Arathas hat geschrieben:njrwally hat geschrieben:aber Homophobie ist in den letzten 20 Jahren tatsächlich gestiegen!
Ich denke nicht, dass die Gesellschaft homophober geworden ist, sondern dass Homophobie, wie Homosexualität, heute offener zur Schau gestellt wird. Das eine bedingt das andere.
Also, vielleicht lebe ich hier in Köln ja auf einer
Insel der Glückseligen, aber ich habe hier genau so wenig Probleme wie Heterosexuelle, wenn ich hier mal händchenhaltend oder küssend mit einem Geschlechtsgenossen durch die Stadt schlendere. Ich kann mich allerdings auch noch an Zeiten (frühe 90er-Jahre) erinnern, wo mein damaliger Lebensabschnittsgefährte und ich bei einem Besuch in dessen Heimat noch von der Dorfjugend (ich nenne es mal so, obwohl Nördlingen eigentlich eine Kleinstadt ist) noch übelst angepöbelt wurden.
Bei dir, Nicolas, unterstelle ich, dass du in deiner argentinischen Heimat noch viel mehr solcher diskriminierender und beleidigender Erfahrungen erlebt hast, weil sie dort aufgrund des immer noch vorherrschenden Machismo noch mehr an der Tagesordnung sind als hierzulande.
Ich denke nicht, dass Homosexuelle sich "
zur Schau stellen", abgesehen vielleicht einmal von den inzwischen stark kommerzialisierten CSD-Paraden, bei denen es nur noch um Halli-Galli geht und kaum noch ein politisches Anliegen erkennbar ist. (Damit habe ich übrigens auch in Problem!) Homosexuelle nehmen sich heute einfach die Freiheiten, die auch Heterosexuelle wie selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen. Aber auch für die war es noch in den Fünfziger- und Sechzigerjahren hierzulande alles andere als normal, in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten auszutauschen.
Ich überblicke ja nun schon einen etwas längeren Zeitraum schwulen Lebens in Deutschland und kann nur sagen, dass sich vieles auch in unserem alltäglichen Leben zum Besseren gewendet hat. Das ist allerdings kein Grund, sich als Schwuler nun zufrieden zurückzulehnen. Die erkämpften Freiheiten wollen ständig verteidigt werden und es ist ja auch rechtlich noch nicht jede Diskriminierung abgeschafft (man denke nur an das Ehegattensplitting und gemeinsame Adoption von Kindern).
In den Köpfen der Gesellschaft hat sich auch vieles entspannt. Sowohl bei der heterosexuell lebenden Mehrheit, als auch bei Schwulen und Lesben. Das ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass wir uns heute meist ohne Probleme zeigen und offen als Schwulen und Lesben auftreten können, was am Anfang, als das noch nicht üblich war, oft noch sehr verkrampft wirkte.
Das Wort "
schwul" ist zwar heute unter Jugendlichen zu
dem Standard-Wort geworden, um Geringschätzung gegenüber allem und jedem zum Ausdruck zu bringen (und das war vor 30 Jahren noch nicht so), aber das ist ja letztlich auch nur Ausdruck der allgemeinen Enttabuisierung von Sexualität in Verbindung mit der eigenen Unsicherheit, die Jugendliche in Bezug auf ihre sexuelle Identität in diesem Alter durchleben.
Mittlerweile haben schwule Jugendliche in Deutschland aber doch genug positive Vorbilder (welche Vorabend-Soap-Opera kommt denn z.B. eigentlich noch ohne schwule und lesbische ProtagonisInnen aus?), dass sie so etwas gut aushalten können. Ich kenne sogar schwule Jugendliche, die sich selbst so bezeichnen und dennoch sagen, irgendetwas sei "
so schwul" wenn sie sagen wollen, dass sie es nicht
cool finden. Die denken sich entweder noch nicht einmal etwas dabei oder machen dazu dann auch noch eine selbstironisierende exaltierte "schwule" Geste!
Ich bin mir unsicher, ob man hier vielleicht sogar auch sagen kann "... und das ist gut so!"
™Locker bleiben!
Gruß Gernot