe stine überhaupt nichts vor, sondern widerlege nur als lebendes Gegenbeispiel ihre verallgemeinernden Behauptungen! Und meine Kritik passt ganz exakt auf ihre Kunst des Wunschhoffens, da dies genau die Art von "Glauben" ist, die meine Eltern und Großeltern mir als Kind wohlmeinend vermittelt haben. Was sich in Wechselwirkung mit meiner Liebe zur Wahrheit daraus entwickeln musste (!), konnten sie nicht ahnen. Aber es ist als Betroffener wohl mein gutes Recht, auf diese möglichen Folgeschäden einer angeblich harmlosen Wohlfühlpille hinzuweisen!

ganimed hat geschrieben:Die Werte fielen ja auch bei stine nicht vom Himmel. Ich vermute jedenfalls, dass sie sich genau deshalb eine eigene Glaubensvariation basteln musste, um genau ihre eigenen angeborenen oder erlernten Werte perfekt unterbringen zu können.

Das entspricht doch genau dem, was ich geschrieben habe. Und es richtet sich ganz präzise gegen stines Auffassung, bei der Wertevermittlung/-gewinnung müsse man auf eine unhinterfragbare Autorität zurückgreifen. Das tut sie nämlich selber nicht!

ganimed hat geschrieben:Wenn man "Gott" so versteht, einfach nur als psychologisches Hilfskonstrukt, hätte ich eigentlich nichts gegen stines Vorgehensweise einzuwenden. Nur wenn man so weit geht, an Wunder zu glauben und an ein ewiges Leben nach dem Tod, da steige ich dann spätestens aus. Da wird es auch mir zu gefährlich bzw. zu irreal.

Ich habe generell "nichts gegen stines Vorgehensweise einzuwenden", und sie darf auch gern an ein ewiges Leben oder Wunder glauben. Was ich mit Dawkins scharf kritisiere, ist religiöse Indoktrination unter der Prämisse, dass anderen nicht schaden kann, was man selbst zu brauchen meint. Temporär lebensdienliche, private Illusionen sind ein Potenzial unserer Gehirne, dazu bedarf es keiner Anleitung. Aber was einem Kind als überlebensgroße Wahrheit verkauft wird, ist leider von anderer Qualität.

ganimed, ich gehe mal stark davon aus, dass Du über keinerlei Erfahrungen als religiöser Mensch verfügst? Ich dagegen habe zwanzig Jahre lang mehrmals täglich gebetet. Wenn ich stines rosarotem Glaubens-Idyll die bittere seelische Gefangenschaft meiner Jugend entgegen halte, dann weiß ich, wovon ich rede und warum ich mit stines Art des Glaubens (sic!) als Kind lieber nicht in enge Berührung gekommen wäre. Ein anderes "Zielgebiet" hatte ich in dieser Diskussion nicht.

Wenn Du weiterhin meinst, "eingreifen" zu müssen, dann liefere doch bitte sachdienliche Argumente statt verfehlter Unterstellungen.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ostfriese » So 14. Dez 2008, 17:39

In Anlehnung an das, was ich unter "Medien" über Dawkins' Interview mit Father George Coyne geschrieben habe, möchte ich ergänzen: Man kann wie Coyne, meine Mutter oder stine jenseits aller Erklärungsansprüche einen "Gott der Liebe" postulieren. Aber man darf nicht erwarten, dass allen Menschen das Kunststück gelingt, diese Abkoppelung von jeglichem kritisierbaren Wahrheits- und Wirkungsanspruch dauerhaft aufrecht zu erhalten. Man spürt, wie fassungslos Dawkins über die beliebig tiefe Aushöhlung konkreter religiöser Lehren zum Zwecke der Diskrepanzvermeidung ist. Genau wie ich, der ich diese Art des wahlweise reduzierten "Glaubens" als unecht und als Wunschhoffen bezeichnet habe.

Ich habe als Jugendlicher jenen Diskrepanzen ins Auge gesehen und war danach gezwungen, mein Gottesbild zu reformieren, damit mein Glauben ein ehrliches (!) Für-wahr-Halten bleiben konnte (und nicht zur a priori angenehmen Spekulation degenerieren musste). Den eigenen Sohn am Kreuz zu opfern ist kein Zeichen von Liebe, sondern von Grausamkeit. Wenn Gott einigen willkürlich erwählten Menschen ewige Geborgenheit offenbart und gleichzeitig das Leiden so vieler Kreaturen tatenlos geschehen lässt, dann ist er entweder ahnungslos oder ungerecht oder ohnmächtig -- ich musste mich entscheiden. Die Ideen der Allmacht und Allwissenheit erschienen mir noch am wenigsten Widersprüche aufzuwerfen zu meinem damals dualistischen Weltbild (ich wusste wie die meisten Kinder noch nichts von Evolutionärer Erkenntnistheorie, Explikationen für Komplexität oder neuronalen Korrelaten), also sah ich mich unvermittelt einem himmlischen Tyrannen anstelle eines lieben Gottes gegenüber. Eine alles andere als lebensdienliche Illusion, die sich von Natur aus garantiert niemals eingestellt hätte!!

Aber weil genau das passieren kann, selbst wenn Eltern die allerbesten Absichten hegen, einen lieben(den) Gott zu vermitteln, kritisiere ich religiöse Indoktrination so entschieden. Von der Gefahr, dass sich unschuldiger Kinderglaube unter widrigen Umständen (z.B. Identitätsverlust aufgrund sozialer Desintegration) zum Fundamentalismus auswächst, gar nicht zu reden...

(Letzteres wäre übrigens, ganimed, das "übliche Zielgebiet" -- ich wende mich in diesem Thread erstmals in seine Richtung und erwarte gewiss nicht, dort stine positioniert zu finden!)
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ganimed » So 14. Dez 2008, 22:06

@ostfriese: gelesen habe ich auch diesmal wieder alles. Aber mein Matschhirn behält sich leider vor, Teile auszublenden oder gar falsch zu verstehen. Aber ich versuchs nochmal. Soweit ich es jetzt verstehe, kritisierst du also gar nicht dein Zielgebiet und lustigerweise auch erstmal gar nicht stine. Sie kann ihren Wunschdenken-Glauben also persönlich so weiter leben. Womit wir uns bis hierhin also völlig einig wären.

Der Knackpunkt ist offenbar, dass stine allgemein eine christliche Erziehung für Kinder als gut und wichtig erklärt.

Du als lebendes Gegenbeispiel argumentierst dann, entsprechend überzeugend, wie schief die Sache gehen kann. Und ich habe in meinem Bekanntenkreis zumindest ein katholisches Beispiel, wo die religiöse Indoktrination üble Spuren hinterlassen zu haben scheint.

Ich selber darf mich jedoch als Positivbeispiel outen. Ich wurde eher extensiv indoktriniert, fand aber das Gesamtkonzept da sehr überzeugend. War es vielleicht einfach nur evangelischer? Jedenfalls war weniger die Rede von Sünde und schlechtem Gewissen sondern mehr von Liebe und fast bedingungsloser Vergebung (jeden Sonntag werden bei uns in der evangelischen Kirche alle Sünden vergeben, man muss scheinbar nur rechtzeitig zum Gottesdienst kommen und die Liturgie mitsingen. Ich fand das dann auch tatsächlich recht angenehm.) Letztendlich waren nur die Widersprüche zur Naturwissenschaft mein Ticket nach draußen.

stine scheint mir ebenfalls ein recht positiver Fall zu sein.

Ein anerzogender Glaube an einen liebenden Gott kann also, das zeigen diese beiden Beispiele, manchmal ganz gut sein. Wieso klappt das aber nicht immer und bei jedem Kind, wie du als Negativbeispiel ja bezeugst?

Die naheliegendste Erklärung für mich wäre, dass bei dir die Erziehung eben eine andere war als bei stine und mir. Man müsste jetzt bei stine also doch nur insofern ergänzen, als dass nicht jede x-beliebige christliche Erziehung gut und wichtig für Kinder ist, sondern vielleicht nur ganz bestimmte. Vielleicht ist die Dosis wichtig, vielleicht die Glaubwürdigkeit der Vermittler, vielleicht die relativ große Widerspruchsfreiheit. Könnte man sicher mal untersuchen durch Befragung von Exkindern, wie sie es denn fanden, und einer systematischen Charakterisierung der jeweiligen Erziehungselemente.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ostfriese » Mo 15. Dez 2008, 00:07

ganimed hat geschrieben:Die naheliegendste Erklärung für mich wäre, dass bei dir die Erziehung eben eine andere war als bei stine und mir.

Nein, sie war in puncto Religionsvermittlung wahrscheinlich nahezu identisch (nämlich von genau den Motiven getragen, die stine genannt hat). Warum aber jene "harmlose Wohlfühlpille" mir so viel stärker geschadet als genützt hat, dafür gibt es genau eine Erklärung, und die hab ich in aller Ausführlichkeit dargelegt.

Du kannst sie anzweifeln, aber dazu müsstest Du mich nicht bloß eines Irrtums, sondern der Lüge bezichtigen (womit die Diskussion über diesen Punkt beendet wäre).

ganimed hat geschrieben:Man müsste jetzt bei stine also doch nur insofern ergänzen, als dass nicht jede x-beliebige christliche Erziehung gut und wichtig für Kinder ist, sondern vielleicht nur ganz bestimmte.

Ein ganz entschiedenes Veto! stine und Du sollten zweierlei einsehen:

1. Auch eine noch so wohlmeinende Glaubensvermittlung, wie Du, stine und ich (!) sie erfahren haben, kann -- je nach Disposition -- zu bitteren Konsequenzen führen.
2. Die Glaubensvermittlung an Kleinkinder ist bestenfalls (!) vollkommen überflüssig, denn alles, womit sie die ungefragt Indoktrinierten vermeintlich ausstattet, ist uns entweder von Natur aus eigen (die Fähigkeit, sich zeitweise lebensdienlichen Illusionen hinzugeben) oder gedeiht in einer intakten Lebenswelt bestens auf bekenntnisunabhängigem Grunde (Wertorientierung, Vertrauen, Geborgenheit, Anerkennung und Liebe).

Klipp und klar: Kein Kind dieser Erde braucht einen Gott.

Und wer als Erwachsener einen zu benötigen meint, ist mit dieser Idee höchstwahrscheinlich früh geimpft worden.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon stine » Mo 15. Dez 2008, 08:14

Hm,
ich verstehe Ostfrieses Enttäuschung insofern, als dass er sich höchstwahrscheinlich hochbegabt und klardenkend irgendwann aus dem Wohlfühlglauben lösen mußte, weil er rational hinterfragt erkannt hatte, dass da nichts ist, woran er noch glauben könnte. Wo sollte das sein und was sollte das sein? Die Dinge, die ihm erzählt wurden hielten seiner scharfen Logik einfach nicht stand, auch, wenn er es sich einstmals noch so sehr wünschte. Das ist erst einmal genauso enttäuschend, wie die Erkenntnis, dass die Eltern selbst es sind, die die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legen.

Und ja, die Eltern selbst legen die Geschenke unter den Weihnachtsbaum, aber sie erfüllen damit trotzdem meist den Kinderwunsch, dh, sie sind der lebende, ausführende Teil eines Ablaufes. Nichts anderes aber lehrt den Christen die Figur Jesus: Er will, dass sich die Menschen darüber klar werden, dass sie es sind, die tun müssen, dass sie es sind, die die Liebe auf der Erde verbreiten müssen, dass der Mensch selbst es ist, der die Liebe verteilen muß, weil sie sonst nicht zu finden ist.
(Bildhaft: Selbst der Leib gewordene Christus)

Klar, nun kann man sagen, all die guten Attribute sind dem Menschen per se angeboren und er muß nur noch aus sich selbst schöpfen, dann klappt das auch mit der Liebe und dem Paradies auf Erden. Aber wo ist der Quell dieser Liebe?
Was mach ich, wenn ich dauernd Liebe gebe und nichts zurückbekomme?
Was mach ich, wenn ich zu allen nett sein möchte und nichts zurück bekomme?
Was mach ich, wenn ich ausgelaugt bin?
Wo tanke ich auf?

Und hier ist für mich die Antwort: Wenn ich an Gott als meinen Quell glaube, dann kann ich im Gebet, in der Meditation und auch, ja warum nicht, in der Kirche bei einer Eucharistiefeier auftanken. Ich weiß dann, dass ich mehr geben kann, als ich sonst in der Lage wäre, ich fühle mich hinterher wieder wohl!

Dass das vielleicht nicht allen gelingt, das mag ich zugeben. Zu tun hat das höchstwahrscheinlich mit der Tatsache, ob man sich darauf einlassen kann oder nicht. Wer sich sträubt und verschließt, weil er rational nicht erklären kann, was das bedeuten soll, kann das nicht erleben. Und das weiß nun ich aus meiner Erfahrung. Denn im Gegensatz zu Ostfriese war ich ein religiös erzogenes Kind mit einer heftigen inneren Abwehr und keineswegs immer gläubig. Um zu erkennen, dass Glaube dennoch funktioniert, mußte ich fast ein halbes Jahrhundert alt werden.

Wenn all die wunderbaren Eigenschaften in uns angelegt sind und wir sie nur mobilisieren müssen, dann frage ich mich, warum das so selten gelingt. Am ehesten gelingt es dort, wo wir als Eltern den Kindern in bildhafter Sprache das Gute lehren.
Wem es ohne Gott gelingt, stets aus sich selbst zu schöpfen, der ist gut dran. Wer aber kein Gegenüber hat und keinen Partner, der ihn beständig auffängt, wird früher oder später im Frust der unerwiderten Liebe enden.

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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ostfriese » Mo 15. Dez 2008, 17:14

stine hat geschrieben:Nichts anderes aber lehrt den Christen die Figur Jesus: Er will, dass sich die Menschen darüber klar werden, dass sie es sind, die tun müssen, dass sie es sind, die die Liebe auf der Erde verbreiten müssen, dass der Mensch selbst es ist, der die Liebe verteilen muß, weil sie sonst nicht zu finden ist.

So weit in Ordnung. Ich hab auch nichts gegen diese lehrhafte Legende als eine unter vielen.

stine hat geschrieben:Klar, nun kann man sagen, all die guten Attribute sind dem Menschen per se angeboren und er muß nur noch aus sich selbst schöpfen, dann klappt das auch mit der Liebe und dem Paradies auf Erden.

Das hab ich nicht sagen wollen. Die meisten von uns sind zwar halbwegs lebenstauglich, aber natürlich hat kein Mensch die Garantie auf ein erfülltes Leben.

Haben Gläubige in dieser Hinsicht einen Vorteil? Da ich als Naturalist ein ewiges Leben ausschließe, verengt sich die Frage für mich: Nützt es Gläubigen, denen das Leben nicht so recht gelingen will, dass ein gestaltloses, unbeschreibliches, unfassbares Wesen sie angeblich trotzdem liebt? Und warum muss es dann so überlebensgroß sein? :gott:
Warum muss es mit uralten Mythen behangen sein, in denen nach heutigem Wissen kaum ein wahrer Kern zu finden ist?

Warum kann es nicht Katze oder Hund sein, wenn es (zeitweise) an menschlicher Liebe und Wärme mangelt?

stine hat geschrieben:Aber wo ist der Quell dieser Liebe?
Was mach ich, wenn ich dauernd Liebe gebe und nichts zurückbekomme?
Was mach ich, wenn ich zu allen nett sein möchte und nichts zurück bekomme?
Was mach ich, wenn ich ausgelaugt bin?
Wo tanke ich auf?

Es gibt nicht zu jeder seelischen Not garantierte Linderung. Aber wenn schon eine Kopfgeburt, eine Illusion, eine Imagination als Lösung herhalten muss, warum dann nicht eine kreative? Warum muss ich sie aus der Schublade ziehen können oder mit gefalteten Händen auf einer kalten Holzbank suchen? Wäre das nicht sogar dem Reflex eines Alkoholkranken vergleichbar, der ohne Innehalten sofort zur Flasche greift, wann immer der Leidensdruck eine bestimmte Marke überschreitet?

Ein Beipsiel für das fantastische Potenzial des Gehirns, Illusionen zu entwerfen und auch über lange Zeiträume aufrecht zu erhalten, kommt zum Ausdruck im schönen deutschen Sprichwort: "Die Liebe sieht die Rosen ohne Dornen." Unser Bild eines geliebten Menschen ist eine "kraftvolle, kreative Imagination" (Zitat einer deutschen Schriftstellerin, hab vergessen, welcher).

Auch und gerade Kinder erschaffen sich ohne erzieherisches Zutun die zauberhaftesten Parallelwelten, in denen sie die wichtigsten Eventualitäten des Lebens simulieren und gefahrlos durchspielen. Warum muss ich ihnen eine transzendente Fertigwelt aufdrängen, in der die Regentschaft bereits vergeben und die Freiheit bereits eingeschränkt ist? Lassen wir sie doch erzählen, hören wir ihre Geschichten und erkennen wir an, dass unsere Bibel-Story genauso erfunden ist wie ihre seelenfrischen, bedeutungsaufgeladenen Fabeln!

stine hat geschrieben:Wer sich sträubt und verschließt, weil er rational nicht erklären kann, was das bedeuten soll, kann das nicht erleben.

Jeder kann das erleben, denn das, was religiöser Glaube uns angeblich schenkt, ist gar keine Frage des Glaubens an etwas Bestimmtes, des Erkennens einer festen Bedeutung. Meditation und andere gezielte Hirnmanipulationen vermögen ähnliche Erfahrungen auszulösen (deshalb werden sie gern als "spirituell" tituliert -- ein ebenso populärer wie irreführender Begriff), insbesondere das Gefühl "ganzheitlicher Verbundenheit mit dem Kosmos", unter dem jede Verlassen- und Verlorenheit verschwindet.

stine hat geschrieben:Wenn all die wunderbaren Eigenschaften in uns angelegt sind und wir sie nur mobilisieren müssen, dann frage ich mich, warum das so selten gelingt.

Da der Umgang mit jungen Menschen schon seit dem Zivildienst zu meinem Job gehört, bin ich nun schon so oft Kindern begegnet, die ich nicht erziehen, sondern denen ich am liebsten einfach nur lernend zusehen und -hören wollte. Bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie intuitiv jenes Gelingen finden, dem ich rational hinterher jage. Die ihre Maßstäbe in sich tragen und nicht der von außen angelegten bedürfen. Was ich damit sagen will: Wann immer ein erwachsener Mensch unter der Last fortdauernden Misslingens unter sozialem Druck zusammenbricht, tut er das gewiss nicht, weil man ihm als Kind nicht gründlich genug das Gehirn gewaschen hat. Eher im Gegenteil...

stine hat geschrieben:Wer aber kein Gegenüber hat und keinen Partner, der ihn beständig auffängt, wird früher oder später im Frust der unerwiderten Liebe enden.

Und damit das nicht passieren kann, verschreiben wir uns lieber gleich dem Zölibat... :nosmile:

An dieser Stelle muss ich bekennen: Ich glaube nicht daran, dass die Liebe von und zu "Gott" über längere Zeiträume eine erfüllte Liebe zwischen Menschen ersetzen kann. Es widerspräche unseren körperlichen Dispositionen, und die zahlreichen Fälle von Kindesmissbrauch durch katholische Priester belegen dies.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon stine » Mo 15. Dez 2008, 19:52

ostfriese hat geschrieben:Haben Gläubige in dieser Hinsicht einen Vorteil? Da ich als Naturalist ein ewiges Leben ausschließe, verengt sich die Frage für mich: Nützt es Gläubigen, denen das Leben nicht so recht gelingen will, dass ein gestaltloses, unbeschreibliches, unfassbares Wesen sie angeblich trotzdem liebt? Und warum muss es dann so überlebensgroß sein? :gott:
Ja, es hilft, wenn man darauf vertraut als einzigartiges Individium geliebt zu werden. Und menschlich gesehen stellen wir uns eben die Größe als Größe vor, obgleich wir gerade das nicht tun sollten.

ostfriese hat geschrieben:Warum kann es nicht Katze oder Hund sein, wenn es (zeitweise) an menschlicher Liebe und Wärme mangelt?
Das tun bereits viele Menschen, dass sie Kraft aus irdischen Begleitern zehren. Und was kommt, wenn sie dann einst tot sind? Oder uns wegen einer besseren Futterstelle verlassen?

ostfriese hat geschrieben:Es gibt nicht zu jeder seelischen Not garantierte Linderung.
Nein, das tut es nicht.
ostfriese hat geschrieben:Aber wenn schon eine Kopfgeburt, eine Illusion, eine Imagination als Lösung herhalten muss, warum dann nicht eine kreative? Warum muss ich sie aus der Schublade ziehen können oder mit gefalteten Händen auf einer kalten Holzbank suchen? Wäre das nicht sogar dem Reflex eines Alkoholkranken vergleichbar, der ohne Innehalten sofort zur Flasche greift, wann immer der Leidensdruck eine bestimmte Marke überschreitet?
Der Vergleich mit dem Alkoholiker ist so schlecht nicht, er barucht auch seinen Stoff...
Und die Holzbank? Du siehst hier althergebrachte Bus-, Straf- und Machtinstrumente. Niemand wird abstreiten, dass über religiöse Überlieferungen nicht nachgedacht werden darf.

ostfriese hat geschrieben:Auch und gerade Kinder erschaffen sich ohne erzieherisches Zutun die zauberhaftesten Parallelwelten, in denen sie die wichtigsten Eventualitäten des Lebens simulieren und gefahrlos durchspielen. Warum muss ich ihnen eine transzendente Fertigwelt aufdrängen, in der die Regentschaft bereits vergeben und die Freiheit bereits eingeschränkt ist? Lassen wir sie doch erzählen, hören wir ihre Geschichten und erkennen wir an, dass unsere Bibel-Story genauso erfunden ist wie ihre seelenfrischen, bedeutungsaufgeladenen Fabeln!
Niemand muß Kindern eine transzendente Fertigwelt aufdrängen.
Die Bibelgeschichten sind für Kinder genauso lehrreich, wie Fabeln oder Märchen. Viele Kinder, gerade im Grundschulalter, hören sie gerne. Ob man ihnen dazu sagen muß, dass es sich um wahre Geschichten handelt ist dagegen wirklich eine berechtigte Frage.

ostfriese hat geschrieben:Jeder kann das erleben, denn das, was religiöser Glaube uns angeblich schenkt, ist gar keine Frage des Glaubens an etwas Bestimmtes, des Erkennens einer festen Bedeutung. Meditation und andere gezielte Hirnmanipulationen vermögen ähnliche Erfahrungen auszulösen (deshalb werden sie gern als "spirituell" tituliert -- ein ebenso populärer wie irreführender Begriff), insbesondere das Gefühl "ganzheitlicher Verbundenheit mit dem Kosmos", unter dem jede Verlassen- und Verlorenheit verschwindet.
Vielleicht ist es das, vielleicht nennt es jeder anders? Die "ganzheitliche Verbundenheit mit dem Kosmos" kommt dem schon ziemlich nahe...

ostfriese hat geschrieben:Da der Umgang mit jungen Menschen schon seit dem Zivildienst zu meinem Job gehört, bin ich nun schon so oft Kindern begegnet, die ich nicht erziehen, sondern denen ich am liebsten einfach nur lernend zusehen und -hören wollte. Bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie intuitiv jenes Gelingen finden, dem ich rational hinterher jage. Die ihre Maßstäbe in sich tragen und nicht der von außen angelegten bedürfen. Was ich damit sagen will: Wann immer ein erwachsener Mensch unter der Last fortdauernden Misslingens unter sozialem Druck zusammenbricht, tut er das gewiss nicht, weil man ihm als Kind nicht gründlich genug das Gehirn gewaschen hat. Eher im Gegenteil...
Auch hier widerspreche ich dir ganz und gar nicht. Es heißt auch, wir sollen wie die Kinder werden: Offen, vertrauensselig und neugierig auf alles was kommt.
Mit Gehirnwäsche kannst du nur meinen, dass man religiöse Rituale auf Biegen und Brechen durchsetzen möchte. Ja das ist falsch. Da stimme ich dir voll zu, hat selbst mich gerade dies immer davon abgehalten zu glauben, die Kirche hätte etwas mit Gott zu tun.
Trotzdem kann man nicht darüber hinwegsehen, dass gerade ältere Menschen ihre Kraft aus religiösen Ritualen ziehen. Was für Kinder nicht geeignet ist, kann gerade im Alter dennoch ein Segen sein.

Sollten Humanisten ein alternatives Programm für das Selenheil und die dauerhafte Förderung des Guten im Menschen haben, dann wäre es an der Zeit, das jetzt auf den Markt zu bringen.
Vielleicht ließe sich so mancher alternative Christ dauerhaft überzeugen...

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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon stine » Mo 15. Dez 2008, 19:55

ostfriese hat geschrieben:An dieser Stelle muss ich bekennen: Ich glaube nicht daran, dass die Liebe von und zu "Gott" über längere Zeiträume eine erfüllte Liebe zwischen Menschen ersetzen kann. Es widerspräche unseren körperlichen Dispositionen, und die zahlreichen Fälle von Kindesmissbrauch durch katholische Priester belegen dies.

Auf keinem Fall sollte die Liebe zwischen den Menschen (und ehelichen Partnern) im Hinblick auf ein erfülltes Seelenleben entfallen. Gerade das ist doch unsere Aufgabe, für die wir uns stark machen. Die Liebe zwischen den Menschen darf nur nicht Ersatz für die innere Leere sein, das muß auf Dauer schief gehen.

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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ganimed » Mo 15. Dez 2008, 20:58

Mir scheint die Debatte wieder ein wenig gewandert zu sein, zur Frage ob religiöser Glaube gut ist oder nicht. Auch nicht uninteressant.
Gerne würde ich aber nochmal zurück kommen auf die Frage, ob religiöse Erziehung gut ist oder nicht. Ich, stine, ostfriese und Father George Coyne sind christlich erzogen worden. Ausgerechnet ostfriese ist nicht glücklich geworden damit. Ich würde denken, es lag an den Unterschieden bei der Erziehung. Deinen Standpunkt, ostfriese, habe ich noch nicht verstanden.

ostfriese hat geschrieben:Nein, sie [die Erziehung] war in puncto Religionsvermittlung wahrscheinlich nahezu identisch (nämlich von genau den Motiven getragen, die stine genannt hat). Warum aber jene "harmlose Wohlfühlpille" mir so viel stärker geschadet als genützt hat, dafür gibt es genau eine Erklärung, und die hab ich in aller Ausführlichkeit dargelegt.


Ich habe mir, ungelogen, deine vorhergehenden Beiträge nochmal durchgelesen. Die Frage finde ich halt spannend. Kann aber eine ausführliche Erklärung nicht finden. Würdest du es vielleicht nochmal zitieren oder besser noch, noch ausführlicher erklären? Was haben ich, stine und Coyne, was du nicht hast?
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ostfriese » Di 16. Dez 2008, 11:31

@stine: Du hast meine Fragen ehrlich beantwortet, und ich kann eigentlich alles, was Du geschrieben hast, so stehen lassen. Der weltanschauliche Graben zwischen uns ist offenbar gar nicht (mehr) so breit und erst recht nicht unüberbrückbar. Wobei ich anerkennend bemerke, dass Du Dich seit Deinem Eintritt in dieses Forum stärker bewegt hast als wir Naturlisten. Was allerdings auch daran liegt, dass wir uns in Kenntnis beider Seiten irgendwann (vorläufig) für eine entschieden haben, da der Spagat über dem Graben auf Dauer keine bequeme Haltung ist. ;-)

ganimed hat geschrieben:Ich, stine, ostfriese und Father George Coyne sind christlich erzogen worden. Ausgerechnet ostfriese ist nicht glücklich geworden damit. Ich würde denken, es lag an Unterschieden bei der Erziehung.

Es lag definitiv nicht an Unterschieden bei der Erziehung, darüber gibt es, wie gesagt, überhaupt nichts zu diskutieren. Denn ich weiß ganz einfach, woran (s.u.) es bei mir gelegen hat. Da Du mich nicht kennst, hast Du keine Möglichkeit, dies begründet zu bestreiten. Du kannst mich zwar einen Lügner nennen, aber auch dann wäre die Diskussion über diesen Punkt beendet.

ganimed hat geschrieben:Ich habe mir, ungelogen, deine vorhergehenden Beiträge nochmal durchgelesen. Die Frage finde ich halt spannend. Kann aber eine ausführliche Erklärung nicht finden.

Dann musst Du gründlicher lesen:

ostfriese hat geschrieben:Ich habe als Jugendlicher jenen Diskrepanzen ins Auge gesehen und war danach gezwungen, mein Gottesbild zu reformieren, damit mein Glauben ein ehrliches (!) Für-wahr-Halten bleiben konnte (und nicht zur a priori angenehmen Spekulation degenerieren musste). Den eigenen Sohn am Kreuz zu opfern ist kein Zeichen von Liebe, sondern von Grausamkeit. Wenn Gott einigen willkürlich erwählten Menschen ewige Geborgenheit offenbart und gleichzeitig das Leiden so vieler Kreaturen tatenlos geschehen lässt, dann ist er entweder ahnungslos oder ungerecht oder ohnmächtig -- ich musste mich entscheiden. Die Ideen der Allmacht und Allwissenheit erschienen mir noch am wenigsten Widersprüche aufzuwerfen zu meinem damals dualistischen Weltbild (ich wusste wie die meisten Kinder noch nichts von Evolutionärer Erkenntnistheorie, Explikationen für Komplexität oder neuronalen Korrelaten), also sah ich mich unvermittelt einem himmlischen Tyrannen anstelle eines lieben Gottes gegenüber. Eine alles andere als lebensdienliche Illusion, die sich von Natur aus garantiert niemals eingestellt hätte!!

und zuvor schon:

ostfriese hat geschrieben:Ich selbst konnte mit dieser Art des "Glaubens" nie etwas anfangen. Entweder gibt es da oben eine Instanz, die Lebenssinn und moralische Letztgültigkeit garantiert, dann kann ich mir meine Glaubensinhalte nicht aussuchen, sondern lebe unter der Fuchtel eines himmlischen Tyrannen. Oder ich kann sie mir aussuchen, dann gehen jeder moralische Gültigkeitsanspruch und jede unbezweifelbare Sinnzuschreibung koppheister, und das Theodizee-Problem müsste meine Geborgenheit eigentlich ununterbrochen zerschreien.
...
Da ich über offensichtliche Widersprüche schon sehr früh nicht mehr hinweg sehen konnte, hatte sich für mich der unausweichliche Schluss ergeben, dass der Allmächtige angesichts des Leidens in der Welt keinesfalls gütig sein konnte (meine Eltern und Großeltern mussten sich diesbezüglich irren), sondern einzig danach trachtete, die Lebenspläne von Menschen auf höllische Weise zu durchkreuzen, sobald sie gegen irgendeinen himmlischen Paragraphen verstießen.

Aber weil genau das passieren kann, selbst wenn Eltern die allerbesten Absichten hegen, einen lieben(den) Gott zu vermitteln, kritisiere ich religiöse Indoktrination so entschieden.

Ich ergänze noch, damit jede Fehldeutung und neuerlich falsche Unterstellung deinerseits ausgeschlossen ist: ..., selbst dann, wenn Eltern die besten Absichten hegen und keine weiteren Erziehungsfehler begehen als den der religiösen Beeinflussung.

ganimed hat geschrieben:Was haben ich, stine und Coyne, was du nicht hast?

Was ich schon als Kind nicht mehr hatte: die Fähigkeit, über offensichtliche Widersprüche achselzuckend hinweg zu sehen, anstatt konsequent dem logischen Prinzip zu folgen, dass von zwei einander ausschließenden Behauptungen nur eine wahr sein kann.
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon stine » Di 16. Dez 2008, 12:47

ostfriese hat geschrieben:Was allerdings auch daran liegt, dass wir uns in Kenntnis beider Seiten irgendwann (vorläufig) für eine entschieden haben, da der Spagat über dem Graben auf Dauer keine bequeme Haltung ist. ;-)
Wobei der Spagat immer wieder versucht wird. Und das offenbar von jeder Seite aus... ;-)
Starr zu verharren auf einer Seite des Grabens, egal welche das wäre, ist jedem tieferen Denker unmöglich.
Glaube ich... auch vorläufig...:yes:

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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon stine » Di 16. Dez 2008, 13:21

@ganimed: Ich sehe das Problem in der Darbietung des alten Testaments. Der bildliche Gottvater mit dem Bestreben ein bestimmtes Volk zu retten und andere dafür zu vernichten ist für Kinder schwer zu verstehen. Auch schwer zu verstehen ist für das kindliche Gemüt die starre Ausführung der religiösen Vorgaben. Jugendliche fehlen nicht umsonst in der sonntäglichen Messe.
Wer das Gute am Glauben predigen möchte, sollte die alten Zöpfe abschneiden und wie die Figur Jesus, die Tempel reinigen von Lug und Trug von Macht und vorgeschobenen Scheinheiligkeiten.
Diesen Weg gehen heute viele junge Pfingstgemeinden. Sie öffnen sich einem ganz neuen Gottesbild. Allerdings verstehen auch sie die Bibel als "Wort Gottes", selbst wenn sie bereits damit anfangen, die Worte frei zu interpretieren.

Ich wünsche schon mal allen ein schönes Weihnachten!
(Soll ja das Fest der Erkenntnis sein, dass es um mehr geht, als um den schnöden Mammon) :santagrin:
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon ostfriese » Di 16. Dez 2008, 15:47

Noch mal präventiv, um weiteren Missverständnissen vorzubeugen:

Mit der Bibel hatte ich vor dem Konfirmandenunterricht praktisch keinen Kontakt (als Zeugnisse vom zürnenden Gott des AT kannte ich allenfalls die Vertreibung aus dem Paradies und die Sintflut), ich hatte nur vermittelt bekommen, dass irgendwo/ "im Himmel" ein lieber Gott sein soll, dessen Sohn stellvertretend für alle vergangenen und zukünftigen Sünden der Menschheit gebüßt hat und uns allen ein Vorbild an Friedfertigkeit und Güte war.

Speziell @ganimed:

Während ich jedes Argument, das von euch für die Nützlichkeit einer wohlmeinenden religiösen Erziehung vorgebracht wurde, widerlegen, entkräften oder mindestens relativieren konnte, hast Du meine Begründungen, warum sie -- je nach Disposition des Kindes -- sogar schädlich sein kann, nicht einmal zur Kenntnis genommen.

Stattdessen behauptest Du (und wiederholst diese Anmaßung*), die von mir erlittenen negativen Folgen müssten auf Erziehungsunterschiede zurückzuführen sein. Genauso gut könnte ich behaupten, dass Du die geichen Schäden wie ich erlitten und Dich als Kind entsetzlich vor der Allmacht eines zürnenden Gottes gefürchtet hast. Verstehst Du? Hierüber würdest Du mit mir auch nicht "diskutieren"! Und eben deshalb diskutiere ich mit Dir auch nicht über die Gründe, warum die Glaubensvermittlung in meinem Fall schief gelaufen ist. Ich kenne die Gründe, und Du kannst sie nur von mir erfahren (s.o.)!


*Besonders frech (nämlich bewusst irreführend) fand ich Deine Formulierung "den Erziehungsunterschieden", die ich absichtlich nicht ins Zitat übernommen habe. Denn der bestimmte Artikel suggeriert Existenz und Eindeutigkeit. Du kannst aber erstens nicht wissen, ob es (relevante) Erziehungsunterschiede gab, noch sind in der vorangegangenen Diskussion Erziehungsunterschiede genannt worden, auf die sich Deine Formulierung hätte beziehen können. Im Gegenteil, ich hatte plausibel begründet, warum unsere religiösen Erziehungen höchstwahrscheinlich in jeder relevanten Hinsicht identisch waren. Solche unredlichen rhetorischen Tricks, ganimed, mag ich einfach nicht, und Du kannst davon ausgehen, dass mir kein einziger verborgen bleibt!
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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon stine » Di 16. Dez 2008, 19:19

Eigentlich sollte ich schon im Weihnachtsurlaub sein, aber hier möchte ich doch nochmal was dazu sagen.
Ich glaube ganimed meinte das nicht vorwurfsvoll.
Wenn bei gleicher Konstellation unterschiedliche Erfolge zu verzeichnen sind, dann kann das verschiedene Ursachen haben. Entweder war die Ausgangssituation doch nicht identisch, wie ganimed meinte, oder die Wirkung zielte einfach auf unterschiedliche Charaktere.
Der liebe Gott im Himmel ist vielen Kndern über die Bibel bekannt gemacht worden. Mancheiner ist von ihm enttäuscht, weil er feststellen mußte, dass es sich nicht um einen lieben Gott handeln kann, wenn er seinen Sohn opfert und mancheiner freut sich, weil Gott seinen Sohn vor den Augen der anderen auferstehen ließ und in den Himmel hat auffahren lassen. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich Kinder mit solchen Informationen umgehen und was am Ende prägend ist. Ich denke, der Fehler liegt darin, dass wir Eltern oft nicht frühzeitig erkennen, wie unsere Kinder "ticken". Als Eltern müßte man schon ein Psychologe sein, wenn man immer alles richtig ans Kind bringen möchte.

Prinzipiell die Vision Gott bei der Erziehung ganz aus dem Spiel zu lassen halte ich für falsch. Aus bekannten Gründen. Die Frage müßte also sein: Wie kann ich meinem Kind von Gott erzählen, ohne es in eine ganz bestimmte religiöse Vorgabe zu drängen.
Vielleicht sollte man den Opfertod der Kirche überlassen und sich bei den Erzählungen auf das beispielhafte Wirken Jesu beschränken.

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Re: Ein neuer stiller Mitleser

Beitragvon aeq » Di 16. Dez 2008, 20:08

Ich weiß ja nicht... Ich persönlich bin der Ansicht, dass es vielleicht sinnvoller wäre, dem Kind jeden Weg offen zu halten. Und wenn man es schon in frühester Kindheit mit bestimmten religiösen Auffassungen "infiziert", was nicht böse gemeint ist, verschließt man ihm dadurch vielleicht den Weg zu anderen Weltanschauungen. Wäre eine Erziehung zu einem weltoffenem kritisch denkendem Humanisten nicht besser? Sollte man dann tatsächlich noch das Verlangen verspüren einer Religion zugehörig zu werden, kann man das ohne große Probleme tun, doch ist bereits in seiner Jugend mit den Dogmen einer Religion konfrontiert worde, fällt es eher schwer diese abzuschütteln, selbst wenn man dies aus tiefstem Herzen wollte.

Schönen Weihnachtsurlaub Stine

aeq

PS Wenn man sich nur auf die positiven Seiten des Christentums beschränkt und die negativen der Kirche überlässt gelangt man doch nur vom Regen in die Traufe. Jemand der von seinen Eltern auf dieses Weise zum Glauben hin erzogen wurde und dann später in die Kirche geht hat unter Umständen das selbe Dilemma wie jemand der mit der Doktrin großgezogen wurde, nur ein wenig später..
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